Beiträge von Aias

    Das Gefühl, welches Aias nun beschlich war ein ziemlich Klammes. Banu hatte es wohl genossen, den ganzen Weg nicht auf den eigenen Beinen laufen zu müssen, doch er fiepte wieder, nachdem die Tür sich geöffnet hatte. Aias konnte es ihm nicht verdenken, denn so eine Bleibe hatte er bisher nur gesehen, wenn Theodosis mal wieder von Haus zu Haus gezogen war, um aktiv Schüler ein wenig betuchterer Menschen für sich zu gewinnen. Doch das ein ums andere Mal waren sie auch gleich wieder hinaus gefegt worden wie Kehricht. Die Reichen zeigen uns so immer, wie arm sie eigentlich sind! hatte der alte Mann dann mit erhobener Faust auf der Straße gezürnt, doch so recht nach arm sah das hier alles nicht aus. Die junge Dame rief nach dem Maiordomus und kaum war dieser erschienen, drückte sie ihm den Hund in die Hände. Fast hätte Aias interveniert, denn Banu sah so gar nicht glücklich aus. Aber er hielt sich dann doch zurück. Immerhin hatte er den Hund behalten dürfen. Das war schon einmal was und man sollte sein Glück nicht überstrapazieren.


    Doch die junge Dame forderte auch gleich schon ein Bad für ihn und das Getier und eine neue Tunika. Schon gab es für den Hausherrn einen Kuss und für ihn den Wink, dem Maiordomus zu folgen. Aias tat das zögerlich, jedoch konnte er den Impuls nicht unterdrücken, sich nebenbei beim Umschauen den Hals fast zu verrenken, nach allem was es so zu sehen gab. Riesig! Dieses Haus war einfach riesig. Und hier sollte er jetzt wohnen?

    Er hatte Theodosius nie gefragt, wie er auf die Idee gekommen war, ihn ausgerechnet 'Aias' zu nennen, doch er war sich sicher, dass es weder etwas mit dem anmaßenden und notzüchtigen Lokrer zu tun hatte, noch mit dem Schafe und sich selbst vernichtenden Telamonier. “Ich glaube, er fand einfach nur den Namen schön,“ brachte er dann unter einem Schulterzucken hervor. Die junge Dame schien sehr belesen zu sein, wie er feststellte. Die meisten der Schüler, welche ihm in seinem Leben begegnet waren wussten bei Weitem weniger über die Legenden. Und das waren alles Jungen! Nicht, dass Mädchen weniger wussten, bestimmt nicht. Er hatte nur überhaupt keine Erfahrungen mit ihnen.
    Vorsichtig folgte er dann dem Blick seiner neuen Besitzerin, hinüber zu dem Pappili. All das Geschehen erschien ihm noch immer wie aus einer anderen Welt. Er schaute auf seinen Hund, der sich auf dem Arm der jungen Dame regte und dann zurück auf Titus Tranquillus, ehe er etwas umständlich von dem Podest kletterte, ohne die Treppe zu benutzen. Es erschien ihm der kürzeste Weg zu sein, endlich den Augen aller zu entkommen. Unten angekommen wischte er sich die feinen Holzsplitter von den Händen und atmete tief durch. Zum Glück waren seine Knie nicht mehr so weich. Dann versuchte er sich an einem Lächeln, welches aber kläglich scheiterte, während er sich noch einzureden versuchte, dass das doch alles gar nicht so schlimm gewesen war. Noch immer stand ihm der Schweiß auf der Stirn, doch er machte keine Anstalten, ihn fort zu wischen.

