Eine Patrouille der anderen Art

  • Das dies keine normale Patrouille war, konnte ein auch nur halbwegs aufmerksamer Beobachter schon aus großer Entfernung sehen. Auf der Straße von Mogontiacum nach Bingium marschierte eine Hallbcenturia Soldaten in zwei Teile geteilt. In ihrer Mitte gingen acht kräftige Numidische Sklaven, die eine Sänfte trugen.


    Auf dieser Sänfte wieder saß -- lächerlicherweise in Muskelpanzer und mit Schwertgehänge -- der tribunus laticlavius der zweiten legio.
    Der Präfektus Iulius hatte es gewagt ihn zu einer Patrouille zu zwingen. Ihn, Aulus Varinius Molliculus, zu etwas zu zwingen. Unvorstellbar war das. Aber dieser Barbar von einem Provinzkommandeur hatte klargemacht, dass der Präfekt freie Hand hatte und daher hatte sich ein Varinius diesem Soldaten fügen müssen. Ein Skandal war das. Der Tribunus kochte und fluchte still vor sich hin. Sein Gesicht war Gewitterumwölkt.


    "Sie sollen schneller Laufen!" blaffte er seinen Leibwächter an, der die Meldung dem kommandierenden optio weitergab.
    Der tribunus hatte geschickt vermieden, dass der centurio selbst diese Hälfte der Einheit kommandierte. Und auf seine beiden Leibwächter konnte er sich verlassen. Gute Männer, die für Geld zu allem bereit waren.

  • Iosephus war zur Patrouille eingeteilt worden. Seine Ausbildung war zwar noch nicht ganz fertig, aber scheinbar hielt man ihn für eine solche Standardprozedur für ausgebildet genug. Also marschierte er mit seinen Kameraden hinter eine Sänfte her, was die älteren Legionäre zu einigen Witzen hinriss. Dass der neue Tribun in Rüstung in einer Sänfte lag, war aber selbst für den Licinier erkennbarer Blödsinn. Während dieser Varinius also lächerlicherweise liegend transportiert wurde wie eine schwangere Frau, mussten die Männer marschieren und durften sogar ihr Tempo anziehen.


    Die älteren Legionäre murrten - die Tirones waren Marschieren in allen Geschwindigkeiten und Formen momentan noch so gewohnt, dass sie keine großen Fragen stellten...

  • Eigentlicher Sinn dieser Patrouille war es ja gewesen, so dachte sich der optio, der die halbcenturia kommandierte, den Zustand der Straße zu kontrollieren. Bis Bingium waren sie dafür zuständig von dort bis Confluentes die dort stationierten Hilfstruppen.
    Nur, bei diesem Marschtempo konnte kein Mensch von einem kontrollieren des Straßenzustandes reden. Mit Mühe probierte der optio unterwegs zumindest die gröbsten Fehler zu sehen, um das Donnerwetter, dass ihn daheim erwartete zu mindern.


    Irgendwann auf der Strecke befahl der tribunus dann einen abrupten halt. Das hieß, er befahl ihn natürlich nicht. Er schlug seine Trägersklaven, die aus dem Schlag wussten, was sie tun mussten und die Sänfte zum Halten brachten.


    Erst nach zwei Schritten bemerkte der optio an der Spitze, was geschehen war und brüllte seinerseits einen Haltebefehl.
    Der tribunus war der Verwirrungen, die er hervorgerufen hatte (insbesondere bei den hinter der Sänfte laufenden Soldaten), keinesfalls bewusst oder vielleicht ignorierte er ihn einfach. Stattdessen zeigte er auf einen Soldaten und blaffte ihn mit seiner nasalen Stimme an.
    "Der Flussschiffer, her mit ihm. Sofort!"
    Mit dem Arm wedelte er ihn Richtung eines Rhenuskahnes, der den Fluss hinauf getreidelt wurde.

  • Die Legionäre trotteten hinter der Sänfte her, als diese plötzlich zum Halten kam. Iosephus, der in der zweiten Reihe marschierte, lief voll in den Rücken seines Vordermannes - er hatte gerade auch den Flussschiffer beobachtet und da kein Haltebefehl gekommen war, hatte er auch nicht bemerkt, dass vor ihm gehalten wurde. Er war inzwischen eben doch ganz gut konditioniert. Eine Maschine, die nur noch Befehl und Gehorsam kannte. Oder so.


    Während sie sich also noch fragten, warum sie mitten in der Pampa halten sollten, schaute der Tribun plötzlich zu ihnen hinter und befahl die Festnahme des Flussschiffers. Hätte Iosephus kein Pilum in der Hand gehabt, hätte er sich wahrscheinlich nachdenklich am Kopf gekratzt. So gehorchte er aber einfach, gab das Pilum seinem Nebenmann und ging mit zwei anderen, älteren Legionären zum Ufer.


