Geldwesen

Aus Theoria Romana
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Römisches Geldwesen

Das römische Geldwesen erfuhr erst mit dem Aufstieg Roms zur führenden Macht im Mittelmeerraum um 200 v. Chr. einen kräftigen Entwicklungsschub. Bis dahin besaß Rom ein wenig ausgebildetes monetäres System, das für die Bedürfnisse einer regionalen Wirtschaft zwar ausreichte, nicht aber für die finanziellen und administrativen Anforderungen eines Großreiches.

Die ersten vier Jahrhunderte nach der Gründung Roms (753 v. Chr.) fungierten Rohkupfer (Aes rude) und dann gewogene Bronzebarren (Aes signatum) mit Bildern oder einer Aufschrift als Geld. Für bestimmte Güter diente auch Kleinvieh als Wertmaß. Der lateinische Begriff für Geld – pecunia – leitet sich von dem für Kleinvieh – pecus – ab, was als Indiz dafür interpretiert wird, dass die ersten Formen von Geld in Rom Kühe und Schafe gewesen seien.

Da Kupfer billig war, mussten relativ große Gewichtseinheiten – meist in Form von Stangen oder Platten – verwendet werden. Hohe Summen, wie etwa das Vermögen eines römischen Senators, konnten wegen des großen Gewichts nur in Karren transportiert werden. Auch das "stipendium", das die Legionäre der römischen Armeen ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. als Entlohnung erhielten, wurde vermutlich in Bronzebarren bezahlt.


Hellenisierung des römischen Geldwesens

Münzen wurden erstmals um 300 v. Chr. geprägt. Neben dem Kupferschwergeld „Aes grave“, das auf der Vorderseite einen Januskopf und auf der Rückseite den Bug eines Schiffes zeigte, begann in dieser Zeit die Silberprägung nach dem Vorbild der griechischen Städte in Süditalien. Der hellenistische Einfluss auf das römische Geldwesen wuchs, als Rom nach dem Sieg über den griechischen König Pyrrhus (275 v. Chr.) seine Position als mediterrane Macht festigte und sich die Errungenschaften des griechischen Kulturraumes zu Eigen machte. Die Beute aus den eroberten Gebieten, zu der auch die Erträge der Silberminen von Bruttium zählten, stärkten die römische Wirtschaft und bildeten die Grundlage für den Ausbau der Silberprägung.

Die Punischen Kriege (264 bis 241 und 218 bis 201 v. Chr.) führten zu einer weiteren Ausdehnung des römischen Einflussbereiches, der sich nun über das gesamte Mittelmeer erstreckte. Sie bewirkten einen nachhaltigen Wandel der inneren, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur des römischen Staates. So etwa bildete die Kriegsproduktion während des zweiten Punischen Krieges den Ausgangspunkt für die Sklavenwirtschaft, die in der Folge auch auf den Latifundien eingeführt wurde. Kostspielige Kriegführung und die Verwaltung der neuen Provinzen trieben den finanziellen Staatsaufwand in bis dahin unbekannte Höhen. Zur Deckung des Bedarfs wurden die beschlagnahmten Reichtümer aus den eroberten Gebieten herangezogen und eine rigorose Besteuerung durchgeführt. Die monetären Grundlagen für die wirtschaftliche Hegemonie Roms im Mittelmeerraum schuf die Reform des Münzwesens im Jahr 212 v. Chr.. Sie legte ein einheitliches, auf fixen Relationen beruhendes System von Silber- und Bronzemünzen fest. Die wichtigsten der nach griechischen Vorbildern gefertigten Münzen waren das Bronze-As und der Silber-Denar, dessen Name (Zehner) sich aus seinem Wert von 10 Assen ableitete. Die Kontrolle über das Münzwesen übte der Senat im Namen des römischen Volkes aus.


Geld, Reichtum und Macht

Verglichen mit Griechenland hatte sich das römische Geldwesen relativ spät entwickelt. Im 2. Jahrhundert v. Chr. kam es jedoch zu einer raschen Monetarisierung der römischen Gesellschaft, die mit einem merkbaren Anstieg des Geldumlaufes einherging. Welche Bedeutung Geld im Alltag der unter römischem Einfluss stehenden Gebiete hatte, dokumentieren unter anderem die zahlreichen Hinweise auf Geldtransaktionen im Neuen Testament: Der angemessene Tageslohn für die Arbeit bei der Weinernte wird hier mit 1 Denar beziffert, eine Barschaft von 10 Denaren gilt bereits als hoher Betrag. Für die Verpflegung von 5000 Leuten mit Brot benötigte man 200 Denare.

