Ein schwieriges Gespräch mit einem väterlichen Freund

  • Der Mann mit leicht ergrautem Haar legte dem Wirt der Taberna ein paar Münzen hin, bat um zwei weitere Becher Wein und blickte Sextus Furius Pinna ernst und ein wenig traurig an.


    "Sextus. Du weißt, ich mag dich. Ich habe ebenso deinen Vater gemocht und stets respektiert. Er war ein zuverlässiger Geschäftspartner, und er war mehr als das: er war ein Freund. Deswegen fällt mir das nicht leicht. Aber bitte hör mir zu!


    Ich kann dir auf keinen Fall das Geld geben, bevor du die Ware geliefert hast. Vielleicht könnte ich es wagen, wenn ich wüsste, dass deine Finanzen in Ordnung sind. Aber du genauso gut wie ich weißt, dass der Betrieb deines Vaters am Ende ist. Je eher du das vollständig akzeptierst, desto besser."


    Der Mann seufzte und sah Sextus an.


    "Du stehst jetzt gerade so ohne Schulden da. Sei froh! Mach deinem verstorbenen Vater keine Schande, ich bitte dich das in aller Offenheit. Der Erlös deiner letzten Fahrt reicht jetzt, um die Verbindlichkeiten hier am Hafen zu begleichen. Dann bleibt dir wahrscheinlich noch ein kleiner Rest, mit dem du hier eine gewisse Zeit zurechtkommst.


    Sextus, ich will dir einen väterlichen Rat geben! Such dir eine Arbeit, hier oder anderswo. Lass den Handel sein. Wenn du mit Lohnarbeit in ein paar Jahren vielleicht genug gespart hast, kannst du vielleicht neu beginnen. Wenn du auf's Meer willst, gibt es in Alexandria gute Möglichkeiten.


    Und Du hast doch einen Bruder? Wo ist er? Vielleicht kann er dir helfen? Oder jemand anderes aus deiner Familie? Schreib doch deinem Bruder. Aber such dir in jedem Fall Arbeit!"


    Sextus' Gegenüber seufzte und nahm einen langen Schluck aus dem Weinbecher.

  • "Mein Lieferant ist zuverlässig. Sowohl der Wein als auch das Garum werden eine gute Qualität haben. Ich weiß es! Ich vertraue meinem Lieferanten in Spanien. Und du vertaue mir!" redete Sextus energisch auf sein Gegenüber ein.


    Der Mann seufzte erneut hörbar.
    "Mag sein. Aber im Fall, dass ich dir so sehr vertraute, dass ich dir auf Vorschussbasis einen derart hohen Geldbetrag anvertrauen würde, Sextus, niemals vertraute ich der launischen See, noch den Winden, noch darauf, dass in dieser Welt Pünktlichkeit selbstverständlich ist. Und wenn ich meine Kunden zu spät beliefere, bin ich der Geschädigte. Wenn (!) ich überhaupt Abnehmer finde. Und deinen Lieferanten habe ich nie gesehen. Es tut mir leid, Sextus, es bleibt bei einem nein."


    Sextus sah dem Mann ratlos, fast verzweifelt in die Augen.
    Sextus' Bruder? Der war um Norden. Sollte es auf ihn als letzte Chance hinauslaufen, bevor der vom Vater übernommene Betrieb Geschichte würde? Ein Zug aus dem Weinbecher folgte.

  • Warum konnte ich bis heute nicht sagen, aber unverhoffter hatten die Rekruten einen halben Tag Ausgang erhalten. In der Taverne nutze ich die Möglichkeit um mit dem noch recht geringen Sold ein wenig Dampf abzulassen. Als das zwischenmenschlich körperliche erledigt hatte, und mich untenherum wieder frisch fühlte setzte ich mich zu den Kameraden, die wohl gerade den dritten oder vierten Becher Wein am Hals hatten. Noch ein wenig befriedigt lauschte ich einem Gespräch am Nachbartisch, dass insgesamt recht enttäuschend für den jungen Händel verlief. Die Verzweiflung stand ihm im Gesicht. Vielleicht konnte ich ja helfen? Ich erhob mich von meinem gerade besetzten Platz und ging zu Tisch herüber. Ich kniete mich dann an den Tisch und begrüßte die beiden Männer.
    Salvete! Entschuldigt aber ich habe euer Gespräch gerade mitbekommen.
    Ich hielt kurz inne und fuhr dann fort.
    Vielleicht kann ich helfen?

  • "Wir sind Händler, Pinna, nicht der Augustus: Wir werben. Wir befehlen nicht. Wir sind IMMER auf jemandes Gunst angewiesen..."
    Timesias, der Sextus gegenübersaß, wollte gerade mit seinem Rat und seiner Zurechtweisung an die Adresse des Furiers fortfahren, als plötzlich dieser Mann an ihren Tisch getreten war.


