Mit geschlossenen Augen lauschte Malleus einem tiefen wohligen Stöhnen, das wie aus weiter Ferne dumpf und lang gezogen über das heiße Wasser hallte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er das selbst, denn als er die Augen zuletzt geöffnet hatte, war er alleine im Becken gewesen, und das durfte auch gerne noch ein Weilchen so bleiben. Es gab eben Genüsse, denen man sich am besten alleine hingab, ein Bad im Heißwasserbecken zählte zweifellos dazu. Es war ja nicht so, dass er dieser römischen Leidenschaft überhaupt nichts abgewinnen konnte, allerdings fand er, dass es die Romani damit maßlos übertrieben. Er kannte eine Menge Leute – und Publius war auch einer von der Sorte – die, wenn es ihnen möglich war, jeden einzelnen Tag in die Thermen rannten. Jahrein, jahraus. Sommer wie Winter. Egal, ob sie dreckig waren oder nicht. Das konnte der Gesundheit auf Dauer nicht zuträglich sein. Wer wie er in einem rauchigen zugigen Langhaus geboren war und schon in der Kindheit Winter erlebt hatte, in denen der Rhenus sich nur noch eine schmale dampfende Rinne durch die Eisbänke hatte fressen können, durfte sich den Luxus nicht leisten, auf die zusätzlich wärmende Schicht aus klebrigen Schweiß und fettigem Schmutz zu verzichten. Aber davon verstanden die Römer nichts. Die schrubbten sich fast die Haut von den Knochen, schlotterten sich dann aber durch die germanischen Winter wie frisch geschorene Wollschafe. Alles mit Maß und Ziel.
Er selbst hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Thermen immer um die Kalenden herum aufzusuchen. Grundsätzlich. Ohne Ausnahme. Da war er eisern. Insofern traf es sich ganz gut, dass ihm das Missgeschick mit dem Urinbecken und der versauten Tunika gerade heute passiert war. Er war, was die Körperreinigung betraf, ohnehin im Verzug. Auch ein Grund, seinen Tagen endlich wieder Struktur zu verleihen. Die ersten Schritte waren immerhin getan. Im Apoditerium harrte eine neu erworbene Wolltunika in gefälligem Schiefergrau seiner Rückkehr. Mit dem besudelten Exemplar hatte er einen Sklaven zum nächsten Fullo geschickt, wo der angetrocknete Urin irrsinnigerweise mit flüssigem Urin entfernt werden würde. Seine verspannten Schultermuskeln waren gelockert, sein Schädel wieder klar und auf Normalgröße zusammengeschnurrt, alles in Ordnung. Alles eine Frage der Organisation. Malleus erlaubte sich ein weiteres gedehntes Stöhnen. Schade, dass Luitberga dieses Erlebnis nicht mit ihm teilen konnte. Geschadet hätte es ihr keinesfalls. Sie war ein prächtiges Weib, ohne Frage, nur wusch sie sich nach seinem Dafürhalten etwas zu selten.