Mit einem Tablett mit Wein und Obst bewaffnet betrat Zenobia den Andron ihres Herrn. Der Gast, den sie ja bereits von den Märkten her kannte, gehörte (schon vom Aussehen) nicht zu den zwielichtigen und politisch bedeutsamen Personen, die laut Peisistratos hier gelegentlich anzutreffen waren, was die Syrerin zum Anlass nahm, sich relativ ungeniert sofort wieder zu Wort zu melden:
"Wollen die Herren mit der Mahlzeit noch warten, bis sie ihre geistreichen Gespräche zu Ende geführt haben, oder darf ich die von hochkompeteten Küchendienern zubereiteten Speisen servieren?" Die dunklen Augen blitzten spöttisch.
Beiträge von Zenobia
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Sim-Off: Kein Problem!
Da Peisistratos ihr überhaupt nicht erst die Gelegenheit eines Widerspruchs ließ, musste Zenobia sich zwangsläufig mit der problematischen Situation und deren Urhebern - den Lohndienern - arrangieren. Was sie dann auch gleich tat.
"Du", blaffte sie einen offenbar mit den Hühnchen überforderten Diener an, "kümmere dich doch ums Obst, aber halte dich im Namen sämtlicher Götter vom Herd fern." Einem anderen gab sie wiederum den Auftrag, ihr die Gewürze zu reichen, die sie ihm zuvor nannte. Nur um sich schmerzhaft bewusst zu werden, dass der Mann allerdings auch nach ausführlichen Erklärungen nicht einmal Thymian und Koriander auseinander halten konnte.Während sie sich an das Würzen und Zubereiten der Hühnchen und diverser anderer Gerichte machte, behielt sie ihre Mitarbeiter im Auge. Und musste dabei feststellen, dass diese immer noch nicht das taten, was sie sollten.
Ob man sie hier nicht ernst nahm? Wer die Syrerin nicht kannte, mochte in ihr durchaus ein harmloses, schüchternes Sklavenmädchen sehen.
Sie entschied sich, den unwilligen Dienern ein wenig Angst einzujagen. Sie griff einen jungen, besonders unmotiviert arbeitenden Gehilfen am Arm und begann leise, aber für alle in der Küche vernehmbar zu erzählen:
"Weißt du, in meiner Heimat erzählt man sich die Geschichte einer wunderschönen, kräuterkundigen Königin, in deren Haushalt eine Vielzahl an Dienern und Männern" – so wie Zenobia die Worte betonte schien sie zwischen Mann und Diener keinen Unterschied zu sehen - "ihren Dienst verrichteten. Es wird behauptet, sie habe das Gift der Königsviper an ihren Fingernägeln und ihrem Mund aufgetragen und bei Bedarf und je nach Zufriedenheit mit ihrer Gefolgschaft auch eingesetzt."
Dabei gruben sich Zenobias Fingernägel durchaus schmerzhaft in dessen Handgelenk, während ihre Lippen dem Jungen einen angedeuteten Kuss auf die Wange hauchten.
"Vielleicht ist es nur ein Märchen, doch wer weiß, welch perfide Frauen solche Geschichten als Anregung verstehen?
War die Königin mit der Arbeit der Dienerschaft allerdings zufrieden, so erging es ihnen sehr viel besser", fügte sie mit einem verführerischen Lächeln hinzu, ehe sie sich zur Tür begab.Bevor sie die Küche verließ, wandte sich Zenobia noch einmal in kaltem, herrischem Tonfall an die Lohndiener:
"Ich werde jetzt den Herren und seinen Gast im Speisezimmer aufsuchen. Ich bin mir sicher, wenn ich zurückkehre, werdet ihr eure Aufgaben zu meiner und des Keryken vollsten Zufriedenheit erledigt haben." Dann war sie hinaus, auf dem Weg zum Andron des Herrn. -
Zeobia hatte es nicht lange in ihrem Quartier ausgehalten und sich bald darauf auf eine private Erkundungsmission durch ihr neues Heim begeben. Überhaupt hielt sie es selten längere Zeit alleine an einem Ort ohne wirkliche Beschäftigung aus, auch wenn sie über das Zugeständnis einer eigenen Kammer sehr dankbar war.
