Beiträge von Catualda

    Catualda hob sein Trinkhorn, als Ballomar seinen Trinkspruch sagte. "Das alles sei auch mein Wunsch", bestätigte er, wobei ihm persönlich der Untergang Roms eigentlich kein Ziel war war. Er plant in kleineren Maßstäben. Er trank einen großen, den Wünschen angemessenen Schluck. Der Met schmeckte anders als jener, den er von den Chatten kannte, doch war auf seine Weise gut. "Wie weit sind deine Pläne bisher gediehen? Wie könnten die Chatten ... oder meine Wenigkeit ... dir helfen?"

    "Danke für eure Gastfreundschaft." Da der andere Schamane, der etwas kauzig wirkte, erst später hinzugetreten war, stellte der Gast sich ein weiteres Mal vor: "Ich bin Catualda, der Schamane Dankwarts vom Stamme der Chatten. Ihr habt es euch hier schön eingerichet, wenn ich mich so umsehe, eure Handwerker sind nicht unbegabt."


    Kauzig waren allerdings die meisten Schamanen, was auch auf die Druiden der Kelten und die Priester der Römer zutraf, und wahrscheinlich alle, zu denen Geister und Götter sprachen, zumindest Catualdas Meinung nach. Zum Met sagte Catualda freilich nicht Nein und nahm das ihm zugedachte Trinkhorn. Er hob es zeitgleich mit den anderen und war sehr gespannt auf den Trinkspruch, den der Gastgeber anbringen würde. Danach würde Catualda ihm sein Anliegen mitteilen.

    Catualda liebte das Reisen und er liebte den Sommer, obgleich er zu Sonnenbrand neigte.Ein Schlapphut aus Stroh schützte Haut und Augen vor den Strahlen. Im Schatten der Bäume war die Hitze kaum ein Thema. Über die feste, trockene Erde kam der Wagen von Eglimar gut voran und die Zugtiere fanden beim Rasten ausreichend Grün. Bald mehrten sich erneut die Zeichen menschlichen Schaffens und sie nahten sich der Siedlung der Hermanduren. Dort geleitete man ihn zugleich vor Ballomar.


    "Heilsa, Ballomar, Fürst der Hermanduren", grüßte Catualda mit dem gebotenen Respekt. "Deine Sinne täuchen dich nicht, ich bin der Schamane Dankwarts vom Stamme der Chatten."


    Bevor er, auf seinen Stab gestützt, in das Haus eintrat, strich er sich die Schuhe ab. In der anderen Hand trug er ein Gastgeschenk, wollte jedoch warten, bis die Gelegenheit besser war, als es noch halb zwischen Tür und Angel zu überreichen. Dem anderen Schamanen nickte er grüßend zu, sehr gespannt auf dessen Rolle, denn die Schamanen waren weise Männer und damit als Berater wertvoll, doch für dieses Wissen auch gefürchtet und - so ehrlich war Catualda zu sich selbst - bisweilen ein Ärgernis.


    "Wenn mir die Anmerkung gestattet ist, dieses Haus ist von faszinierender Bauart. Habt ihr die Siedlung neu errichtet oder eine verlassene Siedlung bezogen?" Das schloss die Möglichkeit einer Eroberung nicht aus. Die Zahllosen kleinen Kriege der germanischen Stämme waren berüchtigt und es glich eher einem Wunder, wenn sie einmal Eintracht walten ließen.

    So kam Eglimar in den Genuss, sich im Haus des Schamanen auszuruhen. Catualdas Frau, Gwendolyn, kümmerte sich um die Kleidung des Gasts und um sein leibliches Wohlergehen. Der Umgang zwischen ihr und ihrem Mann war liebevoll. Gelegentlich zeigte sich auch ihr jugendlicher Sohn, der jedoch, wie alle Jungen in diesem Alter, die meiste Zeit herumstreifte. Dem aufmerksamen Beobachter würde auffallen, dass es bei zwei weißblonden Eltern ungewöhnlich war, dass der Junge kohleschwarzes Haar und eisblaue Augen besaß. Abends bereitete Gwendolyn für den Gast ein Bett, das nach germanischer Weise einer Kiste glich, die dick mit frischem Stroh gefüllt war. Darauf breitete sie ein Fell aus, aufgrund der Wärme mit der Lederseite nach oben, sowie eine dünne Wolldecke, in die er sich bei Bedarf einwickeln konnte.


