Mercurius

Aus Theoria Romana
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Mercurius
Alternative Namen-
Griechische EntsprechungHermes
FunktionGott der Händler und Diebe; Gott des Reichtums, Gewinns und Glücks, Götterbote
Symbole / AttributeGeflügelter Helm oder Schuhe, Stab, Geldbeutel
Typische Farbe der Opfertiereweiß

Mercurius (grch. Hermes, etrusk. Turms, ägypt. Anubis, dt. Merkur) war der römische Gott des Handels, des Gewerbes, des Reichtums und des Gewinns. Sein Name leitet sich von lat. merx (Ware) ab. Als Gott des Warenaustauschs dürfte er zu seinem Namen gekommen sein, da man in Rom erst zur Zeit der mittleren Republik zur Geldwährung kam. Gleichsetzung mit dem griechischen Hermes ließ ihn auch dessen Attribute übernehmen. Mercurius wurde zum Führer der Seelen in die Unterwelt und zum Boten der Götter. Er überbrachte Geschenke und Nachrichten, wies Verirrten den Weg und war zuständig für List und Tücke. Als Gott des Zufalls sorgte er für das glückhafte Finden.

Bedeutung

In Rom war Mercur zuerst Schutzgott der Getreidezufuhr und der diese vermittelnen Kaufleute. Er ist der Spender des Gewinnes, Götterbote und Diener des Iuppiter. Er war einerseits Gott des Handels, des Glücks und seiner Gaben, andererseits Schutzherr aller Reisendne zu Land und zur See. Er ist der Mehrer des Wohlstandes von Haus und Hof und deshalb auch Gott des Reichtums. Da der Handel nur in Frieden gedeiht, wird er auch gelegentlich als Friedensgott verehrt. Als Gott der Wege und des Handels war er auch den Dieben heilig, denn bereits als Kind stahl er nach einer Sage dem Apollon eine Rinderherde. Die Kunst andere zu überreden und stets Ausreden zu finden, machten ihn zum Schirmherrn über die Beredsamkeit.

Die Bedeutung des Merkur erlangte auch eine militärische Komponente, die dem griechischen Hermeskult fremd war. Diese Eigenschaft sorgte zusätzlich für die Beliebtheit des Gottes. Bekanntlich entwickelte sich der Handel in den Provinzen zuerst rund um die Legionslager und deren Ableger. Da die Soldaten in die Verwaltung eingebunden waren, konnte sich der Kult noch schneller verbreiten.

Attribute

Als Symbol des Mercurius scheint in Latium von Anfang an der caduceus (grch. kerykeion), der Stab des Glückes, gegolten zu haben.Zumeist geflügelt und mit zwei achtförmig gewundenen Schlangen dargestellt, konnte dieses Utensil Menschen einschläfern, aufwecken und Botschaften durch Träume vermitteln. Der caduceus wurde auch im täglichen Leben benutzt. Boten und Herolde trugen ihn zum Zeichen ihrer Immunität; d.h. niemand sollte sich ihnen in den Weg stellen (und somit aufhalten), wenn sie einen Auftrag zu erfüllen hatten. Im Laufe der Geschichte wurde der Stab zu einem Glücks- und Wunderzeichen. In diesem Sinne konnten auch Pax (Frieden), Concordia (Eintracht) und Felicitas (Gedeihen) mit diesem Attribut ausgestattet sein. Am bekanntesten ist die Einlage eines caduceus in die Schwelle des Tempels der Concordia am Forum Romanum. Der Consul Quintus Fabius Maximus soll 233 v.Chr. den Karthagern die Wahl zwischen Krieg und Frieden angeboten haben. Zum Zeichen ihrer Wahl übersandte er ihnen eine Lanze und einen caduceus. Als Friedensattribut übernahm ihn die augusteische Propaganda für die Pax Romana. Von an erhielt der Gott den Ehrennamen Mercurius Augustus. Als Attribut tauchte nun ein Kampfhahn mit einem Palmzweig im Schnabel auf.

