Ausgezerrt und erschöpft...

  • Eine ausgemergelte Gestalt in einen dreckigen Umhang gehüllt erscheint vor der Casa Didia und sackt erschöpft zusammen. Scheinbar mit den Kräften am Ende rafft sie sich auf und klopft an die schwere eisenbeschlagene Pforte. Der Ianitor öffnet.
    Das Gesicht der Figur wird von einer Kapuze verdeckt.


    Wer ist da ?, fragt der Ianitor.


    Salve, guter Freund. Sag' dem Herrn, dass Soxirk da ist. Viele Monde bin ich gewandert und habe jetzt mein Ziel erreicht.

  • "Ein Soxirk möchte euch sprechen, Herr." berichtete mir der Ianitor.


    Soxirk? Ich kenne keinen Soxirk, war ich schon versucht zu sagen.


    Dann dämmerte es mir nach einem Moment. Soxirk = Krixos?


    Mein entflohener Sklave. Mochte er Nachricht von meiner Nichte Servilia bringen?


    "Führ ihn zu mir, diesen Soxirk." befahl ich dem Ianitor.

  • Der Ianitor führte mich in das Haus, vorbei durch das Atrium zum Tablinium des Herrn. Lange war ich nicht mehr hier gewesen. Vieles hatte sich verändert. Bei dem Anblick dieser vertrauten Umgebung packten mich sentimentale Gefühle.


    Dann öffnete der Ianitor die Tür zum Tablinium. Ich spähte hinein. Der Herr saß an einem Schreibtisch, eine Öllampe flackerte auf dem Tisch. Ich trat hinein und der Ianitor schloß hinter mir die Tür.
    Ich nahm meine Kapuze vom Kopf und kniete vor dem Herrn.


    Salve Herr, viele Monate bin ich geritten, um zu euch zu kommen. Und jedesmal voller Sorge um Servilia. - sie ist verschwunden.


    Ich blickte nach oben und beobachtete die Gesichtszüge meines Herrn.

  • Ich stand auf und trat vor meinen Schreibtisch.


    Streng musterte ich Krixos, meinen Sklaven, welcher mich vor Monaten bei Nacht und Nebel verlassen hatte. Wie ich in inzwischen erfahren hatte, geschah dies aber nicht um mir zu entfliehen, sondern um meine Nichte Didia Servilia auf ihrer Reise nach Ägypten zu beschützen. Ich vermutete aus Zuneigung zu ihr und hofftegleichzeitig, dass er ihr nicht zu Nahe getreten sein möge. In dem Falle wäre ihm das Kreuz sicher gewesen. Allerdings traute ich Krixos dies nicht zu, der schon lange mein getreuer Sklave gewesen war.


    "Verschwunden, Krixos, sagst du? Wann, wo, wie? Ich denke du wolltest Servilia beschützen?"


    Mein Ton war aus tiefer Sorge um meine Nichte schärfer, als ursprünglich von mir beabsichtigt.

  • Ich fiel vor dem Herrn auf die Knie.


    Bitte Herr, verschonet mich. Ich weiß, ich habe versagt. Ich sollte auf Servilia aufpassen und konnte sie nicht beschützen.


    Es geschah am hellichen Tag. Es kam unerwartet. Plötzlich waren sie da, vier, fünf große Kerle vollständig in Gewändern gehüllt. Ihre Gesichter konnte ich nicht erkennen. Sie ergriffen Servilia mit aller Gewalt. Sie zappelte und wehrte sich. Sie wollte schreien, doch die Männer hielten ihr den Mund zu. Sie zerrten Servilia in ein Haus. Ich wollte sie beschützen, sie retten. Doch ich bekam einen Schlag auf den Kopf. Als ich aufwachte, konnte ich mich an nichts erinnern. Mein Kopf dröhnte. Ein fremder Händler erkannte meinen Sklavenring. Er sprach lauter wirres Zeug. Ich verstand ihn nicht. Da fiel es mir wieder ein - Servilia ! Wo war sie ? Oh, Herr, ich hatte schrecklich Schuldvorwürfe, weil ich euch enttäuscht habe. Ich konnte sie nicht beschützen. Ich suchte überall, in jedem Hauseingang, rief ihren Namen, aber ich erhielt keine Antwort. Dann blieb mir nichts anderes übrig als zu euch zu kommen. In der Nacht meiner Abreise entwendete ich einen Gaul von einem Gehöft. Ich stahl mich davon und begann zu reiten. Das Pferd machte aber nach drei Tagen schlapp. Und so sah ich mich nach anderen Möglichkeiten um. Ein Händler aus Ierus..oder wie die Stadt hieß nahm mich mit auf seinem Schiff. Zu meinem Glück fragte er nicht nach meinem Armreif. Ich war in Athneae. Dort nahm mich ein Bauer auf seinem Ochsenkarren mit. An der makedonischen Grenzen stahl ich ein Pferd von einem Gasthof. Es mußte Legionären gehört haben. Dann überquerte ich wieder das Meer. Das letzte Stück bin ich zu Fuß gelaufen seit einem Monat bis ich schließlich zu euch nach Rom gekommen bin.


    Unterwürfig sank ich mit meinem Oberkörper zu Boden.

  • Als Krixos geendet hatte schwieg ich lange.


    Ich war traurig. Erst war meine Schwester verschwunden, Servilias Mutter. Nun auch noch Servilia selbst, auf der Suche nach ihr.


    Ich war wütend. Auf Krixos. Das er sie nicht hatte beschützen können. Gleichwohl ich mir sicher war, dass er alles in seiner Macht stehende unternommen hatte um Servilia zu beschützen. Davon war ich überzeugt.


    Ich war wütend auf mich selbst. Das es mir bisher nicht selbst möglich gewesen war nach meiner in Aegyptus verschollenen Schwester zu suchen. Das es mir nicht möglich gewesen war Servilia bei ihrer Reise zu begleiten. Dafür gab es wichtige Gründe. Der Dienst am Imperium, am römischen Volke hatte mir einfach keine Zeit gegeben dafür. Ich hatte Rom, hatte die mir übertragenene Aufgaben einfach nicht für längere ungewisse Zeit verlassen lönnen. Dennoch war ich wütend.


    Nur langsam verrauchte mein Zorn. Das Gefühl der Trauer blieb.


    "Steh auf Krixos." befahl ich.

  • "Was soll ich mit dir tun, Krixos?" fragte ich ihn, aber eigentlich mich selbst befragend.


    "Du bist geflüchtet, hast Rom verlassen ohne meine Genehmigung." fuhr ich fort.


    "Die gute Absicht dahinter, Servilia zu beschützen, erkenne ich sehr wohl. Dennoch..."

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