    Aias wurde es etwas leichter um das noch immer heftig pochende Herz, als er hörte, dass es bestimmt auch für den Hund einen Platz in der Casa gäbe und es sah sah so aus, als hätte die junge Dame gemeinsam mit seinem Tier auch die Entscheidungsgewalt darüber an sich genommen. Pappili? Also war es doch die Tochter des Herrn, wie er es schon vermutet hatte. Pappili! Es klang sehr vertraut und keineswegs nach einem schlechten Verhältnis zwischen den beiden, doch der Begriff gepaart mit dem Wissen, dass es sich für ihn um seinen neuen Besitzer handelte, war schon etwas seltsam anzuhören. Sie wollten ihn also gleich mitnehmen? Lange würde er hier also nicht mehr stehen müssen. Als sie sagte, dass es wohl eines Bades bedürfte, für ihn selbst und auch für den Hund, nickte er sachte und schaute an sich herunter. Gut, seine Tunika hatte definitiv bessere Tage gesehen. Und diese waren lange vergangen. Eitelkeit in Bekleidungsfragen war generell ein teures Ding, welches er sich noch nie hatte leisten können, oder wollen. Auch die letzten Tage waren nicht spurlos an ihm vorüber gegangen und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er ausschaute wie ein zerzauster Bettler, der dringend gewaschen und aufgepäppelt werden musste.


    Dass es sich bei seinem neuen Herrn und dessen Tochter um Octavier handelte sagte ihm nichts und im Grunde war es ihm auch im Augenblick egal, denn das Wichtigste war doch, dass er es überstanden hatte. Dann wollte die junge Dame seinen Namen wissen. “Er hat mich Aias genannt,“ antwortete er auch sogleich. Er mochte seinen Namen und Theodosius hatte ihn auch gemocht. Kurz, knapp, griechisch und präzise und ohne knirschende Konsonanten. Dann bekam sein Blick etwas Betretenes, nachdem er noch einmal auf die sich unterhaltenden Leute geschaut hatte. Ihm kam etwas in den Sinn. “Ich hoffe, den darf ich auch behalten!“, fügte er dann noch etwas scheu an. Es gab viele, die ihre Sklaven nannten wie sie wollten und die meisten von ihnen hörten sowieso nur auf die Bezeichnung: Du da!. Das war ihm bisher nicht beschieden gewesen und eigentlich hatte er ja auch gar nicht das Leben eines Sklaven geführt, sondern eher das eines sehr bemühten Sohnes. Von daher war diese Rolle völlig neu für ihn und er hatte was das anbelangte ein wenig Angst vor der Zukunft.

    Vor der Bühne war man nun ins Gespräch gekommen und Aias schaute einfach nur zu. Was hätte er auch sagen können oder sollen? Immer wieder spähte er zu dem edlen, etwas älteren Herrn hinüber, der ihn ersteigert hatte. Wenn hohe Geldsummen auch immer zu den Träumen von Theodosius und ihm gehört hatten, so gehörte ein Wechsel des Besitzers nicht dazu und gedanklich hing er immer noch an seinem alten, väterlichen Freund. Und nun? Gleich mitnehmen oder liefern lassen? Es hörte sich an wie bei einem schnellen Imbiss bei Duria. Nun war er fassungslos und lauschte, was die Herren und Damen sich zu sagen hatten. Offenbar waren die Gespräche auf den Hund gekommen und sofort haftete Aias Blick auf Banu, der -das Warten anscheinend leid- Anstalten machte, wieder mit dem Kläffen anzufangen.


    Doch dazu kam es nicht. Einer der Herren hatte ihm im Nacken gepackt, sodass der Hund jaulte und sich im nächsten Moment auf dem Arm des Römers wieder fand. Alarmiert schreckte Aias zusammen und hob eine Hand. “Banu!“, platzte es aus ihm heraus und er bestätigte somit die Vermutung der Dame und des Herrn. “Bitte tu ihm nicht weh, Herr, das ist doch mein Hund!“ Er war schon fast versucht von dem Podest herunter zu springen, hatte auch schon den Ansatz dazu getätigt, doch er besann sich eines Besseren und blieb stehen, denn der Hund zeigte eindeutig, dass es ihm auf dem Arm des Herrn nicht sonderlich schlecht gefiel. Flehend blickte er dann zu seinem neuen Besitzer und dessen Tochter hinüber. "Darf ich ihn behalten, bitte? Er wüsste doch sonst gar nicht, wohin! Vielleicht war es ein Fehler, nun den Mund aufzutun, um als erste Tat vor seinem neuen Herrn das Betteln anzufangen, doch es war Aias nun einmal derartig wichtig, dass es ihn nicht scherte, dass er die situationsangemessene Schicklichkeit einfach fahren ließ.



