[Palaestrae] Herumtoben mit Ball

  • Nachdem ich glücklich mit dem Schiff von Alexandria nach Rom gefahren und der Enge dieses Reisegefährts endlich entkommen war, hatte ich nur noch den einen Wunsch, mich mal wieder so richtig zu waschen. Der Fußmarsch von Ostia in die Hauptstadt des Imperiums tat ein Übriges zu diesem Wunsch dazu. Daher führte mich mein erster Weg in Rom auch zu den Thermen, von denen ich auch in Alexandria schon viel gehört hatte.


    Die paar Münzen für den Eintritt konnte ich zum Glück noch aufbringen, so dass ich bald schon in der Eingangshalle stand. Eigentlich hatte ich vor, dort erst einmal alles auf mich wirken zu lassen: die Kuppel, die die Halle überwölbte, überhaupt diese für mich riesigen Dimensionen. Ich wollte in der Halle ein bisschen auf und ab gehen, aber nichts da! Sofort "fing" mich ein Sklave ein und geleitete mich ziemlich hektisch zu einem Seitentrakt, den wohl nicht zufällig ausschließlich Badegäste betraten, die ähnlich zerzaust aussahen wie ich.


    Um mich endlich wieder ein bisschen aufzuhübschen, entledigte ich mich nach dieser peinlichen Erfahrung mit dem Sklaven daher schleunigst meiner Kleidung und wusch mir den Staub vom Leib und aus den Haaren. Danach fühlte ich mich gleich wieder besser und atmete erst einmal tief durch, dazu war ich nämlich, seit ich hier in Rom war, überhaupt noch nicht gekommen. Dann erwachten aber schon wieder die Lebensgeister in mir. Nach Wärme oder gar Hitze stand mir der Sinn irgendwie gar nicht, und so begab ich mich weder ins Tepidarium oder gar ins Caldarium, sondern schaute mich neugierig um. Mein Blick fiel auf einen Durchgang, der hinaus ins Freie und offenbar zu einem Sportplatz führte. Ballspielen, das wär's doch!


    Mit einem Satz war ich auf den Beinen und stand kurze Zeit später vor einem mehrstöckigen Regal, auf dem Bälle verschiedener Größe bereitlagen. Ich fasste einige an und prüfte ihre Festigkeit, gleichzeitig aber linste ich auch schon aus den Augenwinkeln heraus nach einem möglichen Spielpartner - oder mehreren.

  • Erholung. Das war es, wonach mir der Kopf gerade stand. Denn nicht dass meine Arbeit als Stationarius jetzt so wirklich schwer war. Das war sie nicht. Aber trotzdem hatte ich mich beruflich gerade vor einer Weile erst bis auf die Knochen blamiert vor dem da noch nur Prätorianertribun Decimus: Eigentlich gut vorbereitet gewesen, hatte ich am Ende trotzdem irgendwie kaum ein Wort raus gebracht, die Zeit des Mannes nur verschwendet und den ganzen Termin damit gehörig und gewaltig vergeigt! (Wahrscheinlich konnte ich noch von Glück reden, wenn er mir das nicht nachtrug, weil sein Vater mein Patron war.)
    Dazu sah es auch im Privaten nicht viel besser aus, weil sich der Prozess, in dem ich sowas wie der Haupt- oder Kronzeuge war, leider ganz schön hinzog. Und allein das reichte aus, um mich auf Dauer ziemlich fertig zu machen. Denn ohne ein Urteil konnte auch ich diese eine, schicksalhafte Nacht einfach nicht vergessen. Konnte nicht loslassen. Konnte nicht damit abschließen. Es war.. belastend.


    Deshalb stand mir der Kopf also nach Erholung. Und die suchte ich heute in den Agrippathermen: Erst arbeitete ich mich durch die verschiedenen Bereiche und Becken. Ich war nicht so firm damit, wie lange man wo bleiben musste und in welcher Abfolge man gegen keine Vorschriften und Normen verstieß. Deshalb hängte ich mich unauffällig an eine kleine Gruppe von sechs Männern. Ihre Beckenreihenfolge war meine Beckenreihenfolge. Ihre Verweildauer war meine Verweildauer. Am Ende landete ich mit dieser Strategie auf den Palestrae, wo ich mich erst noch ganz sportlich irgendwie dehnte, nach einer Weile aber am Rand des Platzes saß und dem Sextett nur noch beim Ringen zusah:
    Die sechs Jungs hatten sich in zwei gleich große Gruppe gelost, in denen jeder einmal gegen jeden angetreten war. Im fünften Kampf hatten die beiden Gruppenletzten dann um den fünften Platz gekämpft. Im sechsten Kampf hatten die beiden Gruppenzweiten um den dritten Platz gerungen. Und gerade jetzt standen im Finale die beiden Gruppenersten zusammen im Ring. Aulus gegen Paullus. (Die Namen hatte ich natürlich mittlerweile mitbekommen.) Jeder wurde von zweien seiner Freunde angefeuert, sodass ich (in meiner Vorstellung) das entscheidende Zünglein an der Waage war. Und ich fieberte still und leise für Aulus mit. Der hatte eine tolle Technik und.. tolle Muskeln und.. bei Fortuna, wenn er gewann, dann würde ich ihm einen ausgeben, beschloss ich übereifrig. Und falls er verlor, das musste ich ja nun auch sagen, naja, da würde ich mich eben aufraffen und selbst noch ein bisschen Sport treiben....


