Abschied von zwei Liebenden

  • Nach seinem etwas missglückten Erwachen an diesem Morgen eilte Nasica so schnell es seine Würde (und die Toga) zuließ durch die Straßen Alexandrias in Richtung Westen, immer auf das Serapeum zu.


    Die ihm begegnenden Griechen warfen ihm ganz verwunderte Blicke zu und die Ägypter später in der Rhakotis waren noch überraschter, wen sie ihn trafen. Ein laufender und ganz aus der Puste hechelnder Römer war auch nicht gerade ein Anblick den sie jeden Tag zu Gesicht bekamen. Von dieser Standesklasse war man ein eher anderes Auftreten gewohnt. Endlich erreichte er den Hügel auf dem das Serapeum errichtet worden war und blieb an der gewaltigen Treppe hinauf zum Tempel kurz stehen, um etwas zu verschnaufen, ehe er den Weg hinauf in Angriff nahm. Die Stufen des Heiligtums waren ja auch so schon sehr viele, aber nach einem Lauf quer durch die Stadt erschienen sie einem nochmal so steil und zahlreich. Oben angekommen war wirklich nicht mehr viel dann vom Aussehen eines tugendhaften Römers übrig, doch Nasica war das egal, seine Augen hatten den Grund all dieser Hetze schon entdeckt. An der nordwestlichen Kante der Tempelplattform stand eine äußerst liebreizende und zierliche junge Dame, ihrem Antlitz nach eine Griechin, die ihren Blick auf den Horizont gerichtet hatte. Hinaus aufs Meer, jenseits der ägyptischen Küste. Ein unwiderstehliches Grinsen drang in sein Gesicht, als Nasica sich noch einmal durch seine Haare fuhr und sich dann diesem menschlichen Abbild der Göttin Aphrodite näherte. "Penelope!"
    Die Schöne wandte den Kopf und auch auf ihrem Gesicht zeigte sich Freude, als sie den Valerier bemerkt hatte. "Marcus!"



    Penelope


    Die beiden Liebenden fielen sich in die Arme. Da sowieso sonst niemand gerade in der Nähe war, getraute sich Nasica sogar sie hier öffentlich zu küssen. Dann verblieb die junge Frau in ihrer innigen Umarmung mit ihm. "Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr." Auch Nasica hielt ihre Umarmung bei, während er dieses schönste aller Gefühle genoss seine Liebste an sein Herz gedrückt zu wissen und ihre weiche Haut auf seiner zu spüren und ihren Duft einzuatmen. "Penelope meine Lotusblüte, vergib mir. Ich wollte nicht zu spät zu unserem Treffen kommen."
    "Egal doch jetzt. Du bist hier und das ist alles was zählt." Penelope schloss ihre Augen, während sie weiterhin an Nasica angeschmiegt blieb. Dieser bekam jetzt noch mehr ein schlechtes Gewissen, dass er gerade heute verschlafen hatte, wo sie sich doch für eine sehr lange Zeit nicht sehen würden.
    Lange verblieben sie in ihrer Umarmung, bis sich Penelope von ihm löste und ihm in die Augen blickte. "Wann geht dein Schiff nach Rom?" fragte sie.
    "Heute Abend mit Einsetzen der Flut möchte der Kapitän auslaufen, dann beginnt meine kleine Abenteuerfahrt."
    Nasica versuchte seine Liebste anzulächeln, doch in Penelopes Gesicht entdeckte er nur Kummer über ihre Trennung voneinander. "Und du musst diese Reise wirklich machen, um deine Arbeit vollenden zu können? Ich bin sicher das Museion würde dich auch so als Akroates zulassen!"
    Gütig sah Nasica auf seine gebliebte Penelope hinab. "Sicher doch bestimmt, doch das alleine ist es nicht. Diese Arbeit über die Geschichte meiner Ahnen ist auch für mich persönlich sehr wichtig, verstehst du? Wir Valerier stammen nun einmal ursprünglich aus Rom, deshalb werde ich meine Verwandten dort besuchen und deren Familienarchive konsultieren müssen, wenn ich denn darf. Nur so wird das Bild unserer Geschichte vollständig."
    Penelope nickte und sah wieder hinaus aufs Meer, dort wo sie Rom dahinter vermutete und wo ihr Nasica für viele Monde sein sollte nach Ende dieses Tages.
    "In den Archiven der Großen Bibliothek habe ich leider nichts über unsere jüngere Vergangenheit gefunden, deshalb diese Reise, doch dafür viele historische Aufzeichnungen unserer Vorfahren aus der republikanischen Ära Roms. Über Marcus Valerius Messalla Rufus zum Beispiel! Es war anno 701*, als Iulius Caesar gerade zum zweiten Mal den Rhenus überschritten hatte. Da war Messalla Rufus zusammen mit Gnaeus Domitius Calvinus Konsul in Rom gewesen. Und seine Schwester Valeria war die fünfte Frau des Diktators Cornelius Sulla Felix gewesen, wusstest du das?"
    Penelope schüttelte den Kopf und ein neuerliches Gefühl der Liebe und der Zuneigung übermannte sie, als sie dieses Strahlen im Gesicht ihres Geliebten sah, das immer in Erscheinung trat, wenn er vollkommen begeistert von etwas erzählte, das ihn sehr faszinierte. "Und dann im Bürgerkrieg, als Messalla Rufus auf Seiten Caesars..."
    "Oh Marcus!"
    Wieder fiel sie ihm um die Arme. "Marcus mein Marcus...wie werde ich dich vermissen." Ein wenig überrascht über diesen plötzlichen Gefühlsausbruch blinzelte Nasica ein paar Mal, ehe auch er Penelope wieder umarmte. "Mach dir nichts daraus. Eh du dich's versiehst bin ich wieder zurück und dann kann uns nichts mehr trennen, versprochen!"
    Ihre Lippen suchten die seine. Dann fragte sie: "Versprichst du mir so schnell wie möglich wieder hier bei mir zu sein? Hier bei mir und sonst nirgendwo anders?"
    Verliebt lächelte Nasica sie an. "Ich verspreche es."


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    * 701 A.U.C. = 53 v. Chr.

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