cubiculum | Aurelia Corvina

  • Wie alle Räumlichkeiten der Villa Aurelia war auch Corvinas Schlafzimmer sehr großzügig geschnitten. Neben dem Bett und den zwei großen Kleidertruhen besaß es eine Kline, einen Stuhl, einen Spiegel nebst Tischchen für allerlei Tigelchen und Duftwasser, und sogar ein Regal, in dem einige Bücherrollen direkt hier zum Lesen bereit standen. Das Fenster, das nach innen zum Garten ging, besaß sogar einen kleinen Alkoven mit gepolsterten Bänken, so dass man dort im Schatten mit Blick ins Grüne bequem sitzen oder liegen konnte und besagte Bücher lesen konnte.


    Aber was Corvina am meisten erfreute, war, dass ihr Onkel ihr einen Webstuhl ins Zimmer hatte bringen lassen. Viele betrachteten das Weben ja eher als lästige Pflicht, die man als Frau eben erlernen musste, aber Corvina machte es tatsächlich Spaß. Es hatte so etwas ruhiges und befriedigendes, die Fäden einzuspannen und das kleine Schiffchen hindurchfliegen zu lassen, mit dem Kamm alles glatt zu bürsten und zu sehen, wie der Stoff wuchs und wuchs, wie man selber etwas wirklich greifbares und nützliches schuf. Natürlich war dies nicht feine Seide aus dem Osten, sondern nur gute, römische Wolle. Dennoch entstanden daraus feine Stoffe, leichte Stoffe, schwere Stoffe... ganz, wie Corvina es wollte.
    Gerade arbeitete sie an einem hellblauen, leichten Stoff. Die Wolle war so fein zum Faden gesponnen, dass man vorsichtig sein musste, sie nicht zu zerreißen, während man webte. Und so arbeitete sie konzentriert und sorgfältig, ohne mitzubekommen, was unten oder draußen los sein mochte.

  • Roxana ging voran. Sie wusste durch eine Sklavin des Hauses welches cubiculum Aurelia Corvina bewohnte. Mit einem Klopfen an der Tür und einer kurzen Vorstellung kündigte sie ihre Domina an. Einfach hinein stürmen das wäre unhöflich und nicht angebracht. „ Aurelia Corvina? Hier ist Tiberia Corvina. Aurelius Lupus hat sie herauf zu dir geschickt.“ sagte Roxana um zu erklären wer vor dem cubiculum stand. Corvina selbst stand abwartend da. Sie versuchte die vergangenen Stunden auszublenden, Ruhe zu finden. Schwer bei den Ereignissen. Ihre Hände zitterten ein wenig. Du musst tapfer sein Corvina, reiß dich zusammen. Bald wirst du ein Plätzchen haben, an dem du dich gehen lassen kannst.

  • Das Klopfen an der Tür überraschte Corvina ein wenig. Beinahe hätte sie gezuckt und damit diese Reihe des Stoffes wohl ruiniert. Die Verwirrung wuchs noch, als sie eine unbekannte Stimme hörte, die verkündete, dass ihr Onkel jemanden zu ihr hinaufgeschickt hatte, anstatt wie sonst üblich sie zu bitten, hinunter zu kommen und Gäste zu begrüßen. Das war alles höchst eigenartig.
    Corvina durchtrennte vorsichtig den feinen Faden am Ende der Reihe mit ihrem kleinen Messerchen und drehte sich zur Türe um. “Dann bitte ich sie herzlich herein“, antwortete sie also sogleich pflichtbewusst und strich sich noch einmal ihr Kleid glatt. Hoffentlich hingen nirgendwo Fusseln vom Weben!