    Sim-Off:

    Irgendwie ist meine Signatur weg -.^ Hat bestimmt der Hund gefressen. :D

    2000 Sesterzen Aias stockte nun wirklich der Atem. Bei allen Göttern... Bona Dea oder sonstwem... Würde es nicht Theodosius stolz machen? Banu, satt und zufrieden, fiepte noch immer im Publikum. Doch Aias konnte nur einfach auf den Mann schauen, der ihn erworben hatte. Erworben. Wie seltsam das klang! Er war immer nur 'Aias' gewesen. Der Mensch, der zu Theodosius gehört hatte. Und nun? "Möchtest du ihn gleich mitnehmen?" Er schluckte. Du wirst es eines Tages besser haben...... Es war noch immer in seinem Kopf. Er kannte nichts von diesem Mann und der jungen Dame neben ihm, auf deren Schultern er seine Hände gelegt hatte. War er wirklich ein hochgestellter Römer? Natürlich! Er atmete neuerlich tief ein. 2000 Sesterzen. Man hätte nach Alexandria reisen können, für solch eine Summe.

    Aias schaute einfach nur zwischen den beiden Bietern hin und her. Für ihn waren es ein wohlhabender Römer von hohem Rang, wohl ein senator und eine wohlhabende Römerin. Die Beträge die sie nannten kannte er nur aus Träumen.... geträumt in einer schlichten Ein-Zimmer Wohung ohne Balkon. Sollte er jetzt beten? Nein, stattdessen dachte er an Theodosius und das was er immer gesagt hatte: Eines Tages wirst du es besser haben. Das stimmte bestimmt! Ein Lehrer konnte sich einfach nicht irren. Oder?

    Mittlerweile hatten sich immer mehr Menschen eingefunden. Doch war er es nicht gewohnt, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen? In der Vergangenheit hatte es doch immer Augen gegeben, die auf ihn gerichtet waren und das hatte schon früh begonnen. Als er acht Jahre alt war hatte er Schilder bemalen sollen, um sie vor der Schülerschaft hin und her zu tragen, während sie Wörter aufzählen sollten, die mit eben jenem Buchstaben begannen. 'F' ~ Wie 'Fischer', 'faul', 'fröhlich', 'Firsich' und 'Filosof'Theodosius hatte das kreative Lehrmethoden genannt, quasi als Erweiterung zu ihrem kreativen Lebenskünstlertum. Als einige Wörter falsch gewesen waren, rief er immer: Herrschaften! Na! Mich deucht's ihr sprecht im F ieber!“ Nun ja, als er noch so jung war, war es ihm natürlich eine Ehre, mitmachen zu dürfen und er wäre beinahe vor Stolz geplatzt, als Theodosius einige 'seiner' Schilder über die Tür der windschiefen Unterrichtsbaracke genagelt hatte, wo sie in etwas krakeliger Ausführung die Worte 'U N S E R E S C H U L E' bildeten. Doch die Menschen hier waren keine rotznasigen, kleinen Kinder, die sich fast den Arm ausrissen, um sich eifrig, mit der Zunge im Mundwinkel, zu melden, nur um etwas sagen zu dürfen. Ganz im Gegenteil. Die junge Dame beendete das Gedicht Sapphos und Aias linste wieder zu ihr hinüber. Freude stand ihr ins Gesicht geschrieben. Offenbar war sie eine Freundin der Lyrik.


