Arbeitsraum des Centurio Aurelius Sophus

  • Bei einem Becher Posca hatte der Centurio an diversen Unterlagen gearbeitet, Dokumente studiert und diese abgezeichnet.
    Es war ein recht kurzer Arbeitstag mit der Truppe gewesen, die Geschützausbildung war vorerst beendet worden - zumindest bis zum nächsten Übungsmarsch - und auch Sonderaufgaben schienen, wie dem Dienstplan zu entnehmen war, nicht anzufallen.
    Irgendwann hörte Sophus ein Klopfen an der Türe.
    Ohne von den Unterlagen aufzublicken, bat er den Besucher herein.


    "Ja? Trete ein."

  • Der Soldat betrat den Raum und grüßte zackig.
    "Centurio, Optio Vesuvius Claudius meldet sich unaufgefordert zur Stelle.“


    Mit einem kleinen Schmunzeln im Gesicht suchte er anschließend offenbar nach den passenden Worten.


    "Gut möglich, dass ich mich irre, aber ich denke eher nicht…“ Der Soldat kam ins Stocken. Er hasste große Worte, hatte aber dennoch das Bedürfnis, seiner Vermutung nachzugehen und sich wenigstens mit einem Wort dankbar zu zeigen. Trotzdem fühlte er sich plötzlich unwohl.


    Mit einer fast unwilligen Handbewegung wischte er alle angefangenen Sätze in seinem Kopf fort. Übrig blieb das Wesentliche.


    "Die Ernennung zum Optio hat mich mit Stolz erfüllt und auch mit Dank an jene, die sie möglich gemacht haben. Ich werde das in mich gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen und stehe für unterstützende Aufgaben stets bereit.“


    Am Ende hatte er sich wieder gefasst, seine Worte kamen flüssig, das verlegene Schmunzeln war fort.

  • Beim Gruß des Besuchers blickte Sophus überrascht auf und erhob sich vom Schreibtisch.


    "Ah, Vesuvius, mein neuer Optio - sei gegrüßt! Wie ich eben gelesen habe, wurde deine Beförderung vom Legaten heute Morgen abgezeichnet. Gratulation! Ich bin überzeugt, dass du der Zenturie ein guter Unteroffizier sein wirst. Als Optio kann deine höhere Ausbildung mit dem heutigen Tage als abgeschlossen betrachtet werden - im Gegenteil: Ich habe auch gleich Arbeit für dich. Nimm doch Platz."


    Der Centurio deutete auf einen spartanischen Stuhl, setzte sich hinter den Schreibtisch, wühlte noch einmal in einigen Unterlagen und blickte wieder den Optio an.


    "Kannst du lesen und schreiben?"

  • Claudius bedankte sich und nahm Platz. Er war froh, dass es sogleich sachlich weiterging und nicht kompliziert wurde, wie er schon wegen seines holperigen Gesprächsanfangs befürchtet hatte.


    "Mein Vater legte zu Lebzeiten großen Wert darauf, mir eine gute Ausbildung zukommen zu lassen. Ja, ich kann sehr gut lesen und schreiben.“

  • Sophus nickte knapp.


    "Fein, fein. Dieser Umstand wird sich noch als nützlich erweisen.
    Doch nun zu deinem Aufgabenbereich:
    Ich brauche während der Grundausbildung deine Unterstützung, um sie in Zukunft rascher zu beenden und effizienter zu gestalten. Wie ich aus den Akten ersehe, sind erst kürzlich einige Probati zu meiner Zenturie gestoßen, welche noch nicht einmal die Formalausbildung abgeschlossen haben. Ich möchte daher, dass du ihnen und allen neu eintreffenden Rekruten als unmittelbarer Befehlsvorgesetzter dienst und zunächst einmal die Formalausbildung eigenständig leitest. Gibt es Schwierigkeiten, erstattest du mir Bericht, machen einzelne Probati Ärger, wirst du sie mir, dem Disziplinarvorgesetzten der Zenturie, melden.
    Weiter ist es deine Aufgabe, die Zenturie jeden Morgen zu wecken und antreten zu lassen. Vorläufig wird beim Morgenappell das Anlegen der Kampfausrüstung nicht notwendig sein.
    Während du unsere Formalausbildung übernimmst, werde ich mich um die Geschützausbildung kümmern und versuchen, pünktlich zum Beginn des Waffentrainings der ganzen Truppe wieder zur Verfügung zu stehen. Auch in der anschließenden Kampfausbildung sollst du unter meiner Aufsicht aktiv werden.
    Nach Abschluss der Formal- und Geschützausbildung, sowie dem Waffentraining, werde ich mit den Planungen zu einem sehr kurzen Übungsmarsch beginnen, dessen Schwerpunkt wieder einmal auf der Artillerie liegen wird. Größere Ausflüge scheinen mir zum derzeitigen Zeitpunkt eine Verschwendung wertvoller Zeit.
    Nach Abschluss sämtlicher Ausbildungen werde ich auf weitere Anweisungen aus dem Kommandostab warten.
    Halte dich zudem für diverse Sonderaufgaben bereit, die ich dir - falls nötig - rechtzeitig mitteilen werde. Das wäre vorerst alles. Hast du noch Fragen?"