  • Die erlösende Antwort. Roxana öffnete die Tür und trat beiseite. Corvina betrat das cubiculum. „ Roxana du wartest draußen.“ Die Tür wurde von Roxana geschlossen. Corvina nickte der Aurelierin zu und lächelte. Das Lächeln war gar nicht so einfach nach den vorangegangenen Ereignissen. „ Salve Aurelia Corvina, entschuldige mein unangemeldetes Erscheinen. Ich bin Tiberia Corvina.“ Corvina fiel der Webstuhl sofort ins Auge. Die Farbe des Stückes war genau das, was sie gerne an sonnigen Tagen trug. Die Einrichtung des Cubiculum's, wie man es sich in einem guten Haushalt leisten konnte. „ Aurelius Lupus war so freundlich und hat mir erlaubt hier in der Villa Aurelii auszuharren, bis die Unruhen vorbei sind und die Tiberii wieder eine eigene Bleibe haben.“ Corvina atmete sichtlich auf. Seit die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, rückten die Unruhen auf der Straße von ihr ab. Die Anspannung ging zurück. „ Ich sehe du webst. Eine wundervolle Farbe.“ Corvina erlaubte sich ein hellblaues Fädchen von Corvina‘s Kleid zu zupfen. Und hielt es hoch. „ Sehr fein.“ Sie selbst hatte sich im Weben versucht, es aber nie so ausgiebig betrieben. Sie ging lieber in die Therme und betrieb etwas Sport. Ballspiele, Laufen und Krafttraining. Damit die Arme nicht so labbrig wurden. Außerdem eine willkommene Gelegenheit mit Gleichgesinnten Kontakte zu knüpfen. Massagen, Maniküre und Pediküre. Zu Hause dann Erholung und Ruhe im …. Resigniert musste sie daran denken, dass ihr Haus nicht mehr existierte.

  • Herein kam eine junge Frau, etwas älter als Corvina, die ein wenig abgespannt wirkte. In ihren Augen glänzte es leicht, der Saum ihres Kleides war staubig und sie schien.... Corvina war sich nicht sicher, ob es eher nervös, gestresst oder doch einfach durcheinander war. Dennoch blieb kaum Zeit, sich darüber zu wundern, da die Tiberia sie gleich mit Informationen überschüttete, die ein wenig viel auf einmal waren.
    Unruhen? Ausharren? Eigene Bleibe? Hatten die Tiberier nicht am Esquilin eine eigene Bleibe? Corvina wollte gerade nachfragen, als Tiberia Corvina so prompt das Thema wechselte, dass sie selbst nur mit offenem Mund ziemlich undamenhaft erst einmal dastehen konnte und sich kurz einmal fangen musste. “Oh, äh, ja. Ich meine danke, und ja, ich webe. Ich habe die Wolle vor drei Tagen auf dem Markt gekauft. Ich versuche mich zwar auch selber darin, Fäden zu spinnen, aber ich bekommen sie nicht so fein hin und sie haben immer wieder Knoten.“
    Vermutlich waren die Ausführungen nicht unbedingt das, was unter geistreicher Konversation zu verstehen war. Aber es war das einzige, was Corvina auf die Schnelle eingefallen war, was nicht komplett verrückt klang. “Aber entschuldige bitte, ich hab nicht ganz verstanden, was du vorhin meintest mit einer eigenen Bleibe?“

  • Wie konnte sie vergessen. Aurelia Corvina wusste nichts von den Geschehnissen außerhalb der Mauern der aurelischen Villa. „ Man hat die tiberische Villa ausgeraubt und angezündet. Sie ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt.“ Corvina entglitt ein Seufzer. Sie ließ sich auf die nächstbeste Gelegenheit zum Sitzen fallen. „ Aurelius Lupus war so freundlich und erlaubt mir hier in einem eurer Gästezimmer zu wohnen bis die Tiberii wieder eigenen Wohnraum besitzen.“ Aurelia Corvina war zu beneiden. An dem Haus der Aurelii war bis jetzt alles sang und klanglos vorbei gegangen. Hoffentlich blieb es dabei.
    Corvina sah zu ihrer Namensfetterin. Als ob ihr Geist vor dem Chaos fliehen wollte wechselte sie sofort wieder das Thema. „ Fäden spinnen? Wenn ich darf, das mache ich gerne. Gleichmäßig ziehen und sacht zwirbeln. Geht wie von selbst.“ Sie lächelte, froh über die Ablenkung von dem leidigen Thema, was sie die nächsten Wochen verfolgte.



    Sim-Off:

    Entschuldigung total unter gegangen

  • Sim-Off:

    Dafür hab ich deine Antwort übersehen. Wir heißen einfach zu ähnlich....


    “Oh, Götter! Das ist ja entsetzlich!“ entfuhr es Corvina. Was waren das für Menschen, die so etwas schreckliches taten? Und weswegen? Corvina wohnte ja nun noch nicht so lange in Rom, allerdings hatte sie in dieser Zeit nichts davon mitbekommen, dass die Tiberier unbeliebt oder grausam wären, so dass dieses Verhalten eine solche Tat irgendwie heraufbeschworen hätte. Nein, sie waren eine ganz normale, römische Familie, etwas reicher als die meisten, aber auch nicht so reich wie andere. Und sie hatten schon einige Schicksalsschläge und Attacken hinnehmen müssen, nach dem, was Corvina gehört hatte. Sie mussten die Götter wirklich schrecklich verärgert haben, anders war das doch gar nicht zu erklären.


