Eine neue Bekanntschaft

  • Nachdem Caesoninus versehentlich eine neue Verwandte im Hause der Iulier zweideutig angebaggert hatte, lief er immer noch höchst peinlich berührt durch die Straßen. Ein wirkliches Ziel hatte er nicht. Das einzige was zählte war Bewegung und ein möglichst großer Abstand zwischen ihm und der Stätte jenes Fehltritts. Er lief und lief und lief, bis er endlich vor der Castra Praetoria zum stehen kam und ein wenig Atem holte.


    In der Nähe des Tores setzte sich Caesoninus mit einem schamhaften Grinsen an die Außenwand der Anlage und vergrub sein Gesicht in Händen. Oh ja, wenn er jemals eine Hure gebraucht hatte, um zu vergessen, dann heute und genau die würde er sich heute Abend auch besorgen.

  • Von der Stadt kommend marschierte der Optio Maro in Gedanken immer noch in seinen Lieferlisten steckend zurück zur Castra.
    Bisher war nichts weiter ungewöhnliches vorgefallen heute und das störte Maro durchaus nicht. aufständische Sklaven und eingesperrt Verwandte hatten die letzte Zeit recht... abwechslungsreich gestaltet.


    Auch der Kerl mit den Händen im Gesicht an der Mauer war soweit nichts ungwöhnliches.
    Normalerweise verbargen sich hinter diesen Leute neue Rekruten für die Urbaner. Geldsorgen oder Frauengeschichten trieben einem Mann schonmal die Visage in die Hände. War Maro ganz recht. Die Gefechte mit den Aufständischen hatten ihren Tribut gefordert. Die verlorenen Leute wollten schnellstmöglich ersetzt werden.


    Ohne Umscheife rief er den Kerl also an:
    "He Mann, willst du rein?"

  • Caesoninus hob den Blick, als er angesprochen wurde. Vor ihm stand ein junger Mann mit markantem Gesicht. Von der Aufmachung her ganz sicher ein Offizier. Optio den Abzeichen nach vielleicht, vermutete Caesoninus.


    Jetzt fing er zu grinsen an und antwortete ihm: "Salve, ich wüsste nicht, was ich im Lager der Urbaner zu suchen hätte, außer vielleicht, du willst, dass ich sie mit meiner Geschichte zum Lachen bringe." sein Grinsen wurde breiter, als er fortfuhr: "Du wirst niemals erraten, Optio, was für ein falsches Spiel die Götter heute Morgen mit mir getrieben haben. Du willst wissen, wieso ich hier sitze? Nun, ich habe heute eine braunhaarige Göttin im Domus meiner Familie kennengelernt, Arsch und Titten wie von Venus, du verstehst?" Mit einem verschmitzten Lächeln zwinkerte Caesoninus dem Optio zu. Dann erhob er plötzlich beide Arme, als ob das folgende eine große Klage wäre und sprach dabei, immer noch mit seinem Grinsen: "Doch was musste ich erfahren! Gerade, als ich sie angemacht habe, stellt sich doch tatsächlich heraus, dass es eine Verwandte von mir aus Misenum ist! Götter! Kannst du das glauben? Ich habe einer Base oder sonstetwas blutsverwandtem den Hof gemacht!" Und schon fing Caesoninus schallend zu lachen an. Als er sich wieder gefangen hatte sprach er noch: "Also wenn du willst, dass deine Männer sich über diese Geschichte amüsieren sollen, dann... ja will ich hinein."

  • Mhm vorläufig anscheinend doch kein neuer Rekrut. Trotzdem schien jener dort an der Mauer einen eher bizarren Zag gehabt zu haben biser. Er deutete noch einmal auf die Castra.


    "Junge, Junge. Also wenn du erstmal Ruhe vor Frauen brauchen solltest: da drin gibts keine. Aber du kommst nur rein wenn du auch Mitgleg in diesem erlauchten Kultverein namens Cohortes werden willst.In dieser Stadt gibts so viele Frauen und du nimmst eine Verwandte. Klingt nach sauberer Arbeit wenn du mich fragst. Roma aeterna. Bis du neu in der Stadt?"

