Beiträge von Eila

    Die Neugierde und das schöne Wetter hatte sie hierher gebracht. Sie war einfach den Menschen mit ihren Sänften und schönen Togen gefolgt um zu sehen was es an ihrem Ziel Schönes gab. Fast schon ein wenig enttäuscht sah sie, daß es wohl eine geschlossene Gesellschaft war und wandte sich wieder zum Gehen als sie ihren Namen hörte.
    Sie drehte sich um und sah diesen römischen Offizier, diesen Varro.
    Ein prächtiger Kerl. Sicher hatte er an jedem Finger eine Mätresse. Er sprach sie an, wirkte unsicher, verlegen. So gar nicht der Mann der vor ein paar Tagen für ihre Befreiung und den Tod ihrer Entführer gesorgt hatte. Als sie daran dachte war es ihr als würde sie immer noch diesen Geschmack von Blut im Kopf haben, der erst nach Tagen verschwunden war. Sie lächelte ihn an und glaubte zu sehen, daß er ein wenig rot im Gesicht war.
    Ja, richtig. Nach Raetia. Sie spielte mit einer Strähne ihres Haars.
    Oh, ich, ...ich bin noch nicht weiter gekommen als zu einer kleinen Kammer in der Nähe der Regia. Sie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln und wußte er war Wachs in ihren Händen. Eine Vorstellung die ihr durchaus gefiel.
    Ich werde mir wohl eine Arbeit suchen müssen, ich werde den Winter abwarten und erst im Frühjahr reisen. Sie brauchte ihm wohl kaum mit Gerüchten zu kommen, daß die Wälder unsicher und die Barbaren immer frecher waren.

    Eila betrat ein wenig ängstlich, aber ehrfürchtig den Tempel der Iuno. Sie hatte sich mit den römischen Gottheiten befasst und so wußte sie, dass sie die Königin der Götter war. Sie wußte auch, daß ihr heiliges Tier die Gans war, wenngleich sie keine dabei hatte. Natürlich nicht aus Mißachtung, sondern weil sie nicht wußte ob man die Gans tot oder lebendig ablegen sollte.
    Sie betrachtete die Fresken, die schöne Marmorstatue, die eine reife Frau zeigte. Ja, Eila war sicher, daß sie hier richtig war um einem neuen Gott, oder besser einer Göttin ihr Vertrauen zu schenken. Sie legte ein paar Denare mit Iunos Konterfei in die Opferschale und verabschiedete sich mit einem Knicks.

    Nachdem man sie mit militärischer Eskorte nach Mogontiacum gebracht und auf dem Forum ausgeladen hatte, tauchte Eila zunächst ein in den Trubel der großen Stadt. Überall Menschen, geschäftiges Treiben und verfluchte Taschendiebe. Nach ihrem Einkauf von Stoff und einer Kleinigkeit zu Essen sowie zwei vergeblichen Versuchen sie um ihre Börse zu erleichtern beschloss sie sich ein Zimmer zu nehmen. Sie fragte sich durch in landete schließlich ein wenig ausserhalb des Forums in einer kleinen Herberge. Die aufgerufenen Preise lösten zwar Schnappatmung bei ihr aus und verkleinerten ihre Barschaft beträchtlich, aber sie konnte wohl kaum weiter im Freien schlafen. Sie zahlte sie schmerzlich grinsend das Zimmer für 3 Tage und machte sich dann auf ihre neuerworbenen Schätze dort unterzubringen. Fassungslos sah sie sich in der Kammer um. Ein kleines Fenster, welches gerade soviel Licht in den Raum ließ um zu erkennen wie dunkel er war, ein roh gezimmertes Bett, eine Truhe die wohl noch aus den Tagen des Arminius stammen musste. Ein Haken an der Wand. Nachdem sich ihre Fassungslosigkeit und ein kurzes Schluchzen gelegt hatte, entzündete sie die kleine Öllampe und machte sich auf die Suche nach Mitbewohnern. Doch zu ihrer Überraschung war das Bett frisch bezogen, die Strohauflage roch noch nicht und es krabbelte auch nichts darin herum. Die kleine Maus, die sie anfangs neugierig betrachtete verschwand kurz darauf hinter der Truhe in einem Loch in der Wand.
    Eila legte ihren Stoff auf das Bett, das Säckchen mit Brot, Käse und Wurst hängte sie an den Nagel. Seufzend strich sie ihr Kleid glatt und machte sich auf zur Therme. Sie fühlte sich als hätte sie wochenlang im Wald gelebt.

