Parilia

  • Langsam weicht die Dämmerung zurück, obwohl es noch früh am Morgen ist, herrscht auf dem Hof Tiberia in Hispania schon reges Treiben, eine größere Gruppe hat sich bei den Schafställen eingefunden, denn es ist der Morgen der Parilia. Eifrig gibt der Verwalter ein paar Anweisungen, aber die Schäfer wissen auch so was zu tun ist. Geschäftig besprengen sie den Boden mit Wasser, dann holen sie große Besen und kehren die Ställe. Andere kommen inzwischen mit Armen voller Zweige an denen frisches Grün sprießt aus dem nahe gelegenen Wäldchen zurück und legen ihre Fracht neben den Ställen ab.


    Nachdem auch der letzte Stall geschruppt ist machen sich alle gemeinsam daran, die Ställe mit den frischen Zweigen zuschmücken, als letztes befestigen sie eine Girlande an jeder Stalltür. Währenddessen drängen sich die Schafe unruhig in ihrem Gatter, immer wieder ist lautes Blöken zu vernehmen, dass zunehmend lauter wird, als der Verwalter in Begleitung anderer Helfer mit Schalen voll mit entzündetem Sulphur aus dem Haus zurückkehrt, der Geruch nach Schwefel behagt ihnen überhaupt nicht und bei den Menschen scheint es dasselbe zu sein. Dennoch machen sich die Hirten nun daran, mit den Schalen die Herde zu um schreiten, um die Schafe mit dem Rauch zu reinigen.


    Schon am Vortag war auf einem freien Feld neben dem Gatter Oliven und Pinienholz aufgeschichtet worden, dort versammelt sich nun die ganze Gruppe nachdem die anderen Rituale durchgeführt wurden. In den Kreis um den kleinen Holzstapel tritt ein schmächtiger Junge in der Hand eine Fackel. Andächtig schauen alle zu wie er erst die leichtbrennbaren Materialen entzündet und sich dann die Flammen immer weiter in den Holzstoß fressen, bis das Feuer hell auflodert. Lorbeerzweige werden nun mitten ins Feuer geworfen, als ein lautes Knistern zu hören ist, wird dies allgemein als gutes Zeichen gedeutet.


    Eine Sklavin bringt nun rasch aus dem Haus einen Krug mit warmer Milch und einen Korb voll mit Kuchen aus Hirse, der Hirte der das Gebet sprechen wird nimmt beides lächelnd entgegen, dann gießt er einen Teil des Krug Inhalts auf dem Boden aus und setzt ihn auf eben diesem ab, danach bringt er die Kuchen Pales da. Mit zum Gebet ausgebreiteten Armen wendet er sich nach Osten, die erst vor kurzem aufgegangene Sonne scheint ihm warm ins Gesicht, weit schallt seine Stimme:


    "Oh, gedenke in gleicher Weise dem Vieh wie ihrem Herren,
    wende von meinen Ställen alles Unheil ab, oh lass es davon flüchten.


    Wenn ich meine Schafe auf heiligem Grund habe weiden lassen
    oder mich unter einen heiligen Baum gesetzt habe
    und meine Schafe unwissentlich auf Gräbern geweidet haben,
    wenn ich ein verbotenes Wäldchen betreten habe
    oder die Nymphen und Gott Pan vor mir fliehen mussten,
    da sie meiner ansichtig wurden,
    wenn mein Messer heiliges Gestrüpp
    von einem Schatten spenden Zweig geraubt hat
    um einen Korb mit Blättern für ein krankes Schaf zu füllen,
    verzeih meinen Fehler.


    Lass es sich nicht nachteilig auswirken,
    wenn ich meine Herde in einem ländlichen Schrein untergestellt habe,
    bis der Hagel nachgelassen hat.
    Und möge ich nicht darunter leiden,
    die Tümpel aufgewühlt zu haben.


    Vergebt es Nymphen,
    wenn das Trampeln von Hufen euer Wasser aufgewühlt hat.
    Bitte Göttin besänftige für mich die Quellen und ihre Gottheiten,
    besänftige die Götter, die zerstreut in jedem Wäldchen leben.


    Mögen wir nicht die Dryaden,
    noch Diana´s Bäder, noch Faunus sehen,
    wenn er am Mittag in den Feldern liegt.


    Halte Krankheiten fern,
    mögen Menschen und Vieh gesund sein
    und kräftig das scharfsinnige Rudel Wachhunde.


    Möge ich meine Herden so zahlreich wie sie am Morgen waren,
    nach Hause führen, auch nicht seufzen,
    da ich die Fließe zurückbringe ,
    die vom Wolf geschlagen wurden.


    Wende ab entsetzlichen Hunger.
    Lass uns Gras und Blätter im Überfluss haben
    und Wasser sowohl zum Waschen wie auch zum Trinken.


    Volle Euter möge ich melken,
    mit meinem Käse genügend Geld verdienen,
    möge das Sieb aus Korbwerk
    die flüssige Molke passieren lassen,
    lüstern möge der Widder sein,
    und sein Weibchen empfangen und gebären,
    so dass viele Lämmer in meiner Herde sind.


    Und lass die Wolle so weich wachsen,
    dass sie die Haut von Mädchen nicht reizen kann
    und die zartesten Hände nicht scheuern.


    Möge mein Gebet erhört werden
    und ich werde Jahr für Jahr dir Pales,
    Herrin der Schäfer,
    große Kuchen darbringen."


    Dieses Gebet spricht er noch dreimal, bis er sich bückt und seine Hände in dem noch vom Tau glitzernden Gras reinigt. Wieder tritt die Sklavin zu ihm, in der einen Hand hält sie diesmal eine große hölzerne Schale in der anderen einen Krug mit Wein. Langsam gießt der Hirte nun die restliche Milch aus dem Krug in die dargebotene Schale, dann nimmt er den Krug mit Wein. Die Flüssigkeit in der Schale nimmt nun einen zartrosa Ton an, als er den Wein ebenfalls dazugibt. Dies trinken nun alle Hirten und als das Feuer ein Stück heruntergebrannt ist springen sie darüber.



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