  • Caesoninus blinzelte und antwortete: "Neu? Oh nein ich lebe schon mein ganzes Leben in Rom, du etwa nicht? Und wie schon gesagt, ich hab nicht vor hinein zu wollen. Er hatte es mit der freundlichen und mehr kumpelhaften Art versucht, auch weil er selbst noch ganz aufgekratzt gewesen war. Sein Gegenüber war jedoch nicht darauf eingegangen und hatte in knapper, militärischer Art ganz nüchtern geantwortet. Typisch Soldat, dachte sich Caesoninus.


    Doch mittlerweile war auch er wieder ruhiger geworden und fuhr somit in gefassterem Ton fort: "Ich werde eines Tages in den Legionen kämpfen, doch nicht heute, weshalb ich wie gesagt keinen Grund habe hinein zu wollen. Denn wenn es soweit ist, werde ich kein einfacher Soldat von irgendeiner Kohorte sein, nein, ich werde selbst befehligen, als Tribun." Ein entschlossener, keine Widersprüche duldender Ausdruck trat in Caesoninus' Blick, ein Glanz, der jedem Zuhörer sofort klar machte, dass er das Gesagte toternst meinte. "Ich stehe heute noch ganz am Anfang meiner Karriere, doch glaube mir, ich werde Sorge dafür tragen, dass schon bald ganz Rom und anschließend das ganze Imperium weiß, wer Gaius Iulius Caesoninus ist. Ich werde Senator werden und ich werde Spuren hinterlassen, glaube mir." Jetzt lächelte Caesoninus und fuhr fort: "Das Leben ist nicht lebenswert ohne einen großen Traum, dem man hinterherjagen kann, findest du nicht auch? Mein Traum wird mich bis ganz an die Spitze Roms führen. Keiner soll schon bald mehr sagen können, dass ihm mein Name unbekannt sei, auf die eine... oder die andere Art." Caesoninus zwinkerte, dann fragte er: "Doch wie steht es mit dir Optio? Wohin wird dich dein Weg eines Tages führen?


    Caesoninus war gerade in Redelaune und wer weiß, vielleicht würde sich heute ein nettes Gespräch für ihn mit einer neuen Person ergeben.

  • Nicht heute, wie?. Schade.


    "Den nötigen Ehrgeiz scheinst du ja jedenfalls zu besitzen, Iulius Caesonius."


    Ehrgeiz war immer gut. Die Essenz, die Rom groß gemacht hatte. Von daher störte es Maro keineswegs, in welch schillernden Farben der Kerl vor ihm die Vision für seine Zukunft ausgemalt hatte. Man musste hoch zielen, wenn man einen Pfeil weit schießen wollte.


    "Was mich betrifft? Die Urbaner geben mir die Via vitae vor. Ich bin Marcus Octavius Maro. "


    Er dachte noch einen Moment nach. Und eine Idee stahl sich in seine Gedanken.


    "Mhm. Du sagtest, du willst führen. Kannst du kämpfen?"

  • Caesoninus' Mundwinkel kreuselten sich, als der Urbaner eine bloße passive Antwort auf sein Gesprochenes gab und sich anschließend voll unter die Fuchtel seiner Einheit stellte. Große Ambitionen ließ er eher weniger erkennen, er wirkte damit eher wie ein gewöhnlicher Befehlsempfänger. Ob die Jahrzehnte als Berufssoldat jemanden so abstumpfen ließen?
    Bei der Namensnennung streckte er ihm seinen Arm entgegen und sagte freundlich: "Freut mich, dich kennenzulernen, Marcus Octavius. Meinen Namen kennst du ja schon."


    Auf die Frage hin, ob er kämpfen könne antwortete er: "Ich kann kämpfen, ich habe genau wie jeder andere Jugendliche damals regelmäßig meine Kampf- und Reitübungen abgehalten. Eine echte Schlacht habe ich aber noch nicht gesehen. Er kratzte sich am Kopf.

