Agrigentum
Daten der Stadt | |
Name: | Agrigentum |
Gründung: | griechisch |
Rechtsform: | Municipium |
Provinz: | Sicilia |
Heutige Stadt: | Agrigento (Italien) |
(erdverbundenen) Götter und Säulen des Dioskurentempels (2006)
Die griechische Stadt Akragas (lat. Agrigentum) stand nach Syrakus an Bedeutung und Größe an zweiter Stelle der Griechenstädte Siziliens, jedoch an erster Stelle bezüglich der Schönheit seiner Lage und Tempel.
Es wurde 582/581 v. Chr. an der Südwestküste der Insel zwischen den Flüssen Hypsas und Akragas von dorischen Siedlern aus Gela und Rhodos gegründet. Der syrakusische Dichter Pindar nannte sie im 5. Jh. die "schönste Stadt der Sterblichen". Akragas liegt malerisch auf mehreren am Meer gelegenen Bergrücken; auf dem nördlichsten, an Stelle der heutigen Stadt Agrigento, lag in 326 m Höhe die Akropolis (auf den Mauern des Zeustempels steht heute der Dom), auf den südlichen, zum Meer abfallenden Hügeln die antike Stadt - heute eines der schönsten Ruinenfelder der Welt ("Tal der Tempel"). Zu diesen bedeutenden Resten der griechischen Baubauung der Stadt gehört insbesondere eine Linie von sechs Tempeln am Südrand des Stadtgebiets sowie ein Commitium und ein Bouleuterion im Zentrum der Stadt.
Unter dem Tyrannen Theron (488-473) hatte Akragas seine größte Blütezeit. Die Stadt war durch den Handel mit Karthago und Produktion und Export von Getreide, Wein, Öl, Schwefel und Pferden reich geworden und zählte vermutlich ca. 200.000 Einwohner, welche in verschwenderischem Luxus lebten und die zum Teil bis heute erhaltenen prachtvollen Tempel errichteten. Im großen syrakusisch-phönizischen Krieg wurde Akragas 409/408 von den Phöniziern erobert und mitsamt seiner herrlichen Tempel niedergebrannt. 340 v. Chr. konnte Akragas die Phönizier besiegen und zu alter Blüte gelangen. Im Zweiten Punischen Krieg wurde es römisch und erlangte - nun unter dem Namen Agrigentum - erneut große Bedeutung, welche erst in der spätantiken und byzantinischen Zeit sank.
Archäologische Zeugnisse der römischen Zeit sind nur spärlich vorhanden. Östlich des mutmaßlichen Forums, dass an derselben Stelle wie das griechische Bouleuterion verortet wird, konnte großflächig ein mehrere Straßenzüge umfassendes, insgesamt etwa 15.000 m² großes hellenistisch-römisches Stadtviertel ausgegraben werden. In drei Insulae von jeweils 35 m Breite und mindestens 300 m Länge konnten über 20 Wohnhäuser sowie einige Geschäfte und Büros freigelegt werden. Der Straßenplan des Viertels mit seinem 4 bis 5 m breiten Straßen geht zurück auf das 6. Jh. v. Chr., während die Baubauung letztmalig in republikanischer Zeit eine grundlegende Änderung erfuhr. Danach wurden nur noch kleinere Umbauten innerhalb der Häuser vorgenommen sowie die Straßen regelmäßig erneuert. Zu den Gebäuden des Viertels gehört mit der "Casa del atrio tetrastylo" u.a. eines der wenigen sizilianischen Exemplare des aus Pompeji und Herculaneum bekannten Atrium-Peristyl-Hauses. Andere Häuser weisen entweder nur Peristyl oder Atrium auf, häufig sogar keines von beidem. Auch die Mosaikausstattung ist deutlich sparsamer, als man sie für ein Viertel nahe dem Stadtzentrum erwarten könnte. Ebenso sind Marmor und Malereien kaum anzutreffen. Dagegen weisen einige Umbauten auf eine spätere Nutzung von ehemaligen Wohnhäusern für gewerbliche Zwecke oder die Aufteilung in mehrere kleinere Wohnungen hin. Das Viertel ist in seiner Art offenbar auf dem Stand des republikanischen Stadtausbaus stehen geblieben und hat sich in der Kaiserzeit nicht weiter entwickelt. Agrigentum kann somit als Beispiel für Städte dienen, die zwar die römische Kultur aufgenommen haben und in denen zunächst auch entsprechende bauliche Veränderungen vorgenommen wurden, die aber im weiteren Verlauf der Kaiserzeit keinen stetigen wirtschaftlichen Aufschwung erlebten.
Literatur:
R.J.A. Wilson, Sicily under the Roman empire. The archaeology of a Roman province 36 B.C.-A.D. 535, 1990
M.I. Finley, Das antike Sizilien, München 1979
M.A.S. Goldsberry, Sicily and its cities in hellenistic and roman times, 1973
P. Marconi, Agrigento, 1949
P. Griffo, Ripresa degli scavi in Agrigento: Il quartiere ellenistico-romano presso S. Nicola, 1953