    Corvina empfand schreckliches Mitleid, traute sich aber nicht, diesem durch eine Umarmung Ausdruck zu verleihen. Immerhin kannte sie ihre Namensvetterin gar nicht, und so schnell, wie diese das Thema beständig wechselte, schien sie auch nicht erpicht darauf, sich irgendetwas davon von der Seele zu reden und durch diese schmerzliche Erfahrung eine Freundschaft zu knüpfen oder ähnliches. Überhaupt war sich Corvina unsicher, wie sie jetzt am besten reagieren sollte. Sie war noch nie in der Situation, mit einer traumatisierten Fremden konfrontiert zu sein!
    “Mein ehrwürdiger Onkel wird sicherlich alles dafür geben, dass du hier sicher bist und bald wieder heim kannst. Er... im Krieg, also im Bürgerkrieg, hat er meine Cousine Prisca gerettet, obwohl der Praefectus Praetorio sie entführt und mit aufs Schlachtfeld genommen hatte, um ihn und Vetter Aurelius Ursus so zur Aufgabe zu zwingen. Sie hatte nicht einen Kratzer, und er hat die Schlacht gewonnen. Er weiß ganz sicher, was zu tun ist.“ Corvina war sich selbst nicht ganz sicher, ob sie diesen Gedanken laut ausgesprochen hatte, um die Tiberia zu beruhigen, oder vielmehr, um sich selbst nochmal zu beruhigen, dass ihr hier so etwas schreckliches nicht passieren konnte.

  • Sie war allein auf einer weiten Ebene. Corvina wusste nicht, wo es war oder wie sie hierher gekommen war. Es gab weder Sonne, noch Sterne, und doch war hier Licht. Es war wie ein Nebel in weiter Ferne, der alles von ihr abschirmte. Ihr war etwas mulmig, und sie rief, in der Hoffnung, dass jemand antworten würde und diese bedrückende Weite damit vertrieb, aber da war niemand.
    Corvina wanderte über die graue Ebene und rang dabei mit ihren Händen. Es war, als gäbe es da etwas direkt hinter diesem Nebel, das sie bedrohte, was sie aber weder sehen noch hören konnte. Dennoch war es da und lauerte. Corvina rief noch einmal, doch nur ihr Echo verhallte in dieser leeren Welt des Nichts.
    “Ist denn niemand da?“ jammerte sie schon fast und war nahe daran, zu weinen.
    “Doch.“ Es war nur ein einziges Wort, und doch fing Corvinas Herz an, zu springen. Sie drehte sich um, und da war er. Seine dunklen Augen lagen auf ihr mit diesem kecken Glitzern darin. Seine große Gestalt zeichnete sich klar und deutlich gegen das graue Nichts ab, das markante Kinn, die breiten Schultern, die feine Nase, dieses vorwitzige Haar.
    Corvina konnte sich nicht daran erinnern, sich bewegt zu haben, und doch stand sie mit einem Mal direkt vor ihm und blickte zu ihm auf. Ihr Herz schlug so laut, dass es die ganze Welt erfüllte mit seinem BUM – BABUM. Sie wollte etwas sagen, aber kein Ton kam heraus. Dennoch strebte ihr Körper immer weiter auf den seinen zu, und plötzlich war sie in seinen Armen. In seinen nackten Armen. Und auch sie war ihrer Kleidung beraubt. Eine Welle der Hitze drang durch ihren Körper, als er sie immer weiter in seine Arme zog und festhielt. Es war nicht beängstigend, und doch wieder. Noch nie hatte Corvina sich so sicher und unsicher gleichzeitig gefühlt. Und dann beugte er seinen Kopf zu ihr hinunter, und seine Lippen trafen die ihren...