    “650 Sesterzen!“ Es war wieder einer der Männer, die neben der eleganten jungen Frau mit dem Palmenwedel standen. Der andere Herr hatte sich gebückt und Aias machte andeutungsweise einen langen Hals, um zu sehen wohin sein Hund verschwunden war. Banu müsste irgendwo dort in der Menge sein und das war er tatsächlich. Der Herr lockte ihn mit irgendwelchen Knabbereien. Aias Atem stockte einen Moment, doch dem Hund schienen das absonderliche Naschwerk herzlich willkommen zu sein. Natürlich ließ er sich ködern und Aias konnte es ihm auch nicht verübeln, auch wenn ihm allmählich die Hände feucht wurden und er sie sich an der groben Tunika reiben musste. “700 Sesterzen?“ Seine Lippen formten noch einmal ungläubig diesen Betrag und er war sich sicher, dass er es laut ausgesprochen hatte, auch wenn das gar nicht seine Absicht gewesen war. Siebenhundert! Aias Augen weiteten sich ein wenig. Nein, das war wirklich keineswegs wie in der Schule, die ja im Übermaß genossen, ein wenig weltfremd machen sollte. Schon oft war er einem Podest vorbei gekommen, auf dem man Sklaven verkaufte, doch niemals war er derartig emotional involviert gewesen, doch er musste sich einfach zusammenreißen.

    Banu begann auf und ab zu hüpfen und verschwand zwischen den Beinen von einigen Umstehenden. Während Aias ihm noch nachschaute, schweren Herzens, denn er hätte es ihm am liebsten gleich getan. Doch der Hund würde nicht weglaufen und Aias ganz sicher auch nicht. Dann fiel sein Blick auf einen weiteren Mann, der zunächst nur so erschien, als wolle er den Markt passieren. Doch er blieb stehen. Neben ihm stand eine sehr junge Frau. Wie sehr sich doch hier alles von der Subura unterschied, in der die meisten Leute eher abgerissen und unauffällig waren. Oder wenn sie auffällig waren, dann war es ein Glück, denn es war besser um diese Klientel einen großen Bogen zu machen. Das Gesetz der Straße war eine heißblütige Frau, hatte Theodosius einmal gesagt. Sei nur einmal unachtsam, und sie wird dich zum Erliegen bringen. Als er noch ganz jung war hatte er das nicht verstanden. Jetzt aber schon, auch wenn Aias sich im Allgemeinen nicht sonderlich gut auf Frauen verstand. Zumindest auf keine, die heißblütig waren und diesen Umstand gegen ihn richteten. Die herzende Duria kam ihm in den Sinn, doch auch die zählte nicht dazu, denn sie meinte es nur kameradschaftlich. Es war ein edel wirkender Herr, dessen Interesse nun wohl erwacht war und er richtete ein Wort an die junge Dame neben ihm. Irgendwie schämte er sich, dass er einfach nur da stand und vor sich hin stammelte. Er konnte das wirklich besser, doch die Situation forderte ihren Tribut und er konnte es sich selbst nicht übel nehmen. Kurz presste er die Kiefer aufeinander, nur um dann tief einzuatmen. Während er das tat, ermahnte er sich, wenigstens so zu tun, als wäre er gelassen. Nur war leider ein Schauspieler an ihm nicht verloren gegangen.


