Der Hof der Valerier

  • Ein Stück ausserhalb der Stadt, eine mehr oder weniger gute Straße, gesäumt von Bäumen. Auf der Mitte der Straße zwei Reiter. Flavus Valerius Severus und Vibius Victor, auf dem Weg zum Anwesen der Valerier.


    "Mann bin ich aufgeregt. Das is so kühl nach Hause zu kommen."
    "Was auch immer."
    "Da hinten, siehste es! Die Mauer!"
    "Naja, ne Mauer halt."
    "Mensch, Alter, das is die Mauer um das Gut rum! Wer zuerst da is..."
    "Wat?"


    Doch Sev hat schon den Spurt begonnen und Vic bleibt nur noch, seiner Staubwolke zu folgen. Er spornt seinen Hengst zur Höchstleistung an, kann seinen Kumpel jedoch nicht mehr überholen. So erreicht er ihn erst am Tor des Hofes wieder.


    "Zuhause! Na, was sachste."
    "Boah!"


    Mehr fällt Vic nicht mehr ein. Mit großen Augen und offenem Mund schaut er auf das Wappen, welches am Torbogen befestigt ist. Es zeigt einen Streitwagen mit vier Pferden vornedran - eine wunderschöne Quadriga.
    Vic hebt seinen Arm und deutet auf das Wappen.


    "Wat is das?"
    "Das is unser Genswappen."
    "Ne Quadriga?"
    "Jo, kühl ne?"
    "Du hastn Streitwagen in deinem Wappen und sachst es nich, Mann?"
    "Dat is kein einfacher Streitwagen, Junge, das is ne Quadriga."
    "Boah! Dat will ich auch! Kann man sich das aussuchen?"
    "Ich könnt dich adoptieren, Mann, dann wärste mein Bruder und auch 'n Valerier. Dat wär doch kühl."
    "Vibius Valerius Victor - dat klingt nich schlecht."
    "Dat klingt kühl, Mann! Extrem kühl!"
    "Was auch immer, aber echt nicht schlecht."
    Verträumt schaut Vic zur Qadriaga hinauf.

  • "Ja nu... Wat is? Mach hinne!"


    Ungeduldig drängt Severus seinen Kameraden, ihm weiter zu folgen. Gemächlich lassen sie ihre Pferde nun auf das Hauptgebäude zutrotten. Es ist nicht sonderlich groß, macht jedoch einen gut gepflegten eindruck. An das Wohnhaus schließen sich ein paar Stallungen an und verschiedene umzäumte Wiesen, auf denen vereinzelt oder in kleinen Grüppchen Pferde grasen.


    "Jo... Dat is mein Zuhause. Nix besonderses, nix großes - aber immerhin wat eigenes..." stellt Severus seinem Kumpel das Gelände vor.
    "Dat da is unser Wohnaus, dat sind die Stallungen und da drüben siehste die Gäule. Hmm... Ich denk ma, mein Vater müsste schon da sein und nen paar Knechte. Aber Muttern und die anderen sind um diese Zeit meist ausgeflogen."
    "Ausgeflogen?"
    "Ja, Mann. Wir hams halt nich so dicke mit der Kohle. Die müssen arbeiten. Vor allem Muttern arbeitet voll viel."
    "Wat? Meinst du etwa, sie..."
    "NEIN! Verdammt, Alter! Was anständiges machtse natürlich!!! Sag bloß nix über meine Mutter, sonst polier ich dir die Fresse und zwar hasdhenichgesehn!!!"

    Wütend hebt Severus schon drohend die Faust, als Victor beschwichtigend abwinkt.
    "Ja, ja... Is ja schon gut, Mann. Nu komm mal wieder runter. Ich hab das doch nich ernst gemeint..."
    "Dat will ich aber auch hoffen..."

    Severus hat sich wieder einigermaßen beruhigt.


    Inzwischen sind sie an dem kleinen Gebäude angekommen und sitzen von ihren Pferden ab. Just in dem Augenblick tritt ein älterer Herr aus der Haustür und mustert die zwei Eques misstrauisch.
    "He! Ihr da! Ihr zwei! Was macht ihr hier?"
    Severus geht mit einem breiten Grinsen auf den Mann zu.
    "Mann, Vater! Erkennste deinen eigenen Sohn nich wieder? Ich bin et. Severus!"
    Langsam beginnt der Angesprochene zu begreifen und ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.
    "Severus? Bist du es wirklich?"
    Er hat beinahe Tränen in den Augen als er seinen Sohn näherkommen sieht. Severus überragt seinen Vater um Kopfeslänge und gutmütig grinsend sieht er auf diesen herab.
    "Jop! Ich bin es! Und ich hab meinen Kumpel Vibius Victor mitgebracht. Wir ham dat römische Bürgerrecht bekommen! Vom Imperator höchstpersönlich!"
    Er grinst stolz und umarmt seinen Vater für einen kurzen Moment herzlich. Schnell lässt er jedoch ab und sieht sich verlegen zu Victor um.


    "Öhm... Vic? Dat is mein Alter. Lucius Valerius Licinianus..."

