Beiträge von Onatas

    Noch während er mit seinem Lächeln rang kam der Soldat auch schon schlendernden Schrittes zu ihnen hinüber und wie man vernehmen konnte mit dem Wunsch, sich auch einmal die Ware zu betrachten. Wieder trafen Onatas taxierende Blicke, die er bald meinte auch körperlich spüren zu können. Seine eigenen Blicke wurden darunter unstet und schließlich schaute er wieder zu Boden. Doch bei Blicken blieb es nicht, denn eine fast unausweichlich erscheinende Frage sollte folgen, nämlich die nach seiner Ausbildung und seinen Talenten. Danach befragt zu werden hatte schon ein wenig mehr Tiefe als die Fragen nach seiner Herkunft, die dem Sklaven beinahe viel lieber gewesen war. Woher er kam ließ sich nämlich leicht beantworten. Was er gelernt hatte und was er konnte standen da schon auf einen ganz anderen Blatt, denn eigentlich sag er sich selbst als relativ talentfrei an.


    “Ich... habe bei meinem ersten Herrn das Lesen und Schreiben gelernt, Herr,“ antwortete er dann wahrheitsgemäß. Nero mochte gewesen sein wie er wollte, doch er hatte auch immer viel Wert auf die Grundbildungen derjenigen gelegt, die in seinem Hause weilten. “Ich durfte ab und an beim Unterricht der jungen Domina dabei sein und... ich...“ Onatas löste die Hände von seinem Leib und begann an seinen Fingern herum zu spielen. “Ich schreibe gerne... auch Gedichte... aber ich kann auch ein wenig rechnen uuuund...“ Jetzt musste er doch einen Moment überlegen. Es war gar nicht so einfach, sich selbst anzupreisen und das war es doch letzten Endes, was Polycles von ihm wollte. Zumindest hatte der Grieche alle Sklaven in seinen Gattern ermahnt, ich von ihrer besten Seite zu zeigen. “Ich kenne mich ein wenig mit Pferden aus, auch wenn ich nicht reiten kann.“ Er nickte als er seine etwas unsicher heraus gebrachten Äußerungen beendete. Ja, das war im Prinzip auch schon alles was er konnte. Nun schaute er den Soldaten wieder an und blickte dann zu der jungen Dame hinüber. Alles weitere musste er wohl ihr überlassen, denn es gab nun wirklich nichts mehr zu sagen.

    Lange Zeit, um zu dem Soldaten in Prätorianeruniform anzusehen blieb ihm nicht, denn schon schob sich ein Mann, dessen spätes mittleres Alter sich wohl gerade vollenden wollte, in sein Blickfeld und betrachtete ihn mit den Augen eines Habichts. Das Zwinkern seiner etwaigen zukünftigen Besitzerin hatte Onatas noch bemerkt, doch nun war kaum noch ein Raum vorhanden, um dieses zu deuten. Offenbar handelte es sich bei diesem Römer um den Vater der jungen Lady, der ihn nun beäugte, als hätte er ein Stück verlaustes Opfervieh vor sich stehen. Eine Woge des Unwohlseins rieselte über Onatas Rücken und es währte auch nicht lange, bis eine harte Hand nach seinem Kiefer griff, um diesen aufzusperren. Offenbar wollte dieser Mensch nun das nachholen, was die junge Dame versäumt hatte. Der Sklave hasste es, derartig angefasst zu werden und er hasste auch den Kommentar, dass er über gute Zähne verfügte, selbst wenn es stimmte. Schließlich wurde noch an ihm gerüttelt, als würde Sorge bestehen, dass ihm dadurch die Haare wie altes Laub vom Haupte wehen könnten. Dennoch wehrte er sich nicht, sondern ließ diese Begutachtung anstandslos über sich ergehen. Was sollte es schon nützen auszuweichen oder sich zu verweigern? Das würde nur Schwierigkeiten nach sich ziehen, die er nun wirklich nicht erstrebenswert fand. Nein, am besten man blieb einfach stehen, sperrte das Maul auf und tat ansonsten gar nichts, dann würde alles vorbeiziehen, wie ein flüchtiges Sommergewitter.