    Tjaja. Kaum hatte ich diese gedankliche Wette auf Aulus mit mir abgeschlossen, da hörte man den dumpfen Laut, den sein Körper machte, als er auf den Sandboden aufkam. Und im nächsten Moment hatte Paullus gewonnen. So schnell konnte es also gehen. Die sechs Jungs verzogen sich lachend und feixend wieder in Richtung der Becken und ich blieb zurück. Ein lustloses Stöhnen, dann hievte ich mich hoch. Sport statt Siegesfeier. Super. Ich war begeistert. Aber eh ich jetzt also zehn Runden so blöd im Kreis lief wie ein Auriga ohne Pferde und Wagen, hielt ich erstmal Ausschau nach einer Möglichkeit, mich selbst zu beschummeln und um den Sport vielleicht mit Spiel etwas herumzukommen.


    "Hola. Brauchst du noch einen Mitspieler?"


    Der junge Typ bei den Spielbällen stand da gerade so allein, dass ich ihn einfach mal ansprach. Mehr als wegschicken konnte er mich ja eigentlich nicht.

  • Ich hielt gerade einen dieser kleinen, festen Bälle in meiner Hand, wie sie in Aegyptus ganz gängig waren, als ich tatsächlich aus meinen Augenwinkeln heraus jemanden auf mich zukommen sah. Und nicht nur das: Derjenige sprach mich auch noch an.


    Natürlich drehte ich mich sofort zu dem Mann hin, um ihm zu antworten, aber irgendetwas ließ mich einen Moment lang zögern... - Lateinisch! Dass ich auf lateinisch angeredet wurde, war doch noch ziemlich ungewohnt für mich. Klar, meine Eltern hatten mir die Sprache natürlich beigebracht, und ich meinte zumindest, sie genauso gut zu können wie Koin´e. Und auf der Überfahrt nach Ostia hatten sich einige Fahrgäste natürlich auch auf Latein unterhalten, auch mit mir gesprochen. Aber während der Schiffsreise hatte man sich ja doch ein bisschen kennengelernt, so dass das Latein aus dem Mund anderer Passagiere beileibe nicht so exotisch für mich gewesen war wie nun die direkte Ansprache durch einen völlig Fremden.


    "Salve!" - Fast hätte ich "Chaire!" gesagt. "Ja, klar, ein Mitspieler wär' jetzt schick!"


    Nachdem die ersten Wörter einigermaßen unfallfrei über meine Lippen gegangen waren, wollte ich meinen neuen Spielpartner eigentlich fragen, was man denn in Rom so für Ballspiele spiele. Aber irgendwie fühlte ich mich für die ganze Situation verantwortlich und wollte einen eigenen Vorschlag machen, den er dann ja auch ablehnen konnte. Deshalb drehte ich mich wieder zu dem Holzregal, schnappte mir einen ziemlich großen, aber leichten Ball und hielt ihn meinem Mitspieler fragend hin: "Ähm, hast du vielleicht Lust, dieses Spiel zu spielen - äh -, wie sagt man hier dazu? Also, das Spiel, wo man sich den Ball mit der Handfläche zu spielt, ohne dass er auf den Boden kommen darf." Tja, da fehlte mir jetzt wirklich eine Vokabel. Um davon schnell abzulenken und außerdem noch hübsch höflich zu sein, setzte ich hinzu: "Ich heiße übrigens Caius Verginius Mamercus."

  • Na prima. Das ging doch ganz gut. Der Junge machte keine Anstalten, meinen geplanten Selbstbetrug zu verhindern und ließ mich mitspielen. Nur wobei? Ein Spiel, bei dem man sich den Ball mit den Handflächen zuspielte. Ohne dass der Ball auf den Boden traf. Aporrhaxis schied da schonmal aus. Vielleicht das Ludere expulsim? Durfte da der Ball auf den Boden kommen? Ich war mir nicht ganz sicher. Oder ging es ums Spiel der Urania? Da war ich mir sicher, dass der Ball nicht auf den Boden kommen durfte. Aber zum Rest der Beschreibung passte es wieder weniger.


    "Äh.. Artorius Rufinus."


    So stellte ich mich dann also selbst lieber erstmal vor und unterschlug dabei ohne großes Nachdenken meinen Praenomen. Der war ja aber auch eigentlich nicht so wichtig. Nicht für jemanden, den ich gerade erst kennenlernte.


    "Nenn mich aber ruhig einfach Rufinus. Ich bin da nicht so."


    Nicht in meiner Freizeit. Nicht hier in den Thermen. - Aber zurück zum Spiel. Da war ich immernoch etwas aufgeschmissen. Denn Möglichkeit 1: Vielleicht war das beschriebene Spiel ja eins, das ich als Neureicher einfach nicht kannte? (Ich sah ja leider nicht, ob dieser Verginius hier ein hoher Senatorenspross war - oder nur der Sohn eines Bäckers vom Aventin.) Oder Möglichkeit 2: Vielleicht war das Spiel ja eins, das ich als "Kind vom Lande" nicht kannte? (Ich sah ja auch leider nicht, ob der Verginius hier aus Rom oder irgendeiner anderen Metropole wie Alexandria oder so kam - oder aus Kleinkleckersdorf irgendwo im Nirgendwo.) Oder Möglichkeit 3: Vielleicht war das beschriebene Spiel ja eins, das ich als Nicht-mehr-ganz-so-Jugendlicher bislang einfach noch nicht kennengelernt hatte? (Denn das sah ich dem Verginier zur Abwechslung mal auch hier in den Thermen an, dass er ein gutes Stück jünger war als ich.)