    "Anhalten!" rief der älteste von ihnen den Knechten zu, die die Zugtiere auf dem Treidelpfad führten. Der Licinier half diesem Befehl noch ein bisschen nach und rannte zu dem Ochsen, um sich ihm in den Weg zu stellen. Die Knechte wussten gar nicht, wie ihnen geschah, aber das Boot wurde von der Strömung sofort ein Stück Richtung Ufer gedrückt.
    Der Kapitän kam auch ziemlich schnell zum Vorschein, weil er den Zwischenfall natürlich bemerkte. [COLOR=#affe]"Du da, herkommen!"[/COLOR] rief Iosephus zu ihm.
    "Aber warum? Was habe ich falsch gemacht?" gab der Kapitän zurück - was natürlich die falsche Antwort war, wie niemand besser wusste als ein Tiro: [COLOR=#affe]"Komm sofort an Land oder wir ziehen dich ran!"[/COLOR] "und dann kannst du den Rest deines Weges zu Fuß gehen!" ergänzte der ältere Legionär.


    Scheinbar hatte ein Flussschiffer auf dem Rhenus aber genug Soldatenkontakt um zu wissen, wann man verhandelte und wann man gehorchte. Also lenkte er sein Boot ans Ufer und sprang hinüber.
    "Mitkommen!" befahl der Leiter ihres "Trupps" und sie führten den Kapitän zur Patrouille.

  • Befriedigt blickte der tribunus auf die Männer, die sich ohne einen Moment zu zögern daran machten seinen Befehl auszuführen. Das war es, was er wollte. Darum und nur darum ging es ihm.
    Ein fieses Lächeln lag auf seinen Lippen, als die Soldaten den Mann vor ihn schafften und er kostete die Situation zur Genüge aus, schlicht in dem er wartete, bis er den armseligen Tropf von einem Händler endlich ansprach. Das hieß, er sprach ihn natürlich nicht an.
    Mit so einem stinkenden Barbaren zu reden war unter der Würde eines Aulus Varinius Molliculus, also wandte er sich stattdessen an einen seiner beiden Leibwächter.
    "Frag ihn, was er transportiert." befahl er ihm.
    Der Legionär, gewiss nicht wegen seiner geistigen Leistungsfähigkeit zum Leibwächter berufen wiederholte die Worte in leicht abgewandelter Form:
    "Was haste auf deiner Schaluppe drauf, Drecksack?"
    Der Händler blinzelte, während er angesprochen wurde für einen Moment, dann begann er unterwürfigst:
    "Wein, mein Herr, ich transportiere Wein und Felle, legatus."
    Das gefiel dem Varinier, dass er als legatus betituliert wurde und sein Grinßen wechselte für einen Moment von fies zu überheblich.
    [I]"Außerdem habe ich Bernsteinschmuck von einem Handelskonsortium aus CCAA an Bord, den ich zu einem Partner in Mogontiacum bringen soll."


    "Ausgezeichnet" entgegnete der tribunus, seine Augen mit gierigem Blick auf das Schiff gerichtet. Mit zuckersüßer Stimme gab er seinen Leibwächtern einen Wink.
    "Brutus, Crassus, haltet den Mann fest. Und ihr bringt mir die Truhe mit dem Schmuck und zwei Amphoren von dem Wein." Setzte er unmittelbar danach und weit weniger freundlich an die Soldaten der Patrouille gewandt nach.
    Der Händler erstarrte vor Schreck und stammelte nur vor sich hin
    "Römischer Bürger, ich bin römischer Bürger!" bis ihm einer der Leibwächter ihn zum Schweigen brachte in dem er ihm den Arm verdrehte und "Schnauze!" blaffte.

  • Iosephus verstand nicht ganz, worum es hier ging - der Optio hatte ihm in den letzten Wochen eingeprügelt, dass man keine Fragen stellte, wenn ein Offizier Befehle gab, sondern einfach tat,was befohlen war.


    Trotzdem fragte er sich, was der Tribun plante, als er mit Servius zu dem Boot zurück trottete und an Bord kletterte. Dort stand noch ein Knecht des Kapitän.
    [COLOR=#affe]"Wir brauchen eine Probe von eurem Wein und eure Schmuckladung."[/COLOR] bestellte der Tiro und der Knecht spöttelte "Was macht ihr nochmal? Kontrolle oder Straßenraub?"
    Iosephus wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Servius scheinbar auch nicht, aber er wusste was er tun musste: Er gab dem Knecht eine Ohrfeige und hielt ihm warnend den Zeigefinger hin. "Pass auf, was du sagst! Also wo?" Der Knecht deutete auf eine Kiste. Iosephus fragte sich kurz, ob der Kerl Recht hatte - würde der Tribun jetzt tatsächlich diesen Händler ausrauben? Aber das konnte eigentlich nicht sein...