    "Wie geht es Garibald und Wacho?", fragte nachts eine tiefe, raue Stimme. Sie kaum von draußen, wo irgendjemand herumschlenderte.


    Eine jünger klingende Stimme antwortete: "Wacho ist wieder auf dem Damm, aber Garibald hat Wundbrand. Bei dem Überfall ist alles schiefgelaufen, was nur schieflaufen konnte."


    "Aber Dankwart hat seinen Hintern rechtzeitig in Sicherheit gebracht ..." Die tiefe Stimme klang verbittert.


    "Es war nicht das erste Mal und wird nicht das letzte Mal bleiben." Leiser fügte die jüngere Stimme hinzu: "Würde der Alte auf dem Schlachtfeld liegen bleiben, wäre Platz für einen Anführer, der nicht in der höchsten Not flieht, sondern ohne zögern mit seinen Kriegern stirbt."


    Zwar hatten die Männer mit gesenkter Stimme gesprochen, doch scheinbar fürchteten sie keine Strafe für ihre Worte, sonst würden sie nicht so frei heraus sprechen. Der Verdacht lag nahe, dass sie nicht die einzigen waren, die Dankwart übel nahmen, dass er seine Krieger im Stich gelassen hatte.


    Als die Sonnenstrahlen ins Haus fielen, kam wieder Leben ins Haus. Gwendolyn bereitete ein reichliches Frühstück und packte Proviant für ihren Mann, aber auch für den Gast. Sie hatte von irgendwoher kalten Braten organisiert. Der Sohn hingegen war spät heimgekehrt und schlief noch. Catualda schnürte sein Reisebündel, er wirkte für diese frühe Stunde schon sehr vital und froher Dinge.

    Catualda lächelte erfreut. Er nahm das großzügige Geschenk zum Zeichen, dass es Eglimar ernst war. Ein guter Kessel war nicht preiswert und die Geste nobel. "Der Kessel wird zum Wohle des Stammes eingesetzt werden. Wann gedenkst du aufzubrechen? Ich biete dir bis dahin Unterkunft in meinem Haus. Das ist das Mindeste, was ich zum Dank tun kann. Es soll unserem Gast an nichts mangeln und meine Frau freut sich über neue Gesichter."

    "Wir Schamanen können so einiges", spach Catualda bedeutungsschwer. Der Schamanismus der germanischen Stämme unterschied sich in vielerlei Hinsicht vom Druidentum der Kelten und manches bekamen die Menschen mit, doch die meisten Geheimnisse blieben unter ihresgleichen wohlgehütet. Es lag nicht im Interesse Catualdas, dass es an die falschen Ohren geriet, wie man jemandem Götter und Geister auf den Hals hetzte und seine Ernten verdarb - oder dass ein Feind womöglich geheilt wurde, weil er dessen Schamane die richtigen Techniken kannte. Was das betraf, so waren die Schamanen allesamt Geheimniskrämer, für jeden, außer für ihren eigenen Schüler.


    "Dankwart hat keinen inneren Kreis", erklärte er dann. "Du würdest es sicher Vorsicht nennen. Er hat hier alle Leute versammelt, deren er habhaft werden können, ungeachtet ihres Stammes und ihrer charakterlichen Eignung. Dies ist der Preis für die versammelte Streitmacht hier. Das Einzige, was die meisten hier eint, ist die Gier auf das römische Gold. Davon ist allerdings noch nichts so viel erbeutet worden, dafür floss viel Blut und die Männer entgleiten seiner Führung. Nun misstraut allem und jedem." Er lächelte. "Ich bilde da keine Ausnahme. Darum bin ich sehr gespannt zu erfahren, wie es den Hermunduren unter Ballomars Führung ergeht. Vielleicht weiß er Rat."

    "Alle Schamanen sind kauzig", antwortete Catualda mit einem verschmitzten Lächeln, was bewies, dass er durchaus einen Sinn für Humor besaß, auch wenn er in diesen Zeiten selten Grund zum Scherzen hatte. "Ich würde dein Angebot annehmen, dich bei der Rückfahrt zu begleiten." Er konnte sich den Standort ungefähr vorstellen, denn er war viel umhergewandert während seiner Lehrzeit. "Seit Wann siedeln Ballomar und seine Leute an jenem Platz?" Catualda war sicher, dass Dankwart davon gewusst haben muss. Umso erstaunter war er, dass er selbst bislang nichts davon gehört hatte und von den neuen Nachbarn erst durch den fahrenden Händler erfuhr. Seiner ohnehin eher gering ausgeprägten Sympathie gegenüber dem eigenen Anführer kam das fehlende Vertrauen nicht unbedingt zugute.