    "Und wegen dem Spiel.. äh.. da steh ich selbst gerad auf'm Schlauch, was du meinst. Denn seit ich hier in Rom bin, weißt du, da hab ich auch so viel kennengelernt und zum ersten Mal gespielt und so.. ähm.. dass ich Landei mir das gar nicht alles merken konnte."


    Über Geld redete man nicht. Und als alten Sack wollte ich mich nun auch nicht gleich verkaufen. Deshalb wählte ich also Erklärung Nummer 2, um mich hier etwas rauszureden. Dazu ein entschuldigendes Lächeln, das mir schon beim Gespräch mit Decimus Serapio (wenigstens gefühlt) keinen Digitus weitergeholfen hatte.


    "Aber wenn dir nicht einfällt, wie man hier dazu sagt, dann sag doch einfach, wie du es nennst.. äh.. oder wie halt die Regeln sind, wie man es spielt."


    Und noch eine kleine Anschlussfrage:


    "Bist du alleine hier?"

  • Tja, das Spiel... Schon blöd, wenn man eine wichtige Vokabel sucht, und die einem aber nicht einmal auf der Zunge liegt. Trotzdem versuchte ich mich zu erinnern: "Werter Rufinus, das Spiel, das ich meine, heißt hier irgend sowas mit - 'impulsiv'."


    Hä? "Ludus impulsiv"??? Das klang nun wirklich bescheuert, und wahrscheinlich machte ich mich vor dem Artorier, als der er sich vorgestellt hatte, jetzt so richtig zur Witzfigur. Aber ich konnte mich ums Verrecken nicht an die richtige Bezeichnung erinnern, und irgendwas in Koin'e fiel mir auch nicht wirklich ein, weil ich mit meinen Jungs in Alexandria in den letzten Jahren immer eher gerungen hatte als Ball gespielt.


    Aber irgendetwas musste ich ja jetzt tun, um die Situation zu retten. Ich machte daher einen Schritt von dem Holzregal weg hin auf die eigentliche Spielfläche, wo jetzt auch Platz genug zum Ballwurf war, nachdem eine Gruppe von Ringern sich verzogen hatte. Dabei blickte ich Artorius Rufinus an und sagte, unsicherer als ich eigentlich wollte: "Wir können uns ja auch einfach mal aufstellen und anfangen." Aus lauter Unsicherheit titschte ich den Ball auf die Erde und war überrascht, wie hoch er gleich wieder aufsprang. Das hatte ich bei diesem alten, bräunlichen Ding gar nicht erwartet, das wohl mal golden gewesen, jetzt aber schon ziemlich abgeschabt war. Sofort griff ich das auf: "Wir können ja auch was mit Aufticken auf dem Boden spielen. Der Ball hier springt ja noch ganz gut. Oder vielleicht kennst du ja auch ein anderes Spiel."


    Das mit dem Landei nahm ich dem Artorier nämlich nicht so ganz ab. Auf mich machte er einen ziemlich weltmännischen Eindruck; ehrlich gesagt, hatte ich mich eigentlich auch schon gefragt, was so einer wie er in diesem Bereich der Bäder machte, der doch, wie mir bei meiner eigenen Ankunft in den Agrippa-Thermen so deutlich durch den Sklaven im Eingang aufgezeigt worden war, eher für die ärmliche Schicht der Bevölkerung gedacht war. Andererseits ... vielleicht war Artorius Rufinus ja auch noch nicht so lange in Rom. Aber ganz bestimmt schon ein ganzes Stück länger als ich.


    Diese Überlegungen riefen mir die Frage in Erinnerung, die er mit am Schluss gestellt hatte: "Ach so, ich selber komme gar nicht aus Rom, sondern aus Alexandria, und ich kenne hier auch noch niemanden. Deswegen bin ich tatsächlich auch alleine hier, richtig."


    Auf dem Schiff von Alexandria hatte ich zwar öfters mit einer gewissen Terrasidia Propinqua gesprochen, die sagte, sie wohne in Rom. Aber ein "Hey, besuch mich doch mal" oder Ähnliches war da auch nicht gekommen. Nachdem wir in Ostia das Schiff verlassen hatten, war halt jeder so seiner Wege gegangen. Also war ich in Rom tatsächlich ganz allein und Artorius Rufinus meine erste echte Bekanntschaft in dieser Stadt.


    Obwohl sich das ja eigentlich nicht gehörte, wo er bereits ein richtiger Mann und ich erst noch auf dem Weg dahin war, erlaubte ich mir auch eine persönliche Frage an den Artorier, weil er mich so freundlich anlächelte: "Du lebst sicher schon lange hier in Rom, oder?"


    War jetzt nichts Originelles, aber mein Interesse war echt.