  • Maro nickte. Die Antwort sagte ihm viel über diesen Iulius da vor ihm.
    Er hatte Maros Frage nach dem Kämpfen automatisch auf einen militärischen Kontext bezogen. Warum auch nicht? Sie standen vor der Praetoria und sie hatten über die Urbaner gesprochen. Reitübungen waren jedoch nicht das Einzige, auf das Maro mit dieser Frage abgezielt hatte.
    Wenn der Kollege Senator und mehr werden wollte, würde er aber auch andere Waffen, als das Schwert, gegen andere Feinde, als Barbaren und auf anderen Schlachtfeldern als Wüsten, Feldern oder sogar Meeren kämpfen können.
    Nun das würde sich noch herausstellen.
    Doch einstweilen würde die Antwort, die Maro erhalten hatte genügen. Immerhin hatte Maro schon sehr lang niemanden mit derart viel gesundem Ehrgeiz gesehen. Solche Leute lebten in den Reihen der gewöhnlichen Milites gewöhnlich nicht lang. Die übertrieben es immer und mussten mit einem großen roten Loch in der Visage nach einem zweifellos heldenhaften Scharmützel mit einer Bande besoffener Raufbolde in der Subura zur Betattung geschleift werden. Bei Tribunen und Feldherren mochte dies durchaus anders sein. Mhm.
    Und Caesonius kam Maro nicht wie ein trotteliger, adeliger Haudrauf vor, die diesen Weg so oft einschlugen nur um in grotesker Weise zu versagen, nein ganz und gar nicht. Mhm. Das hier könnte eine sehr ersprießliche Begegnung werden. Maro würde seine Idee weiter verfolgen.


    "Reitübungen, Kampfübungen, ja, ja. Sehr gut. Du willst doch Tribun werden. Musst du ja, wenn du einigermaßen zügig zum Senator werden willst. Aber ich sag dir was. Ich hab ein Angebot für dich. Jeder Trottel mit etwas Kohle aus einer halbwegs anständigen Familie macht das. Ob er es nun kann oder nicht."


    Maro dachte hierbei an den netten, dicken Flavier, der nun in Germanien bei der Legion war. Wenn ihn die Germanen nicht schon gegrillt hatten.


    "Wenn du wirklich den Willen hast, was aus dir zu machen, beherrschst du besser das Handwerk. Soldaten gehorchen Tribunen. Immer. Aber Soldaten respektieren und folgen Tribunen, die fähig sind. Es gibt wenig genug davon. Das Schwert ist mein Handwerk. Ich könnts dir zeigen..."

  • Auch wenn die ersten Antworten des Optios zunächst einen anderen Anschein über ihn bei Caesoninus geweckt hatten, so musste er zugeben, dass er sich wohl doch geirrt hatte. Der Mann sprach gut und er wusste mit Sicherheit auch, von was er redete. Caesoninus witterte eine wertvolle Gelegenheit ein wenig Erfahrung sammeln zu können und das bei einem Fachmann auf einem Gebiet, das seiner Meinung nach noch sehr wichtig werden würde im Laufe seiner Karriere.


    Außerdem, bis er sein Tirocinium Fori absolviert, den Ordo senatorius erreicht, das Vigintivirat bekleidet und anschließend endlich Tribun werden würde, würde noch sehr viel Zeit vergehen. Warum also nicht bis dahin etwas für die Verbesserung seiner militärischen Fertigkeiten tun? Die Armee, Taktik und strategische Kriegsführung, das waren alles Dinge, die Caesoninus sehr interessierten. Vielleicht übersahen vor allem angehende Adelige und Wohlhabende dabei allzu oft, dass bei militärischen Kommandos auch noch zusätzlich die gewöhnlichen Fähigkeiten eines Soldaten trotzdem zählten; Stärke, Waffengeschick und Mut im Angesicht des Todes. Gerade als Kommandant sollte man sogar noch mehr Wert auf seine persönlichen Soldatentugenden legen, man wollte ja ein Vorbild für die Truppe sein. Und hatte genau das nicht auch der alte Marius vor etwas mehr als anderthalb Jahrhunderten zum jungen Gaius Iulius Caesar gesagt? Caesoninus meinte, darüber gelesen zu haben.


