Hundert bezahlte Ohren standen in der jubelnden Menge, jubelten mit ihr und ermittelten die Stimmung im Volk. Jubel konnte schlichtweg der Ausdruck von Freude ob der pompösen Abwechslung sein, doch die Wurzeln der Freude konnten auch in tiefere, fauligere Gründe reichen. Man wusste es nicht, doch man würde es erfahren. Der Tross wurde in Sichtweite des Palasts höflich zum Halten gebracht. Der Palastaufseher, der Darigbed*, empfing den Gast. Hinter ihm stand eine gewaltige Delegation an Palastpersonal.
"Willkommen, Hoheit, in Ktesiphon! Ich hoffe, ihr hattet eine gute Anreise. Ich möchte euch höflich bitten, nun abzusteigen, damit wir Euch und Eure Getreuen in den Palast geleiten können."
Farrukhzad wartete, bis Osroes und seine Begleiter der Bitte nachkamen, was einige Zeit dauern würde.
Nun teilte sich der Tross. Während die Gewöhnlichen sich noch in Geduld üben mussten, wurde Osroes mit seinem engsten Gefolge an der Palastgarde vorbeigeführt. Ein Befehl erklang und die Darigan drehten zeitgleich die Köpfe in Richtung des Regenten. Sie standen regungslos wie menschliche Statuen und blickten dem König entgegen, sodass er sie in aller Ruhe inspizieren konnte. Er sollte sehen, wie gut in Form die Streitkräfte seines Rivalen waren. Aber auch, dass diese diszipliniert handelten und seinen Schutz effektiv gewährleisten konnten. Man wartete, bis Osroes die Palastgarde passiert hatte. Anschließend erklang erneut ein Befehl und die Darigan übernahmen es ab diesem Moment, für die Sicherheit des Gastes Sorge zu tragen, solange dieser am Ort verweilte. Seine eigene Garde wurde nun von ihm getrennt, da diese Männer woanders untergebracht werden würden als ihr Herr.
Die Diener und Sklaven der Delegation, die den Palastaufseher hinausbegleitet hatte, traten zu den Wartenden, um ihnen beim Absteigen, bei der Unterbringung der Kamele und Pferde, des Gepäcks und beim Aufsuchen der für sie bestimmten Räumlichkeiten zu helfen. Alles vollzog sich in gebührendem zeitlichen und räumlichen Abstand zum Abrücken der Palastgarde hinter dem König, damit es nicht zu einem unwürdigen Stau am Palasteingang käme. Nachdem alle Gäste ihren Bestimmungsort erreicht hätten, würde das Palastpersonal für Erfrischungen Sorge tragen. Selbst die Leibgarde des Gegenkönigs führte man ins Innere des Palasts, wo man sie unterbrachte und versorgte wie jeden anderen Gast. Sie auszusperren, als würde man Osroes einen Putsch zutrauen, wäre ein offener Affront, und so weit waren sie noch nicht.
Sim-Off:*Hinweis zu den im Rollenspiel verwendeten parthischen Eigennamen: Man geht in der Forschung aufgrund bekannter Parallelen heute davon aus, dass sich die Verwaltungsstrukturen von den Achämeniden über die Arsakiden (Parther) zu den Sasaniden im Wesentlichen fortsetzten. Da kaum direkte parthische Quellen hierzu vorliegen, ist es nur durch Vergleiche mit diesen Kulturen möglich, auf parthische Verwaltungsstrukturen zu schließen. So ist die Bezeichnung des Darigbed ist erst ab 240 durch die Sasaniden sicher bezeugt, doch es ist wahrscheinlich, dass es ihn schon früher gab. Ich werde bei der Übername der Begriffe Umsicht walten lassen.