  • Werter.. werter Rufinus? Beim Gott der Jugend, fühlte ich mich auf einmal alt und grau! Sah ich in den Augen der jüngeren Leute wirklich schon so faltig und in die Jahre gekommen aus? - Spontan fasste ich den Entschluss, dass ich nachher unbedingt noch über die Märkte laufen und mir eine Creme gegen vorzeitiges Altern besorgen musste! Und vielleicht sollte ich auch mal wieder was mit meinen Haaren machen. Die Frisur trug ich ja jetzt auch schon eine Weile. Da gab es bestimmt auch jüngere, hippere Schnitte.... Dann wurde ich aus meinen besorgten Gedanken gerissen.


    "Ja.. ja, das ist eine gute Idee. Lass uns einfach anfangen zu spielen."


    Und bloß nicht mehr an den werten Rufinus denken..


    "Übringens.. war es expulsim.. das Wort, nach dem du gesucht hast?"


    Daran hatte ich ja schon kurz gedacht. Und jetzt mit dem "impulsiv"-Hinweis.. da war ich fast sicher, dass ich damit auch richtig lag. Trotzdem war mein Lächeln irgendwie nur noch halbherzig und etwas schief. (Der werte Rufinus nagte an mir. Denn wenn ich auch als Neureicher keine Ahnung von gutem, "wohlerzogenen" Benehmen hatte und mich in einer besseren Gesellschaft damit fast immer automatisch irgendwie daneben benahm. Aber mit meinem charmanten Auftreten und der guten Optik hatte ich solche Verfehlungen noch immer ganz gut ausgleichen können.... bis jetzt.)


    "Aus Alexandria? Von so weit her?"


    Ich staunte nicht schlecht. Denn da war man ja bestimmt eine ganze Weile lang unterwegs.. auf einem einsamen Schiff.. und weit und breit in alle Richtungen nur blaue See.


    "Wie kommts, dass du jetzt so weit bis nach Rom gereist bist?"


    Während ich das fragte, begab ich mich schon mal in eine passende Startposition für das Spiel. Denn jetzt, wo ich für den freundlichen Jungspund so scheinbar jemand war, der schon langsam erste Auflösungserscheinungen zeigte und allmählich zu Staub zerfiel, da musste ich natürlich was tun. (Vielleicht fand er mich dann danach ja nicht mehr ganz so uralt. Oh man, das nagte an mir.)


    "Ich? Äh.. lange?"


    Ich lächelte schief. Denn in meinem Geist schwang da jetzt schon wieder so ein Altersding mit. Sowas mit Zeit. Sowas, was ich in den meisten Fällen am liebsten einfach nicht hörte und ganz schnell wieder vergaß.


    "Nein, eigentlich noch gar nicht so lange. Erst ein, zwei Jahre oder so."


    Eine glatte Lüge. Die mir aber trotzdem ohne ein Zucken ganz leicht über die Lippen ging. Denn eine Lüge.. so schlimm log ich ja eigentlich gar nicht. Ich flunkerte nur ein bisschen. Genauso wie, wenn jemand mich nach meinem Geburtstag fragte. Da sagte ich auch immer grundsätzlich ein Datum das noch lange hin war. Dann kaufte niemand mir Geschenke, niemand plante irgendwelche unangenehmen Überraschungen und niemand merkte, wenn sich mein wirklicher Geburtstag mal wieder ganz still und heimlich jährte. - Zugegeben, der Trick funktionierte natürlich nicht immer. Aber der Effekt reichte aus, dass ich mich, wenn mich wer nach meinem Alter fragte, immer erfolgreich ein paar Jährchen jünger machen konnte, als ich eigentlich war.... bis jetzt. Jetzt war ich ja der werte Rufinus.


    "Aber soviel, wie man hier manchmal an einem Tag erlebt in Rom, das hast du sicher recht. Da bin ich dann bestimmt schon ein paar Monate länger hier. Erst neulich bin ich in einer einzigen Nacht ganze drei Wochen auf einmal gealtert, als ich auf dem Heimweg von einer coolen Feier fast von einem echten Killer erstochen worden wäre!"


    Da konnte der Verginius mal sehen, wie jung ich noch war: Mitten in der Nacht kam ich erst von irgendwelchen Partys nach Hause.. und stolperte dabei noch gefährlichen Nachtgestalten über den Weg.. und war noch so jung und fix in den Beinen, dass mich der Mörder trotzdem nicht erwischt hatte! (Gut, die Realität war jetzt wieder etwas anders gewesen. Aber Wahrheit.. die lang ja eigentlich sowie immer im Auge des Betrachters, oder?)

  • "Ah, ja klar: 'expulsim' ist das Wort! Genau das Spiel meinte ich." Laut hörbar klatschend schlug ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. 'Impulsiv' - wie hatte ich darauf nur kommen können. Jetzt, wo Artorius Rufinus mir das Wort genannt hatte, fiel mir direkt wieder ein, wie mein Vater dieses Spiel mit mir gespielt hatte in Alexandria, meiner Heimatstadt. Genau nach der fragte mich der Artorius nun:


    "Na ja, so weit ist Alexandria eigentlich gar nicht. Jedenfalls nicht im Sommer, wenn man das Schiff nehmen kann. Wir haben für die Überfahrt nur acht Tage gebraucht, hatten allerdings auch richtig gutes Wetter." Anders war das natürlich im Herbst oder Winter, wenn das Wetter nicht mitspielte und der Seeweg flach fiel. "Also, immerhin muss man nicht über irgendwelche hohen Berge nach Alex, Alpen oder so." Oder durch Wüstengebiete, was ich mir auch nicht gerade als Spazierfahrt vorstellte. "Darf ich fragen, woher du kommst?"


