Beiträge von Scato

    Es hätte so flüchtig sein können. Scato barg sein Gesicht für einen Moment des theatralischen Seufzens in seiner Hand und besah sich den Flavier durch die Finger, ehe er einen hastigen Satz auf ihn zumachte, die offene Hand gegen ihn gerichtet, um ihm zu bedeuten, doch bitte ruhig zu sein. "Shhht!", machte er und fuchtelte mit der Hand, wahrscheinlich sollte es eine beruhigende Geste sein. Er war sich sicher, im Hintergrund die verdächtige Person gesehen zu haben, die er schon so lange verfolgte. Vielleicht war der hagere Knabe vor ihm da nur eine Ablenkung? Ein Täuschungsmanöver? Doch als der Patrizier fiel, war sich Scato recht sicher, dass er nicht zum Schuldner gehören konnte.
    Hektor, der bullige Kampfhund, wollte nach vorschnellen und knurrte basslastig, doch die Hand am dicken Strick, stemmte der Eintreiber sich dagegen und suchte Piso seine Hand zu reichen, um ihm aufzuhelfen.
    "Ruhig jetzt!", herrschte er ihn an und schüttelte den Kopf.
    "Ich will nich' unbedingt auffallen, verstanden? Reicht ja, dass zumindest du.. herausstichst." Relativ nüchtern legte sich der Blick Scatos auf die Toga des Beamten, die wahrscheinlich nun sicher neu geordnet werden musste. Schade um die Faltenpracht. Scato grinste trotzdem dreckig, ehe ihm wieder der Ernst der Lage in den Sinn kam. "Psht!"
    Weg war er. Verdammt. Schon wieder!
    Erst dann kam ihm überhaupt in den Sinn, dass der Kerl vor ihm ein Patrizier sein konnte... seine Brauen hoben sich. Aber er sagte nichts.

    Das leise Plätschern in dieser miesen Unterkunft, die er in der Subura hatte, ging ihm allmählich auf die Nerven. Sogar sein Weggefährte Hektor, der kräftige Hund, vergrub seine Schnauze angewidert in einem Schafsfell. Und er war noch kein Stück weiter gekommen. Die Spur hatte sich wieder genauso verloren, wie er sie gefunden hatte und Scato war mit seinem Latein ziemlich am Ende. Dabei hatte es nicht schlecht angefangen. Er war der Sohn eines Bildhauers aus Misenum, hatte sich aber nie mit den Künsten anfreunden können und deswegen hatte er sich auf ein anderes Gewerbe verlassen, das er mehr beherrschte, das mehr seiner Fähigkeiten zur Geltung brachte: Er brachte den Leuten zurück, was ihnen zustand. Man könnte sagen, Scato ist eine Art Geldeintreiber, allerdings arbeitet er dabei mit allen Mitteln - und das ist auch gut so. Er musste lächeln, als er daran dachte, wie er einem Verbrecher aus Kampanien, bei Neapolis, Stück für Stück sein Vermögen abnahm. Allerdings war es bisher.. offensichtlicher. Nie hatte sich jemand so verstecken wollen wie dieser räudige Kerl. Wütend warf er ein Stück hart gewordenes Fladenbrot an die Wand und zog die Decke höher. Nein... heute durfte er nicht im Bett bleiben.


    Etwas später.
    In der Garküche, die unterhalb der Insula war, in deren obersten Stockwerk Scato zumindest vorübergehend lebte, konnte er kostengünstig etwas warmes Fleisch und Brot erwerben, das er sich mit Hektor teilte, während beide durch den kühlen Winterregen flanierten. Ihm ging langsam das Geld aus, ein Umstand, den er absolut nicht begrüßenswert fand. Aber keine Leistung bringt, bekommt eben auch kein Geld. Verdammter Kapitalismus. Schließlich hörte der Regen langsam auf, als er sich in der langen Straße befand und ein paar Sonnenstrahlen fanden ihren Weg in die lumpige verdreckte Gosse, als wollte sie erbarmungslos auf die Armut zeigen, die hier vorherrschte. Gerade einmal zwei Schichten schien es hier zu geben: Die Armen und die Ärmsten. Murrend bahnte er sich seinen Weg durch die Menschenmassen, die sich über die Straße bewegten und rempelte dabei unsanft an eine Person. Mit überraschter Miene wandte er sich um wollte denjenigen sehen, den er angestoßen hatte.
    "'Schuldigung." murrte er dabei und zog den Strick, mit dem er Hektor in seiner Nähe hielt, fester um seine Hand.