    "Und wo, wenn die Frage nicht zu vermessen ist, hat dieser Ballomar seinen Sitz?" Er glaubte nicht, dass dieses Wissen ein Tabu sein würde, da ein Anführer gemeinhin keine Geheimniskrämerei betrieb, was seinen Wohnsitz anbelangte. Wer es bis zu diesem Posten brachte, war kein Schwächling und hatte es noch weniger nötig, sich wie einer zu verhalten. Catualda befand, dass es sinnvoll sein könnte, dem Anführer der Hermunduren seinerseits einen Besuch abzustatten. Es mochte sein, dass beide das gleiche Ziel vereinte.


    Und vielleicht, ganz vielleicht nur, erwies er sich als ein tauglicherer Verbündeter als der Kriegstreiber Dankwart, der zwar hehre Ziele verfolgte, doch am Ende in einer Katastrophe zu Fall kommen und zu viele Krieger mit sich in den Untergang reisen würde. Was dies anbelangte, machte Catualda sich keine Illusionen. Niemand forderte Rom heraus, ohne teuer dafür zu bezahlen - nicht auf diese plumpe Weise. Jener, den sie Arminius nannten, hatte seine Rache Jahrzehnte vorbereitet und mit dem vergifteten Dolch des Verrats Rom von innen heraus einen empfindlichen Stich versetzt.


    Nachdenklich wiegte Catualda seinen Kopf. Obgleich er noch jung an Jahren war, hatte er längst nichts mehr mit den übermütigen Burschen gemein, die trunken und plündernd über Roms Grenzen marschierten, in der irren Hoffnung auf schnellen Erfolg, ehe sie zerdrückt worden die Fliegen.

    Einen Spion also hatte er vor sich. Derer gab es viele, zweifelsohne, doch bestand die Kunst darin, sie dazu zu bringen, nur für einen einzigen Auftraggeber zu arbeiten. Ein jeder dieser Zunft barg das Risiko, dass Informationen auch in die andere Richtung flossen. Catualda beschloss, im Gespräch mit jenem Manne Vorsicht walten zu lassen.


    Statt also auf dessen zwielichtigen Nebenerwerb einzugehen, fragte er: "Ist es denn klug, seine Ängste samt und sonders zu unterdrücken? Ich halte sie für einen wichtigen Ratgeber, so lange sie nicht den Geist verblenden. Allerdings droht dir in diesen Hallen und innerhalb dieser Palisade kein Ungemach. Wenngleich die germanischen Stämme sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden, so ist mir doch noch keiner begegnet, der das Gastrecht nicht hochhalten würde."


    Doch noch etwas anderes ließ Catualda aufhorchen, so nahm er das Angebot, weitere Nachfragen stellen zu dürfen, an: "Ballomar, Oberhaupt der Hermunduren, sagst du? Wie lange ist Ballomar schon deren Oberhaupt?" Änderungen in dieser Hinsicht gab es häufig, so war der neue Name nicht verwunderlich, aber von diesem hatte er noch keine Kunde erhalten und Catualda wollte mehr darüber erfahren.

    Catualda erfuhr viel Neues, aber weniges von Bedeutung. So war es meist, doch ihm nützte alltägliches Geplauder nur bedingt. So fragte er nach dem Essen, als es zu den Getränken überging, gerade heraus: "Von welchem Stamm kommst du und in welcher Beziehung steht ihr zu den Römern? Du brauchst keine Sorge haben, eine falsche Antwort zu geben, denn du stehst unter dem Schutz des Gastrechts. Die einzige falsche Antwort wäre eine Lüge." Lächelnd hob er den Becher. "Auf ein langes und gutes Leben."

    Seine Finger glitten über die kalte, ebenmäßige Oberfläche des Kessels, während Egilmar sprach. Beim Zuhören erfuhr er, dass er - wohl aufgrund der unterschiedlichen Dialekte - das Wort "Heilung" falsch verstanden hatte. In den Grundlagen der Heilkunst war er bewandert, auch wenn Kräuter nicht sein Steckenpferd waren, sondern die Heilung mittels Geistern, die man vertrieb oder lockte.