    Der Angesprochene hatte sich mittlerweile so hingestellt, dass er ganz offensichtlich erwartete, dass ich ihn mit dem Ball anspielen sollte. Also ging auch ich jetzt noch weiter in die Spielfläche hinein. Allerdings beschäftigten mich auch immer noch die Fragen von Artorius Rufinus: "Ich bin in Alexandria geboren worden, aber mein Vater kam gar nicht von dort. Jetzt ist er vor Kurzem verstorben - meine Mutter schon viel früher -, und irgendwie hat mich dann nichts mehr in Alexandria gehalten." Natürlich war ich mit anderen Kindern aus Alexandria in die Schola gegangen, aber als wir alle älter wurden, merkte ich, dass ich als 'Rhomäer' eben doch nicht so richtig dazu gehörte. Und die Römer in Alexandria bildeten zum großen Teil so eine Clique für sich, und dazu hatte meine Familie aber auch nicht so richtig gehört. "Naja, ich hab' mir dann halt gedacht: Ab nach Rom, versuche ich es da mal. Vielleicht lasse ich mich aber auch in Ostia nieder, da hat mein Vater wohl mal gewohnt. Hängt auch sehr davon ab, wo ich eine Anstellung finde - also, wenn du was weißt ..."


    Den letzten Satz hatte ich grinsend gesagt - Galgenhumor -; dabei hatte mit der linken Hand den Ball hoch in die Luft geworfen und wollte mit dem rechten Arm schon ausholen, als Artorius Rufinus das von dem Überfall auf ihn erzählte. Das brachte mich gehörig aus dem Konzept, so dass ich den Arm wieder sinken ließ und der Ball von mir unberührt auf die Erde aufkam. "Bei Tinia", entfuhr es mir leise. Man hatte mich ja schon gewarnt, dass Rom gefährlich sei, aber ich hatte das nicht ernst genommen. Schließlich war Alexandria ja nun selbst ein extrem heißes Pflaster, nicht nur, was Verbrechen anging, sondern auch ... - ja, schwer zu beschreiben, es war einfach fast immer so eine Unruhe in der Stadt, Gereiztheit. Aber das von Artorius Rufinus gab mir natürlich zu denken.


    "Ich hoffe, du wurdest nicht schwer verletzt und es geht dir wieder gut. Hat man denn die Täter wenigstens gefasst?"


    Nach diesen Worten bückte ich mich, um den Ball wieder aufzuheben, der zu meinen Füßen zu liegen gekommen war.

  • Puh. Nur acht Tage war gut. Ich fand, dass acht Tage, also mehr als eine Woche, schon ziemlich viel und lange waren. Aber ich wollte natürlich auch nicht wie der letzte Hinterwäldler dastehen. Deshalb behielt ich den Gedanken lieber erstmal für mich.


    "Stimmt. Über'n Berg ist immer weiter als mit'm Schiff."


    Ein belustigtes Grinsen meinerseits.


    "Klar darfst du mich fragen, wo ich her komme."


    Der Versuch, etwas Zeit zu schinden. Denn ich hatte es bislang immer tunlichst vermieden, das irgendwem zu sagen. Musste ja nicht jeder gleich von meiner hohen Geburt wissen. Er erst Ausreißer, dann Tagelöhner, dann Ehemann und Vater. Dann tot. Sie auf der anderen Seite selbst nicht die beste Partie: Beim Cursus Publicus gearbeitet, dann mit mir schwanger geworden, dann meinen Vater geheiratet und mich bekommen. Ruhmreich sah anders aus.


    "Ich bin ein Sohn der Fortuna. Da komme ich her. Viele, unzählige meiner nahen und fernen Verwandten haben ihr Leben gelassen... vor dem letzten Bürgerkrieg... im letzten Bürgerkrieg. Ich bin einer der wenigen Artorier, die diesen ganzen Mist überlebt haben."


    Und ich hatte mich nur deshalb, nur weil so viele Verwandte gestorben waren, reich geerbt. Stinkreich. Fast schon zu reich zum Stinken, so reich. Aber zurück zu Verginius.


    "Also bist du sozusagen auf den Spuren deines Vaters unterwegs, wenn der hier aus dem Umland kam."


    Ein Nicken und Lächeln.


    "Das ist gut. Dann weißt du entweder, wohin du unbedingt mal willst.. oder wie dein Leben auf gar keinen Fall verlaufen soll."


    Einen Job suchte er auch? Hm.. Puh.. Sollt ich ihn jetzt für den Cursus Publicus zu werben versuchen? Nach dem verhauenen Termin bei Decimus Serapio stand mein Stern bei den Leuten, die da etwas zu sagen und zu entscheiden hatten, bestimmt nicht sehr hoch.