    Was blieb war allerdings die Frage nach seinem Preis. Er selbst hätte sich preislich spontan nicht als sonderlich wertvoll eingeschätzt und der Römer vor ihm tat dies wohl auch nicht. Trotzdem er vielleicht recht hatte – denn immerhin konnte Onatas nicht mehr als arbeiten, schreiben und ansonsten einen mehr oder weniger guten Eindruck machen – setzten seine Worte dem Sklaven unangenehme Stiche in die Magengrube. Wer hörte schon gerne, dass er nur achthundert Sesterzen wert war, wo man sich doch selbst gelegentlich als unbezahlbar empfand in seiner Individualität? Aber auch hier galt es nun, sich nicht in den entstandenen Disput zwischen Vater und Tochter einzumischen, oder zumindest zwischen Beauftragtem und Schützling. Denn wie es aussah standen die beiden Herrschaften nun doch nicht in einem familiären Zusammenhang. Unangenehm berührt von der kleinen Streitigkeit, deren Auslöser er nun unfreiwillig geworden war, schaute Onatas zu Boden und verbiss seine Schneidezähne in der Unterlippe. Dennoch wagte er es dann und wann abwechselnd zu den beiden sich zankenden Parteien auf zu blicken. Doch Rettung, in Form des Polycles, wollte nahen.


    Dieser allerdings reagierte ein bisschen theatralisch auf den nun auf achthundert Sesterzen gedrückten Preis und deutete wieder zu dem Soldaten hinüber. Ein Wink, dem Onatas mit den Blicken folgte. War er wirklich so begehrt an diesem frühen Morgen? Ein kaum hörbares Seufzen schlich sich über seine Lippen. Eigentlich war nur zu hoffen, dass es bald überstanden war, denn als positiv war nur zu bewerten, dass er nicht auf diesen verdammten Block musste, damit die Öffentlichkeit des Platzes noch um ihn feilschte. So war es die letzten Male gewesen. Nein, zwei Interessenten waren mehr als genug! Wieder ging das Handeln los, doch alle gebotenen Summen rauschten an ihm nur noch vorbei. Beinahe schlich sich nun sogar etwas Sehnsuchtsvolles in seine Blicke, als er zu dem Soldaten hinüber schaute. Dass allerdings galt weniger dessen Person, als dem Wunsch, dass nun Einigkeit erzielt wurde. Keinem Ego tat es gut, derartig Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein und er selbst bildete da keine Ausnahme. Sollte Fortuna was seine Zukunft anging ihm nun hold sein oder nicht, Hauptsache sie unternahm endlich etwas! Wieder huschte Polycles von dannen, hin zu dem Mann in Uniform, während Onatas von einem Bein auf das andere trat. So konnte sich nur ein ins Nass getauchter Hund fühlen! Der Sklave atmete tief ein, schlang sich seine Arme um den Leib und versuchte unbeteiligt zu wirken, was nicht recht gelingen wollte. Ein wenig leidend schaute er nun doch drein, was er mit einem neuerlichen leichten Lächeln zu überspielen suchte, denn was hatte Batidius Denter immer gesagt? 'Wer auch zu ungünstiger Stunde zu lächeln vermag, erspart sich meist das Weinen.'

    Offenbar hatte die junge Dame nichts dagegen, dass er etwas mehr preisgab als verlangt war. Nein, er hatte sogar den Eindruck, dass es sie interessieren würde. “Ja, ich habe schon einiges gesehen,“ erklärte er dann leise, als sie ihn darauf ansprach. Dann verstrich ein stiller Moment, in dem sie nachzudenken schien. Offenbar hatte sie Interesse an ihm, was ihm ein wenig das Herz in Richtung der Beine sacken ließ. Eine Frau wollte ihn erwerben? Darüber hinaus hatte er bis jetzt noch keine Vorstellung davon, in welcher Funktion er ihr denn überhaupt dienen sollte. Er konnte nur hoffen, dass es nicht als Wächter oder dergleichen war. Onatas verhielt sich still und biss sich verstohlen auf die Unterlippe, als die junge Römerin nun nachfragte, was er denn kosten sollte. Dann dauerte es nicht lange, bis eine Sklavin, welche sie 'Naevia' rief alles Notwendige veranlassen sollte.