  • Aufmerksam folgte Claudius den Erläuterungen zu seinem Aufgabenbereich. Da sich keine ungewöhnlichen Aufgaben darunter befanden, stellten sich ihm auch keine Fragen. Interessant zu hören war, dass zukünftig die Grundausbildung zeitlich verkürzt werden sollte, was durch die Aufgabenteilung der Offiziere leicht erreicht werden konnte, gleichzietig aber an die Konstitution der Probaten höhere Anforderungen stellen würde.
    Insgesamt fand er diese Straffung positiv, denn so konnte besser beurteilt werden, welcher der Probaten in die Legion aufgenommen werden konnte und wer den hohen Anforderungen nicht gewachsen war.


    "Keine Fragen, Centurio.“

  • Den Segen der Götter musste der Optio schon lange besitzen, denn seit er sich für die Legion entschieden hatte, lief einfach alles bestens in seinem Leben. Der Dienst machte Spaß, er hatte einen guten Freund gefunden, sein direkter Vorgesetzter, der Centurio, besaß menschliche wie fachliche Qualitäten und sein eigener Aufstieg innerhalb der Legion verlief nahezu optimal.


    Mit einem Lächeln salutierte Claudius und machte sich auf den Weg zu den Mannschaftsunterkünften.

  • Der Centurio nickte, nahm das Schreiben entgegen und bedeutete dem Wachsoldaten, den Raum zu verlassen.
    Als er die wöchentlich anfallende Schreibarbeit beendet hatte, studierte er den Inhalt des Schriftstückes. Was gab es dazu zu sagen? Die Verhältnisse waren klar, ja,er hatte einen Fehler gemacht, doch er hatte auch genügend zu tun und an die Familie mochte er nicht denken - wozu auch? Eine Weile blieb er unschlüssig im Raum stehen.

  • Sophus legte den fällig gewordenen Wachbericht des Tessarius bei Seite, als der Optio eintrat. Auch beim mittlerweile beurlaubten alten Optio hatte Sophus bei kürzeren Besprechungen wenig Wert auf Floskeln gelegt und so bot er dem Vesuvius sogleich einen Platz vor dem Schreibtisch an.


    "Salve, Optio! Wie ich sehe, hast du dein erstes kleines Kommando heil überstanden?" ;)

  • Mit einem Grinsen im Gesicht setzte sich Claudius. "Nicht heil überstehen könnte dann der Fall sein, wenn ich vor einem Haufen geistig behinderter Probati gestanden hätte. Glücklicherweise bin ich davon größtenteils verschont geblieben, was nicht mehr jeder Optio dieser Legion von sich behaupten kann.“ :D


    Der Optio strich sich über sein Kinn und versuchte wieder ernst zu werden. Er war gut gelaunt. Die Ausbildung hatte ihm Spaß gemacht.


    "Die Formalausbildung der neuen Rekruten ist abgeschlossen. Zwei Ausfälle habe ich zu melden: Gaius Flavius Catullus und Gnaeus Octavius Metellus. Letzterer gilt unter seinen Kameraden seit Wochen als vermisst. Ersterer wurde von mir zwischenzeitlich immer einmal wieder gesehen, erschien aber selbst auf persönliche Aufforderung hin nicht zum Dienst.


    Das Waffentraining kann mit den verbleibenden Probati planmäßig beginnen. Inwiefern ich dafür benötigt werde, möchte ich heute gleichzeitig erfragen.“

  • "Ah ja, interessant.
    Sollte Octavius Metellus nicht mehr zur Grundausbildung erscheinen, haben wir keine Verwendung mehr für ihn. Er wird dann automatisch nicht in den Dienstalltag übernommen und im Zweifelsfalle unerenhaft aus der Legion entlassen.", meinte der Centurio.


