Ein Spaziergang in der Nacht

  • Ich schlenderte in der Nacht durch Ostia. Es war schön, wieder einmal die Nacht zu geniessen, ich hatte das schon immer geliebt, doch in Rom war es mir nicht möglich gewesen, das es dort einfach zu gefährlich war.

  • Ein Schatten. Ich lag im Grase und hatte mich zur Ruhe gelegt. Das Feuer glimmte noch leicht, als mein Pferd den Kopf hob und die Ohren aufstellte. Da war etwas- aber was? Ich griff nach meinem Gladius und hielt den Atem an... .

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Völlig überrascht von einer Frauenstimme richtete ich mich auf.


    Lucius Tiberius Vibullius. Seines Zeichens auf der Durchreise in Ostia. Willkommen an meinem bescheidenem Lager.
    Ich lud sie ein näherzutreten und packte ein paar Scheite auf das Feuer, um sie besser sehen zu können. Was führt Euch in diesen einsamen Wald am Rande der Stadt? Allerdings legte sich bald mein Mißtrauen, da ich einer Frau nichts Böses zugestehen konnte. Zumal sie nicht den Eindruck machte zu Banditen zu gehören.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich setzte mich.


    Seit ich aus Rom gekommen bin, konnte ich keine Nacht mehr geniessen und das hole ich nun nach.


    Ich schaute in sein Gesicht.


    Kenne ich Euch, ich bin Antonia Annaea Minervina aus der Albata.

  • Naja, ursprünglich komme ich nicht aus Rom, aber ich war in der letzten Legislaturperiode Quaestrix Urbana und deshalb war ich für ein Jahr in Rom. Ich habe mich dannach entschlossen, einmal wieder nach Ostia zu kommen und nun machte ich mal wieder einen Nachtspaziergang und habe gleich jemanden kannen gelernt.


    Ich machte eine Pause.


    Und nun, erzählt mir von Euch.

  • Ich lächelte.


    Was soll ich über mich erzählen? Verraten, verkauft und doch wiedergekehrt. Geliebt und gehaßt. Reich und doch arm. Ein Leben voller Gegensätze. Aber so wollen es die Götter und so soll es wohl sein.


    Ich zwinkerte ihr zu.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich schaute sie kurz an. Dann den Himmel, als suchte ich etwas. Schließlich hatte ich es gefunden und hielt den Stoch in Richtung der Sterne. Siehst du den Wassermann? Ich erklärte ihr seine Sterne, damit sie ihn sah.



    Iupiter hatte vernommen, daß im ehernen Zeitalter nur Gewalt und Mord unter den Sterblichen herrschten. Höchstselbst stieg er auf die Erde hinab und sah seine schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Er entschloß sich, die Menschheit mit einer alles vernichtenden Sintflut zu bestrafen und schickte unablässig Wolkenbrüche herab. Die Menschen ertranken oder verhungerten. Einzig der redliche Deukalion und seine Gattin Pyrrah konnten sich in einem Nachen auf den Berg Parnaß retten. Sie hatten sich nichts zu Schulden kommen lassen und deshalb blieben sie als einzige verschont. Um die versunkene Menschheit wieder zu neuem Leben zu erwecken, gab ihnen das Orakel den Rat, Steine, die sie fanden, hinter sich zu werfen. Aus jedem Stein, den Deukalion warf, erwuchs ein Mann, aus jedem Stein, den Pyrrah warf, erwuchs eine Frau. So bevölkerten die beiden die Erde erneut und Deukalion wurde der Stammvater eines neuen Menschengeschlechtes - an ihn erinnert der Wassermann.


    Ich suchte mir einen Stein und warf ihn hinter mich.


    So ungefähr muß das Iupiter damals auch getan haben.


    Ich lachte. :D

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich lachte. Gut aufgepaßt! Auf jeden Fall war sie pfiiffiger als so manches tumbe Bauernweib, was hier abends einsam herumlief. ;)


    Ich rückte näher zu ihr heran. Siehst du dort den Delphin? und zeigte auf ein paar Sterne nördlich des Wassermannes.


    Es war der Delphin, der die Nymphe Amphritite zur Hochzeit mit Poseidon bewegte. Zuerst war sie vor dem Meeresgott geflohen, da sie unverheiratet bleiben wollte und versteckte sich bei Atlas , aber der Poseidon ließ nicht ab von sienem Begehren und schickte seine Boten überall hin auf der welt, bis daß der Delphin sie schließlich auf einer Insel weit jenseits der Säulen des Herakles im atlantischem Ozean fand. Nun gelang es dem Delphin Aphritite zur Hochzeit zu bewegen und als Dank wurde er in den Sternen verewigt.


    Gedankenverloren und viel leiser sagte ich:


    So lenken die Sterne das Schicksal der Menschen und die Götter lenken die Sterne. Nichts geschieht nach unserem Willen, obwohl wir doch oft meinen, daß wir über uns selbst bestimmen.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich lächelte ihn gedankenverloren an, denn ich dachte an seine Überlegnungen.


    Welch wunderschöne Geschichten du erzählen kannst!


    Ich schaute ein anderes Sternbild an.


    Siehst du dort das Sternbild der Zwillinge?


    Dazu kenne ich die Geschichte: Einst lebten auf Erden zwei Zwillingsbrüder, Kastor und Pollux. Pollux war der Sohn des Zeus und somit unsterblich. Kastor aber hatte einen menschlichen Vater und deshalb sterblich. Doch dann kam Kastor bei einem Kampf um und musste in das düstere Totenreich. Pollux war untröstlich und bat seinen Vater auch sterben zu dürfen. Zeus, gerührt von der Geschwisterliebe der beiden, schlug dem Pollux vor, jeweils einen Tag im Totenreich und einen auf dem Olymp zu verbringen. So musste es sich nicht von seinem geliebten Bruder trennen.


    Als Lohn für ihre Bruderliebe verwandelte Zeus sie schliesslich in Sterne, die wir bis heute sehen können.

  • Ich hörte ihr zu. Schöne Geschichte.Sollte es nicht das Streben der Menschen nach dem Wunsch sein, das ganze Leben miteinander zu verbringen, den man liebt? Wieviele achten aber diesen göttlichen Gedanken nicht und ziehen irdischen Genüssen dem reinem und bescheidenem Leben auf Erden vor. Du scheinst mir auch den Göttern gleich zu sein.


    Ich zwinkerte ihr zu und hoffte,daß sie es aufgrund der Dunkelheit nicht gesehen hatte.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich überlegte eine Weile, dann sagte ich:


    Ja, es sollte ein streben nach dem Zusammenleben mit dem Liebsten sein und ein Streben nach dem Leben der römischen Tugenden.
    Ich glaube nicht, dass ich den Göttern gleich bin, aber ich versuche ihre Tugenden und Werte zu mehren und zu leben. Ihnen gleich sein kann ich nicht, aber sie ehren, das schon.


    Ich mochte ihn sehr gerne, obwohl ich ihn erst seit gut einer halben Stunde kannte.

  • Zu lieben heißt wirklich zu sehen, zu hören und zu spüren. Was könnte also das größte Glück eines Mannes sein, wenn er nächtens allein mit einer Frau im Walde sitzt und deren ersten Händedruck verspürt?

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Zitat

    Original von Antonia Annaea Minervina
    spezielle Gehühle? Ich rückte näher zu ihm... .Ich bekomm Angst. :D :P


    Es war zwischenzeitlich doch etwas kühl geworden und so legte ich eine Decke um sie und nahm wieder ihre Hand...

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

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