Durch die Eroberung der Provinzen kam Rom zu unermesslichem Reichtum. Die Beute aus den Kriegszügen und der Ertrag der Steuern, die den besetzten Gebieten auferlegt wurden, füllten die Kassen der antiken Metropole. Mit einer geschickten Politik der Koexistenz gelang es den römischen Eroberern, bestehende finanzielle und administrative Einrichtungen der Provinzen für eigene Zwecke zu nutzen. Das galt auch für regionale monetäre Systeme, deren Fortbestand neben dem römischen Geld akzeptiert wurde. Diese Münzen verschwanden aber infolge der zusehenden Verarmung der Provinzen nach und nach aus dem regionalen Geldverkehr und wurden durch römisches Geld ersetzt, wie zum Beispiel die Silbermünzen Athens Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr..

Der enorme Reichtum wird häufig als Ursache für den moralischen Verfall der römischen Gesellschaft und den Bürgerkrieg im 1. Jahrhundert v. Chr. gesehen. Riesige Einnahmen aus den eroberten Gebieten erlaubten den römischen Besatzern einen verschwenderischen Umgang mit den Ressourcen. Die meist aus dem Kreis der vornehmsten Patrizierfamilien stammenden Verwalter der Provinzen (Propraetoren und Prokonsuln) führten mit dem angehäuften Vermögen ein Leben in Luxus und Überfluss und sie nutzten es, um ihren politischen Einfluss zu erweitern. Wer über große Summen verfügte, konnte öffentliche Ämter erwerben und die Armee zur Erhaltung seiner Macht bezahlen. Die Gunst des Volkes erkaufte man sich mit Spielen und Geschenken.

Gaius Iulius Caesar requirierte auf seinen Eroberungszügen in Gallien, Germanien, Südengland, Afrika und Ägypten ein außerordentliches Vermögen, das er für die Finanzierung seiner politischen Pläne einsetzte. Großzügig zeigte er sich bei seiner triumphalen Rückkehr nach Rom 46 v. Chr., als jeder einfache Soldat 200, jeder Centurio 400 und die Kriegstribunen je 800 Goldmünzen erhielten. Für die Auszahlung gab Caesar umfangreiche Goldprägungen in Auftrag. Diese, auch im darauf folgenden Jahr fortgesetzten Prägungen, bildeten die Geburtsstunde der römischen Goldmünze, des Aureus (mit einem Gewicht von 8,19 Gramm). Unter Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) wurde sie wenige Jahre später in das römische Währungssystem eingebunden.

Imperium und Doppelwährung

Augustus – der eigentliche Sieger des Bürgerkrieges – reorganisierte den römischen Staat und stellte das Münzwesen auf eine neue Grundlage. Die neue Münzordnung legte Gold und Silber als Währungsmetalle fest und setzte sie in eine fixe Relation von 1:12,5 zu einander. Auch die Kupfermünzen – Sesterz, Dupondius, As und Quadrans – wurden auf einen neue Basis gestellt und in ein festes Wertverhältnis zu den Währungsmünzen gebracht (1 Aureus = 25 Denare = 100 Sesterzen = 400 Asse). Die Ausgabe der Gold- und Silbermünzen ging in das alleinige Recht des Herrschers (Pontifex Maximus) über, lediglich die Kupferprägung in der Münzstätte Rom verblieb beim Senat. Die imperiale Ausrichtung des Geldes spiegelte sich bereits unter Caesar im Münzbild, das nun an Stelle des Signums gewählter Beamter den Herrscher oder seine Familie zeigte.

Die Aufnahme einer regelmäßigen Goldprägung steht, ebenso wie die außerordentliche Höhe der Münzproduktion, für ein Geldsystem, das sich dank anhaltender wirtschaftlicher Prosperität auf einer sehr hohen Entwicklungsstufe befand und über lange Zeit stabil gehalten werden konnte. Ein Großteil der enormen Ausgaben des römischen Imperiums wurde für militärische Zwecke verwendet. Mit den Soldaten und den unternehmerischen Aktivitäten der Armee gelangte das Geld bis in die entlegensten Winkel des riesigen Reiches. Außerhalb der Grenzen des Reiches wurden Aureus und Denar zu den Hauptgeschäftsmünzen, so etwa in Germanien und Skandinavien, aber auch in Indien, wo große Mengen römischer Goldmünzen umliefen.