  • "Hoi!"
    "Salve Vibius Victor. Severus' Freunde sind uns immer Willkommen."
    Freundlich aber ein wenig skeptisch mustert er Vic. Severus Kumpels waren zwar meist ganz nett, doch nachdem sie beim Grillen einmal fast einen Schuppen abgefackelt hatten, musste man aufpassen. "Kommt doch mit hinein. Ihr habt sicher Hunger. Erzählt mir bei einem kleinen Mahl von dem Feldzug."
    "Jo."


    Sev und Vic folgen Licinianus in das Hauptgebäude. Vic schaut sich beeindruckt um. Sicher, das Gut, auf welchem er aufgewachsen ist, ist ein wenig größer, doch es gehörte ja auch nicht seiner Familie. Seine Familie hatte nur eine kleine Hütte am Rande des Gutes.


    Licinianus bringt ihnen etwas Brot und verdünnten Wein und Severus erzählt von seiner Reise nach Hispania, seinem Eintritt in die Ala und dem Feldzug. Vic steuert ab und zu einen Kommentar oder eine Ergänzung bei.

  • Lange erzählen sie von dem Feldzug und ihren Erlebnissen in Hispania. Natürlich wird auch vom Triumphzug berichtet und mit wachsendem Stolz sieht Valerius Licinianus seinen Sohn an.


    "Junge... Ich bin stolz auf dich."
    "Jo, passt schon, Vater."

    Severus grinst ein wenig verlegen und wechselt schnell das Thema, bevor sein Vater sentimental werden kann.
    "Und wie siehts hier so aus? Alles okay mit Muttern und den anderen?"
    "Natürlich, mein Sohn. Dryantilla ist im Moment in Rom. Nur eine schlechte Nachricht muss ich dir leider überbringen. Dein Onkel Secundus Valerius Severus ist in den Iden des März leider verstorben..."
    "Wat? Onkel Sev? Ne, oder???" 8o
    "Genau der..."

    Vic mischt sich ein: "Wat? Genau der Onkel Sev? Der, von dem du mir so viel erzählt hast? Mit der Casa del Sev in Roma? Scheiße, Mann..."
    "Jo, das kannste wohl sagen..."

    Severus ist sichtlich erschüttert. Sein Vater fährt fort.
    "Wir haben ihn schon den Riten entsprechend begraben. Viel hat er nicht hinterlassen. Sein Geld ist der Zucht zugute gekommen und seine Casa in Rom... Die hat er dir hinterlassen, Severus."
    "Wat??"
    "Ja."

    Verblüfft und ausnahmsweise mal komplett sprachlos sieht Severus von seinem Vater zu Victor und wieder zurück. Er ist noch dabei, die Neuigkeiten zu verdauen.


    Vic ist es schließlich, der das Schweigen wieder bricht.
    "Boah. Kühl."
    "Ey, das is mein Wort!"
    "Ja, ja... Lass ma gut sein, Alter. Krass. Ne eigene Casa! Mann, hast du ein Glück!"
    "Glück? Hey, mein Onkel Sev is tot!" :(
    "Ja, doll is das nich. Aber hey... Ne eigene Casa! Und zwar nich nur irgendeine - die original 'Casa del Sev'! So wie du mir deinen Onkel beschrieben hast, würd der sicher nich wollen, dass du hier nu rumsitzt und flennst. In die Casa musste gehn und ihm ein würdiger Nachfolger sein!"
    "Hmm..."
    "Überleg doch mal... Wir zwei ziehn da zusammen ein. Dann wohnen wir mitten in Rom! Das wird total kühl, Mann..."
    "Ach, das geht doch nich. Wir müssen doch mit der Ala wieder zurück nach Spanien."

  • Vic schaut Sev ernst an. "Ich werd nicht bei der Ala bleiben."
    "Wat?"
    "Hab ich dir doch schon gesagt. Ich werd Bacchus dienen."
    "Ja, aber, ich dacht, dat wär nurn Scherz gewesen, Mann."
    "Ne, das is mein voller Ernst. Wenn wir die Einheit am Hafen treffen, werd ich mit Decurio Florus reden und um meine Entlassung bitten. Vielleicht komm ich nochma mit nach Hispania, vielleicht bleib ich aber auch direkt hier."
    "Hmm... Naja, also dann könnste natürlich schon in die 'Casa del Sev' einziehen. Oder wat meinst du, Vater?"
    "Es ist jetzt deine Casa, mein Sohn. Du kannst dort wohnen lassen, wen du willst."
    "Jo, und Vic wär sicher der Richtige."
    "Hängt da auch euer Familienwappen drüber?"
    "Klar, Mann."
    "Dann zieh ich sofort ein!"
    "Hrhr, aber erst musste mein Bruder werden. Das erledigen wir vorher noch."


    Valerius Licinianus sieht seinen Sohn fragend an.
    "Jo, Vater, hast schon richtig gehört. Ich werd den Vic adoptieren, dann isser mein Bruder und gehört zu unserer Familie. Is das nich kühl?"
    "Bitte?"
    "Hehe, dat denk ich mir auch immer. Aber ich glaub, er meint, dass das echt krass ist."
    "Mhm?"
    "Jo, auf jeden Fall machen wir dat so."


    Nachdem sie noch eine Weile mit Sevs Vater geplaudert haben, verabschieden sie sich und reiten wieder zurück nach Rom.

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