    Eila folgte dem Offizier aus dem Wald. Ihre Handgelenke juckten an den Abriebstellen und andauernd verfing sich ihr Kleid an irgendwelchen Ästen im Dickicht.
    Was würde nun werden? Seufzend atmete sie aus und wurde gewahr, daß sie den Wald verließen. Ein weiterer Legionär kam auf sie zu. Ein typischer Frauenheld schätzte sie ihn ein. Solche Typen träufelten einem Mädchen Honig ins Ohr um zu bekommen was sie wollten und dann ließen sie einen fallen wie einen abgenagten Knochen.
    Der Frauenheld sagte etwas zum Offizier und machte ihr in seinem Beisein schöne Augen.
    Dieses blöde Grinsen...hatte er da was zwischen den Zähnen?
    Eila verdrehte sichtbar die Augen um ihr Desinteresse zu demonstrieren und sah sich um.
    In der Nähe lagen die Leichen der Bande die sich verschleppt hatte. Sie erkannte den Kerl der sie,...sie stutzte...fehlte den der Arm oder? Sie sah näher hin und wandte sich ab. Ihm fehlte nicht nur der Arm. Ihr wurde ein wenig schummrig, was kein Wunder war, denn bis auf brackiges Wasser hatte sie die letzten zwei Tage nichts zu sich genommen.
    Ohne ihr Zutun knickten die Beine ein und sie sackte seitwärts auf die Wiese. Sie bekam noch mit, daß jemand etwas rief und sah ein paar stramme Waden um sich herum, aber das letzte war das Gesicht des Offiziers der sich über sie beugte und in den Arm nahm.
    Eigentlich hatte sie keinen bestimmten Typ, aber der...es wurde ihr schwarz vor Augen.

    Eila stand wie ein begossener Pudel da und ärgerte sich einmal mehr über ihr loses Mundwerk. Dabei war es nicht einmal ihre Schuld. Sie hatte am Marktstand ihres Mannes Wulf Waren feilgeboten, gefeilscht und geschimpft. Dabei nahm man ein Verhalten an, welches sich aus dem entwickelte was einen umgab. Zu Hause bei ihrem Mann wurde Kassensturz gemacht, gegessen und für den nächsten Tag alles vorbereitet bevor man in getrennten Räumen zur Ruhe ging. Ihr Mann hatte anfangs ihrer Ehe versucht seinen Vorstellungen von der Gründung einer Familie nachzukommen. Doch es zeigte sich sehr schnell, daß es wohl dafür zu spät war. Seinen unmoralischen Vorschlag sich von seinem Neffen schwängern zu lassen lehnte sie brüsk ab. Nicht nur weil dieser Neffe ein elender Schürzenjäcker mit Hautkrankheiten und Sackläusen war, sondern weil sie sich für den Richtigen aufsparen wollte. Die Ehe mit Wulfgar war, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters eine zeitlich absehbare Sache.
    Was zur Folge hatte, daß der Neffe sich mit Gewalt holen wollte was ihm gefiel. Hierbei wurde er von Eilas Mann und einem Sklaven erwischt und aus dem Kontor geworfen. Soweit so gut. Es war ja bis auf ein paar Striemen und blaue Flecken nichts passiert. Doch am nächsten Morgen fand man Wulfgar tot und steif in seinem Bett. Verletzt war er nicht wie eine kurze Untersuchung ergab. Die drei Sklaven klaubten daraufhin zusammen was sie tragen konnten und verschwanden. Eilas Einfluss auf sie war wohl nicht der ihres Mannes…und in ihrer Hilflosigkeit war es ihr auch egal. Nach dem Begräbnis verkaufte sie den Marktstand und die beiden Pferde und machte sich mit dem Erlös auf nach Raetia. Sie wollte wieder zurück nach Hause. Das Wohnhaus mit angrenzendem Warenlager überließ sie dem sackläusigen Neffen. So war er abgelenkt und würde nicht nach ihr suchen.
    Unterwegs schloss sie sich einer Gemeinschaft mit dem Ziel Mogontiacum an. Leider waren sie nur nett und keine großartigen Denker. Denn sonst hätten sie sicherlich eine Wache aufgestellt um das Nachtlager zu bewachen.
    Aus ihren Gedanken gerissen starrte sie auf den Beutel, welcher alles enthielt was für sie auf dieser Welt von wert war.
    Ääh, ja,…das ist meiner. Entgegnete sie und nahm ihn wieder an sich, um dann den Soldaten zu folgen.

