Beiträge von Vologases III.

    Farrukhzad trug Sorge dafür, dass der Gast seine Unterkunft im Anwesen auch fand und wartete nach dessen Eintreten, ob alles zu seiner Zufriedenheit wäre. Erst danach würde er zu Seiner Majestät Schahanschah Valgāš zurückkehren, welcher eher unter der hellenisierten Form seines Namens, Vologases, bekannt war, die er vorzog. Da der Gast allerdings noch eine Frage hatte, blieb er noch, die Finger vornehm vor dem Bauch verschränkt.


    "Seine Majestät der Schahanschah ist morgen bereit, Euch zu empfangen. Solltet Ihr mehr Zeit benötigen, um Euch von den Strapazen der Reise zu erholen, lasst es mich bitte rechtzeitig wissen, damit ich ihn informieren kann und wir umplanen können. Ich bin für die Dauer Eures Aufenthalts der Mittler zwischen Euch und dem Schahanschah. Ihr könnt mich jederzeit persönlich ansprechen oder einen Diener entsenden."

    Hundert bezahlte Ohren standen in der jubelnden Menge, jubelten mit ihr und ermittelten die Stimmung im Volk. Jubel konnte schlichtweg der Ausdruck von Freude ob der pompösen Abwechslung sein, doch die Wurzeln der Freude konnten auch in tiefere, fauligere Gründe reichen. Man wusste es nicht, doch man würde es erfahren. Der Tross wurde in Sichtweite des Palasts höflich zum Halten gebracht. Der Palastaufseher, der Darigbed*, empfing den Gast. Hinter ihm stand eine gewaltige Delegation an Palastpersonal.


    "Willkommen, Hoheit, in Ktesiphon! Ich hoffe, ihr hattet eine gute Anreise. Ich möchte euch höflich bitten, nun abzusteigen, damit wir Euch und Eure Getreuen in den Palast geleiten können."


    Farrukhzad wartete, bis Osroes und seine Begleiter der Bitte nachkamen, was einige Zeit dauern würde.


    Nun teilte sich der Tross. Während die Gewöhnlichen sich noch in Geduld üben mussten, wurde Osroes mit seinem engsten Gefolge an der Palastgarde vorbeigeführt. Ein Befehl erklang und die Darigan drehten zeitgleich die Köpfe in Richtung des Regenten. Sie standen regungslos wie menschliche Statuen und blickten dem König entgegen, sodass er sie in aller Ruhe inspizieren konnte. Er sollte sehen, wie gut in Form die Streitkräfte seines Rivalen waren. Aber auch, dass diese diszipliniert handelten und seinen Schutz effektiv gewährleisten konnten. Man wartete, bis Osroes die Palastgarde passiert hatte. Anschließend erklang erneut ein Befehl und die Darigan übernahmen es ab diesem Moment, für die Sicherheit des Gastes Sorge zu tragen, solange dieser am Ort verweilte. Seine eigene Garde wurde nun von ihm getrennt, da diese Männer woanders untergebracht werden würden als ihr Herr.


    Die Diener und Sklaven der Delegation, die den Palastaufseher hinausbegleitet hatte, traten zu den Wartenden, um ihnen beim Absteigen, bei der Unterbringung der Kamele und Pferde, des Gepäcks und beim Aufsuchen der für sie bestimmten Räumlichkeiten zu helfen. Alles vollzog sich in gebührendem zeitlichen und räumlichen Abstand zum Abrücken der Palastgarde hinter dem König, damit es nicht zu einem unwürdigen Stau am Palasteingang käme. Nachdem alle Gäste ihren Bestimmungsort erreicht hätten, würde das Palastpersonal für Erfrischungen Sorge tragen. Selbst die Leibgarde des Gegenkönigs führte man ins Innere des Palasts, wo man sie unterbrachte und versorgte wie jeden anderen Gast. Sie auszusperren, als würde man Osroes einen Putsch zutrauen, wäre ein offener Affront, und so weit waren sie noch nicht.



    Sim-Off:

    *Hinweis zu den im Rollenspiel verwendeten parthischen Eigennamen: Man geht in der Forschung aufgrund bekannter Parallelen heute davon aus, dass sich die Verwaltungsstrukturen von den Achämeniden über die Arsakiden (Parther) zu den Sasaniden im Wesentlichen fortsetzten. Da kaum direkte parthische Quellen hierzu vorliegen, ist es nur durch Vergleiche mit diesen Kulturen möglich, auf parthische Verwaltungsstrukturen zu schließen. So ist die Bezeichnung des Darigbed ist erst ab 240 durch die Sasaniden sicher bezeugt, doch es ist wahrscheinlich, dass es ihn schon früher gab. Ich werde bei der Übername der Begriffe Umsicht walten lassen.

    Vologases hatte sich lange darüber beraten, auf welche Weise der Gegenkönig empfangen werden sollte. Vologases meinte, ihn wie einen Bittsteller ohne unnötigen Aufwand empfangen zu müssen und gedachte ihn nur mit dem nötigsten Speis und Trank zu versorgen. Seine Berater hatten mit Honigzünglein auf ihn eingewirkt, um den ungeliebten Gast nicht offen zu brüskieren, denn noch herrschte kein Krieg. Also war Vologases zum Gegenteil übergegangen und präsentierte die gesamte Hauptstadt in nie dagewesener Pracht. Osroes sollte vor Neid und Ehrfurcht erschauern.


    Ganz Ktesiphon war seit Wochen auf den Beinen und jeder, der in der Verwaltung arbeitete, musste bis spät in die Nacht bleiben. Für die Karawane des Lügenkönigs kalkulierte man die Ankunft von 500 Kamelen samt entsprechendem Hofstaat ein. Jeder musste empfangen, untergebracht und versorgt werden. Ktesiphon, nicht ohne Grund zur Hauptstadt gemacht, war selbst ohne zusätzlichen Aufwand schon eine Perle; nun brachte man sie zum glänzen. Statuen und Mauern wurden gereinigt, die Fassaden selbst in den ärmsten Vierteln repariert, und die Hauptstraßen geschmückt. Man organisierte sogar blühende Pflanzen in Kübeln, die am Tag von Osroes´ entlang der Prachtstraße aufgestellt wurden. Die Aussicht auf den hohen Besuch lockte Händlerkarawanen aus Palmyra und Nisa, aus Uruk und Merw, aber auch von noch weiter her kamen die Gäste. Für sie und ihre Tiere wurden Rastplätze geschaffen. Die lokale Gastronomie stellte für diese Tage zusätzliches Personal ein. Vologases hatte nicht mit der Anwesenheit von Kriegern gegeizt, die für Ordnung sorgten, denn er hatte nicht vor, sich zu blamieren.


    Als man ihm meldete, dass die Karawane eintraf, standen Musikanten auf dem Tor. Die Hufe der Tiere und die Füße der Gäste versanken bis zu den Knöcheln in Rosenblättern, die auch vom Stadttor hinab regneten wie duftender Schnee. Die gesamte Prachtstraße, die zum Palast führte, leuchtete rosa. Der Adel säumte die Straße in Festkleidung und in der ganzen Stadt hörte man die Klänge wundervoller Musik, als man Osroes zum Palast führte.