Der Morgen war bereits empfindlich kalt und der Himmel grau verhangen, als Bala im Nachtgewand auf der Terrasse stand, um sich von der Kühle die Müdigkeit vertreiben zu lassen. Am östlichen Horizont glomm orange ein Streifen Morgenlicht und gemahnte wie ein göttliches Leuchtfeuer an die offen gebliebenen Aufgaben der letzten Mission des Caesars. Während die Urbs Aeterna ihre üblichen Netze sponn, lauerten dort an den Grenzen die Armenier und Parther. Die einen ein Klientelkönigreich, die anderen eine Großmacht, die mit ihrer scheinbaren Unbezwingbarkeit den Römern stets ein Dorn im Auge gewesen war.
Irgendwo dort braute sich etwas zusammen.
Bala blickte zurück zur Tür, als er ein Geräusch zu vernehmen glaubte, obwohl niemand in seinem Schlafgemach war. Die Wände des Palasts hatten Augen und Ohren in beide Richtungen. Bala wusste, dass man ihn scharf im Auge behielt, während er seinerseits seine Augen und Ohren entsandte. Was sie sahen und hörten, gefiel ihm nicht, besonders, was an Plänen seines Vaters bislang zu ihm hindurchgesickert war. Rom stand vor einem internen Umbruch. Und dass der Augustus keine Zeit für ein Gespräch mit seinem Sohn zu haben vorgab, während namhafte Günstlinge täglich aus- und eingingen und mit ihm hinter verschlossenen Türen mauschelten, wusste Bala durchaus zu deuten.
Sümpfe musste man trockenlegen.
Bala vermutete, dass nicht zufällig zu ausgerechnet den Zeiten, da der Augustus gewisse Änderungen plante, die Steppennomaden aus den parthischen Regionen begannen, die Grenze zu bedrängen. Balas vom Kaiser erteilter Auftrag als Legatus Augusti Pro Regno Armenia hatte vor allem eines zum Ziel - den potenziellen Rivalen in Gestalt des eigenen Sohnes auf räumliche Distanz zu bringen. Der Augustus wollte ungestört in der Urbs Aeterna seinen eigenen Interessen folgen. Bala würde dem Befehl natürlich folgen. Doch wie er ihn anging, war ihm überlassen. Bala würde diesmal nicht in den Südosten ziehen, um die Armenier mit einem romfreundlichen Klientelkönig zu beglücken oder die Legionen zu inspizieren ... er würde herausfinden, welcher menschlichen Werkzeuge sein Vater sich bediente, der aller Wahrscheinlichkeit nach hinter diesem offensichtlichen Ablenkungsmanöver steckte. Bala war der Überzeugung, dass der Augustus der Kopf hinter den Angriffen der Steppennomaden war, um ihn beschäftigt zu halten. Wenn das stimmte, war der Graben zwischen ihnen tiefer, als er gedacht hatte.
Probleme konnte man lösen. Und so rief Bala seine Handlanger herbei, um alles in die Wege zu leiten für seine Abreise.
Doch bevor sein Weg ihn nach Cappadocia führte, gab es noch etwas anderes zu klären ...