Caerellia, die nun schon beinahe eine Woche wieder in Rom war und sich halbwegs aklimatisieren konnte, war von einem längeren Spaziergang wieder heimgekommen und hatte sogleich die Kunde von Varus' Ankunft vernommen. Es war eine sehr gute Nachricht, endlich wieder ein Mitglied der Familie zu sehen und dann noch gerade ihren Bruder. Sie hatten länger nichts mehr voneinander gehört, was wohl an einer ihrer größten Schwächen lag. Sie konnte nur mühsam lesen und im Grunde genommen gar nicht schreiben. Dabei war sie nicht dumm. Sie hatte ein offenes Herz, eine sehr gepflegte Umgangsform und eine breitgefächerte Bildung. Lediglich mit Federkiel und Papyrus konnte sie sich nicht anfreunden. Diese Information verbarg sie seit jeher allerdings so gut es nur ging und außer ihren Brüdern, Eltern und ihrem verstorbenen Ehegatten hatte es wirklich niemand gewusst. Sie war zu stolz, soetwas zuzugeben.
Umso größer war also ihre Freude als sie direkt mit einem Wiedersehen überrascht wurde, das, nach Angaben der Sklaven, im Tricliium am Wahrscheinlichsten war, in welches sie sich also auch eilends begab. Als sie eintrat war zwar noch kein Bruder anwesend, aber das machte nichts. Gemütlich ließ sie sich in einem Korbsessel nieder und dachte an ihr letztes Wiedersehen auf ihrer Hochzeit vor gut acht Jahren. Die Familie hatte diesem überstürzte Aufbruch in fremde Gewässer eher skeptisch gegenüber gestanden, aber Caerellia war nie ein Mensch gewesen, der sich einschüchtern oder einschränken ließ und hatte ihren Kopf schon immer durchgesetzt - und wenn er eben durch die Wand musste. So ihren Gedanken nachhängend erwartete sie freudig ihren Bruder..