    Mit einem Zittern, das ihren ganzen Körper elektrisierte, wachte Corvina auf. Ihr Herz schlug so stark gegen ihre Brust, dass es schmerzte. Sie legte die Hand auf ihre Brust, um es zu beruhigen. Es war ein Traum, sie wusste, es war ein Traum, und trotzdem fühlte sie noch immer diesen Kuss auf ihren Lippen und ihr ganzer Körper bebte noch vor Verlangen danach.
    Corvina ließ sich zurück in ihre Kissen sinken und wollte am liebsten heulen. Warum nur? Warum nur quälte Venus sie mit solchen träumen? Warum, wenn sie doch nicht einmal wusste, wie sie ihn wiedersehen sollte?
    Die Sonne war aufgegangen und bald würde das ganze Haus wieder wach sein und seiner täglichen Arbeit nachgehen. Also lohnte es sich nicht, sich noch einmal umzudrehen und weiterschlafen zu wollen. Zumal Corvina ohnehin nicht wieder einschlafen hätte können, ohne sich zu jenem Punkt zurückzuwünschen, an dem sie aufgewacht war. Wie gerne wüsste sie, ob sich seine Lippen so anfühlten, wie sie es geträumt hatte! Und wie gerne wüsste sie noch andere Dinge...
    Und so lag Corvina einmal mehr an einem frühen Morgen wach und grübelte darüber nach, was sie denn tun könnte, um diese Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung.

  • Mehrere Tage schon hatte Corvina den Zauber unter ihrem Bett versteckt. Ob er wirken würde, wenn sie ihn vervollständigte, wusste sie nicht. Was sie aber sagen konnte, war, dass sie die letzten Tage immer und immer wieder von dem jungen Duccius geträumt hatte und jedes Mal beim Aufwachen nicht wusste, wie sie diese unendliche Sehnsucht nur befriedigen sollte. Es war furchtbar! Sie hatte ja noch nicht einmal mit ihm reden können! Warum also konnte sie ihn nicht einfach vergessen? Warum nur hielt ihr Herz so sehr daran fest, was ja doch nie sein würde?


    Nach Tagen des Zweifelns und Haderns also hielt sie es nicht mehr aus. Sie holte das Körbchen unter ihrem Bett hervor, in dem sie die Zutaten des Zaubers verstaut hatte, und setzte sich damit an das kleine Tischchen in ihrem Cubiculum. Ihr Herz klopfte wie wild, während sie nach und nach die einzelnen Teile hervorholte. Die Holztafeln, das Wachs, die Stöckchen. Alles noch da.
    Mit zittrigen Händen nahm Corvina die Holztafeln in die Hand und legte sie vor sich. Was sollte sie schreiben? Ihren Namen, seinen Namen, und ihren Wunsch. Corvina atmete einmal tief durch und ergriff mit zittrigen Fingern das Tintenfässchen auf dem Tisch. Die lange Gänsefeder dazu, mit frisch geschärfter Spitze. Sie atmete noch einmal tief durch und tauchte die Feder in die Tinte ein.



    So, da stand es. Ihr Name und der seine. Verliebt. Versprochen. Ja, das wünschte sie sich. So sehr wünschte sie sich das. Und trotzdem zitterte sie, wenn sie es nur da stehen sah. Wenn sie irgendjemandem davon erzählen würde, er würde sie auslachen. Und das war das harmloseste, was passieren könnte. Ihr Onkel wäre wohl enttäuscht von ihr, ihre Cousinen würden sie damit beständig aufziehen und vielleicht sogar erpressen, ebenso wohl die Sklaven. Am liebsten wollte Corvina das Tintenfass einfach über die Worte ausleeren und damit hatte sich das Thema. Aber auf der anderen Seite wollte sie auch wieder nicht. Ach, es war einfach zum Verzweifeln.
    So lassen konnte sie es aber keinesfalls. Also blies sie vorsichtig auf die Tinte und wartete, bis alles getrocknet war, ein Auge beständig auf der Türe zu ihrem Cubiculum, ob auch niemand hereinkäme und sie erwischen würde. Aber es kam niemand, und die Tinte trocknete. Corvina nahm das mit Kräutern vermischte Wachs zur Hand und strich es mit ihren Händen auf beide Tafelhälften, sorgfältig und energisch, bis schließlich eine dicke Schicht Wachs über dem Holz und der Schrift war und nichts mehr davon zu sehen war. Lediglich ihre Finger rochen nun sehr exotisch, ebenso wie die gesamte Tafel. Fehlte nur noch das letzte bisschen: Die Stöckchen, die die Tafeln auf Abstand halten würden, damit man auf ihnen Schreiben konnte. Doch hierfür benötigte sie erst einmal ein wenig Leim.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!