Beiträge von Germanica Laevina minor

    Der Weg vom Cubiculum ihrer Eltern zum Atrium war nicht weit und als wenn sie sich alle versteckt hätten, war ihr bis dahin auch kein Sklave über den Weg gelaufen. Oder hatte sie ihn oder sie womöglich übersehen? Als Laevina minor das Atrium erreichte, erblickte sie gleich ihren Bruder Vic und ihre um einige Jahre ältere Schwester Sabina. Wie es schien war Rufus auch zu Besuch. 'Oh fein, dann können wir alle zusammen spielen!' freute sich Vina bereits. Ob Rufus mit ihr Hochzeit spielen würde? Voller Vorfreude ging sie auf den Vetter zu, der aus irgend einem Grund vor dem Impluvium saß. „Salve Rufus.“ begrüsste sie ihn artig und noch immer mit dem Seidentuch als Schleier über dem Kopf, so dass er ihr erfreutes Grinsen nicht sehen konnte. „Spielst du mit mir Hochzeit?“ schoss sie sofort die Frage hinterher, die ihr untern den Nägeln brannte. Nicht alle Jungs mussten so doof sein wie ihr Bruder und hatten keine Lust mit ihr zu spielen.

    Es mochte eine Zeit lang ganz spaßig sein, Mamas Tuniken aus der Wäschekiste zu holen, und sich die schönen Stoffe und Stickereien anzuschauen, doch wirklich anziehen konnte Laevina minor die schönen Kleider nicht. Ständig rutschte ihr der Stoff von einer tiefblauen Tunika von den noch viel zu kleinen Schultern und sie stolperte dauernd über die Länge des Kleidungsstückes. „Och menno...!“ schimpfte sie leise vor sich hin und versuchte noch ein weiteres Stück Stoff aus der Truhe zu ziehen, was ihr mit viel Kraft und Anstrengung auch gelang. Triumphierend hielt sie einen seidenen Schal in der Hand, den sie sich als Schleier über den Kopf warf.
    So, und nun? Ihr doofer Bruder hatte sie allein im Cubiculum ihrer Eltern gelassen, kaum dass sie ihm von ihrer tollen Idee – Hochzeit zu spielen – erzählt hatte. Jetzt fehlte ihr der Bräutigam. Ob sie Vic suchen sollte? Unschlüssig schaute sich Vina im Zimmer ihrer Eltern um. Einige der schönen Kleider ihrer Mutter waren über den Boden verteilt, während ein oder zwei noch über den Rand der Truhe hingen. Eine ganz schöne Unordnung hatte sie hier veranstaltet, dabei wollte sie sich doch nur das ein oder andere anschauen. „Mhm, wo tu ich...“ Der Gedanke war noch nicht zu ende gedacht, da schlurfte Vina - noch immer mit der dunkelblauen Tunika von Serrana bekleidet - in Richtung Gang. In der Casa gab es immer Sklaven, die gerade nichts zu tun hatten und einen davon wollte sich Laevina holen. Bestimmt bräuchte sie gar nicht weit gehen.
    Plumps! Wieder war sie auf den Stoff der viel zu langen Tunika getreten und vornüber hingefallen. Für einen Moment verzog sich ihr süsses Gesicht zu einer Gewitterfront, da sie sich beim hinfallen die Knie gestoßen hatte. Doch es war weit und breit niemand zu sehen, so dass die befürchtete Tränenflut ausblieb. Mühsam rappelte sie sich wieder auf, zog die Arme aus dem Kleidungsstück und ging ohne das Kleid ihrer Mutter weiter. Die schöne blaue Tunika lag nun unbeachtet mitten auf dem Gang.