    "Die Kräuter und Löffel benötige ich heute nicht, vielleicht hat ein anderer dafür Verwendung. Doch über den Kessel will ich nachdenken, das scheint mir gute keltische Qualität zu sein, auch wenn du ihn in einer Römersiedlung erworben hast. Sicher war der Schmied ein Kelte? Nun trink etwas und iss, sonst fällst du vom Fleische, und berichte mir, was du in der Fremde erlebt hast."


    Würde Egilmar nicht mit Worten geizen, so würde Catualda es nicht mit dem Gelde. Er wies auf den Tisch, der mit einfachen Zutaten, aber dafür reichlich gedeckt war. Es gab süffiges Bier und einen kräftigen Eintopf vom Vortag, der gut durchgezogen war. In der Gemüsebrühe schwammen Rübenstücke, Löwenzahn und Leindotter. Fleisch war darin nicht zu finden, denn niemand hatte mit Gästen gerechnet und so war auch nicht geschlachtet worden.

    Catualda nickte. "Man wird sich um sie kümmern." Direkt hinter Egilmar war das Tor verschlossen worden und was dann geschah, lag in den Händen der Krieger. Der Blick des Schamanen irrte mit einer gewissen Verwunderung über die feilgebotenen Waren, war er doch gewohnt, zunächst Gastlichkeit walten zu lassen, ehe man, wenn die Bäuche voll und die Zungen vom Bier gelockert waren, langsam zu den geschäftlichen Anliegen überging. Dennoch betrachtete er die Waren, um den Gast nicht zu brüskieren. "Zeig mir doch deinen Kessel. Wenn er gut ist, kann ich ihn vielleicht gebrauchen. Und erkläre mir, wie genau Minze, Thymian und Alraune einzusetzen sind." Der Begriff "Geilung" war ihm fremd, was nicht verwunderte in Anbetracht der ungezählten germanischen Sprachen und Dialekte.

    Wenn der Geist des rachsüchtigen Dankwart einem Schwert glich, entschlossen und tödlich, glich der Geist seines Schamanen einem Skalpell, das äußerst präzise Schnitte vornahm - nicht den Tod einzelner Römer zum Ziel, was sollte das bringen, sondern die Heilung vor Augen, den Sieg über die wuchernde Krankheit namens Imperium Romanum. Catualda war sich bewusst, dass der offene Kampf nur ein Aspekt von vielem sein konnte, und das der wahre Krieg nicht auf dem Schlachtfeld entschieden werden würde. Mit seiner Sicht, die der Kriegstreiber Dankwart "zaudernd" nannte, erfreute Catualda sich nicht dessen Beliebtheit, wurde jedoch für seine Hellsichtigkeit respektiert und fand als Mittler zwischen den Welten dennoch sein Gehör. Es war eine schwierige Zweckgemeinschaft, die den Häuptling und seinen Schamanen miteinander verband, und sicher hätte es Konstellationen gegeben, die erfolgversprechender wären.


    Catualda sah Dinge, für welche Dankwart in seinem Blutdurst blind war, hörte Nuancen, für die der andere taub war, und so verstand er auch den Hinweis, welchen der Gast ihm heute gab, wenngleich dessen Miene nichts verriet. Es waren die Worte, welche ausreichend Doppeldeutigkeit in sich bargen, um der geheimen Botschaft Gehör zu verleihen, insbesondere, da kein entsprechender Vierbeiner zu sehen war. Ein tiefer Blick in die Augen Egilmars und ein langsames Nicken gab Zeugnis des Verstehens.


    "Tritt ein, Egilmar, und sei unser Gast. Doch wisse, dass Dankwart derzeit nicht vor Ort ist. Wenn es dein Wunsch ist, so magst du mit mir Vorlieb nehmen und bei Speis und Trank berichten, was du auf deinen Reisen erlebt und gehört hast."

    Catualda hatte genug gesehen. Albwin war verloren und er selbst kein Krieger. Lautlos zog er sich zurück in die Schatten des Waldes. Weich glitten seine Schritte über Wurzeln, Gras und Moos, bis er weit genug entfernt war, um nicht mehr vernommen zu werden. Dann beschleunigte er.