Auch der Flügelhut und die Flügelschuhe waren dem Mercurius stets eigen. Des weiteren wird er gern mit einem (Geld-)Beutel (Marsupium) abgebildet. Wahlweise konnte der Hut wegfallen und ihm direkt Flügel aus den Haarlocken spriessen und das marsupium durch eine Spendenschale ersetzt sein. Häufig erscheint noch ein Mantel, der entweder um linken Arm gewickelt oder über die Brust geführt ist. Ansonsten erscheint der Gott nackt. Er zeigt sich meist jugendlich und bartlos. Mercurius wird er oft mit Bock und Widder abgebildet, daneben findet sich jedoch auch die Schildkröte und der Hahn.

Herkunft

Für die Annahme griechischen Ursprungs spricht der Umstand, dass gleichzeitig zweifellos griechische Korn- und Weingottheiten auf den Rat der Sibyllinischen Bücher in Rom eingefürht wurden, zu denen Hermes als schützer der Getreidezufuhr in naher Beziehung steht, wie auch Mercurius Verbindung zum Ceres im lectisternium der zwölf Götter nahelegt. Dass sein Kult allerdings gleichfalls durch die Sibyllinischen Bücher geboten worden ist, ist nicht überliefert, doch wurde im Jahre 399 v. Chr. bei Hungersnot und Pest nach ihrem Befehl das erste lectisternium in Rom dem Apollon und der Latona, der Diana und Hercules, dem Mercurius und Neptunus nach griechischem Ritus bereitet.

Für die Einführung des Hermeskult als Mercurkult kommen die italischen, vielleicht die sizilischen Kultorte des Hermes in Betracht. Die Ausbreitung des Hermeskultes wanderte in etwa von der Ost- und Nordküste Siziliens an der Westküste Italiens entlang und stößt ins innere Latiums, wo sich der Hermes in den Hermes Mirqurios und letztlich Mercurius wandelt. Wahrscheinlcih ware der im Handel wirkende Tätigkeitsgeist, der Geist der mercatura oder merx, bereits früher als Indiges Mercurius genannt worden, wenn auch sein Vorkommen in den Indigitamenta nicht bestimmt zu erweisen ist. Erst durch die Gleichsetzung mit Hermes hat er seine göttlich-individuelle Gestalt erhalten.

Durch den mit der Lirisebene und Cumae betriebenen Getreidehandel gelangte Mercurius schon Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. nach Rom, wobei die aus dem aeolischen Cumae stammenden sibyllinischen Sprüche unterstützend mitgewirkt zu haben scheinen. Trotz der Wahrscheinlichkeit, dass Mercurius auf den bezeichneten Weg nach Rom gekommen ist, besteht dennoch die Möglichkeit einer Einwirkung von Eturien aus. Hier scheint nämlich Hermes, der oft durch den einheimischen Namen Turms oder Turmus bezeichnet, ganz im griechischen, später auch römischen Typus. Ein Hauptberührungspunkt zwischen latinischer und etruskischer Kultur scheint nun Praeneste gewesen zu sein, wo Mercurdarstellungen zuerst auftreten und für die Zeit der Aufnahme seines Kultes ist auch für Eturien Getreidehandel mit Rom bezeugt.

Dennoch kann durchaus an der Einfürhung des Hermes-Mercur aus Großgriechenland festgehalten werden, da im Kulte jedenfalls von Anfang an seine rein griechischen Mutter Maia beteiligt war. Außerdem findet sich nicht ein Zug im Wesen des latinischen Handelsgottes, der nicht unmittelbar aus dem seines griechischen Vorgängers erklärlich wäre.

Kultstätten

Der Erste Tempel des Mercurius wurde nach der Überlieferung im Jahre 495. v. Chr. auf Volksbeschluss durch den Centurio Marcus Plaetorius geweiht, wohlgemerkt nicht von den Consuln. Die amtierenden Consuln stritten sich darüber, wer den Tempel nun einweihen sollte. Daraufhin hatte der Senat das Volk am Comitium entscheiden lassen. Die Wahl fiel auf den Centurio Marcus Laetorius, der die Weihe vollzog und das Gremium mercatorum collegium gründete. Dieser Tempel stand dem Circus Maximus gegenüber am Abhang des Aventin außerhalb des Pomeriums. Die erste Weihung erfolgte an den Iden des Mai. Dieser Tempel wurde später durch Marcus Aurelius wiederhergestellt.