    Wollte sie nicht noch mehr wissen? Zum Beispiel, ob er gesund war, über welche Fähigkeiten er verfügte oder ob er ein kräftiges, unversehrtes Gebiss hatte? Doch der erste Eindruck schien ihr zu genügen, auch wenn zweitausendfünfhundert Sesterzen eine recht deftige Summe darstellten. Der Sklave schöpfte tief nach Atem. Wahrscheinlich war dies das Beste, was ihm geschehen konnte. Hatte er nicht immer ein gutes Leben in einem guten Haus geträumt? Immerhin schien sie freundlich zu sein, denn eine herrische Note hatte er an ihr bisher nicht ausmachen können. Unter einem leichten und unsicheren Lächeln ließ er neuerlich flüchtig seine Blicke schweifen und wieder erfasste er den Römer in Gardeuniform. Offenbar auch auch dieser kaufwillig und... hatte er gerade auf ihn gedeutet?

    Irgendwie schien die junge Dame von seinem Namen fasziniert zu sein, denn sie wiederholte ihn noch einmal, als würde dies helfen, ihn sich besser einzuprägen. Doch er selbst hätte wohl besser nicht weiter gesprochen, denn er erntete sogleich einen Schlag gegen den Hinterkopf und eine scharfe Rüge von Pyrrhus. Onatas zuckte kurz zusammen und zog den Kopf ein wenig ein. Auf eine Tracht Prügel war er nun wirklich nicht versessen. Er wollte schon nicken, als Zeichen, dass er die mahnenden Worte verstanden hatte, doch offenbar wollte die junge Lady, dass er weiter sprach. Sie lächelte sogar recht aufmunternd dabei. Woher er kam wollte sie wissen und sie klang recht freundlich dabei. Nun musste er sich erst einmal räuspern und einen flüchtigen Seitenblick zum Händlersgehilfen hinüber schicken. Doch wenn sie es wollte, würde er sicherlich nun nichts mehr dagegen haben.


    “Ich wurde in Alexandria geboren, doch meine Mutter war Syrerin,“ sagte er dann. “Später dann wurde ich dann an einen jüdischen Händler verkauft und zog mit ihm umher. Danach kam ich dann nach Rom.“ Sollte er noch mehr sagen? Mehr von seiner Lebensgeschichte erzählen? Wieder blickte er zu Pyrrhus und dann auf die junge Römerin zurück. “Ich... ich habe zwei Jahre in einem Mietstall gearbeitet, für einen alten Herrn, der vor Kurzem verstorben ist.“ Zwar zuckte er unter diesen Worten mit den Schultern, doch im Grunde war es ihm doch ein wenig nahe gegangen. Wie auch immer. Es war vorbei und hier und jetzt ging es um seine Zukunft. “Naja... er starb friedlich im Bett,“ setzte er dann noch nach.

    Vielleicht mochte er rein äußerlich recht unbeteiligt wirken, doch in seinem Inneren sah es ganz anders aus. Es gab auf der Welt wohl niemanden, den ein anstehender Verkauf, mit all seinen Ungewissheiten über die eigene Zukunft, gänzlich kalt ließ. In Onatas stieg die Nervosität immer mehr, doch er wollte sich auch nicht von dem Anblick, den der Markt bot abwenden. Noch immer betrachtete er aufmerksam die vorbei Gehenden. Ein Mann fiel ihm dabei besonders auf: Eindeutig Römer in einer stattlichen militärischen Aufmachung. Er mochte wohl ein höheres Tier bei den Prätorianern sein. Ganz so genau kannte Onatas sich nicht damit aus. Er bemerkte nur, dass der Römer ihm eindringliche Blicke zuwarf und generell nicht wirklich unfreundlich wirkte. Würde er ihn kaufen wollen? Der Syrer rang nach Atem und versuchte sich, seine eigene Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, denn diese führte letzten Endes doch nur dazu, dass man furchtsam anfing zu schlattern. So unglücklich seine Situation auch sein mochte, er wollte einen guten Eindruck machen und ein glückliches neues Heim finden, in dem es sich auch als Sklave leben ließ. Wer sollte einen schon nehmen, wenn man am ganzen Leib bebte und zitterte? Der Mann hatte sich noch einmal nach ihm umgedreht, ehe er sich dann an Polycles wendete. Was gesagt wurde konnte der Syrer von seinem Standpunkt aus nicht verstehen, doch wollte er das wirklich? Nein, wollte er nicht und sollte sich der Römer wirklich für ihn interessieren, würde er es früher oder später sowieso erfahren.