    “Sag was hat dein Herr unterrichtet? Und was hälst du von Sappho?“, fragte die junge Dame. Sappho? Aias atmete die Luft, die er zuvor eingesogen hatte wieder aus, sodass sich seine Nase blähte. “Mir aber schreckt das Herz im Busen; denn wenn ich nur flüchtig blicke zu dir hinüber, dann bricht mir die Stimme!...“, begann er rezitierend. Dieses Mal jedoch klar und deutlich und dann klappte sein Mund wieder zu. Hatte er das wirklich gesagt? Eine Schweißperle löste sich und rann über seine Schläfe, während er über sich selbst erschrocken die junge Frau geradezu anstarrte. Lahm ist die Zunge...und Dröhnen in den Ohren...zittern befällt den Leib...“ Ja, er kannte Sappho, auch wenn es nicht wirklich zum Standartrepertoire gehörte. Warum hatte er das jetzt gesagt? Wahrscheinlich, weil Theodosius immer ein Stichwort in den Raum gerufen hatte und sich einen Spaß daraus machte, Aias so viel wie möglich zu diesem Thema herunterbeten zu lassen. Er war eben ein Lehrer, der danach immer gelächelt hatte. Etwas zittrig wendete er wieder den Blick ab und wischte sich eine verworrene Haarsträhne von der Stirn. Theodosius hatte so ziemlich alles gelesen und er war für seine nonkonforme Art berüchtigt, die Dinge anders zu sehen als die Masse der Menschen. Er sah sie halt auf seine Art und pickte sich heraus, was immer ihm beliebte. “Es tut mir leid!“, sagte Aias dann schnell. “Das wollte ich ja gar nicht so sagen!“ Oh nein, sein Herz schlug schon wieder bis zum Hals. “Ich wollte sage dass...dass..er Grammatik unterrichtet hat. Lesen und schreiben. Auf griechisch auch. Also mein Herr und...Homer.“ Aias mochte Homer, doch das gehörte nicht zur eigentlichen Frage. “Sappho war eine...Frau...“ Ja, das war klar, Aias, schalt er sich selbst. “Eine gebildete Frau...“ Sein Blick wanderte über die Menschen vor der Tribüne. “Eine Frau, die sich gut lesen lässt.“ beendete er dann den begonnen Satz. Oh ja, das stimmte. Ich bin bleicher als Gras, dem Tod nah schein ich, Agallis. Er fühlte sich elend und wenn sich so auch ein reicher, wohlhabender Redner vor seinem Publikum fühlte, dann wollte er lieber arm bleiben und in einer Tonne hausen.

    600 Sesterzen. Aias öffnete seine Augen wieder und presste die Lippen aufeinander. An irgendetwas musste er nun denken, doch zuvor ließ er seinen Blick hastig zu dem Rufer wandern. Ein älterer, etwas gestreng wirkender Herr war es gewesen, der dieses Angebot unterbreitet hatte. Die beiden anderen Herren standen noch immer mit der Dame da. An der gleichen Stelle, nur mit dem Unterschied, dass der jungen, elegant gekleideten Frau nun Luft zugewedelt wurde. Es stimmte auch, es war auch warm und drückend und der Geruch wurde unter diesen Umständen nicht besser. Doch der Sklave war es nicht anders gewohnt, selbst wenn ihm der Schweiß auf der Stirn stand. Hoch unter dem Dach im Mietshaus in der Subura war es auch nicht besser gewesen. Hach...Aias. Man könnte einen Stein in die Luft werfen und er würde einfach stecken bleiben, hatte Theodosius mal geschnauft. Doch zum Wedeln hatte es nichts gegeben und die sakrosankten Schriftrollen kamen dazu nicht in Frage. Stattdessen gab es dann zur Kühlung etwas von dem günstigen Wein ins lauwarme Wasser, welches man die Treppen hatte hoch schleppen müssen. Sechshundert Sesterzen. Einfach so. Davon hatten sie im überheizten Kämmerlein träumen können. Das war etwas weniger als das, was Theodosius im Jahr verdient hatte. Sechshundert Sesterzen pro Jahr wären fünfzig pro Monat und eins Komma fünf... nein...sechs... pro Tag, wenn der Monat dreißig Tage hätte. Davon gingen 3 As täglich für die Miete in der billigen letzten Bleibe runter. Es blieben weitere drei As. Davon konnte man, nachdem die Schulden abgezogen waren noch eine Menge sparen. Mit dem Freundschaftspreis von Duria aus der Garküche für ihre bescheidene Kost und einige Tischabfälle gratis für den Hund. Wenn man den Rest sparte, hatte man nach einer Woche fast einen Sesterz. Eine Milchmädchenrechnung und völlig falsch, genauso völlig wie der Druck hinter der Stirn, der zunehmend schlimmer wurde. Er konnte den Herzschlag in der Schläfe fühlen. Noch einmal schaute er auf seine Finger.