    Sim-Off:

    Wer die Muße hat... darf gerne.

    Geräuschvoll fuhren die schweren Karren, die von Ochsen und Mulis gezogen wurden, über die gepflasterten Straßen der Subura. Es war Nacht, knapp nach Mitternacht, stockdunkel in den Straßen, nur ab und zu beleuchtet vom flackernden Schein einer einsamen Fackel. Scato konnte gut die Trupps der Vigiles erkennen, die durch die Subura streunten wie Rudel wilder Hunde, die ihr Revier markierten und darauf achteten, dass nirgends Vorschriften gebrochen wurden, die einen Brand auslösen könnten... und natürlich sammelten sie die entflohenen Sklaven ein.
    Angewidert verzog Scato den Mund und bewegte sich in die nächste der vielen Nischen, die die Subura bot. Wer hier nicht gesehen werden wollte, konnte durchaus leicht dafür sorgen, dass ihm das nicht passieren würde. Hier, wo der Abschaum sich Gute Nacht sagte. Das Stadtbild geprägt von Huren, Dieben und Wächtern, die von den Dieben bezahlt wurden. Zumindest kam es Scato so vor. In seinem verschrobenen Weltbild. Oder vielleicht war er nur der, der alles viel klarer sah als alle anderen. Wer konnte das schon so gut beurteilen. Er stieß einen Pfiff in die Nacht, ein leises Knurren ertönte und Hektor bewegte seinen wuchtigen Leib aus dem Schatten, um auf ihn zuzulaufen. Hektor, ein kräftiger Kampfhund, den er einem alten Soldaten abgekauft hatte, um ihn ein wenig zu zähmen und abzurichten. Hätte ihn fast seine linke Hand gekostet, wäre er nicht zu schnell gewesen. Der Hund war ein unbezahlbarer Gefährte, hier in der Subura.
    Verdammt. Er hatte die Spur verloren. Hektor schnüffelte, aber anscheinend wusste auch er nicht, wo er suchen sollte. Dafür stank es hier erbärmlich nach Pisse. Und der, der das ausgeschieden hatte, konnte einfach nicht gesund sein. Vor einer Woche hatte ihn ein Kaufmann aus Misenum beauftragt, einen seiner Schuldner ausfindig zu machen, aber der Mann wusste anscheinend, wie es um ihn stand. Er war einfach nicht auszumachen. Scato hatte zwar seine Bleibe gefunden, etwas Kleidung von ihm, woran Hektor eindringlich schnüffelte, als wolle er auf die Jagd gehen... und nun waren sie hier gelandet.


    "Gib mir all dein Geld, Mann!" Der Halunke war so plötzlich erschienen wie der Nebel, der sich an den Pflastersteinen festsetzte.
    "Los!" In seinen Händen hielt er einen Sicarius und Scato war sich ziemlich sicher, dass der Mann zu einer größeren Bande gehörte. Sollte er es riskieren? Aber er musste nichts sagen. Das nahm ihm Hektor ab, der ein tiefes grollendes Knurren von sich ließ, als hätten die Götter ihm einen Donner zur musikalischen Untermalung dieser Szene geschickt.
    "Was bei allen...", hauchte der Dieb und sah auf triefende Lefzen, die der Hund ihm entgegenbleckte. Ablenkung genug für Scato, um den Sicarius am Griff zu packen und dem Dieb seinen Ellbogen in den Nacken zu rammen, woraufhin dieser in die Knie ging und ächzte.
    "Heute nacht hast du dir den Falschen ausgesucht.", raunte Scato ihm zu und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht - fünf Mal, dann kippte der Körper des Diebes ohnmächtig zur Seite. Er durchwühlte dessen Hab und Gut, fand sich drei Sesterzen und sah zu Hektor.
    "Ich glaube, unser Abendessen und das Frühstück sind gesichert.", flüsterte der Mann zu seinem Hund und tätschelte dessen breites Kreuz.
    Und Hektor schnurrte.