    In die wohl sortierten Gatter des Sklavenhändlers war unterdessen Bewegung gekommen. Glaucus und Pyrrus waren ausgeschwärmt und holten zwei Sklavinnen herbei. Eine Germanin und eine Ägypterin. Letztere hörte auf den Namen Nefertiri, von der anderen wusste er so gut wie nichts. Selbst wenn man bei ein und dem selben Händler weilte, so kannte man seine Leidensgenossen nicht unbedingt gut. Sicherlich fiel das ein oder andere Wort, doch im Grunde war jeder mehr oder weniger allein mit seinen ureigenen Problemen und Sorgen. Den Namen der Ägypterin hatte er sich nur behalten, weil sie ihm diesen genannt hatte und er wusste, dass sie eben aus Ägypten kam. Er selbst war in Alexandria geboren und aufgewachsen und verstand auch ihre Sprache. Vielleicht schweißte das nicht unbedingt zusammen, doch es brachte einen näher und war Anlass für ein kurzes, kleines Gespräch gewesen. Die beiden Sklavinnen wurden zu der jungen, römischen Dame gebracht. Onatas Blicke waren wieder zu dieser hinüber geschwenkt. Sie schien sich angeregt mit Polycles unterhalten zu haben. Offenbar suchte sie weibliches Personal. Verwunderlich eigentlich, denn in den Augen des Sklaven waren es doch gerade diese kleinen Ladies, die mit einem goldenen, verzuckerten Löffel an den Lippen in die Welt geboren waren und denen es eigentlich an nichts fehlen sollte. Erst recht nicht an Dienern. Andererseits boten gerade diese Erlauchten oftmals ein angenehmes Heim. Eines, welches man wohl nicht unbedingt mit dem seines ersten Herrn aus Alexandria vergleichen konnte. Dort war alles eher spartanisch gewesen und eine Sänfte für die Damen kam dem Nero nie ins Haus, denn er war der Auffassung gewesen, dass zu einem gesunden Leib auch zwei gesunde Beine gehörten.


    Viel Zeit zum Sinnieren blieb allerdings nicht und das wollte er auch gar nicht. Kurz betrachtete sich Onatas den Sklaven, der nahe bei ihm im Gatter stand. Auch er wirkte gespannt und beobachtete das Geschehen um sie herum. Der Syrer meinte, dass es sich um einen Griechen handeln musste. “Es geht ganz schön an die Nerven, hm?“ sprach er ihn dann an. Doch er erwartete im Grunde nicht wirklich eine Antwort und wurde sich erst nachdem er die Worte ausgesprochen hatte bewusst, dass sie nur dazu dienten, ihn selbst abzulenken. Denn gerade kam Polycles höchst persönlich auf das Gatter zu und öffnete die Tür. Onatas nickte nur auf die Worte hin, dass er sich benehmen möge. Natürlich hatte er sie gehört und er würde schon nichts Dummes anstellen. Zumindest nicht, sofern dies in seinem Einflussbereich lag. Somit ließ er sich am Arm über den kleinen Platz hin zu der römischen Patrizierin zerren, vor der bereits die anderen Sklavinnen standen. Hatte sie wirklich Interesse an ihm bekundet? An ihm? Schon einen kurzen Moment später, streckte sie ihre Hand aus und berührte seinen Oberarm, der zwar weniger von Training, sondern viel mehr von körperlicher Arbeit gestählt war. Onatas hörte, was der Händler über ihn sagte. Er war zwar kein Kämpfer, doch was nicht ist konnte noch werden? Er schluckte unwillkürlich und fragte sich augenblicklich, als was Polycles ihn angepriesen hatte. Als einen Gladiatoren?