    “Wie alt bist du? Hast du schon Erfahrungen mit Kindern?“ Was? Aias schreckte innerlich auf. Neunzehn, dachte er spontan, als er die Frage hörte. Er hob den Blick wieder und entdeckte unter den Menschen vor dem Podest eine weitere Frau, die ihm diese Frage gestellt hatte. Neben ihr stand ein Hüne von einem Mann, der ihr wohl den Weg gebahnt hatte. Kurz richtete sich dann sein Augenmerk auf den Sklavenhändler, doch dieser hatte ihm ja gesagt, er solle antworten. Außerdem hatte die Dame ja auch ihn gefragt und niemanden sonst, oder? Also: Reden! Er schluckte und nickte, weil er genau wusste, dass es ihm unter den gegebenen Umständen schwer fallen würde, obwohl er sonst nicht auf den Mund gefallen war. Im Gegenteil. Doch dies hier war nicht 'sonst' und die Frau war auch nicht Duria aus der Garküche, die einen jeden als mein Schatz bezeichnete nach einer herzlichen Begrüßung. Sicherlich hatte er Erfahrungen mit Kindern. Er war ja mehr oder minder in einer Schule groß geworden. “Ja...,“ brachte er dann heraus und im selben Moment merkte er, dass die Antwort etwas karg war und nur die Hälfte der Frage zufriedenstellte, wenn überhaupt. “Ich bin neunzehn...“, begann er dann. “In einem halben Jahr werde ich zwanzig und ich habe immer in der Schule von Theodo... von meinem Herrn geholfen,“ verbesserte er sich dann, ehe er noch hinzu fügte: “Er war Lehrer.“ Unter diesem letzten Satz klang seine Stimme nicht halb so zittrig wie er befürchtet hatte, doch doppelt so belegt, deshalb wiederholte er das letzte Wort noch einmal nach einem Räuspern: “Lehrer!“ Dann schaute er wieder zu seinem Hund. Dieser saß zum Glück noch immer hechelnd da und wedelte mit dem Schwanz, während er zu ihm hinauf schaute. So wie wohl alle anderen auch.

    Plötzlich kläffte es unter dem Podest. Irgendwo zwischen den Beinen der Leute, die sich versammelt hatten. Aias hätte dieses Gebell unter hunderten wiedererkannt. Banu! Sein Hund! Ein geschecktes, kleines Wesen mit einem borstigen Fell und zwei unterschiedlich gefärbten Augen. Er hatte ihn nicht behalten dürfen, obwohl er den Sklavenhändler angebettelt hatte es tun zu dürfen, doch hatte der kleine Kerl sich immer irgendwo in der Nähe aufgehalten. Nun war er hier. Mitten im Publikum. Aias hob den Blick und suchte nach der Quelle des unverwechselbaren Lärms. Er konnte den Impuls kaum unterdrücken, die Hände zu heben und sich einen Finger auf die Lippen zu legen, um so zu versuchen, ihn zum schweigen zu bringen.
    Es hatte immer Tiere in der Nähe ihres Heims gegeben, und wenn Aias nicht darauf geachtet hätte. Hätte Theodosius wohl ein jedes hinein gelassen. In sein Heim und in sein Herz. Zum Glück schien Banu den Wink verstanden zu haben. Nun hockte er nur noch da, hechelnd und fiepend und Aias Blick tastete über die Menge. Eigentlich reichte es ihm schon da zu stehen und Fortuna für ein holdes Schicksal anzuflehen, doch es rächte sich wohl, wenn man den Göttern in seinem Leben zuvor nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Zumindest blieb der Hund friedlich. Vorsichtig richtete er dann das Augenmerk auf die beiden Herrn, die bereits geboten hatten und die junge Dame, die daneben stand. Sie redeten. Aias suchte nach einem sichereren Stand und auch wenn es ihm schwer fiel, so wollte er doch nicht aussehen wie ein begossener Pudel, trotz allem. Wahrscheinlich hätte es Theodosis so gewollt und gesagt, dass man gewissen Dingen mit Tapferkeit gegenübertreten sollte. Und Seneca hatte gesagt, das Tapferkeit einen Gegner bräuchte. Aias rollte die Augen gen Himmel, nur um sie dann für einen Moment zu schließen.