    Jedenfalls nahm der Licinier eine der Amphoren und wuchtete sie an Land. Dann schleifte er sie zur Sänfte zurück, während Servius und ein Kamerad die Kiste heranschleppten.

  • "Er soll die verdammte Kiste aufmachen," befahl der tribunus noch immer über seinen Leibwächter "Und einer von euch macht die Amphore auf. Ich will das Gesöff probieren!"


    Es bedurfte nur eines drohenden Blickes des Leibwächters und der Händler fingerte mit fahrigen Bewegungen die Kette aus seinem Halsausschnitt hervor, an der der Schlüssel für die Truhe befestigt war.
    Er öffnete sie und trat respektvoll beiseite. Zumindest in der Wahrnehmung des tribunus -- tatsächlich handelte er am Rande der Verzweiflung.
    Der praefectus wühlte durch die Truhen hindurch nahm einige Stücke heraus und legte sie unachtsam zurück. Bei einem nicht besonders hübschen, nicht besonders wertvollen, aber besonders protzigen Stück hielt er inne. Das würde der kleinen Schlampe, die ihm im Lager das Bett wärmte bestimmt gefallen.
    "Eindeutig Schmuggelware aus Britannia," verkündete er. "Der Rest ist in Ordnung, aber das hier wird beschlagnahmt. Und den Wein nehmen wir als Entschädigung für unsere Bemühungen auch mit. Und jetzt hau ab."
    Die Leibwächter ließen die Schmuckkiste achtlos fallen. Der Händler wusste weder was er sagen, noch was er tun sollte und stand einfach wie eine Salzsäule neben der Sänfte.
    "Wir marschieren weiter!" blaffte er den optio an, der in stoischer Gelassenheit den Befehl auf militärisch weitergab. Den Wein hatte er für den Moment vergessen, als er daran dachte, was sein Betthupferl für die Brosche wohl anzustellen bereit war.


    Der Händler stand noch eine ganze Weile da und sah den abrückenden Soldaten nach, langsam dämmerte ihm, dass er trotz seiner Verluste wohl noch irgendwie Glück gehabt hatte.

  • Iosephus hatte die eine Amphore noch in der Hand. Also schlug er geübt den Verschluss ab - seine Eltern hatten aus Gewohnheit auch immer Öl und Wein in solchen Dingern importiert, da sie das aus Iudaea gewohnt gewesen waren. Dann beobachtete er, was der Tribun so tat. Das ganze sah keineswegs wie eine Kontrolle aus - auch wenn der Licinier dem jungen Aristokraten durchaus zutraute, dass er Ahnung von Schmuck hatte. Aber alles in allem wirkte es doch eher wie beim Abverkauf eines Händlers, wenn die Kunden in seinem Stand wühlten. Selbst ein Tiro konnte erkennen, dass das nicht korrekt ablief...


    Er sah fragend zu Servius, der aber nur mit den Schultern zuckte. Natürlich wusste ein Provinziale, dass korrupte Beamte keine Seltenheit waren - selbst wenn römische Veteranen wie sein Vater normalerweise respektvoller behandelt wurden!


    Als der Tribun dann einfach zum Marsch bließ, stand Iosephus immer noch mit der offenen Amphore da. Er sah fragend zum Optio - eine offene Amphore herumzutragen war irgendwie ein bisschen kompliziert. Und verschließen ließ sie sich nicht ohne Weiteres, immerhin war sie versiegelt gewesen!

  • Der optio fing den fragenden Blick des tiro auf und seufzte innerlich. Kurz erwog er seine Möglichkeiten. Er konnte erstens die Amphore abstellen lassen und hoffen, der tribunus würde den Wein vergessen. Zweitens den Soldaten befehlen das Marschgepäck umzuverteilen und das unhandliche Ding zu schleppen. Und drittens den tribunus ansprechen. Bravo. Er entschied sich für Variante drei.
    "Entschuldige, Herr!" sprach der optio aus größerer Entfernung respektvoll während die vordere Abteilung und die Sänfte schon anmarschierten. "Der Wein, Herr?"
    "Wein, was für ein ... ? Richtig. Man bringe mir einen Becher! "Sofort!" verlangte der Mann und streckte seinen Becher, den er auf der Sänfte gelagert hatte aus.

  • Zum Glück übernahm der Optio das Sprechen. Iosephus hätte sich nicht getraut den Tribun anzusprechen, sondern lieber das schwere Ding mit sich herumgeschleppt. Der Befehl war dann wieder mehr etwas für ihn.