Darin lag wohl der Grund, weswegen die Syrerin den Weg zur Küche, aus dem die fast schon verzweifelt klingenden Rufe erschallten, in kürzester Zeit zurücklegen konnte. Erst dachte sie an einen Überfall. Hatte Meister P. nicht von düsteren Gestalten gesprochen, mit denen sein Herr verkehrte? Wurde ihre Loyalität zu ihrem neuen Besitzer etwa so rasch auf die Probe gestellt?
Doch derartige Sorgen erwiesen sich dann glücklicherweise als unbegründet.
Es ging vielmehr um Ärger mit dem Personal.
"Was gibt es, Meister?" fragte die Sklavin, obwohl sie die Situation eigentlich bereits auf den ersten Blick erfasst hatte. -
Die Offenheit, mit der Peisistratos ihrer Neugierde und Taktlosigkeit begegnete, überraschte Zenobia und ließ sie ihr eigenes Misstrauen vergessen.
Dieser Gymnasiarchos, Hermes- und Heraklespriester und Angehörige der Bruderschaft von Apollo und den Musen musste ein interessanter aber zugleich komplizierter Mann sein, soviel stand für sie fest.
Doch das bereitete ihr keine Sorgen. Kompliziert war die Syrerin ja selbst in nicht geringem Maße.
Besser als irgendein Langweiler, dem sie sich anbiedern musste und der von seinen Sklaven täglich hören wollte, was für ein großartiger Kerl er doch sei.
Das hatte sie alles schon erleben dürfen.
"Von mir erfährt niemand etwas!" entgegnete die Syrerin mit ernstem Gesicht. Er würde sich schon viel erlauben müssen, dass sie überhaupt auf die Idee käme, ihren Herrn anzuschwärzen."Ich komme aus der Stadt Mabog in Syria, unweit des großen Stromes Euphrat. Und ich durfte eine Ausbildung genießen...oder besser: Man gab mir die Möglichkeit, Dinge zu lernen, die mir im Leben von Vorteil sind. Ich kann lesen, schreiben, rechnen und ich spreche auch ein wenig die Sprache der Römer. Außerdem bin ich mit der Beschaffenheit und den Anwendungsmöglichkeiten von vielerlei Pflanzen und Kräutern vertraut, auch wenn ich das in aller Regel gerne für mich behalte.“ In gewissen Regionen und unter bestimmten Menschen sorgte derartiges Wissen nicht unbedingt für einen Sympathiebonus.
Der Sklavenhändler hatte von dieser Eigenschaft eher zufällig Kenntnis genommen und hatte sie natürlich sogleich herausposaunt.„Mehr möchte ich nicht sagen. Wenn man darauf besteht, kann ich natürlich 'meine Geschichte' erzählen, doch ob und inwieweit diese dann wirklich wahr ist…?“ fügte sie mit einem Schulterzucken und einem unschuldigen Lächeln hinzu.
„Nur eines noch: Ich bin nicht das erste Mal in Alexandria. Auch wenn mein früherer Besuch schon einige Jahre zurückliegt.“
Dann wartete Zenobia, ob sich der Chefsklave mit ihren Auskünften zufrieden geben würde. -
Der alte Mann erweckte mit seiner freundlichen Art sogleich Zenobias Zutrauen.
"Keine Lohndienerin. Ich bin Zenobia und gehöre ab sofort zu deiner Mannschaft."
Dass sie das Wort Sklavin vermied, mochte Zufall sein oder auch nicht. Denn auch wenn sie ihr Schicksal und ihren Stand akzeptierte und selten in Frage stellte, würde sie sich ihre geistige Freiheit niemals nehmen lassen.