Krise des römischen Geldsystems

Der große Erfolg des römischen Geldes, das in der gesamten antiken Welt als Zahlungsmittel akzeptiert wurde, hatte auch Schattenseiten. Die hohen Ausgaben Roms für Luxusimporte führten zu einem starken Abfluss an Edelmetallen. Hinzu kam Mitte des 2. Jahrhunderts eine wachsende Beanspruchung der Ressourcen für die Finanzierung der Abwehr der aus dem Osten und Norden vordringenden Völker. Mit der Erweiterung der Geldproduktion bei knapper werdenden Edelmetallvorräten begann sich der Silbergehalt der Münzen, der über Jahrhunderte relativ stabil geblieben war, allmählich zu verringern. Erstmals setzte Kaiser Nero (54 bis 68) das Gewicht des Aureus (von den 7,96 Gramm der augusteischen Münzordnung auf 7,29 Gramm) herab und auch das des Denars, dem nun bis zu 10% unedles Metall beigemengt wurden. Der Silbergehalt des Denars sank in den folgenden beiden Jahrhunderten, wenngleich geringfügig, so doch kontinuierlich. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts beschleunigte sich der Verfall des Geldes dramatisch. Zur Zeit Aurelian's (270 bis 275) betrug der Silberanteil des Denars nur noch 2%.

Eine der Ursachen für die Krise des römischen Geldsystems im 3. Jahrhundert n. Chr. lag im augusteischen System der festen Bindung der Metalle zueinander. Dieses entsprach nicht den realen Wertverhältnissen und führte, indem es die Abwanderung unterbewerteter Münzen begünstigte, zu einer sukzessiven Unterhöhlung der römischen Währung. Ein Versuch Caracallas im Jahr 212, die Wertverschiebung im Verhältnis von Gold und Silber mit der Herabsetzung des Goldpfundes und der Einführung einer neuen Silbermünze, des so genannten Antoninian (eines Doppeldenars mit rd. 5,1 Gramm), zu berichtigen, war gescheitert.

Zudem wirkten sich die unsicheren politischen Verhältnisse negativ auf das monetäre System aus. Die Abwehr separatistischer Bestrebungen der Provinzen und ständige Bürgerkriege nach dem Ende des severischen Herrscherhauses 235 n. Chr. erforderten hohe Summen und beeinträchtigen das wirtschaftliche Leben. Gleichzeitig verlor Italien durch die Entwicklung eigenständiger wirtschaftlicher Großräume in den Provinzen seine Absatzmärkte. Dennoch lief die Münzproduktion, um den außerordentlich hohen Geldbedarf des Reiches zu befriedigen, auf Hochtouren. Die Folge waren eine Wertverminderung des Geldes und steigende Preise, mit all den sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer Inflation. Geldvermögen wurden entwertet, Dinge des alltäglichen Lebens verteuerten sich um ein Vielfaches, die Kaufkraft des Geldes sank. Besonders betroffen waren Soldaten und Beamte: Anstelle der ursprünglich relativ hohen Geldbeträge erhielten sie ihren Sold nunmehr häufig in Form von Waren. Auch die Bauern litten unter den Preissteigerungen, da sie ihre Überschüsse auf den Märkten nicht mehr absetzen konnten. Spekulanten nutzen die Gelegenheit, um Waren günstig aufzukaufen und sie später teurer wieder zu verkaufen.


Reformen

Die wiederholten Bestrebungen zur Reorganisation des Währungswesens zeitigten nur begrenzten Erfolg. Kaiser Aurelian's (270 bis 275) Maßnahmen zur Wiederherstellung des alten Münzfußes provozierten 273 einen Aufstand der Münzer in Rom, die um ihre Privilegien fürchteten. Wie heftig dieser Konflikt war, zeigt die Tatsache, dass bei der Niederschlagung der Revolte 7000 Soldaten den Tod fanden.