    "Es freut mich aber zu hören, dass die Formalausbildung soweit zu deiner Zufriedenheit verlief. Wenn du glaubst, der Ausbildungsstand der jetzigen Probati genüge den Anforderungen eines jungen Legionärs, können wir unverzüglich mit dem Waffentraining beginnen - meinetwegen gleich Morgen.
    Auch das Waffentraining mag unter deiner Leitung stehen, wenngleich ich diesmal auf dem Platze anwesend sein werde und die Durchführung derselben, sowie die Leistungen der Rekruten begutachten werde."


    Wieder einmal blickte er auf einige Wachstäfelchen.


    "Viele sind es ja nicht gerade...ich denke, dann können wir auch schon recht bald mit der Probatio beginnen."

  • Der Optio nickte. Im Geiste ging er bereits den Tagesplan für den kommenden Tag durch. Eines jedoch wollte er noch ansprechen.


    "Hm, was den Ausbildungsstand der Probati betrifft… Sicher ist er geeignet, mit dem Waffentraining zu beginnen, allerdings würde ich anregen wollen, dass bis zur Aufnahme in die Legion neben Formalausbildung, Waffentraining und Übungsmarsch zusätzlich Lauftraining, Reiten und Schwimmen dazu kommt.


    Falls allerdings der Bedarf an jungen Legionären nach Picentia derart groß ist, dass die Grundausbildung möglichst kurz gehalten werden muss, dann würde ich eine weitere Ausbildung für diese jungen Legionäre nach deren Übernahme für gut befinden.“


    Es waren Gedanken, die sich Claudius gemacht hatte. Wie der Centurio oder gar der Stab über diese Thematik dachte, wusste er nicht. Es interessierte ihn aber, dies zu erfahren.

  • "Ganz so eilig haben wir es zwar nicht, doch es besteht kein Grund, sich unnötig lange mit der Grundausbildung herumzuschlagen, das ist richtig.
    Sicherlich werden wir regelmäßig kleinere Übungsmärsche, Lauf- und Schwimmeinheiten für die Probati ansetzen, doch für Reitübungen besteht kein Bedarf, sind uns doch bislang nur Interessenten für die Infanterie zugewiesen worden.
    Auch nach Abschluss der Grundausbildung finden ja regelmäßig Waffen- und Formationsübungen statt.
    Beginnen wir also getrost am morgigen Tage mit dem Waffentraining.
    Kenntnisse im Schanzen und dem Aufbau eines Marschlagers werden die Rekruten ferner auf einem kleinen Übungsmarsch erlernen, der zugleich die Probatio darstellen wird. Ich denke, bis dahin haben wir genügend Kenntnisse gewonnen, wer für den Lagerdienst geeignet ist und wer nicht.


    Ach ja, eines noch:
    Ich habe den Unterlagen aus dem Officium entnommen, dass einige der Probati in einem Handwerk geschult sind. Sei so gut und richte ihnen aus, dass sich besonders technisch versierte Rekruten bei mir für den Dienst in einer der Werkstätten melden können - die können eigentlich immer ein paar helfende Hände gebrauchen. Ich werde nach einer gewissen Zeit Rücksprache mit den hierfür zuständigen Unteroffizieren halten und bei erwiesener Eignung betreffende Legionäre zu Immunes ernennen.
    Sind noch Fragen diesbezüglich offen?"


    Sophus blickte zum Optio auf.

  • "Keine Fragen. Ich werde die Rekruten darauf ansprechen. Die technisch Versierten schicke ich zu dir. Metzger, Waffenkundige, Sanitäter und sonstige werde ich zum Officium schicken.“


    Der Optio rechnete mit einiger Begeisterung bei diesen Spezialisten, denn eine solche Betätigung ersparte manch unerfreulichen Arbeitsdienst.

  • "Fein, dann wäre alles geklärt. Wir sehen uns Morgen auf dem Übungsplatz. Vale."


    Mit einem Nicken verabschiedete er den Optio und zeichnete den Wachbericht ab, wonach über den Landweg einige Karren Getreide das Lager erreicht hatten. Die Dokumente brachte er, als das spärliche Licht der Öllampen allzu große Müdigkeit erzeugt hatte, am Ende eines langen Arbeitstages zum Büro des Praefectus Castrorum und begab sich schließlich zur nächtlichen Ruhe.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!