    "Du kannst ja mal fragen, ob die in den Verwaltungen von Rom oder von Italia noch irgendwo wen brauchen und einstellen. Mein Patron Decimus Livianus hat die in Rom bis vor kurzem als Praefectus Urbi geleitet, wobei man da sicher auch jeden Curator persönlich fragen kann, ob der noch einen Zuarbeiter braucht. Und jetzt ist mein Patron als Curator Rei Publicae für die Verwaltung von Italia verantwortlich. Da könntest du ihm gerne sagen, dass du von mir kommst."


    Ob das half, nach meinem desaströsen Termin bei seinem Sohn, das war natürlich die andere Frage.


    "Oder vielleicht suchen die auch auf dem Palatin noch Leute, keine Ahnung. Ich glaub, ein anderer Klient meines Patrons.. also eigentlich eine Klientin, um genau zu sein.. die müsste da auch irgendwo tätig sein. Aber Vorsicht. Bei der musst du aufpassen. Die ist zwar ein mords Geschoss.. also wirklich.. eine Rose sozusagen. Aber man sagt ihr nach, dass sie ziemlich dornenreich ist und stacheln kann. Und als ich sie mal kennengelernt habe, kam sie mir vor allem vor wie eine Kunstblume, so humorlos und steif."


    Zusammengefasst also: Eine Kunstblume vom Typ dornenreiche Rose. Ich grinste. Eine lustige Vorstellung. Und ich merkte: Ich war schon wieder ganz schön in Plauderlaune. Deshalb hielt ich es bei meiner letzten Antwort lieber etwas kürzer.


    "Der Prozess gegen ihn läuft. Aber ich darf nicht darüber sprechen. Zeugenbeeinflussung und so."


    Das behauptete ich jetzt einfach mal so.

  • Nachdem Artorius Rufinus das von dem Überfall auf ihn erzählt hatte, reizte es mich sehr, mit meinen Augen seinen Körper nach Spuren von Verletzungen abzusuchen. Aber natürlich war mir auch ganz klar, dass sich so etwas nicht gehörte, und so senkte ich meinen Blick auf den Ball, den ich mittlerweile wieder in meinen Händen hielt. Richtig schwere Verletzungen konnte der Artorier ja auch nicht haben; die hätte hier in den Thermen natürlich jeder gleich bemerkt und mit denen hätte er ja schließlich auch nicht Ball spielen können. So freute ich mich für ihn, dass er sich aus dem ganzen Schlamassel wohl mit einigermaßen heiler Haut gerettet hatte.


    Komisch war nur die knappe Auskunft, die er über den Prozess gegen seinen Angreifer gegeben hatte. Zeugenbeeinflussung? Hier in den Agrippa-Thermen? Oder war das etwa eine größere Sache, in die der Artorius da hineingeraten war? Und was war das denn für eine komische Herkunft, die Rufinus genannt hatte: "Sohn der Fortuna"? Hatte sich nicht auch C. Iulius Caesar so genannt? Oder war das "Sohn der Venus" gewesen? Oder Sohn von beiden? Sollte ich mich vielleicht als "Sohn der Menrva" fühlen?


    Ach, eigentlich wollte ich mit dieser Sache ja auch nichts zu tun haben, ganz im Gegenteil. In Alexandria hatte ich mir fest vorgenommen, mich von Raufereien oder Schlimmerem fernzuhalten. Und meinem Vater hatte ich auf dem Sterbebett versprechen müssen, mich bloß nicht in irgendwas Kriminelles hineinziehen zu lassen. Hatte ich auch nicht vor. Nur gut, dass ich für den Überfall auf Artorius Rufinus ein Alibi vorweisen konnte und auf dem Schiff oder vielleicht sogar noch in Aegyptus gewesen war.


    Leid tat mir natürlich, was mit den Verwandten des Artoriers geschehen war: "Ja, der Bürgerkrieg... muss wirklich eine schlimme Zeit gewesen sein. Bei uns in Aegyptus war es ja ziemlich ruhig, aber hier... Traurig, dass du so viele Menschen aus deiner Familie verloren hast." Ich hoffte für meinen Gesprächspartner, dass ihm wenigstens noch einige nahe Verwandte geblieben waren. Wie es war, wenn man die nicht mehr hatte, wusste ich ja schließlich selbst.


    Freunde und Bekannte schien er jedenfalls zu haben, das hörte ich aus den Tipps heraus, die er mir wegen meiner Jobsuche gab: "Vielen Dank für deine Ratschläge wegen einer Anstellung! Du hast ganz Recht, was das angeht, weiß ich wirklich, was ich will, nämlich mir eine ordentliche Existenz aufbauen."


    Lauthals loslachen musste ich allerdings, als er in dem Zusammenhang den Palatin erwähnte: "Genau, der Palatin! Da haben sie auf einen wie mich ganz sicher gewartet! Rufinus, du meinst es gut. Aber: Verscheuchen würden sie mich da, verscheuchen!"


    Und um das mal so richtig zu zeigen, wie sich mich da verscheuchen würden, warf ich, noch immer lachend, den Ball in die Luft und holte richtig weit mit meinem rechten Arm aus. Ich traf ihn voll; auf dem Boden aufkommen würde der nicht mehr, bevor er Artorius Rufinus erreichte.