    „Das Leben ist ein Wandern in einem bergigen Gebiet: Mal geht es runter, mal geht es rauf. Das ist natürlich, also trag' alles mit Fassung.“


    Warum kamen ihm nun auf einmal alle Sprüche in den Sinn, die Theodosius, sein ehemaliger Herr, ihm einmal gesagt hatte, in allen passenden und unpassenden Augenblicken? Doch Zeit zum Sinnieren blieb Aias nicht, denn jetzt ging es wieder hinauf. Allerdings nur drei kleine Stufen. Auf ein Podest. Von oben sollte man einen wunderbaren Blick haben, hatte ihm noch vor fünf Minuten einer seiner Leidensgenossen in einem der Verschläge ironietriefend gesagt, doch für Aias sah das folgendermaßen aus: Rein körperlich erhöht, aber rein psychisch ganz unten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von einhundert Prozent lag es an der unfassbaren Situation, obwohl der junge Mann immer schon geahnt hatte, dass es einmal so kommen würde. Theodosius war ein Chaot von einem stoischen Epikurer, der seine Philosophie mit dem Wind wechselte und in den Tag hinein lebte. Dazu zählte er zu den Leuten, die nach nicht einmal einem vernünftigen Abendbrot von einem Tag behaupteten, es wäre der beste ihres Lebens gewesen, nur weil sie drei schöne Zeilen in einem halbverfallenen Papyrus hatten lesen dürfen. Die Kraft des geschriebenen Wortes tröstete Theodosius dann auch über das nicht vorhandene Frühstück hinweg und trug ihn sogleich auf goldenen Schwingen hin zu seiner Schulbaracke, um sich von undiszipliniertem Volk von maximal sechzehn Jahren die zerzausten Haare noch grauer färben zu lassen. Sein Herr war nämlich Lehrer gewesen, und Aias so etwas wie sein „Sohn“, dem er all sein Wissen hatte weitergeben wollen. Das funktionierte gut und so lange bis das literaturvernarrte Schulmeisterlein der Schlag getroffen hatte. Das geschah erst vor wenigen Tagen. Nun stemmte Aias sich weder gegen den Wunsch des Sklavenhändlers vorzutreten, noch gegen sein Schicksal. Er hatte nicht nur seinen Herrn verloren, sondern auch einen väterlichen Freund, Mentor 'Pflegefall' und damit sein Lebenszentrum. Mitten auf der Bühne kam er schließlich zum Stehen.


    Schon hatte der Herr Tranquillus angefangen zu reden und ihn anzupreisen, doch Aias bekam das alles kaum mit. Statt zuzuhören, senkte er den Blick auf seine Hände. In den neunzehn Jahren seines Lebens war es ihm nie zuvor derartig bewusst gewesen, dass er ein Sklave war. Erst in den bei Titus Tranquillus hatte ihn diese Erkenntnis mit aller Härte getroffen. Sein Leben war kein schlechtes gewesen, auch wenn es nur in aller denkbaren Einfachheit stattgefunden hatte, doch was würde nun kommen? “...und hatte auch den Schlüssel zur Truhe des Hauses.“
    Sie hatten kein Haus, sondern lebten in einer Form des urbanen Mietnomadentums und Aias war immer bemüht gewesen, noch das letzte As seines Herrn nicht gerade in der Truhe zu verstecken. Da hätte er es zuerst gesucht, um es für ein Schriftstück zu veräußern. Sparen war oberste Devise und Theodosius war ihm ofmals dankbar gewesen. Und sparen wollte man, denn seitens seines Herrn hieß es immer: Man 'könnte' ja nach dem schönen Griechenland reisen, oder nach Alexandria. Faktisch war es dann beim Konjunktiv geblieben und sie waren nicht einmal bis Ostia gekommen. Mangels Masse und auch wegen dem zunehmenden Rheumatismus des alten Herrn. Und jetzt? Jetzt stand er hier ohne die Welt gesehen zu haben. Das alles für die Miete, die Theodosius schuldig geblieben war und überhaupt als das einzige, was er hinterlassen hatte. Wenn man von den leidlich gebildeten Geistern seiner unterprivilegierten Schüler einmal absah.


