Lagerinspektion

  • Die gute Laune des Sophus, welche sich ob der Einrichtung seines neuen Büros breitgemacht hatte, war bald verflogen. Kaum hatte er sich die Uniform eines Centurio übergestreift, als der Praefectus Castrorum allen Offizieren in einer eiligst einberufenen Lagebesprechung gehörig den Marsch blies - offenbar waren einige Lagerbauten undicht oder zu fehlerhaft errichtet worden, sodass ein Großteil der Nahrungsvorräte wegen eindringender Feuchtigkeit verschimmelt war.
    Hingen diese Ereignisse mit den Holzarbeiten seiner früheren Einheit zusammen, hatte Sophus ein ernstes Problem.


    Folglich besagte sein erster Befehl, einen Technikerstab einzuberufen, welcher die Lage genauer untersuchen sollte.
    Auf dem Weg zu einem der Lager schlug dem Centurio ein ekelerregender Gestank entgegen: Einige Legionäre schleiften die vergammelten Überreste der Verpflegung aus dem Innenraum, um diese auf einem nicht kleinen Haufen etwas außerhalb des Lagers schleunigst zu verbrennen.


    Im Inneren des Raumes standen bereits einige Techniker mit Lumpen vor den Gesichtern, um die Ursache des Problems zu erforschen.
    Anscheinend hatte sich der Schimmel auch über das Gebälk ausgebreitet - zahlreiche Hölzer waren von weißem Bewuchs überdeckt.


    "Ist die Ursache schon gefunden?"


    "Nein, Centurio, aber wir gehen davon aus, dass wohl Feuchtigkeit in das Gebäude eingedrungen sein muss..."


    "Das sehe ich selber, Mann!"
    Schlecht gelaunt und überdies genervt von der Unfähigkeit der Bauarbeiter stapfte Sophus zu einem der Balken, welche in das Fundament reichten.


    "Absichern und ausgraben! Wenn ich zurück bin, will ich Ergbnisse sehen. Bei den Göttern, ist das ein Gestank!"


    Eilig verließ der Centurio das Lagergebäude, um einen Bericht über die betroffenen Bauten zu erstellen und dem Praefectus Castrorum auszuhändigen.

  • Nach einigen Stunden Schreibarbeit kehrte Sophus an den Ort des Geschehens zurück und beobachtete die Ausgrabungsarbeiten der Techniker. Der Centurio beugte sich über das kleine Loch fluchte leise und brüllte schließlich die Männer an:


    "Grundwasser! Welcher Idiot hat den Lagerplan entworfen? Welcher Pfuscher lässt ein Lagergebäude auf einer Grundwasserader ohne Betonfundament bauen?"


    Der Centurio schüttelte verständnislos das Haupt und starrte auf den Wasserschaden.


    "Das Gebälk hier unten können wir vergessen. Stützt die Decke ab, Nehmt alle Grundpfeiler raus und verständigt die Maurer. Wir brauchen ein Fundament verdammt nochmal! Aber zackig!"


    Die geplanten Arbeiten an der Geschützabteilung konnte Sophus wohl vorerst vergessen...

  • Als die ersten Versorgungsschiffe bei Mantua eintrafen, hatte der Bautrupp das Schimmelproblem bereits unter Kontrolle, musste sich jedoch noch immer an Fundamentsarbeiten aufhalten.
    Da Hoffnung bestand, das Problem könne bald behoben werden, war der Zeitpunkt gekommen, den schlechten Zustand der Artillerie innerhalb der Zenturie zu verbessern.


    Dringlichstes Vorhaben war das Bauen einer neuen Carroballista, welche mit ihrer beachtlichen Schusskraft einen Belagerungskampf deutlich verkürzen konnte. Erste Techniker untersuchten die alten Bestände der Waffenkammer, nahmen Maße, sammelten Baupläne und konnten bereits wenige Tage später mit dem Bau beginnen. Nach und nach nahm die Waffe Konturen an...


    http://usuarios.arsystel.com/s…hivos/catapultas/07c6.jpg


    Noch nie hatte der Centurio die vernichtende Wucht römischer Artilleriegeschosse mit eigenen Augen gesehen, da die Zenturie nur über oftmals alte, defekte Waffen dieser Art verfügt hatte.
    Sophus konnte es kaum erwarten, die Schusskraft zu testen...

  • Die nächsten Tage verliefen ohne besondere Ereignisse.
    Wie üblich wartete im Officium einige Schreibarbeit, welche einerseits Indiz dafür war, dass der Zustrom an Probati erfreulicherweise wieder zugenommen hatte, andererseits auf die noch nicht abgeschlossenen Reparaturarbeiten an einigen Lagergebäuden hindeutete.
    Bald jedoch wurde die Fertigstellung der neuen Carroballista gemeldet, woraufhin der Centurio damit begann, Listen für die zur Artillerie abzustellenden Soldaten anzufertigen.


    Sim-Off:

    Hiermit sind natürlich auch junge, tatkräftige Legionäre gemeint. Vielleicht zeigt ja einer Interesse. ;)


    Sophus setzte auf alte, erfahrene Kämpfer, die mit den Künsten der Mathematik vertraut waren und teilweise schon in früheren Feldzügen ihr Können unter Beweis gestellt hatten. Daneben behielt er sich jedoch auch die Option vor, den Nachwuchs der Legion an die in letzter Zeit mehr und mehr in's Hintertreffen geratene Waffengattung heranzuführen.
    Kaum war also die erste Ballista angefertigt, erteilte Sophus den Befehl, sämtliche Munitionsbestände auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen, eventuell zu reparieren oder gegebenenfalls neu herzustellen. Daneben sollte über die nächsten Wochen hinweg ein langsamer Austausch sämtlicher alter Schusswaffen stattfinden, um Schreinereiabteilung und Schmiede auf Trab zu halten.