  • Ich nickte einfach mal zustimmend bei der Frage nach dem schlimmen Bürgerkrieg. Denn ich hatte zwar nicht im belagerten Rom gesessen, als die germanischen Legionen hier aufgeschlagen waren. Aber ich hatte nach dem Tod vom Cornelius am eigenen Leib erlebt, wie sich das anfühlte, hier in dieser großen Stadt, auf diesem Präsentierteller, so gefangen zu sein wie eine kleine Maus in einer Mausefalle. Deshalb wusste ich: Schön war anders!


    "Echt?"


    Das Wort rutschte mir irgendwie so raus. Denn was man so hörte, war Ägypten ja "abtrünnig" geworden. Und hatte sich auf die cornelische Seite gestellt. Und hatte eine große Hafenblockade oder so angeordnet. Keine ägyptischen Schiffe mehr in Ostia. Rom und Italia. Zwei riesengroße Absatzmärkte, die da über viele Monate lang weggebrochen waren. Für mich kaum vorstellbar, dass die Leute da alle ruhig geblieben waren. Aber andererseits war ja hinlänglich bekannt: Die spinnten (?) .. spannen (?) .. hatten einen an der Waffel (!), die Griechen.


    "Naja, Familie.. Die meisten von denen werden nichtmal von mir gewusst haben. Und ich kannte auch nur maximal ein paar Namen von denen. .. Wir hatten halt irgendwann mal einen gemeinsamen Vorfahren und waren über den halt verwandt. Aber eine Familie.."


    Ich verzog die Schnute. Denn ich war halt nur der Sohn eines Herumtreibers, eines Tagelöhners. Eine Ecke des Stammbaums, den die angeseheneren Artorier, die es auch zu etwas gebracht hatten, in der Regel vermutlich immer hübsch verschwiegen hatten. - Ja, vielleicht war'n die untereinander auch als Vettern und Basen noch eine große Familie gewesen. Ich hatte da dann aber nie dazugehört.


    "Natürlich trotzdem traurig, dass die jetzt tot sind."


    Wollt ja nun auch nicht rüberkommen als jemand, der sich darüber freute. Oder als jemand, dem das alles am Hintern vorbei ging. - Anschließend kam erst ein Danke für meine Tipps. Dann lachte der Verginius über meine Palatin-Idee. Ich wusste zwar nicht so genau warum. Sah ja auf einem Bewerbungsschreiben niemand, wie man aussah. Und wenn man erstmal 'ne Einladung zum Gespräch hatte, dann konnten die Wachen einen ja nicht einfach draußen im Regen stehen lassen.... Aber eh ich dumm rumdiskutierte, lachte ich lieber mit, bevor ich..


    "HEY!"


    ..ganz überrascht wurde. Ohne Ankündigung spielte der Verginius den Ball. Ich musste mich richtig beeilen.. zwei Schritte zurück.. und ein bisschen abspringen nach oben, damit ich den Ball noch erwischte und mit einem leichten Knall (zwiebelte schon ein bisschen danach, meine rechte rechte Hand) in hohem Bogen zurückspielen konnte.


    "Sag doch, dass es los geht!"


    Ich grinste meine Beschwerde zu meinem Mitspieler. (Immerhin hatte ich den Ball ja noch erwischt. Kein Grund also, sich ernsthaft aufzuregen. Außerdem wollte ich ja auch nicht der werte Rufinus sein, der schon so uralt war, dass er ständig greisenhaft zeterte und auf die jüngere Jugend schimpfte.)

  • Während ich innerlich schon vor mir sah, wie lässig ich gleich die Bälle schlagen würde, war mein Spielpartner offenbar immer noch sehr mit dem Bürgerkrieg beschäftigt - verständlich, wenn man ihn hier in Italia über sich ergehen lassen musste und auch noch so viele Mitglieder der Familie verloren hatte. Einen Moment lang musste ich überlegen, was er wohl genau mit seinem Ausruf "Echt?" meinte, der für mich irgendwie überrascht geklungen hatte. Dann kam ich aber darauf, dass sich Artorius Rufinus wohl näher dafür interessierte, wie es im Bürgerkrieg in Aegyptus zugegangen war:


    "Naja, der Bürgerkrieg selbst war ja bei uns gar nicht so wirklich, besonders nicht mit so viel Blut. Es gab da zwar diese Blockade ..." - einen Moment lang musste ich richtig überlegen: Für mich war das irgendwie alles schon so lange her, ich war ja eigentlich auch noch ziemlich klein gewesen, und mein Vater hatte natürlich versucht, alles so gut es ging von mir abzuhalten. "Klar, die Blockade hat Alexandria natürlich ziemlich übel erwischt, das gab natürlich auch wieder viel Unzufriedenheit, aber das ist in Alex ja fast normal. Und du weißt ja, wie das ist, " Ja? Wirklich? Woher sollte der Artorier das denn eigentlich wissen? Damit unterstellte ich ihm eigentlich ganz schön was, denn was ich jetzt sagen wollte, also, eigentlich zum Ausdruck bringen wollte.... naja, das waren halt wohl genau so Sachen, von denen ich mich nach Worten meines Vaters lieber fernhalten sollte: "Also, ich glaube, viele Händler in Alex haben schon noch ihre Wege gefunden für ihre Waren - wie auch immer, ich glaube, Italia und Rom hat der Bürgerkrieg um einiges schlimmer erwischt."