    Timesias war fast erleichtert, immerhin bestand so die Möglichkeit, den schon immer sehr sturen Furius gedanklich in ein anderes Fahrwasser zu bringen.


    Dieser blickte den unbekannten Mann etwas irritiert an, und fragte: "Wie willst du bitteschön helfen? und wer bist du? Hast du Geld übrig?"

  • Der verzweifelte Mann blickte mich fragend an. Vielleicht war ich ja sein Strohhalm.
    Geld? Das Imperium hat Geld! Und wenn man in seine Dienste tritt mein Freund bekommt man etwas davon ab. Und das mit Sicherheit kalkulierbarerem Risiko als ein Schifffahrt nach Athen.
    Ich trank kurz den Rest Wein aus, der sich noch in meinem Becher befand, und fuhr dann fort.
    Mein Name ist Hagnon. Ich bin vor kurzem in den Dienst der Flotte getreten. Ich war früher auf Händlerschiffen tätig. Als das letzte sank, hatte ich nur noch mein nacktes Leben. Glaub mir der Dienst in der Flotte ist das richtige! Du hast ein Auskommen und kannst bei Bewährung bis zum Kapitän aufsteigen. Wer weiß, vielleicht kannst du dann mit deiner Abfindung sogar ein neues Handelsunternehmen gründen?
    Ich blickte diesen Timesias fragend an bud hoffte auf seine Unterstützung.

  • Timesias ließ ein erleichtertes Schnalzen seiner Zunge hören. Er breitete die Arme aus und formte eine einladend und gleichzeitig dringliche Geste in Richtung des jungen Sextus Furius Pinna


    "Genau meine Rede, Sextus. Nichts anderes versuche ich dir hier nun seit ... einiger Zeit klarzumachen. Es ist keineswegs ein Zeichen von Schwäche oder eine Schande, wenn du dich den unausweichlichen Tatsachen stellst, und einfach versuchst, einen gangbaren, guten Weg zu finden! Dein Vater, und da bin ich mir sehr sicher, hätte das genauso gewollt. Was bringt es dir, dich in eine Sache zu verrennen, gegen die am Ende die Götter selbst längst ihr Urteil gesprochen haben, und die deswegen von vorne bis hinten verdammt ist, und zum scheitern verurteilt?


    Hagnon hier hat einen guten Vorschlag gemacht."
    an dieser Stelle erhob er seinen Becher leicht in Richtung des Marinerekruten Hagnon.


    "Aber, Sextus, ich verstehe, wenn du hier nichts überstürzen willst. Wo ist dein Bruder Sisenna, meintest du? In Germania? Nun, ich an deiner Stelle würde ihm einen Brief schreiben. Schildere ihm deine Lage und frage deinen älteren Bruder um seinen Rat. Ich kenne ihn nicht so gut, aber wenn er die Vernunft eures Vaters und die Liebe eurer Mutter geerbt hat, wird er dir sicher raten, auf Abenteuer und gefährliche Wagnisse zu verzichten, und, ja, ganz praktisch anzupacken. Du hörst ja auch, was Hagnon hier erzählt! Das Ende der einen Sache ist nicht das Ende der Welt. Und niemand wird dir Steinen in den Weg legen, wenn du später, mit genügend eigenem Geld, wieder wie dein verstorbener Vater Handle treiben wirst. Immerhin ist der Handel ehrenwert. Und niemand soll etwas anderes behaupten."


    Sextus Furius Pinna kniff kurz die Augen zusammen, um zu überlegen. Die Argumente, die ihm hier zur Entscheidung rieten, waren gewichtig. Und die Sturheit des Furius war damit gebrochen.


    "Nun gut. Ich überlege mir das alles mal. Und den Brief an Merula werde ich auch schreiben. Vielleicht tritt ja der ganz unwahrscheinliche Fall ein, und er hat entweder das Geld, das ich brauche, oder verfügt über Kontakte, die mir hier weiterhelfen können. Nach Abzug meiner Restschuld in Alexandria dürften meine Geldmittel gerade so ausreichen, um die Frist, bis ein Brief nach Mogontiacum geschickt wurde, und dann eine Antwort hier eintrifft, mit einfachen Mitteln zu überbrücken. Und wenn alles so ist, wie es jetzt scheint, vielleicht dann einfach die Marine? Pinna schnaufte hörbar.


    "Du, Hagnon. Wie ist das, sucht ihr momentan laufend neue Leute? Kann ich einfach ans Tor kommen, oder ist das nicht so einfach, wenn man neu dazu will?"