    Verstohlen biss Aias sich auf die Unterlippe und wagte einen Blick auf die Leute, die sich eingefunden hatten. Er schluckte schwer, blickte flüchtig zu dem Herrn Tranquillus und schaute wieder auf die Bretter dieser Bühne. Ein massives flaues Gefühl stellte sich ein. Dazu kam noch ein Herz, das bestimmt gleich platzen würde, weil es so heftig schlug. Aias war eigentlich kein Drückeberger – es wäre sowieso hier nicht möglich gewesen – sondern er war eher jemand, der sich Herausforderungen stellte, sich zum Beispiel wunderbar an der Schlange an einer Garküche durchsetzen konnte und überhaupt das spartanische Daheim zumindest verbal gegen Spötter zu verteidigen wusste. Doch dieses ganze Geschehen hier umklammerte ihn wie eine Zwinge aus Eisen. Noch am gestrigen Tag hatte er sich gewünscht, dass sich niemand für ihn interessieren würde. In der letzten Nacht hatte er dann nicht schlafen können und war zu dem Entschluss gekommen, dass das Leben selbst für jemanden aus dem niedrigsten aller Stände ja irgendwie weiter gehen musste. Er hatte sich die verschiedensten Dinge ausgemalt, die ihn in seiner Zukunft erwarten konnten. Doch vielleicht war er was das anging einfach zu aufgewühlt gewesen, was im Hier und Jetzt dazu führte, dass sein Verstand ihm nun erschien wie eine dröge Scheibe Brot und seine weichen Knie sich anfühlten, als wären sie die Butter dazu. Besonders, als er die ersten Gebote hörte. Er konnte einfach nicht aufblicken, sondern fummelte sich verstohlen an den Fingern herum.

    Hach... aber hinter will ihn keiner.*lach*... Aber ich lasse es mal alles so wie es ist, und würde ihn dann dem guten Titus anvertrauen.*nick*


    =)

    Aias sucht ein zu Hause!


    Name: Aias
    Wohnort: Roma
    Stand: Servus



    Ich hatte mir so gedacht, dass Aias ein gelehriges, adrettes Kerlchen von ca. 18/19/20 Jahren ist, so in dem Dreh und einen neuen Herrn/eine neue Herrin sucht. Wie wäre er noch? Munter/rege/pfiffig, wenn er mit seinesgleichen zusammen ist sogar ein wenig dominant tuend/überheblich vll. (also gegenüber anderen Sklaven), seinem Herrn/seiner Herrin gegenüber aber recht scheu und diensteifrig. Darüber hinaus dachte ich mir, dass er ja schon unterrichtet worden sein kann von seinem vorherigen Besitzer, einem alten Griechen, (der ihn ein wengi verhätschelt hat). Natürlich dann in der griechischen Sprache und Mathematik/ggf. Literatur und was man so gebrauchen kann, um ein guter Begleiter irgendeines Herrn zu sein. Nun soll er verkauft werden, weil eben jener alte Grieche leider verschieden ist und recht allein auf der Welt war.


    Hm. Ich denke, ich würde ihn gern versteigern lassen, wenn das Aussicht auf die "Herrenfindeung" hat.*g* Vielleicht besteht ja auch so irgendwo Bedarf?


    Joa...genug der Worte.... *sich artig setzt und erstmal abwartet*