Neben diesem Haupttempel besaß Mercurius in Rom noch weitere kleine Heiligtümer, so der Maecolus Mercurius eines in der Nähe des Ianustempels, wo lebhafter Marktverkehr stattfand. Der Mercurius Sobrius besaß wahrscheinlich eines an der via Latina, ebenso sein Gegensatz, der Mercurius Epulo Euphroynus. Ein ara (Altar) soll sich auf dem Esquilin befunden haben.

Ferner stand im Tempel der Concordia ein Mercurbild neben dem Mars sowie am Forum unter den Bildern der zwölf Götter. Vier Mercurii standen an den carceres (Starttoranlagen) des Circus.

Wahrscheinlich war er auch am Kulte des capitolinischen Iuppitertempels beteiligt. Besonders war ihm jedoch eine Quelle vor der Porta Capena am Abhange des Caelius geweiht, mit deren Wasser die Kaufleute am 15. Mai sich und ihre Waren zu reinigen pflegten sowie einen Lorbeerzweig ins Wasser tauchten.

Kult

Nach Erbauung des Tempels im Jahre 495 v. Chr. wurden seine Verehrer zu einem Collegium, dem der mercatores, zusammgefasst. Außerdem wurde die Getreidezufuhr neu geordnet, so dass Mercurius offenbar zuerst als Schützer der annona, des Getreitde-Ertrags, in Rom auftrat.

Abgesehen von den mercatores im allgemeine oblag der Kult des Mercur von Anfang an der zunftartigen Kultgenossenschaft, wie wohl eigentlich den Namen Collegium Mercurialium führte, aber auch allgemein als Collegium Mercatorum oder Cultorum Mercurii bezeichnet wird und als hauptsächlichste Verbreiter des MErcurdienstes betrachtet werden können, da sich auch im übrigen Italien sowie in den Provinzen nach ihrem Muster gestaltete Verbindungen finden lassen. An der Spitze des Kollegiums standen wohl wie bei anderen Collegien Magistri oder Curatores, denen die Vollziehung der Kulthandlungen oblag. Neben Merkur schützten auch Minerva und Volcanus das Gremium, das mehrmals umgewandelt noch in der Spätantike eine Rolle spielte.

In seiner Eigenschaft als Glücksgott, dankte man ihm nach Empfang von Ehrenstellen.

Bei den während Krisenzeiten auf Anraten der Sibyllinischen Bücher durchgeführten Götterbewirtungen wurde ihm keine weibliche Gottheit, sondern Neptun, zur Seite gestellt. Hier schlägt die Bedeutung des Seehandels durch. Schon in archaischer Zeit weihten die Kaufleute in Rom den zehnten Teil ihres Gewinnes am Ara Maxima des Hercules den Göttern. Neptun geleitete die Schiffe über seine Elemente und Merkur war der Gott des Warentausches; ihre Verbindung somit offensichtlich. Im Jahre 217 v.Chr. verordneten die sibyllinischen Bücher eine Änderung bei der Götterbewirtung und damit ordnete man Ceres und Merkur zueinander.

Der Festtag des Mercurius ist der 15. Mai. Neben dem Mercurius ofperte man auch dem Iuppiter und der Maia. Die Feier war nicht auf Rom beschränkt, dem Mercurius und der Maia wurden bereits vor ihrer Einführung in Rom Maifeste in Latium gefeiert worden, wie beide auch sonst im Kulte miteinander öfter verbunden waren.

Das Opfertier des Mercurius ist besonders der Bock. Auch das Opfer eines Kalbes und Schweines sind nachgewiesen. Als Trankopfer diente für gewöhnlich der Wein, nur bei Mercurius Sobrius erhielt stattdessen Milch. Die ihm geweihten Altäre waren oft Rundaltäre. Runde Tempelformen dominieren auch bei Vesta, Diana und Hercules.


Literatur:
Steuding, Hermann: Mercurius. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Band 2,2, Leipzig 1897.
Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, München 1902.