Vom Ankommen und Weggehen - Die Rückkehr aus Germania

  • Germania hatten wir endlich hinter uns gelassen. Mit jedem passus der uns dem Süden näher brachte, ließ die Spannung in mir nach. Dennoch, Germania hatte uns verändert. Nichts war mehr so geblieben, wie es einmal war. Selbst die Wärme der italischen Sonne konnte daran nichts ändern.


    Als Roma endlich am Horizont erschien und es nur noch eine Frage von wenigen Stunden war, bis wir die über Schwelle der Villa Vinicia schreiten konnten, empfand ich keine unbändige Freude. Es war mir gleichgültig. Denn auch wenn er ganz nah bei mir war, so war er doch unendlich weit entfernt von mir. Was hätte ich noch sagen oder tun können, was ich nicht schon etliche Male gesagt hatte?


    Die Tage vergingen. Anfangs gab es noch viel zu tun. Nach über einem Jahr der Abwesenheit musste die Villa erst wieder hergerichtet werden. Altes und Neues musste erst wieder einen Platz finden.
    Für Nelia und Amir waren die ersten Tage in der ewigen Stadt ein wahres Abenteuer! Ich für meinen Teil brachte es nicht fertig, das Haus zu verlassen. Noch immer saß die Angst so tief in mir, obwohl diese doch völlig unbegründet war. Dies war nicht Mogonticaum und dort draußen lauerten keine wilden Germanen!


    Schließlich kam der Tag, der mir endgültig jeglichen Mut nahm.
    Wie üblich war er am Morgen fort gegangen, hatte die Villa verlassen, um seinen Geschäften nachzugehen und um an seiner Karriere zu bauen. Jedoch hatte ich schon einige Zeit zuvor bemerkt, dass sein Eifer darin nachgelassen hatte. Germania hatte auch in ihm seine Spuren hinterlassen.
    Wie jeden Tag erwartete ich ihn spätestens zur Cena zurück. Doch er kam nicht. Die Stunden vergingen, ohne eine Nachricht. Besorgt schickte ich Amir los. Der Sklave aber kam allein zurück. Niemand hatte ihn gesehen, niemand hatte etwas gehört. Konnte denn ein Mensch einfach so verschwinden?
    Offenbar konnte er das. Tage später mussten wir davon ausgehen, dass etwas passiert sein musste. Vielleicht war er aus freien Stücken gegangen, vielleicht war er aber auch tot. Ich jedoch weigerte mich, das zu glauben. Eines Tages würde er wieder kommen. Dessen war ich mir sicher…

  • „Frei?“, fragte ich zum wiederholten Mal und sah noch immer ungläubig auf das Stück Papyrus in meiner Hand. Amir jedoch nickte mir auch dieses Mal mit seinem ernst dreinblickenden Gesicht zu. „Genauso steht es hier!“, pflichtete er mir bei und sah nun auch zu Nelia, die mir das Schriftstück ausgehändigt hatte. „Es ist von unserem Dominus“, hatte sie mir gesagt, als sie es mir in die Hand gedrückt hatte. Mit einem fragenden Blick hatte ich sie angesehen. Wieso hatte er mir den Brief nicht persönlich gegeben? „Falls ihm irgendwann etwas passieren sollte, hat er mir gesagt, soll ich dir das hier geben“, fügte sie entschuldigend hinzu, als hätte sie meine Gedanken lesen können. Bereits da hatte ich mit meinen Tränen kämpfen müssen, denn den Gedanken daran, dass ihm etwas passiert sein sollte, wollte und konnte ich einfach nicht akzeptieren. Fakt war jedoch, dass Massa nun schon einige Wochen spurlos verschwunden war. Also musste wohl doch irgendetwas passiert sein!


    Mit zitternden Händen hatte ich das Siegel der kleinen Papyrusrolle geöffnet und sie geöffnet. Die Buchstaben, die dabei zum Vorschein kamen, waren mir inzwischen nicht mehr so fremd. Amir hatte versucht, mir das lesen beizubringen. Doch als ich nun das Geheimnis dieser Buchstaben vor mir ergründen wollte, kam es mir so vor, als tanzten sie hin und her. Ich konnte mich einfach nicht auf das Lesen konzentrieren und bat Amir, mir Massas Botschaft an mich vorzulesen.

    Ich, Lucius Vinicius Massa, entlasse meine Sklavin Thula in die Freiheit.


    gezeichnet Lucius Vinicius Massa


    Es waren nur diese wenigen Worte, doch sie reichten aus, mich vollkommen aus dem Konzept zu bringen. Warum gerade jetzt? Warum sollte ich nun frei sein, wenn er nicht mehr bei mir war? Womit hatte ich das verdient? All die Antworten auf meine Fragen würde er mir schuldig bleiben.

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