    Also schleifte der Licinier die Amphore, die nicht unbedingt für das Einschenken in einen kleinen Becher geeignet war, zur Sänfte und hievte sie hoch. Im offenen Zustand war das gar nicht so einfach, sodass er ein bisschen was verschüttete. Dann versuchte er möglichst vorsichtigt, etwas in den Becher zu schenken. Wegen des Gleichgewichts der Amphore gelang das aber nicht ganz formvollendet und es ging einiges über den Becher hinaus.
    [COLOR=#affe]"'tschuldigung."[/COLOR] nuschelte der Tiro und zog ängstlich den Kopf ein. Der Tribun war nicht unbedingt dafür bekannt, dass er nachsichtig war!

  • "Verfluchter Idiot!" brüllte der tribunus von seinem Tragstuhln herunter als Iosephus ihm den Wein über die Hand kippte. Er griff nach seinem Stock, mit dem er nach den Sklaven schlug wenn sie zu langsam gingen, merkte aber gerade noch, dass sich rauslehnen aus der Sänfte keine gute Idee war. Also schlug er drohend durch die Luft und verkündete.
    "Du machst heute die Nachwache! Allein!"


    Dann griff er nach dem Becher, trank ... Und spukte den Inhalt in hohem Bogen wieder heraus. Den Rest entleerte er in das Gesicht des armen Tiros. "Wiederliches Gebräu! Zerschlagt die Amphoren und dann weiter verdammt. Bei dem Getrödel kommen wir nie in Bingium an!"
    Wenn einer der tirones den Wein probieren würde, würde er feststellen, dass es sich um einen mehr als nur annehmbaren Wein aus Hispania handelte. Aber für den tribunus gab es nur einen akzeptablen Wein. Falerner.


    Alsbald setzte sich der Tross in Bewegung und sie näherten sich Bingium.

  • Der Tiro wagte es nicht auszuweichen - er hatte gelernt, dass man sich auch Strafen nicht dauerhaft entziehen konnte und gegen die Hiebe des Centurio war das Herumgefuchtel des Tribuns sowieso lächerlich. Die schmerzendere Strafe war die Nachtwache - selbst wenn sie wirklich seltsam war. Immerhin waren sie ein bisschen viele Soldaten, als dass ein einzelner Mann sie bewachen konnte. War normalerweise nicht immer ein Viertel der Männer pro Nachtwache an der Reihe?


    Aber wer war er, um Befehle zu hinterfragen? Also bestätigte er: [COLOR=#affe]"Jawohl, Tribunus!"[/COLOR] und ärgerte sich stumm, dass er die ganze Nacht durch kein Auge zumachen würde. Das Marschieren war okay, aber völlig übernächtigt würde es morgen die Hölle werden. Als er den Wein ins Gesicht bekam, dachte er sich deshalb nur, dass er morgen über so eine kleine Erfrischung sicher dankbar sein würde - eine kleine kalte Dusche wirkte Wunder gegen Übernächtigung!


    Dass man jetzt aber den Wein einfach weggießen sollte, war auch wieder traurig. Er wagte es zwar nicht, ihn zu probieren, aber man würde bestimmt kein absolut widerliches Zeug so weit über den Rhenus schippern... Aber auch hier galt sowieso: Es ging nicht um seine Meinung, sondern das Befolgen von Befehlen! Also schubste er die Amphore ins Gras, nahm das Scutum von seinem Kameraden und rammte mehrmals mit der Kante auf den Ton, bis der Hals abbrach. Sein Blick streifte den traurig dreinblickenden Schiffer und seine Knechte - die Kerle hatten heute definitiv keinen guten Tag erwischt!


    Der Licinier hatte aber keine Zeit für Mitleid - Servius gab ihm sein Pilum zurück, er band den Helm zu, leckte sich den Wein von den Lippen (tatsächlich kein übler Tropfen!) und reihte sich wieder in die Kolonne ein. Auf Befehl setzte er sich dann in Bewegung. Links - links - links, zwo, drei, vier!

  • Innerlich hatte auch der optio mit den Augen gerollt, eine Ein-Mann-Wache war bestenfalls ein Witz. Schon gar die ganze Nacht hindurch. Aber für heute hatte er sich genug herausgenommen, man musste die Karriere nicht mehr auf das Spiel setzen, als unbedingt nötig und auch wenn er für das centurionat nicht geschaffen war, zum signifer wollte er es noch bringen.


