Diese schwarzen Augen, die einen so ausdrucksvoll anfunkelten. So interessiert musterten, wenn ihr Blick auf jemand Fremdes fällt. So erfreut glänzten, wenn sie eine alte Bekannte wieder sehen. Zumindest sah es Octavia so.
Ja, besondere Augen hatte Claudia Callista. Diese leicht bräunliche Haut die sie besaß, wie neidisch Octavia doch darauf war. Schon immer. Sie, mit diesem blassen Teint. Obwohl die Blässe vornehm und edel erschien. Doch Claudia. So orientalisch. Das gab ein wirklich schönes Bild ab.
Ja, und klug war sie außerdem. Stolz und grazil. Das wusste Octavia. Genau so wie sie selbst. Beeindruckend.
Dennoch. Claudia war hinterhältig.
Trotz dieser Tatsache war Callista immer gerne mit ihr zusammen gewesen. Es hatte etwas. Doch richtig befreundet, nein, so konnte man es gewiss nicht nennen.
"Nun. Eigentlich war die Reise äußerst angenehm."
Natürlich eine Lüge. Nerventötend und anstrengend war sie.
Nicht zum Aushalten.
Sie sah mitgenommen aus? Callista’s Blick schien ignorant. Sie hatte diese Aussage nicht gehört, so tat sie.
"Oh, ich hoffe, dein Vater erholt sich möglichst schnell wieder."
Mitfühlend und süßlich sprach sie diese Worte aus. Innerlich war es ihr gleichgültig.
Natürlich prahlte Claudia mit der Herkunft ihres Sohnes.
Was war auch anderes zu erwarten.
Abwertend sah sie zu dem kleinen Jungen herab.
Ganz gewiss. Er würde so werden wie seine Mutter.
Er benahm sich ja jetzt schon wie ein Erwachsener. Dieser Blick. So desinteressiert. So gleichgültig. So abgehoben. Vermutlich übertrieb Callista aber nur.
Er war schließlich noch ein Kind, ein patrizisches Kind, versteht sich.
"Salve, Nero!" Brachte Callista nur schwer über die Lippen.
"Was ist der Junge süß. Und so intelligent."
Sie lächelte Claudia an.
"Ja, man sieht es ihm direkt an. Seine edle Herkunft. Prächtig, Claudia!" Aufgesetzt, aber dennoch glaubhaft wirkte Callista.
"Natürlich, eine gute Idee, meine Liebe!"
Callista starrte etwas lustlos auf die Seide. Viel mehr interessierte sie der Schmuck. Dumm wie sie in diesem Moment war, glaubte sie Claudia‘s Worten.
Der Stoff würde nicht zu ihr passen. Sicherlich. Callista stimmte ihr zu.
Der Schmuck. Endlich. Callista strahlte. Wer konnte da schon widerstehen? Wie sie dieses Funkeln liebte. Dieses Glänzende.
Ihr fiel eine verzierte Halskette auf. Und die Ohrringe. Die vielen Perlen.
"Ach, Schätzchen. Es tut mir so Leid für dich, davon wusste ich gar nichts. Aber nun ja. Liebes. Die Götter wollten es so."
Ein breites Grinsen entstand auf Callista's hübschem Gesicht.
Aber nicht etwa aus Mitleid. Nein. Aus Freude. Das geschah ihr ganz recht.
"Weißt du was das Sonderbarste ist, meine Liebe? Ich komme nach Rom, und erfahre, dass mein Vater Senator geworden ist!"
Sie begann nun leicht zu lachen. Das musste Claudia natürlich unbedingt wissen. Aus einem ganz einfachen und schlichten Grund. Definitiv musste sie irgendetwas zurückgeben. Nachdem Claudia so mit ihrem Sohn und dessen Herkunft prahlte. Auch wenn die Antwort etwas verspätet kam.
"Ach, Süße. Zurzeit ist mir das gleichgültig. Irgendwann wird mir der Richtige über den Weg laufen."
Sichtlich geschmeichelt war sie von Claudia’s Worten.
Kurz verspürte Callista das Verlangen nach irgendetwas Trinkbarem. Ihr Mund war wie ausgetrocknet. Es war heiß. Zu heiß.
"Hast du auch so einen großen Durst wie ich, Liebes?"
Eine Anspielung darauf, dass sie etwas trinken gehen wollte. Wasser, eine Saftschorle, verdünnten Wein, egal was.
Natürlich hatte Callista nicht daran gedacht, irgendwann durstig zu werden.
Hatte sie doch erwartet, dass der Marktbesuch viel kürzer ausfallen wird.
Sie nahm ein goldenes Armband in die Hand. "Wunderschön, nicht wahr?" Schwärmerisch begutachtete sie das Stück. Callista liebte Gold. Mehr noch als alles andere. Gold ist wertvoll und wirkt somit anziehend auf Callista. Schnell legte sie es wieder hin.
Denn erst auf dem zweiten Blick erkannte sie, dass es scheinbar mühelos und unkorrekt angefertigt worden war. Schmuck musste makellos sein.
So wie auch alles Andere bei Callista.
"Lass uns woanders hingehen, meine Liebe."
Ohne eine Antwort abzuwarten nahm sie ihre Hand und führte sie zu einem anderen Stand.
"Sag, hast du Lust auf einen Spaziergang? Selbstverständlich dann nicht auf den Märkten. Es muss natürlich nicht jetzt sein. Morgen, oder heute Abend."
Callista musste zugeben, dass sie es liebte, abends raus zu gehen. Diese kühle Luft. Diese Dunkelheit. Dieese wunderschöne Dämmerung, wenn die Sonne unterging.
"Natürlich nur, wenn du noch nichts anderes vor hast."