    Nein, doch nicht. Offenbar suchte die Dame nur einen Begleiter, was die Sache auch nicht besser machte, denn der Syrer mochte es nicht unbedingt die Verantwortung für irgendjemanden oder irgendetwas zu haben. Nicht weil er es rigoros ablehnte, sondern weil am Ende immer etwas dabei zu Bruch ging. Als der Preis von Zweitausendfünfhundert Sesterzen fiel, weiteten sich seine Augen etwas und er konnte nicht anders, als Polycles erstaunt anzuschauen. Sein Faut Pas fiel ihm aber sofort auf und er senkte seine Blicke sogleich wieder. Beinahe zu spät, denn der griechische Händler machte sich auf und davon, hin zu einem anderen Kunden, den Onatas als den römischen Offizier identifizierte. Nun stand er also vor der römischen Lady, welche seinen Namen zu wissen wünschte. Ihre Stimme klang nett, wenn auch sehr jung. Doch wie sollte es anders sein, denn immerhin war sie ja auch jung. Onatas schätzte sie auf vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre. “Man nennt mich Onatas, Herrin,“ gab er dann folgsam zur Antwort und hob sein Augenmerk wieder ein wenig, um ihr entgegen zu blicken. Sie war wirklich schön anzuschauen, wie sie so herausgemacht war. Ihr Haar glänzte in der Sonne und rotblonde Locken fielen ihr über die Schultern. Unwillkürlich und ohne es zu merken, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. “Es ist noch immer der Name, den mein erster Herr mir gab.“ Eigentlich war diese Bemerkung unnötig und vielleicht auch dreist, doch er hatte die Idee, nun doch noch etwas sagen zu müssen. Vielleicht eine schlechte Idee, denn immerhin konnte nun die doch wirklich noch sehr junge Dame auf die Frage kommen, wie viele Herren er schon hatte und warum er sich nun nicht mehr in ihrem Besitz befand. Wie dumm. Onatas atmete noch einmal tief durch und blickte ihr tapfer lächelnd entgegen.

    Onatas trat von einem Bein auf das andere und schaffte es gerade noch so ein herzhaftes Gähnen zu unterdrücken. Sonderbar eigentlich, dass er es trotz aller Anspannung und Nervosität noch schaffte einer gewissen Müdigkeit Raum zu geben. Doch im Grunde war es kein Wunder, denn er hatte in der Nacht kaum ein Auge zu getan und wenn doch, so hatten die Träume in seinem Kopf derartig rumort, dass er sogleich wieder aufgeschreckt war. Die Tatsache, dass er nun zum dritten Mal in seinem Leben einen neuen Besitzer finden sollte machte ihn ruhelos und auch ein wenig gereizt. Wer konnte schon wissen, wo und bei wem man landete? Bisher hatte er immer mehr oder weniger Glück gehabt mit seinen Herren. Zwar mochten sie ein wenig verschroben, eigentümlich und sonderbar gewesen sein, doch im Grunde waren sie alle Menschen gewesen, die ihren Sklaven nichts Schlimmeres angetan hatten, als dann und wann einmal die ein oder andere Tracht Prügel. Im Falle seines letzten Herrn stand selbst das nicht auf dem Plan, denn Batidius Denter war viel zu alt gewesen, um noch seine Hand gegen einen Unfreien zu erheben. Ein Wunder, dass er es noch geschafft hatte, jeden Tag seine Rundgänge zu absolvieren. Nun war es gerade mal vier Tage her, dass er das Zeitliche gesegnet hatte, doch der Tod war gnädig gewesen. Er hatte den alten Herrn im Schlaf übermannt und ihn hoffentlich sanft durch die Pforten der Unterwelt zu getragen.