  • Eine illustre Runde, die auch noch produktiv war. Das war tesa für mich. Ich nahm noch einen Kräftigen Schluck von diesem hervorragendem wenn auch verdünnten Wein, kratzte dann meine Stirn und antwortete schließlich. Na klar! Die Flotte sucht ständig neue Leute! Sieh dich mal um.
    Ich deutete mit dem Daumen auf du nun doch recht angetrunkene Rekrutenrunde.
    Wir sind alle frisch verpflichtete Rekruten. Überleg mal wie groß das Mare Nostrum ist. Ist doch klar, dass da viele Schiffe gebraucht werden um das zu sichern.
    Ich nahm noch einen Schluck und überlegte kurz. Dann machte ich Nägel mit Köpfen.
    Wie ist es? Willst du morgen einfach mal bei uns vorbei schauen? Musst dich einfach nur an der Wache melden. Ich komm dann vorbei und hol dich ab. Was meinst du?
    Ich schaute den jungen Händler gespannt an. Ich war nicht sicher, ob er den Mut aufbringen würde, sich die Flotte einmal anzusehen.

  • "Meine Rede, Sextus. Meine Rede!! Überleg nicht lange, sage ja! Denk doch an die Chancen, die sich dir so bieten. Und vergiss diesen Plan, mit dem du zu mir gekommen bist." drängte Timesias, dessen Stimme sich erwartungsvoll gehoben hatte.


    "Hm..." gab Sextus von sich.
    "Sag mal, was bekommt ihr denn an Sold? Lohnt das? Anschauen würde ich es mir ja schon gerne. Was ist aber, wenn mein Bruder doch das Geld hat, das ich eigentlich brauche, und es mir schicken kann? Kann ich aus so einer Kaserne einfach wieder rausmarschieren, wenn ich mal drin bin?"


    In seinem Innersten war Sextus alles andere als fest davon überzeugt, das sein Bruder Sisenna Furius Merula den für die Fortsetzung der Handelsgeschäfte ihres Vaters nötigen Geldbetrag zufällig irgendwo übrig hatte. Aber wie es in solchen Situationen oft zu gehen scheint, eine sture Art von Hoffnung hatte sich im Kopf des jungen Furiers festgesetzt, und er wollte absolut sicher gehen, nichts unversucht gelassen zu haben, bevor er sich in Lohnabhängigkeit begab und das Geschäft seines Vaters, und sei es nur für vorerst, sang- und klanglos begraben würde.

  • Verwundert blickte ich Sexus an. Lohnen war ja ein dehnbarer Begriff. Es konnte ja zunächst nur um ein Auskommen gehen. Was dann daraus wird, würde man sehen. Mit einem Wink bestellte ich mir nun doch noch einen Becher Wein. Zuviel durfte es ja leider nicht sein, da am nächsten Tag schon die weiteren Ausbildungsabschnitte anstanden.
    Nun ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre mein Freund! Stimmt's? Mit dem Sold der Grundausbildung kann man sich natürlich nicht viel leisten. Irgendwann stehen aber Beförderungen an. Ein Miles verdient schon 30Sz. Also soviel, wie ein kleiner Handwerker oder Händler. Am Ende der Dienstzeit gibts dann eine fette Abfindung. Wie hoch die ist kann ich nicht sagen.
    Mit einem Grinsen:
    Ich hab noch keine erhalten. Ich nehme aber an, dass die vom Enddienstgrad abhängt. Die Dienstzeit hängt bestimmt davon ab, ob du ein Freier oder Bürger bist. Da kann dir aber nur der Centurio helfen.
    Ich nahm den Becher, prüfte ob der Wein gut roch, und trank diesen halb aus. Anschließend stand ich auf.
    So ich muss zu meinen Kameraden. Wir müssen zurück. Es ist bald Zapfenstreich.
    Nach einer beruhigenden Handbewegung in Richtung der drängelnden Kameraden. Fragte ich Sextus:
    Wie siehts aus? Kann man mit dir rechnen? Wenn ja, kündige ich dich schon mal beim Rekrutierungscenturio an.

  • "Ich werde erst meinem Bruder schreiben und abwarten, was er dazu meint. Er ist der ältere von uns beiden. Seit mein Vater tot ist, hat sein Wort ein gewisses Gewicht. Ich werde mir deinen Namen aber merken, und evtl. am Tor vorsprechen. Werde sogleich einen Brief an Sisenna schreiben. Je nach Wetter und Lage kann das aber ja ein bisschen dauern, bis ich aus Germania Antwort erhalte. Werde dann aber eventuell auf dein Angebot zurückkommen!"


    Timesias winkte inzwischen der Bedienung. Seinem Gesicht sah man an, dass er versuchte, die Situation möglichst elegant zu verlassen, bevor der sture Furius erneut mit dem Thema Geld anfangen würde...

  • Eilig schluckte ich den Rest des Weines herunter. Wir müssten gehen und hatten nur noch wenige Minuten bis zum Zapfenstreich.
    Gut! Dann lass von dir hören. Vielleicht bis bald.
    Ich winkte beiden noch zu und stürmte dann mit den Kameraden aus dem Lokal.

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