    Ohne weitere Zwischenfälle schaffte es der Trupp dann doch irgendwann bis Bingium. Nicht ohne, dass sich der tribunus aus seinem Tragstuhl heraus mehrfach und lautstark über die Laufleistung der Soldaten mockierte. Das er selbst einen recht langen Zwischenhalt provoziert hatte, darin konnte er keinesfalls die Ursache ihrer Verspätung um genau jene Zeit sehen.


    Vor Bingium angekommen wartete bereits eine Abordnung örtlicher Honoratioren auf den eintreffenden hohen Beamten. Die Veteranen unter ihnen verbargen nur mit übergroßer Mühe das Entsetzen, als sie der Karikatur eines senatorischen Tribunus ansichtig wurden. Tapfer trat der diesjährige duumvir -- keiner der Veteranen, aber dem Militär als Zulieferer verbunden vor -- und begann mit einer Begrüßungsadresse.


    "Verehrter tribunus Varinius, wir fühlen uns geehrt, dass Du und deine Männer unsere bescheidene Stadt als "


    "Bescheiden allerdings!" fiel der Geehrte dem Ehrenden auf unhöflichste Art ins Wort. "Spar dir das verdammte Geschwätz, schick einen deiner Lakaien los und lass den Kerlen zeigen wo sie ihre Zelte aufschlagen können, und dann freue ich mich auf deine Einladung zum Essen. Und deine Frau soll mir ein Bad bereiten lassen. Oder deine Tochter, je nach dem wer hübscher ist. Abmarsch!" Befahl er und versetzte den Sänftenträgern einen weiteren Schlag, womit sie sich in Bewegung setzten und die versammelten Honoratioren zwangen, ihn zu begleiten, beziehungsweise ihm vorauszugehen um den Weg zu zeigen.
    Zwei Männer, vielleicht Sklaven, vielleicht freie Angestellte eines der Männer lösten sich aus der Gruppe. Einer eilte durch die Stadt, sicher um den Haushalt des dummvirn vorzuwarnen, dass ein Gast käme.
    Der zweite ging zu dem optio und nach einem kurzen Austausch von Grüßen führte er die Soldaten auf eine Brache. Dort gab es neue Befehle.
    "Also gut. Lager aufschanzen. Ich weiß für einige von euch ist das neu, daher in aller kürze. Wir gehen arbeitsteilig vor. Einige von euch lockern mit dalabrae und Spaten die Erde auf. Andere nehmen die Körbe und nehmen Erde ab, die sie zum Wall aufwerfen. Die nächsten stampfen den Wall fest. Wieder andere rammen die pila muralia in die erde und die letzten Befestigen sie untereinander mit Seilen. So weit so einfach. Carallius, die markierst mit mir den Wallverlauf. Ich denke auf das Zelt des tribunus verzichten wir." der findet sich schon ne schöne Federmatratze, fügte er in Gedanken hinzu, hätte das aber nie ausgesprochen.
    "Agite meine Herren, wenn die Zelte stehen gibt es Ausgang bis Mitternacht."


    Sim-Off:

    Und weil der gute optio nicht so wirklich in der Laune ist zu erklären übernimmt die liebe Wiki das so lange.
    http://imperium-romanum.info/wiki/index.php?title=Castra

  • Sie marschierten im Eilmarsch. Und marschierten. Und marschierten. Iosephus hatte geglaubt, er wäre inzwischen einigermaßen fit, aber irgendwann ging auch ihm die Puste aus. Zuerst wurde das Scutum schwer, dann auch die Füße. So war der Licinier froh, als endlich der Vicus sichtbar wurde.


    Der Empfang, der ihnen bereitet wurde, ließ Iosephus aber ganz schön staunen - der Tribun war nicht nur gegenüber Soldaten ein Arsch, sondern auch gegenüber zivilen Honoratioren. Iosephus hatte sich schon gedacht, dass Senatoren sich in der Provinz alles erlauben konnten, aber einem Duumvir zu sagen, man wolle sich mit seiner Frau vergnügen, war doch mehr, als er gedacht hatte. Gut, seine Mutter war Jüdin und hatte erwartet, dass er Abstand zu Frauen hielt, solange er sie nicht heiratete. Und dann natürlich am besten eine Jüdin! Aber auch für die laxeren Römer war das wohl ziemlich unverschämt!