"Der Herr ist mir bereits bekannt, ja! Allerdings...durchschaut hab ich ihn noch nicht wirklich. Kannst du mir etwas mehr über ihn erzählen. Über sein Leben, die kleinen Schwächen und Fehler, die jedem Menschen zu eigen sind." Dabei zierte ein konspiratives Lächeln ihr Gesicht, als ob sie einer großen Verschwörung auf der Spur wäre. -
Zenobia lauschte den Ausführungen des Gymnasiarchen. Sie war gewillt, sich möglichst rasch und problemlos in die Hausgemeinschaft dieses Mannes einzufügen. Und sie hatte eingesehen, dass sie ihm nur schwerlich etwas vormachen und ihren wahren Charakter kaum vor ihm verbergen konnte.
Auch wenn sie von den Ausmaßen des Anwesens mehr als nur beeindruckt war, ließ sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen und hielt dem strengen Blick des Keryken stand. Ja, ihre dunklen Augen funkelten schon wieder sehr herausfordernd, als wollte sie etwas sagen wie: Na, bereust du den Kauf bereits?
Doch der Syrerin war die Unruhe, die den Mann offensichtlich plagte, nicht gänzlich entgangen, weswegen sie sich mit solchen oder ähnlichen Spielchen und Provokationen einstweilen zurückhielt.
"Soweit ist alles klar, Kyrie." Bei der Anrede zuckten ihre Mundwinkel wieder ein wenig und in ihren Augen schien sich der Spott zu sammeln wie Regentropfen in einer überlaufenden Dachrinne. "Ich mach mich dann mal auf die Suche nach Peisistratos! Wenn mir außerdem Hippias und Hipparchos noch über den Weg laufen, ruf ich laut um Hilfe!"
Schnellen, geschmeidigen Schrittes machte sie auf dem Absatz kehrt und wandte sich wie beschrieben nach rechts in den anliegenden Nebenhof und von dort weiter in den angrenzenden Küchentrakt. Dem guten Peistratos war eine großes Maß an Gelassenheit im Umgang mit aufmüpfigen jungen Frauen zu wünschen. -
Rhadamistos? König von Armenien! Wollte der Mann damit irgendetwas sagen? Eine Anspielung vielleicht? Oder nur sein intellektuelles Niveau zur Schau stellen.
Ihr selbst erworbenes Wissen in historischen Belangen stieß hierbei definitiv an seine Grenzen und so sah sie es als das Beste an, vorübergehend den Mund zu halten.
Die fremde Hand in ihrem Haar ließ sie regungslos über sich ergehen. Sie fühlte sich kalt an, doch wenn dies das Schlimmste war, das sie zu ertragen hatte, konnte sie sich nicht beklagen.
Zudem bot sich ihr nun die Möglichkeit, diesen Nikolaos genauer in Augenschein zu nehmen. Es musste sich um einen wohlhabenden Mann handeln und wenn das, was er sagte, stimmte, dann vermutlich auch um eine Person großer Popularität. Auch das vermerkte die junge Sklavin als Pluspunkt, konnte es sich ein weithin bekannter und im Lichte der Öffentlichkeit stehender Apollo-, Herakles- und Was-sonst-noch-Priester kaum leisten, wegen irgendwelchen Problemen mit Mitgliedern des eigenen Haushalts ins Gerede zu kommen. Dem blonden Mann, widmete Zenobia hingegen nur einen kurzen, aufmerksamen Blick. Marcus Duccius hieß jener also. Ein ungewöhnlicher Name für einen ungewöhnlichen Mann.Von ihren beiden charmanten Begleitern in die Mitte genommen ließ sie sich dann hinter der Sänfte ihres Herren zu dessen Haus eskortieren, durchaus zuversichtlich, was ihre Zukunft in den Händen ihres neuen Besitzers anging.
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"Aua! Du miese kleine Kröte"! zischte die Syrerin dem unschuldigen Gehilfen ins Ohr, als dieser sein Opfer vom Stand des Sklavenhändlers zu seinem Herren begleitete.