    Das aber machte es für Onatas nicht besser. Im Gegenteil. Ein wenig träge und insgeheim leidend schaute er sich nun um und fand sich immer noch umgeben von seinen Genossen, welche ebenso wie er am heutigen Tage den Besitzer wechseln sollten. Der Stand des Polycles war ein wenig abseits und verfügte über große Gatter, in welchen die Sklaven auf ihre neuen Herren warten sollten. Immerhin: Polycles war verschrien für seine gute Ware, doch war Onatas selbst weit entfernt davon, sich deshalb geehrt zu fühlen. Also stand er nur da, wobei er die Hand auf eine Sprosse des Gitters gelegt hatte und die Stirn sachte gegen das Eisen legte. Als ob es etwas nützte, hinaus zu starren und hinüber zu diesem verwunschenen Block, der sein Schicksal besiegeln würde. Dabei musste er sich eingestehen, dass sein Herz ein wenig flatterte und seine Knie mehr und mehr an Weichheit zunahmen, je mehr Kaufwillige und Interessierte ihren Weg auf den Markt fanden. Bei jedem der vorbei schritt fragte er sich, ob es wohl derjenige welche wäre. Klammheimlich wünschte er sich gar schon zurück zu Batidius Denter und seinem Mietstall, in welchem er gearbeitet hatte, doch das war ein Ding der Unmöglichkeit.


    Im Grunde genommen war dies eine recht ausweglose Situation, in der er sich befand und alles was es noch gab war der Blick nach vorn. Eben jener zu dem Verkaufsblock hin. Der Syrer seufzte und richtete sich wieder ein wenig auf. Es machte es nicht besser, die Menschen zu beobachten oder gar zu Polycles hinüber zu spähen, der sich sicherlich schon zurecht gelegt hatte, was er über einen jeden seiner Sklaven zu sagen hatte. In seinem Falle würde es wohl so sein, dass er sein Wesen preisen würde, welches zwar stets gehorsam war, jedoch dann und wann nicht von dieser Welt erschien. Eben ein im Wolkenkuckucksheim hängender Schwärmer, der gut anpacken konnte, wenn er sich nicht gerade einmal wieder ungelenk in den nächsten Fettnapf stürzte. Vielleicht würde er auch etwas über sein Aussehen sagen, was immer sonderlich wirkte, da es ja jeder sehen konnte. Onatas war eher ein dunkler Typ, mit einer Haut, die sich schnell in der Sonne bräunte. Darüber hinaus besaß er eine vorteilhafte Statur und ein Gesicht, welches die Damenwelt schon immer entzückt hatte. Ob er es nun gewollt hatte oder nicht. Vielleicht hatte er auch davor am meisten Angst: Dass eine Frau ihn erwarb. Es war nicht so, dass Onatas Frauen nicht mochte, nein. Er verfügte nur nicht über große Erfahrungen mit ihnen, denn nach all den schrulligen Herren erschienen sie ihm in seinen Gedanken wie die idealen Wesen von einem fremden Stern.


    Onatas seufzte noch einmal tief und schürfte mit eben jenen Seufzen auf den tiefsten Grund seiner Kümmernis. Seine Blicke jedoch waren noch immer auf den Markt gerichtet, wo nun eine Sänfte hielt. Götter, eine Sänfte! Vielleicht mochte ein derartiges Gefährt für viele Römer ein ferner Wunschtraum sein, doch er selbst sah sich bereits sein Leben als Trägersklave beenden. Wahrscheinlich unter der Last einer dicken Matrone in ihren bestickten Kissen. Nein, das waren wirklich keine schönen Gedanken, doch sie waren auch müßig. Was der Sänfte entstieg war eine junge Dame, offenbar von bestem Stand. Ein weiterer Mann, der in Begleitung des Gefährts gewesen war, begann damit herumzugehen und sich die Sklaven zu betrachten, ohne dabei das Gesicht zu verziehen. Der Syrer regte sich nicht, sondern stand einfach nur da und widerstand der Versuchung, die Arme vor der Brust zu verschränken. Zum Einen, weil es nur zu einer abweisenden Haltung führte, die Polycles gewiss nicht zu schätzen wissen würde, zum Anderen wollte er seine Hand lieber an den Gitterstäben lassen. Warum auch immer.

    Guten Abend! =)


    Ein neuer Sklave würde gerne die Gefilde der schönen Stadt Rom betreten:


    Name: Onatas
    Stand: Servus
    Wohnort: Roma
    Domina: Claudia Agrippina


    LG
    Onatas