Officium SAL | Starthilfe für die Amsel

  • Mittlerweile waren gut drei Wochen ins Land gezogen, als Merula beschloss, bei dem Gastgeber seiner Familie vorstellig zu werden, um mit ihm über seine politischen Ambitionen zu sprechen. Wieso er das nicht schon längst getan hatte? Zum einen hatte Senator Aurelius Lupus seine Familie aus freundschaftlicher Selbstverständlichkeit heraus aufgenommen und an diversen Feierlichkeiten partizipieren lassen, sodass Merula sich ein gebührendes Maß an Zeit nehmen wollte, bevor er den Mann mit weiteren Dingen oder sogar Bitten behelligte. Zum anderen hatte kurz nach ihrer Ankunft der Wahlkampf bevorgestanden, sodass Lupus sicherlich keine Zeit für derartige Kinkerlitzchen hatte, immerhin war Merula ja nur ein Pontifex einer fernen Provinz – aurelianisch-tiberianische Freundschaft hin oder her.


    Sein Bruder Verus war bei Lupus schon vorstellig geworden, sodass der Jüngere es nun für angemessen empfand, selbiges zu tun. So klopfte er an die Tür und wartete, ob der frisch gebackene Aedil Zeit für ihn hatte und ihn hereinbitten würde.

  • Der in etwa einer Woche frisch gebackene Aedil saß an seinem Schreibtisch, vor sich einige Wachstafeln, die meisten noch unbeschrieben, und eine Abschrift der aktuellen Lex Mercatus, und grübelte. Ein neues Gesetz zu schreiben war gar nicht so einfach, wie es sich manchmal anhörte. Sextus wollte um jeden Preis die Fehler, die bei der alten Lex Mercatus gemacht worden waren, nicht wiederholen und eindeutige, leicht verständliche Formulierungen finden, die hoffentlich bei keinem der anderen Senatoren Anstoß nehmen würden, so dass am Ende tatsächlich eine neue Lex auf den Weg gebracht werden konnte. Aber so wirklich weit war Sextus noch nicht damit, seine Gedanken in eben solche Worte zu fassen.
    Auf einer Wachstafel war zu finden:

    Eigentum und Besitz
    1. Eigentümer einer Sache ist derjenige, der die rechtliche Gewalt über diese Sache ausübt. Eigentümer einer Sache kann nur ein freier Mensch sein.
    2. Der Eigentümer einer Sache ist grundsätzlich berechtigt, mit dieser Sache zu verfahren, wie er es möchte, sofern er dadurch nicht die Rechte Dritter verletzt, andere gefährdet oder andere Rechte dieses Recht im Einzelfall einschränken.
    3. Der Eigentümer kann eine Sache einer Dritten Person zum zeitweiligen oder dauerhaften Besitz überlassen. Hierdurch verliert er nicht sein Eigentum an besagter Sache.


    Fehlt noch: Enteignung? Ersitzung? Kein gutgläubiger Erwerb von Hehlerware (vgl. Cod. Iur?)? Miete? Leihe? Recht auf Herausgabe?
    Eventuell wäre ein eigenes Eigentumsrecht empfehlenswert?


    Auf einer anderen Tafel fand man verschiedene Gedankenfetzen:

    Betriebsbeschränkung für CD und ER raus
    Betriebe 4 -> 5
    Beschränkung Anzahl gleicher Betriebe raus
    Recht, Erbschaften zu verkaufen -> unbegrenzt?
    Städte Erbschaften verkaufen
    Preisbeschränkungen anpassen auf durchschnittliche Preise
    Verkauf von nicht erhältlicher Ware durch Staat
    Strafbefreiung durch Selbstanzeige!


    Und vor Sextus war eine weitere Tafel, die darauf harrte, nun beschrieben zu werden mit etwas, das man einen sinnigen Paragraphen nennen konnte. Doch auch nach einigen Minuten intensiven Starrens stand dort nichts. Und just in diesem sehr frustrierenden Moment klopfte es an der Tür.
    “Intra“ rief Sextus, der einerseits sich über die gestörte Konzentration ärgerte, andererseits aber götterfroh war, aus eben jener gerissen worden zu sein, ehe sich zur Frustration noch obendrein Kopfschmerz gesellen konnte.
    Als die Tür sich öffnete, erblickte er auch den jüngeren der Tiberier-Brüder. “Ah, Tiberius Merula! Komm herein. Was führt dich zu mir?“ Die leere Tafel wanderte schnell und beiläufig wieder auf den Stapel zu ihren jungfräulichen Schwestern, während Sextus sich erhob, um seinem Gast entgegenzukommen.

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