    Iosephus hatte aber keine Zeit, darüber intensiver nachzudenken. Denn sie sollten heute auch noch ein Marschlager errichten. Das hatte Iosephus bisher noch nie gemacht - aber zum Glück waren die meisten aus seinem Contubernium bereits erfahrene Legionäre, die Servius und ihm schnell ihre Aufgabe zuwiesen: Den Graben ausschaufeln!
    Zuerst war Iosephus froh, das Scutum aus der Hand zu nehmen, aber der Boden war auch ziemlich hart, nachdem sie die erste Schicht abgetragen hatten. Servius nahm die Hacke, Iosephus die Schaufel. So hatten sie zumindest abwechselnd immer eine kurze Pause, die man beispielsweise zum Reden nutzen konnte:
    [COLOR=#affe]"Mann, der Tribun is' echt ein Arschloch!"[/COLOR] stellte Iosephus fest und sah sich um, dass der Optio nicht in der Nähe war. "Naja, wer kann, der kann! Senator müsste man sein! Ich würde mich jedenfalls lieber von einer Decurionentochter einölen lassen, als hier im Dreck zu stehen!" Servius grinste.
    Der Licinier seufzte. Ein bisschen neidisch war er tatsächlich auch. Vielleicht musste man sich einfach damit abfinden, dass die Mächtigen machten, was sie wollten. Und versuchen, selbst nach oben zu kommen! [COLOR=#affe]"Na, ich hoffe jedenfalls, dass er irgendeine verdorbene Muschel frisst oder sowas! Dass ich nicht der einzige bin, der heute Nacht wachen muss!"[/COLOR]
    Servius hackte noch zweimal in die Erde und ließ sein Werkzeug dann sinken. "Ja, das is' mal echt ein Schwachsinnsbefehl!"

  • Nachdem er festgelegt hatte, wo genau die Eckpunkte und der Eingang des winzigen Lagers sein würden, zog er sich an den Rand der Bauarbeiten zurück, setzte sich auf einen Kappstuhl und starrte Löcher in das entstehende Lager.
    So mochte es auf Entfernung aussehen. Sollte jedoch einer der schanzenden Soldaten auf ihren Befehlshaber sehen, konnte man an der in Falten gelegten Stirn und dem mahlenden Kiefer erkennen, dass er angestrend am Nachdenken war.
    In Gedanken verfluchte er Tod, Erinnyen, Centruio und Lagerkommandanten, dass er den Verrückten begleiten musste.
    Die Befehle zur Nachtwache waren nicht nur schwachsinnig, wie die Soldaten fanden, die waren brandgefährlich. Und sein Verhalten war einfach ... unverantwortlich.
    Unverändert saß der optio noch immer da, als der Lagerbau formen annahm, die Wälle und Gräben fertig waren und die Soldaten nun ihre Zelte aufbauten. Die ersten Kochfeuer brannten bereits, als er die Gruppe um den jungen Licinier erreichte.
    Er blieb vor ihnen stehen und sagte vollkommen emotionslos.
    "Dieses contubernium übernimmt die erste Nachtwache! Parole: Rheinnixe! Verstanden?!"
    Seine Augen waren es, die den ruhigen Tonfall Lügen straften, sie forderten geradezu heraus, dass einer der Soldaten fragte, was er da gerade tat.

  • Nach dem Buddeln war die Arbeit keineswegs getan - Iosephus musste seinen Kameraden erst beim Fertigstellen der Palisade helfen, dann musste noch das Zelt aufgebaut und gekocht werden. Auch das war Aufgabe des Jüngsten, was in der ersten Kohorte, wo fast nur Veteranen dienten, natürlich auf die Tirones zurückfiel.


    Also saßen Servius und Iosephus am Kochfeuer und versuchten gerade, aus dem frisch gemahlenen Mehl einen leckeren Getreidebrei zu zaubern, als der Optio plötzlich vor ihrem Zelt auftauchte.
    Sein Befehl war einerseits erleichternd - andererseits aber auch verwirrend, denn er entsprach nicht gerade dem, was der Tribun ihm befohlen hatte.


    Der Licinier war allerdings nicht der Typ, der Befehle infrage stellte. Das überließ er lieber Servius, der wahrscheinlich sowieso mehr Anlass hatte, sich über diese Planänderung zu ärgern: "Hatte der Tribun nicht gesagt, dass Iosephus... äh, Tiro Licinius, die Nachtwache allein machen soll?"

  • "Ich habe durchaus Ohren, tiro!" knurrte der optio.
    "Und Tiro Licinius wird die ganze Nacht Wache schieben." Er konnte die Befehle, so unsinnig sie sein mögen, ja nicht komplett übergehen.
    "Aber nur ein Posten für das ganze Lager ist gegen die Regularien, die der Legat und der Präfekt aufgestellt haben. Und ihr könnt gerne selbst entscheiden, mit wem ihr euch lieber anlegt. Präfekt oder Tribun. Ich habe meine Wahl jedenfalls getroffen."
    In seinen Augen konnte man das Blitzen der Verbrüderung erkennen, er war optio, hoffte signifer zu werden und wusste, dass er es nie zum centurio bringen würde. Da war es nicht schwer sich den Mannschaften zugehöriger zu fühlen als den Offizieren.
    "Wenn mich der tribunus auf dem Kieker hat, dann wird das nächste Jahr schwer. Wenn der praefectus mich gefressen hat, mein restlichen Leben. Und wenn wir alle Glück haben." jetzt wurde die Stimme des optio beinahe verschwörerisch "Säuft er sich heute so zu, dass er morgen erst nach dem Morgenapell hier ist."


