Octavena nahm sich Zeit mit der Führung, die sie Adalheidis versprochen hatte, und zeigte ihr in Ruhe zuerst das Haus, stellte dabei auch die anderen Angestellten vor, die sie trafen, und beantwortete Fragen, die dabei aufkamen. Ihre Kinder liefen ihnen dabei zunächst nicht über den Weg und Octavena war sich nicht sicher, ob sie das als gutes oder schlechtes Zeichen deuten sollte. Grundsätzlich hatte sie gelernt, dass zu lange Stille immer ein wenig verdächtig war, weil es dann sehr wahrscheinlich einen Grund dafür gab, andererseits wurde es inzwischen auch deutlich wärmer und dann war es auch nicht sonderlich ungewöhnlich, dass die beiden im Garten verschwanden und erst wieder auftauchten, wenn man nach ihnen suchte.
"Die beiden sind bestimmt draußen bei dem guten Wetter", sagte sie gerade zu Adalheidis mit einem Lächeln, als die beiden Frauen nach draußen traten. "Ich--"
Ein helles Kinderlachen unterbrach sie und Octavena wandte den Kopf, um nach der Quelle zu sehen. Ildrun saß ein Stückchen weiter vorne mitten im Gras auf dem Boden und streichelte glucksend einen der großen Wachhunde, die ihr Vater vor einigen Jahren angeschafft und hatte abrichten lassen. Das Tier stupste sie immer wieder mit seiner Schnauze an und leckte ihr über das Gesicht, während Farold daneben stand und seinen Rücken tätschelte. In Octavenas Brust dagegen zog sich etwas zusammen. Die Hunde waren gut trainiert und kannten die Kinder, aber sie waren noch immer Wachhunde. Stark und im Zweifelsfall alles andere als ungefährlich. Ein Griff, über den Ildrun oder Farold nicht nachdachte, und das Tier könnte sie ernsthaft verletzen, wenn es denn nur wollte.
"Das ist genug", sagte Octavena an die beiden Kinder gewandt, wobei ihr Tonfall keinen Zweifel daran ließ, dass sie darüber nicht diskutieren würde. Sie beobachtete den Hund mit wachem Blick und pfiff einmal bestimmt in der Hoffnung, dass er darauf reagieren würde. Tatsächlich sah er ein paar Mal zwischen Octavena und Ildrun hin und her, trottete dann aber weg von dem Mädchen und an der Hausherrin vorbei und verschwand.
"Spielverderberin", murrte Ildrun ohne Anstalten zu machen, von ihrem Platz auf dem Gras aufzustehen, und kassierte prompt einen scharfen Blick von ihrer Mutter. Farolds Blick dagegen wanderte direkt neugierig zu Adalheidis neben seiner Mutter und nun offenbar doch verunsichert von der Anwesenheit einer Fremden lief er auf Octavena zu und griff nach ihrer Hand, um sich halb an ihren Beinen zu verstecken.
"Kinder, das ist Adalheidis", sagte Octavena dann und drückte lächelnd die Hand ihres Sohnes ohne auf den Missmut ihrer Tochter weiter zu achten, "sie wird ab jetzt als Haushälterin für uns arbeiten." Sie drehte sich halb zu Adalheidis. "Adalheidis, das sind meine Kinder. Duccia Camelia, genannt Ildrun, und Quintus Duccius Firmus, genannt Farold."