Einen neuerlichen Versuch der Währungsstabilisierung unternahm 20 Jahre später Diocletian (284 bis 305). Er hob das starre Wertverhältnis der Währungsmetalle zueinander auf und erhöhte den Münzstandard für Goldprägungen. Der Preis der Goldmünzen richtete sich nun nicht mehr nach der Relation zum Silber, sondern nach dem Wert ihres Goldgewichts. Er konnte sich also, je nach Marktpreis des Edelmetalls, ändern. Goldmünzen wurden gehandelt wie Barren oder Schmuck, die nun wieder die Funktion von Geld annahmen. Dem Verfall der Silber- und Kupfermünzen versuchte Diocletian mit der Neuausgabe einer vollwertigen Silbermünze, des Argenteus, und der Einführung einer neuen Kupfermünze, des Follis, gegenzusteuern. Gleichzeitig hoffte er, durch Festlegung von Höchstpreisen die Inflation zu stoppen. Die Verordnung aus dem Jahr 301 umfasste Dinge des täglichen Bedarfs ebenso wie Löhne und Gehälter: 1 Pfund (ca. 325 Gramm) Rindfleisch sollte höchstens 8 Denare kosten, der Tageslohn eines Landarbeiters war mit maximal 25 Denaren begrenzt, der eines Bäckers mit 50 Denaren; für das Schreiben von 100 Zeilen durften nicht mehr als 20 Denare verrechnet werden. Das Preiserdikt erwies sich aber als ungeeignetes Instrument zur Eindämmung der Inflation, da es an Stelle von Preissenkungen nur dazu führte, dass alle, auch die günstigeren Preise auf das gesetzlich festgelegte Höchstniveau angehoben und die Waren auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden. Das Experiment einer gelenkten Wirtschaft schlug fehl.

Mehr Erfolg bei der Neuordnung des Geldwesens hatte Konstantin der Große (306 bis 337). An Stelle des aus dem Verkehr verschwundenen Aureus führte er den Solidus ein, eine neue Goldmünze mit einem Gewicht von 4,55 Gramm, die nun die Grundlage des Währungssystems bildete. Diese Münze setzte sich rasch durch. Sie wurde in großen Mengen ausgeprägt und bildete auch nach der Teilung des römischen Reiches 395 in eine östliche und eine westliche Hälfte das Fundament für das spätantike und byzantinische Währungssystem.


Monetärer Verfall

Aber selbst Konstantin gelang es nicht, den Zerfall des römischen Geldsystems aufzuhalten. Da der Wert der Goldmünzen vom Preis des Rohmetalls abhängig war und daher steigen konnte, waren die Silber- und Kupfermünzen einem noch stärkeren inflationären Druck ausgesetzt. Trotz wiederholter Anpassung und Neuausgabe der Münzen im Laufe des 4. Jahrhunderts, konnte die Entwertung insbesondere des Kupfergeldes nicht gestoppt werden. Der Verlust des Vertrauens in das völlig entwertete Geld ließ den Tauschhandel wieder aufleben, eine Entwicklung, die durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen im Laufe des 3. und 4. Jahrhunderts noch verstärkt wurde. Politische Unsicherheit behinderte nicht nur den Fernhandel, auch der lokale Handel war stark beeinträchtigt. Der wirtschaftliche Schwerpunkt verlagerte sich von der Stadt, die für Viele keine ausreichende Lebensgrundlage mehr bot und in der oft anarchische Zustände herrschten, auf das Land. Die Geldwirtschaft verlor an Bedeutung.

Bis zum Zusammenbruch des Weströmischen Reiches im Jahr 476 blieben neben dem weiter im Mittelmeerhandel dominierenden Goldsolidus nur geringe Mengen an Silbermünzen im Umlauf. Über den endgültigen Niedergang des Geldwesens im Westen gibt es verschiedene Theorien. Eine der Ursachen war die rapide Abnahme der Edelmetallbestände durch Abnutzung und Abwanderung des Münzbestandes in den Osten, eine weitere die Konzentration von Vermögen in der Hand der christlichen Kirche, die einen Gutteil des verfügbaren Reichtums an sich ziehen konnte und für die Errichtung von Klöstern und Kirchen verwendete. Auch der Verlust politischer und finanzieller Kontrolle durch fehlenden sozialen Zusammenhalt wird als Grund für den monetären Verfall genannt. Unumstritten ist, dass in der Blütezeit des römischen Geldwesens der Gebrauch von Geld eine Intensität erreichte, wie sie in Europa erst viele Jahrhunderte später wieder der Fall sein sollte.


(Quelle: Österreichische Nationalbank)