    Natürlich tat es gut endlich diese Fesseln los zu sein, trotzdem hatte sie sich erschrocken wie schnell der Römer seinen Dolch zog, sie befreite und den Dolch wieder zurücksteckte. Interessanter Typ dieser Römer,…und er hatte auch noch etwas zu sagen.
    Eila ließ zu daß er ihr aufhalf und während einer der Soldaten die Beute der stinkenden Sumpfkröten sichtete, warf sie einen Blick auf den Offizier. Sie hatte bisher nur einen Mann und der war dreimal so alt wie sie selbst gewesen. Abgesehen davon, daß er mit Blut und sonstwas bespritzt war sah er eigentlich ganz passabel aus. Und sie hatte auch den Eindruck, daß er sie vorhin so seltsam angesehen hatte. Nicht so wie diese notgeilen Mistböcke die sie hier angebunden hatten…irgendwie anders. Sie klopfte sich den Schmutz vom Kleid und antwortete, Na das hätten diese Mistigen Schafsf… sie besann sich, was sollte der Offizier denn für einen Eindruck von ihr bekommen?
    Sie haben mich und meine Begleiter überfallen. Einen haben sie getötet und zwei sind abg…konnten fliehen. Der Beutel da,…der mit den Perlen, das ist meiner…ich heiße Eila.
    Irgendetwas sagte ihr, daß sie gerade seine Faszination was ihre Person anbelangte zumindest halbiert hatte. Das ärgerte sie und wenn sie sich ärgerte bekam sie einen fast kindlichen Gesichtszug.

    Eila starrte weiter zu dem Römer auf. Zwar beruhigte es sie ein wenig, daß er diese Klinge wegpackte, jedoch riss sie instinktiv weiter an ihren Fesseln.
    Dann raunte er auch noch was von Sachte und nichts tun mit einer brummigen Stimme die sie an ihren Onkel Arnulf erinnerte. Der tat auch immer so freundlich und am Ende haben sie ihn lebendig verbrannt weil er ganz furchtbare Dinge gemacht haben sollte.
    Lass mich in Ruhe Römer! piepste sie. Ich bin eine verheiratete Frau eines freien Bauern! Was ja nicht mehr stimmte, aber es klang zumindest schützenswert.
    Mit großen Augen sah sie ihn an und hörte auf an den Riemen zu zerren, zum einen weil es sowieso keinen Sinn hatte und zum anderen weil es inzwischen sehr weh tat.

    Eila zerrte an ihren Fesseln. Sie versuchte mit ihren Zähnen den Knoten zu lösen, doch dieser stinkende Bastard verstand sein Handwerk. Es war jetzt eine Weile her, daß man sie hier gefesselt inmitten geraubter Silberteller, Glaspokale und anderen Tand zurück gelassen hatte um sich umzusehen. Diese verdammten Bastarde.
    Dabei hatte alles so schön angefangen. Sie war nach Mogontiacum gelaufen um sich ein paar Ellen Stoff und was man sonst noch so brauchte zu kaufen. Jahrelang hatte sie dafür gespart. Und endlich nach dem Tod ihres ungeliebten Ehemannes war sie frei genug gewesen um das wenige was sie besaß zu Geld zu machen.
    Grollend schimpfte sie in sich hinein und bei der Gelegenheit beschimpfte sie auch noch Jord, weil dieser verdammte Lederriemen an diesem verdammten Baum ganz sicher ihr Werk waren. In der Ferne gab es vor ein paar Minuten seltsame Geräusche, gerade so als würde jemand in die Büsche schlagen. Na das würden wohl kaum diese räuberischen Sugambrer sein.Die waren ja derart schissig seit sie auf der Strasse jemanden erkannt hatten.
    Wieder versuchte sie den Knoten mit den Zähnen zu lösen als sie plötzlich auf ein paar Beine und der Spitze eines bläulich schimmernden Schwertes starrte. Ihr Blick glitt nach oben.
    Oh nein! entfuhr es ihr. Ein Römer! Sie zerrte wieder an dem Lederriemen, so stark, daß er in die Haut schnitt.
    Diese Römer versklavten alles was nicht schnell genug auf dem Baum war. Sollte es nun schon vorbei sein, ihr freies Leben?