    Tock, raschel, raschel.

    Tock, raschel, raschel.


    Trotz des Stabes, auf den er sich stützte, kam er heute genau so schnell voran wie in seinen besten Tagen. Ein Name hallte in seinem Geist nach, ein gedankliches Echo, das seine Energien entzündete. Sabaco. Seine Nemesis seit ihren Jugendjahren. Wie es aussah, gönnten die Götter ihnen beiden keine Ruhe voreinander, so lange sie beide am Leben waren. Catualdas Herz flammte auf, als er seinen Platz in diesem Spiel erkannte, seine Aufgabe in diesem heraufziehenden Krieg. Er war für so viel mehr bestimmt als für die Aufgabe des Heilers und Schamanen der Menschen und Geister. Er würde das freie Germanien heilen von dieser Krankheit namens Rom.

    "Ja, ich habe es erlebt. Das und vieles anderes. Ihr könnt nicht davonlaufen, weil das Bündnis unter den Stämmen nicht fest genug ist, um einen Haufen fremder Mäuler ohne Gegenleistung durchzufüttern. Ihr würdet entehrt sein und man euch bald als lästige Parasiten wahrnehmen. Ihr wärt als Gäste in so großer Zahl kaum besser als Sklaven. Wie lange sollten sie euch nähren? Es gibt Hoffnung, Albwin. Doch du findest sie nicht auf der Flucht."


    Er starrte auf die Stelle, wo die Reiter verschwunden waren.


    "Wir haben keine Zeit, zu diskutieren. Wenn das dein Dorf ist, dann entscheide dich, auf welche Weise ihr sterben wollt - mit dem Schwert in der Hand oder einem Speer im Rücken. Ich werde hier warten, eure Körper im Anschluss bestatten und Opfer für euch bringen, damit ihr gut auf der anderen Seite ankommt. Leb Wohl, Albwin."


    An Ort und Stelle ließ Catualda sich im Schneidersitz nieder, legte die Hände auf die Knie und schloss die Augen.

    Catualda ergriff die raue, harte Hand des anderen Mannes. "Catualda." Seine eigene Hand fühlte sich in einer Gegend wie dieser zart an für die eines Mannes. Im romanisierten Teil Germaniens würde man ihn vielleicht für einen Scriba oder dergleichen gehalten haben. "Bist du schnell? Dann solltest du die Menschen warnen! Dieser Kampf ist verloren, bevor er begonnen hat. Sie sollen vor der Ankunft der Römer ihre Frauen mit dem Schwert töten und ihre Kinder ertränken. Die Gebäude müssen sie allesamt in Brand stecken. Dann sollen sie sich dem letzten Kampf stellen und so viele Römer mitnehmen wie möglich!"

    Die beiden Reiter folgten ihrem Weg und ein Mann, blieb im Dickicht des germanischen Urwaldes zurück. Nein, zwei waren es! Noch ein Wanderer prallte beinahe gegen ihn. Catualda, seit jeher von empfindsamer Natur, sah an der Körpersprache des fremden Mannes sofort, dass dieser kein Feind war. Die beginnende Dämmerung färbte den Himmel im Osten Anthrazit. Sie hatten einander gleichzeitig bemerkt. "Es sind nicht nur zwei Reiter. Das ist eine ganze Turma, die auf das Dorf zuhält! Kennst du dich hier aus, wohnst du hier?" Catualda hoffte, er würde Ja sagen. Gleichzeitig hoffte er es nicht, denn dann würde es umso schrecklicher werden.

    Catualda hatte genug gehört. Die ersten Meter schlich er auf allen vieren, dann ging er tief geduckt weiter. Seine Bewegungen waren zunächst sehr langsam und äußerst bedächtig, auch wenn die Zeit drückte. Erst, als er außer Sicht- und Hörweite war, begann er zu rennen. Sein volles Reisebündel schlug bei jedem Schritt um sich. Der lange Wanderstab, an dem es hing, gab Catualda bei der Dunkelheit Halt im unwegsamen Gelände. Zu Fuß konnte er einen kürzeren Weg nehmen als die Reiter. Ächzend und schnaufend brach Catualda durch das Unterholz des Waldes, der in der beginnenden Morgendämmerung grau und schwarz getönt war. Je nachdem, wie der Decurio entschied, blieb ihm vielleicht Zeit, die Dorfbewohner zu warnen.