Dort angelangt, entschied sich das Mädchen erst einmal für eine defensive Taktik:
"Zenobia. Zenobia!" wisperte sie erst kaum vernehmbar, dann etwas lauter und bestimmter, wobei ihre Worte von einem Zittern begleitet wurden, das sich von der Stimme auf ihren Körper zu übertragen schien.
Zwar war diese zur Schau gestellte Schüchternheit und Reue ebenso aufgesetzt wie die skeptischen Blicke ihres neuen Herren und ein aufmerksamer Menschenkenner würde dies zweifellos erkennen, doch solange Zenobia nicht wusste, auf wen man sie da genau losgelassen hatte, galt es vorsichtig zu sein.
Sie gehörte in jedem Falle zu der Sorte Mensch, die mit den unterschiedlichsten Gegebenheiten umzugehen vermochte, doch auf Schläge und Tritte oder gar Schlimmeres war sie auch nicht gerade erpicht. -
Der namenlose Mann blieb der einzige Bieter an jenem Tag. Wen interessierte es dabei, ob ihre vorlaute Klappe die übrigen verschreckt hatte oder die allgemeine Kaufzurückhaltung der miserabeln Wirtschaftslage geschuldet war? Zenobia sicherlich nicht.
Zumindest hatte ihr Betragen den Mann, der sie insgeheim an einen Pantomimenspieler erinnerte - auch wenn er freilich mit seiner edlen Kleidung und der Maskierung den betuchten Männern ihrer Heimat durchaus ähnelte - nicht von seinem Geschäft Abstand nehmen lassen.
Oder wartete er etwa nur darauf, bis sie endgültig in seinem Besitz stand und er sie ohne neugierige Blicke zurecht weisen und bestrafen konnte???
Von solchen und ähnlichen Gedanken geplagt, ließ die Syrerin die Prozedur des Geld- und Besitzerwechselns über sich ergehen und von dem Gehilfen 'entgegennehmen'. -
Während der Händler seine Ware anpries, hielt die junge Frau den Blick gesenkt. Ob dies aus Furcht, Unbehagen oder gar Verachtung geschah, nur sie selbst würde es wissen.
Nur manchmal hob sich ihr Kopf und einige der Zuseher vermochten vielleicht ein spöttisches Lächeln in dem wohlgestalteten Gesicht auszumachen, doch was im Speziellen hinter den dunklen Augen der Syrerin vorging, verblieb im Ungewissen.
Hätte man sie gefragt, woher sie denn stamme und was sie in ihrem bisherigen Leben gesehen habe, so hätten einige vielleicht den Eindruck gewinnen können, dass dieses Mädchen eben genau das zu erzählen bereit war, was der jeweilige Interessent eben hören wollte. Ihre geistigen Fähigkeiten und ihre Anpassungsfähigkeit ließen in jedem Fall auf eine interessante Vergangenheit schließen.Nun wandte sie sich in leisem, aber bestimmtem Tonfall dem Manne zu, der soeben sein Interesse bekundet hatte:
„Den Angaben des ehrenwerten Titus Tranquillus gibt es wenig hinzuzufügen, Kyrie. Es ist so, wie er sagt“, antwortete die Syrerin, die ein wenig mehr als 20 Lebensjahre gesehen haben mochte, in fließender Koine.
Dann wechselte sie in die Sprache der Römer:
„Si nolim meam scientiam cognoscere, erras!*“ sagte sie in sehr einfachem Latein.
Wie sie ihre Rechenfähigkeiten beweisen sollte, das wusste sie nicht, doch eine überflüssig zu erwähnende, weil offensichtliche Tatsache fand von ihrer Seite aus noch Erwähnung: „Und dein Teint wurde mit hochwertigem Kalk und edlem Zinnober behandelt. Es steht dir gut, mein Herr“, fügte sie noch in Koine an, ehe sie wieder den Kopf senkte, um auf weitere Instruktionen zu warten. Was die junge Frau namens Zenobia von dessen Worten über ihr Aussehen hielt, das verschwieg sie wohlweißlich.Sim-Off: *Erkennst du meine Fähigkeiten nicht, so irrst du!
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