    Besonders ja offenbar auch die Familie Artorius, auch wenn er viele Mitglieder wohl nicht so wirklich gekannt hatte: "Ja, das kenne ich, meine Familie ist eigentlich auch ziemlich verstreut. Ich habe wohl noch etliche Verwandte auf Corsica, aber ich bin noch nie auf der Insel gewesen. Muss ich irgendwann wirklich mal hinfahren." Aber im Moment zog es mich da nicht hin. Wenn ich da hinreisen sollte, wollte ich etwas vorzuweisen haben: römisches Bürgerrecht, gut und schön, aber wenn man sonst nichts weiter war als ein Herumtreiber?! Obwohl natürlich die Jahreszeit für eine Schiffs-Überfahrt gut war: "Fährst du irgendwohin in die Sommerfrische?" Ich hatte gehört, dass halb Rom das so machte, und so ein Urlaub konnte einem ja auch neue Bekanntschaften bringen, auch mit Frauen - vielleicht eine gute Gelegenheit, die Reihen der Artorier wieder aufzufüllen? Man musste so etwas praktisch sehen! Dachte ich jedenfalls damals.


    "Ach du sch..." Den Ball, der da jetzt auf mich zuschoss, hatte Artorius Rufinus regelrecht abgefeuert, mit richtig guter Körperspannung. Ich schaffte es nur noch, meine beiden Arme wie ein Schild vor meinen Körper zu bringen. Da klatschte der Ball dann auch gegen, aber ich konnte gar keinen eigenen Druck mehr dahinter bringen, so dass die Kugel schließlich wenige Meter vor mir liegen blieb. Ohne aufzusehen, hob ich den Ball auf, ging wieder auf meine Ausgangsposition zurück und spielte ihn erneut zu Rufinus, diesmal aber mit wesentlich weniger Schmackes als beim ersten Mal. Bedröppelt fügte ich hinzu: "Äh, wir können ja auch mit Aufticken spielen."

  • Sim-Off:

    Upsi. Thread aus den Augen verloren. Tut mir Leid.


    Wusste ich wie das war? Wenn man andere aussperrte und dann keiner mehr mit denen handeln konnte? Eigentlich nicht. Ich wusste nur, wie das war, wenn man eingesperrt war. Im großen Rom. Im großen Rom, das flächenmäßig ziemlich klein war. Keine großen Getreidefelder innerhalb der Stadtmauern. Kein frisches Obst. Kein Gemüse. Kein Wein. Kein Holz und keine Steine für die Handwerker. Kein frischer Ton für die Töpfer, keine Wolle für die Weber, keine Opfertiere für die Götter. Mangel an allen Ecken und Enden. Nahrungsmangel für die Bevölkerung. Rohstoffmangel für die Betriebe. Deswegen auch Arbeitsmangel für die dort Angestellten. Genauso Arbeitsmangel auch beim Cursus Publicus. Denn durch geschlossene Stadttore kamen ja keine Briefe und Nachrichten durch. Und auch wo die Stadtmauer bei den Tiberbrücken unterbrochen war, da waren die Ausgänge aus der Stadt ja abgeriegelt gewesen. Kein Durchkommen. Kein Rauskommen. Das war das, was ich kannte.


    "Ja, das denk ich auch."


    So schlimm wie hier, wars sicher nirgendwo sonst gewesen. Außer vielleicht direkt auf dem Schlachtfeld. Deshalb war ich froh, dass das Thema so langsam ein Ende fand.


    "Corsica. Ist bestimmt schön da. Du kannst mir ja schreiben, falls du mal dahin reist."


    Das würde mir gefallen. Urlaubspost zu bekommen. Denn das war ja fast so, als wenn ich beim Lesen auch selbst im Urlaub war.


    "Nein, leider nicht. Ich krieg keinen Urlaub."


    Ich schüttelte den Kopf.


    "Irgendwer muss ja auch im Sommer die Urlaubsbriefe und im Winter die Saturnalienpost transportieren und so weiter. Da ist beim Cursus Publicus meistens Hochkonjunktur. Kaum einer, der da Urlaub kriegt."


    Außer dem Postpräfekten, der sich ja einfach selbst Urlaub geben konnte. Aber die Option hatte ich mir nach meinem Gespräch mit dem Decimus ja gehörig verbaut. Leider. In dem Moment kam der nächste Ball vom Verginius auf mich zu. Weniger kräftig als beim ersten Mal. Ich musste einen Schritt nach vorn, um ihn zu kriegen. Es gab ein Platsch-Geräusch. Dann flog der Ball hoch in die Luft. Ziemlich steil.


    "Äh.. ja, dann lass ihn halt einmal aufticken."


    Ein Schulterzucken von mir. Ich hatte den ja jetzt eh versehentlich so hoch gehauen, dass der bestimmt nicht sehr weit flog. Selbst nach einem Aufticken musste der Verginius dem sicher noch einen Schritt entgegen kommen, um den zu kriegen. (So Pi mal Daumen. Denn wie weit der Ball zum Schluss wirklich kam, konnte ich ja auch erst sehen, wenn er zurück war aus der Luft.)

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