    Gegen Nachmittag war es endlich soweit:
    In Begleitung einiger Legionäre und Optiones schritt der Centurio aus dem Lager, um selbst einen Eindruck von der Leistungskraft der Waffe zu erhalten.
    Schon nahmen die Soldaten Maß...

  • "Ah, du interessierst dich für unsere Artillerie? Du kannst dir das ruhig mal ansehen, Probatus.", meinte Sophus, der in Begleitung von Marcellus und einigen anderen Soldaten bei der neuen Ballista ankam.
    In etwa siebzig Meter Entfernung war eine kleine Verteidigungsanlage aus Holz und Lehm errichtet worden.
    Als der Centurio eintraf, salutierten die Männer.


    "Salvete! Optio, ist alles bereit?"


    "Jawohl, Centurio! Wir warten nur auf ihr Kommando.", erwiderte der für das Geschütz verantwortliche Unteroffizier.


    Sophus nickte und spähte in Richtung des kleinen Walles.


    "Lassen sie feuern!"


    "Bereit machen zum Schuss!", befahl der Optio und senkte den Arm wenige Sekunden später.


    Blitzschnell schleuderte die Ballista das schwere Steingeschoss in eher flachem Bogen Richtung Ziel. Selbst die Soldaten hinter der Ballista konnten noch das charakteristische Knacken berstenden Holzes hören. Zu allen Seiten stoben Holzssplitter und Lehmbruchstücke davon.


    Wieder schrie der Optio Anweisungen.


    "LAAAADEN!
    ZIEEELEN!
    FEUER!


    Innerhalb der nächsten Minuten feuerte das Geschütz mehre Steinkugeln auf den kleinen Wall ab.
    Schließlich nickte Sophus dem Optio zu, welcher sofort das Feuer einstellte und gemeinsam mit dem Centurio in Richtung des Walles schritt.
    Zufrieden Lächelnd blickte Aurelius auf den kümmerlichen Trümmerhaufen.

  • "Ich bin beeindruckt, Optio.", sagte er anerkennend.
    "Es ist wirklich eine Schande, dass unsere Legion über so wenig einsatzfähige Schusswaffen verfügt. Wir wollen versuchen, in den nächsten Wochen das Soll an Anzahl funktionsfähiger Feldartillerie zu erfüllen. Ich plane schon länger einen kleinen Übungseinsatz, der möglichst in Zusammenarbeit aller Waffengattungen mit Ausnahme der Seestreitkräfte entstehen sollte. Gut, schaffen sie die Ballista wieder zurück. Es gibt noch viel zu tun."


    Sophus marschierte zurück zur Ballista, wo noch immer die übrigen Soldaten standen.

  • Marcellus sah gespannt zu. Was für eine Wahnsinns Waffe dachte er sich, als er auf den Trümmerhaufen sah. Wenn das nun feindliche Truppen gewesen wären. Nun wusste er warum die römische Legion als unbesiegbar galt. Wenn sie mit solchen Waffen in den Kireg ziehten, hatte kaum ein Feind eine Chance.

  • Kaum hatte Sophus die Ballista erreicht, als ein Meldereiter den Centurio aufsuchte. Offenbar war die Wahl abgeschlossen und Aurelius zum Quaestor gewählt worden.
    Nachdenklich faltete Sophus das Schreiben zusammen, händigte dem Reiter einige Sesterzen aus und meinte zum noch immer anwesenden Optio:


    "Ich muss nach Rom - der Präfekt wurde bereits darüber informiert. Ich verlasse mich auf dich! Erneuere die Waffen- und Munitionsbestände und halte Ausschau nach neuen Legionären. Wir müssen das Interesse an der Artillerie neu beleben. Sieh' mal, dieser junge Probatus dort..."


    Sophus deutete in Marcellus' Richtung.


    "...wäre dir gewiss ein guter Soldat.
    Nun denn, haltet ihr die Ohren steif! Valete!"


    Der Centurio salutierte und schritt zurück in's Lager, um die Habseligkeiten zusammenzupacken und sich von einigen ihm gut bekannten Soldaten zu verabschieden.
    Niemals hätte er es offen zugegeben, doch die Erste war Sophus regelrecht an's Herz gewachsen:
    Er hatte beim Bau des Lagers mitgeholfen, die Legion hatte ihn für's Leben geprägt, hier hatte er neue Freunde gefunden...wie sollte es nun weitergehen?
    So wartete er - zivil gekleidet- mit flauem Gefühl in der Magengegend auf die Kutsche, die ihn auf schnellstem Wege nach Rom bringen sollte. Nur schnell weg von hier, hinaus auf's Land! Neue Aufgaben warteten, die Legion würde auch ohne ihn klar kommen! Doch, halt! Hatte er die neuen Musterungsbefehle an das Lazarett weitergereicht? Hatte Quintus seine Uniform ordnungsgemäß gesäubert? Hatte Optio Varus noch immer ein Grippeleiden?


    Es begann zu schneien, als heißes Schnauben der Pferde die Ankunft der Kutsche schon von Weitem ankündigte und ein von Kälte und Selbstzweifeln geplagter Centurio Mantua verließ...

  • Auch vielen seiner Kameraden fiel der Abschied nicht leicht. Sophus war ja gerade erst zum Centurio befördert worden, er war einer der besten jungen Offiziere der Legion gewesen. Viele hatten erwartet, dass er noch länger bei der Legion bleiben würde.
    "Aber es ist ja nur eine Amtszeit, vielleicht kommt er danach wieder", trösteten sie sich und wünschten Sophus viel Erfolg in Rom. "Oder er macht Karriere und kommt als Tribun zurück..."

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