    Marius hatte gesagt, um Soldaten kommandieren zu können, müsste man zuvor selbst als einfacher Soldat ganz vorne in der Schlacht gekämpft haben. Das erst würde einen Kommandanten zu einem guten Kommandanten machen, wenn er verstand, wie es den einfachen Legionären so erging und wie und was sie fühlten. Natürlich waren all diese Gedankengänge einem gewöhnlichen adeligen Patrizier fremd. Denn wer von dieser reichen, aufgeblasenen Bande würde sich jemals dazu herablassen, als einfacher Soldat zu kämpfen? Und das noch ganz vorne? Junge, da könnte ja eine der wertvollen Pfauenfedern vom goldenen, mit Edelsteinen reich verzierten Offiziershelm abknicken! Nicht auszudenken!


    Doch dieser Optio hier von den Urbanern, der hatte eben diese Gedanken, ähnlich wie einst Marius Caesar gegenüber, angesprochen und das machte ihn in Caesoninus Augen unendlich sympathisch. Er schien sich um seine Jungs zu kümmern, zumindest vermutete das Caesoninus. Jetzt wo er ihm dieses Angebot gemacht hatte, leckte er sich über die Lippen und ließ ein schalkhaftes Grinsen sehen. "Die Götter sollen mich mit Blitzen erschlagen, falls ich so ein Angebot ausschlagen sollte. Ich bin dabei! Es wäre mir eine große Freude, von dir zu lernen." Als Besiegelung seiner Zusage streckte Caesoninus Maro die Hand zum Handschlag entgegen.

  • Ohne zu zögern schlug Maro in die angebotene Hand ein.


    "Kein Ding. Immerhin ein Tribun mehr, der weiß was den Griff eines Gladius von seiner Schneide unterscheidet. Die Kameraden werdens mir danken." antwortete der Optio mit seinem schiefen Grinsen. "Du musst die Götter und ihre Blitze also nicht bemühen scheint mir.
    Mhm.


    Der Iulier war sehr überschwänglich in allem was er sagte und tat. Die Sorglosigkeit des reichen Lebens? Aber ein sehr offener Kerl. Wahrscheinlich der geborene Politiker. Und ambitioniert genug... 'das Imperium meinen Namen kennen'... sie würden sehen. Mal schauen was wirklich in Caesonius so steckte.


    "Am besten wärs natürlich, du kämst mit rein, damit wir dich auf dem Campus mal ordentlich durch die Mühle jagen - immer noch das beste Training."
    Jedem, der wusste, wie die römischen Übungen aussahen, würde diese Idee blankes Entsetzen einjagen.
    "Aber die Herren haben klar gemacht, dass in der gegenwärtigen Lage strikte Einhaltung der Sicherheit oberste Prorität hat. Mhm. Du bist doch ehrgeizig, sagst du. Warum kommst du nicht gelegentlich zur altehrwürdigen Casa Octavia. Da kann ich dir ungestört beibringen, wie man einen Spieß benutzt und du lernst als Bonus vielleicht noch den Senator Octavius Victor kennen. Was hältst du davon?"

  • Maro bot ihn eine Art "private Legionärsausbildung" an, wenn Caesoninus das richtig verstand. Interessante Sache!
    Wie schon erwähnt hatte er natürlich vor Anlegung der toga virilis wie jeder andere Knabe auch seine Reit- und Kampfübungen abgehalten, doch es war noch einmal etwas völlig anderes, wenn man vom Drill eines Rekruten in der Legion sprach.
    Caesoninus hatte vor Senator zu werden, was automatisch eine Laufbahn als regulärer Legionär ausschloss, da er es sich nicht leisten konnte ganze 20 Jahre seines Lebens zu verlieren. Doch so würde er zumindest etwas von der Ausbildung eines Soldaten mitbekommen und sich gleichzeitig auf seine Karriere konzentrieren können. Eine schöne Lösung, wie Caesoninus fand.


    Er lächelte. "Ich werde bei der Casa sein, wenn du einmal Zeit hast. Schick mir am besten eine kurze Nachricht in die Domus Iulia, wenn es soweit ist, ich werde mich bereit halten. Doch jetzt will ich dich nicht länger aufhalten, als Optio der Urbaner hast du bestimmt besseres zu tun, als mit Zivilisten zu plaudern." Caesoninus zwinkerte schelmisch.

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