    "Ihr habt mich verstanden?!" und vorbei war der Moment des brüderlichen Einverständnisses und es herrschte wieder das Verhältnis aus Befehl und Gehorsam "Noch Fragen?!"


    Sim-Off:

    Falls du keine Fragen mehr hast, kannst du gerne eine ereignislose Nacht ausspielen und wir sehen uns morgen früh beim Abbau des Lagers mit dem zurückkehrenden tribunus zurück. Der optio hat übrigens Recht, was die Rückkehr angeht, wenn auch nicht unbedingt mit dem Grund

  • Die Antwort des Optios stellte unmissverständlich klar, dass er nichts zu erhoffen hatte - er würde sich die ganze Nacht um die Ohren schlagen müssen. Aber immerhin nicht allein - was nicht bei allen auf Begeisterung stieß. Servius verzog zumindest den Mund.


    Iosephus nickte am Ende nur. Er konnte sich vorstellen, dass es die schlauste Lösung war, im Zweifelsfall dem Ranghöchsten zu gehorchen - zum Glück hatte er bisher noch nie widersprüchliche Befehle erhalten. Der Optio und der Centurio wechselten sich mit der Ausbildung ab, es gab immer nur eine Person, die das Gesetz war. Und jemanden wie den Präfekten oder gar den Legat hatte er noch kaum zu Gesicht bekommen.


    [COLOR=#affe]"Nein, Optio!"[/COLOR] antwortete der Licinier deshalb zum Schluss noch und sah dem Unteroffizier dann nach. Auch wenn er den Typen nicht sonderlich mochte, weil er sie jeden Tag gequält hatte (immerhin aber etwas berechenbarer als dieser Tiberier!), beneidete er ihn auch nicht um seinen Posten. Als normaler Soldat war es doch irgendwie alles einfacher, da gab es normalerweise immer einen direkten Vorgesetzten, der solche schwierigen Fragen für einen klärte. Oder zumindest die Verantwortung für Fehler tragen musste.


    Iosephus war aber nicht der Typ für lange innere Monologe über solche Fragen. Stattdessen wandte er sich wieder dem quellenden Puls zu, den er schnell umrührte - er blubberte schon!
    "Regel Nummer eins: Immer in den größten Arsch kriechen!" fasste Servius die Einschätzung des Optios zusammen und holte aus der Provianttasche ein Stück Speck, das sie in den Puls schneiden würden. [COLOR=#affe]"Ja, die Spinner sollten sich mal entscheiden, wie alles zu machen ist!"[/COLOR] erwiderte Iosephus und zog den Pugio aus seinem Dolch, um das Fleisch in kleine Würfel zu schneiden. Da kam schon Quintus, der auch zu ihrem Contubernium gehörte, mit einem Eimer Wasser! Zeit, dass sie fertig wurden...

  • Nach dem Abendessen gab es noch einmal einen Abendappell, dann sammelte sich Iosephus' Contubernium am Tor und Persaeus als Stubenältester teilte die Männer ein. Iosephus bekam das Tor zugewiesen, zusammen mit Servius. Es zeigte weg von der Stadt - in Richtung Front, wie Theopompus ihm während des Schanzens erklärt hatte. So konnte die Legion im Feindesland sofort ausrücken, wenn es Nachrichten über einen anrückenden Feind gab. Das bedeutete aber auch, dass sie heute anstatt die Stadt ein bisschen zu beobachten die langweilige Landschaft beobachten durften.


