Nach kurzem Zögern verbeugte sich der Sklave und führte Sabinus in das Atrium. Hier bot ihm ein junger Sklave einen Trunk, am Getränk nippend blickte Sabinus um sich, alles war so vertraut und gleichzeitig fremd, wie viele Familienmitglieder leben noch in der Villa, was erwartet ihn. Gedanken, so viele Gedanken, prompt überkamen ihn die Erinnerungen, seine Kindheit in der Villa, sein strenger Vater und seine zu hohen Erwartungen, egal was er tat, es war immer zu wenig. Ja, er war schon etwas kräftiger gebaut, war nicht so begabt wie seine Brüder, jedoch war er klug genug, um die zwei so zu manipulieren, dass die dann miteinander rauften und sich blutige Nasen holten. Ah wie sehr er sich dabei amüsiert hat, er war an dem Tag so glücklich wie noch nie, beim Gedanken daran hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln.
Die fürsorgliche Mutter und liebevolle Schwester, glichen die strenge des Vaters aus. Ja, die liebe Catilina, sie tröstete ihn jedes Mal, wenn der Vater wieder zu streng war, indem sie ihm was Süßes gab, im Nachhinein war es sie, die für seinen übertriebenen Appetit verantwortlich war.
Auch seinen Vetter Gallus behielt er in guter Erinnerung, da war noch Gallus Schwester: „Hm, wie hieß sie nur, ah ja Romana", groß war sie, mehr gab die verblasste Erinnerung nicht her. Ob die zwei noch hier sind. Und da war noch deren Vater Menecrates, Stolz der Familie, einer der einflussreichsten Männer Roms, er konnte sich nur an eine Begegnung mit seinem Onkel erinnern, er spielte mit seinen Brüdern und die zwei liefen ihm wie immer davon, er versuchte noch die beiden einzuholen, doch stolperte, fiel hin und weinte bitterlich, sein Onkel half ihm auf, sprach nur einen Satz: „Dolor hic tibi proderit olim!“, und ging. Erst später begriff Sabinus, was sein Onkel damit sagen wollte.
Das Magenknurren holte ihn in die Realität zurück, seine letzte üppige Mahlzeit hatte er bei der Ankunft in Ostia. Der Magen gab wieder einen laut, wie gerne würde er jetzt eines der leckeren Pastetchen, welche sein Koch in Alexandria zauberte, essen und die süßen Datteln. Der Magen knurrte wieder: „Oh Götter, erbarmt euch meiner“. Er schaute sich nach dem jungen Sklaven um, doch der war nicht mehr da: "diese Sklaven, nie sind die zur Stelle, wenn man sie braucht". Muss er hier noch lange warten? Genau in dem Moment erblickte Sabinus einen jungen Mann, der von einer Frau begleitet wurde, die Frau kam ihn bekannt vor, sicher war er sich natürlich nicht, wie auch, nach Jahren der Abwesenheit. Der junge Mann unterbrach jedoch Sabinus Überlegungen und fragte, mit einer gewissen Skepsis in der Stimme, ob er ein entfernter Verwandter aus Antiochia sei, bitte was, Antiochia, er betrachtete den Mann etwas genauer, dieser war gutgebaut und hatte sehr anmutige Gesichtszüge, wahrlich, die Götter sind dem Hause Claudia wohlgesonnen, Sabinus der wegen seiner Körperfülle wohl kaum ein sehr attraktiver, von Natur jedoch ein sehr eitler Mann war, hasste jeden der nur halbwegs besser aussah. So entwickelte er momentan eine starke Abneigung dem jungen Mann gegenüber, verbarg es hinter der Maske der übertriebenen Freundlichkeit, setzte sein breitestes Lächeln auf und sprach sanft: „In der Tat, mein Guter, ich bin Titus Claudius Sabinus, ein Verwandter aus Alexandria, mein lieber, nicht Antiochia, dein Irrtum ist verständlich, bei all den Verwandten, wer kann da noch den Überblick behalten“, die letzten Worte, betonte Sabunis besonders um den Mann darauf zu verweisen sich besser mit dem Stammbaum der Claudier zu beschäftigen. „Dürfte ich nun auch deinen Namen erfahren“
Nun grüßte ihn auch die Frau, sofort schenkte er ihr seine ganze Aufmerksamkeit. Jetzt betrachtete Sabinus die Frau etwas genauer, was sofort auffiel, war ihre Größe, in seinem Leben hat er nur einmal solch eine große Frau gesehen, auf Anhieb war alles klar, es konnte nur sie sein: „Salve Romana. Liebste Cousine, wie glücklich ich bin dich zu sehen. Es ist wahrlich sehr lange her“.
Romana war aber kurz abgelenkt, er folgte ihrem Blick und sah eine blonde Sklavin. Sabinus, der, wie er selbst sehr oft behauptete, ein großer Kenner der weiblichen Schönheit war, musste sich eingestehen, die Sklavin hatte was. Doch der würde er sich später widmen, zuerst kam die Familie.