    "Mann, is' das kalt heute!" flüsterte Servius und lehnte sein Pilum gegen das Scutum, um die freiwerdende Hand an seiner Tunica warmzureiben. Iosephus zog seine Paenula enger - man merkte wirklich, dass es Winter wurde! [COLOR=#affe]"Und ich muss die ganze Nacht hier rumstehen, Alter! Da bin ich morgen wahrscheinlich ein Eiszapfen!"[/COLOR] Und er würde sich bestimmt erkälten! Oder die Füße abfrieren oder so! Während er im Sommer über das Focale geflucht hatte, kam es ihm jetzt ganz angenehm. Genauso wie die Feminalia, die er nach dem Essen angezogen hatte.
    [COLOR=#affe]"Kannst du mir vielleicht noch bisschen Wein warm machen, wenn die zweite Nachtwache beginnt?"[/COLOR] fragte er schließlich und bewegte seine Zehen auf und ab. Er musste sie regelmäßig bewegen, damit sie nicht kalt wurden - hatte ihm Theopompus gesagt. "Wenn meine Wache vorbei ist, geh' ich erstmal pennen! Hätteste dich nicht so dumm angestellt!" feixte Servius als Antwort und schlug ihm mit der Faust auf den Arm.
    "Ne, Quatsch, sonst müssen wir dich morgen am Ende noch mittragen, weil deine Füße abgefroren sind!" Iosephus nickte und grinste. [COLOR=#affe]"Oder ich leg' mich in die Sänfte von diesem aufgeblasenen Arschloch. Vielleicht liegt ja noch die Tochter vom Duumvir drin und wärmt mich!"[/COLOR] Servius lachte auf, wurde aber sofort still, als es vom Lagerinneren aus einem Zelt zischte. Bei der Wache war es nicht erlaubt zu reden. Man sollte sich ja aufs Gucken konzentrieren!


    Das war aber relativ langweilig. Die erste Wache ging noch ganz gut, in der zweiten musste Iosephus die Zehen schon permanent bewegen und vor dem Tor auf und abgehen, damit sie nicht kalt wurden. Bei der Wachablösung bot sein Mitwächter ihm seine Tibialia an. Die gehörten nicht zur Standard-Ausrüstung eines Legionärs und der Licinier hatte sich keine eingepackt. Aber jetzt war er ziemlich glücklich, als seine Füße endlich in etwas wollig-warmem steckten. Aber der Wärme-Effekt reichte auch nur bis zur dritten Nachtwache, zumal jetzt die Müdigkeit dazu kam. Iosephus zitterte am ganzen Leib, als die Morgenwache begann und die Schwärze der Nacht langsam zurückging. *Schöne Scheiße* dachte er sich noch, dass er ausgerechnet in einer Zeit zu diesem Strafdienst verdonnert wurde, in dem die Nacht noch besonders lang war, als die Vögel zu zwitschern begannen.


    Als dann endlich zum Wecken geblasen wurde und die Tageswache sie ablöste, fühlte er sich wie ein Häufchen Elend. Er war hungrig und durchgefroren, aber vor allem war er müde! Er setzte sich also ans Feuer seines Contuberniums und nickte sofort weg, noch bevor das Frühstück fertig war, das Servius glücklicherweise allein zubereitete. Er hatte eben doch einen ganze guten Kameraden...

  • Mit Sonnenaufgang am nächsten Morgen donnerte das Wecksignal über die Zelte der centurien, es gab einen kurzen Morgenapell, dann wurde gefrühstückt und der Befehl gegeben, das Lager abzubrechen.
    Was auch geschah. Anschließend daran ließ der optio die Soldaten Marschbereitschaft herstellen und es geschah nichts.


    Nach einer Weile gab der optio innerlich kochend den Befehl die Ränge aufzubrechen und das Gepäck abzulegen. Sie warteten noch immer auf den tribunus. Dieser kam mit reichlicher Verspätung von über einer Stunde am Lagerplatz an.


    Wer ihn ansah konnte erkennen, dass er nur sehr unwesentlich besser aussah als der Licinier, was an seinen eigenen Erlebnissen in der Nacht lag. Was war geschehen? Tatsächlich hatte der Veturier bei dem spontanen Gelage im Haus des duumviren ein Auge auf die junge Tochter des duumvir geworfen und bei Tisch mehrfach Kommentare fallen lassen, die klar machten, dass er sie in der Nacht zu seiner freien Verfügung haben wollte. Die Honoratioren der Stadt sahen -- auf der Suche einen Weg zu finden, dass weder die junge Frau entehrt, noch die Stadt in Ungnade fallen würden -- hatten daraufhin begonnen den tribunus nach allen Regeln der Kunst abzufüllen, bis er die Tochter von einer rasch herbeigeholten billigen Lupa nicht mehr hatte unterscheiden können.
    In der Tat waren sie dabei so erfolgreich gewesen, dass der tribunus, als er sich mit der lupa auf ein Zimmer verzog nicht mehr machen konnte, als sich über sie zu erbrechen und einzuschlafen. Am nächsten Morgen litt er an einem sagenhaften Kater.


    Nicht mal zu Sprechen schien er in der Lage, denn er winkte nur irgendwie Richtung Mogontiacum , was der optio als Abmarschsignal betrachtete und den Abmarsch befahl.


    Unterwegs musste die Truppe mehrfach anhalten, damit der tribunus sich über den Rand seiner Sänfte und unter großem Gejammer erbrechen konnte. Es war schon in der zweiten Nachtwache, als der Trupp endlich am Lagertor einkehren konnte.

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