Olympische Spiele
Die antiken Olympischen Spiele wurden alle 4 Jahre (nach Ablauf einer Olympiade) zu Ehren des Göttervaters Zeus (röm. Entsprechung: Iuppiter veranstaltet. Sie waren das ranghöchste Fest im alten Griechenland und die bedeutendsten der vier Panhellenischen Spiele. Austragungsort war Olympia, gelegen im Nordwesten der Peloponnes-Halbinsel in der Landschaft Elis.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung
Die (allerdings erst im 4. Jh. v. Chr. begonnenen) antiken Aufzeichnungen der Olympischen Spiele begannen mit den ersten Spielen im Jahr 776 v. Chr. Sie wurden durch die Könige Iphitos von Elis, Kleisthenes von Pisa und Lykurgos von Sparta organisiert. Während der Spiele herrschte eine heilige Waffenruhe (ekecheiria), um allen Beteiligten eine sichere An- und Abreise zu gewährleisten. Die heiligen Stätten von Olympia durften man ohnehin nur unbewaffnet betreten, wodurch auch ein relativ sicherer Aufenthalt garantiert war. Seit dieser Zeit fanden die Spiele alle vier Jahre im Monat August statt und waren religiöse Feste mit umfangreichem Beiprogramm.
Der unklare Ursprung der Spiele reicht jedoch bis in das 2. Jahrtausend v. Chr. zurück. In der Antike gab es verschiedene Gründungsmythen, die sie auf Heracles (lat. Hercules) oder Pelops, den Sohn des phrygischen Königs Tantalos zurück führten.
Im 456 v. Chr. geweihten Zeus-Tempel von Olympia befand sich (ab 430 v. Chr.) die berühmteste Götterstatue der Antike, die über einen Holzkern aus Gold und Elfenbein gearbeitete Kultstatue des Zeus. Sie gehörte zu den sieben Weltwundern des Altertums. Geschaffen hatte sie der Bildhauer Phidias aus Athen. Am Giebel des Tempels fand sich eine Darstellung des sagenhaften Wagenrennens, bei dem Pelops den König Oinomaos durch Betrug besiegt und getötet hatte. Um sich von seiner Blutschuld zu reinigen, begründete Pelops später – so eine der verschiedenen Gründungsmythen – die späteren Olympischen Spiele.
Nach heutigen Erkenntnissen gingen die Spiele auf kultische Feste zu Ehren der Göttin Rhea (grch. Rheia) zurück, der Mutter des Zeus/Iuppiter.
Bedeutung und Ablauf
Die Olympischen Spiele waren nicht nur sportliche Wettkämpfe, sondern auch ein religiöses Fest. Zu den Spielen kamen Athleten und Zuschauer aus der ganzen damaligen griechischen (und später römischen) Welt, d. h. aus dem griechischen Mutterland, aus Kleinasien, aus den Gebieten des Schwarzen Meeres, aus Unteritalien und von der Mittelmeerküste des heutigen Frankreich, Spanien, sowie Nordafrika. Die Wettkämpfer mussten freie Vollbürger sein, von „ehrlicher“ Geburt, frei von „Blutschuld“ und ohne, heute würde man sagen; Vorstrafen. Von den (nach Schätzungen bis zu 40.000) Zuschauern wurde kein Eintrittsgeld verlangt, aber zugelassen waren nur unverheiratete Frauen und freie Männer. Verheirateten Frauen und Unfreien war der Zutritt bei Androhung der Todesstrafe verboten.
Bereits zehn Monate vor Beginn der Wettkämpfe wurde in Elis ein Trainingslager eingerichtet. Die Athleten mussten dieses mindestens 30 Tage vor Beginn der Spiele bezogen haben. In Olympia selbst befanden sich Trainingsräume, Bäder, Herbergen und eine Bibliothek für die Sportler. Sogar eine spezielle Sportnahrung für Leichtathleten war damals schon erfunden. Sie bestand u. a. aus Gerstenbrot, Weizenbrei und getrockneten Früchten.
Die eigentlichen Spiele begannen nach dem ersten Vollmond nach der Sommersonnenwende. Den Fackellauf gab es bereits bei den alten Griechen, aber weder als olympische Disziplin, noch in der Form, wie er heute aus Anlass der Olympischen Spiele stattfindet. Die eigentlichen Wettkämpfe nannte man agonen. Sie dauerten fünf Tage (in der Frühzeit der O. Spiele kürzer) und wurden von Kampfrichtern, den hellanodiken überwacht, die auf einer eigenen Tribüne platz nahmen, gemeinsam mit der örtlichen Priesterin der Göttin Demeter (röm. Entsprechung: Ceres). Die hellanodiken prüften die Teilnahmeberechtigung der Athleten und überwachten die Einhaltung der Hygiene, dass Training und dass die Wettkampfregeln beachtet wurden. Vor Beginn der Wettkämpfe wurden sie gemeinsam mit den Athleten vereidigt und hatten das Recht, Regelverstöße mit körperlicher Züchtigung zu ahnden, bzw. durch Peitschenträger ahnden zu lassen. Die Athleten waren während der Wettkämpfe nackt.
Erster Tag
Feierliche Eröffnung. Am ersten Tag der Wettkämpfe wurde der oben genannte Eid abgelegt. Am Nachmittag dieses ersten Tages fanden dann die Wettkämpfe der Knaben im Laufen, Ringen und Faustkampf statt.
Zweiter Tag
Am zweiten Tag fanden die Pferdesportwettbewerbe (hippische agone) im Hippodrom statt, die aus Reitwettbewerben und Wagenrennen bestanden. Ein Höhepunkt der antiken Olympischen Spiele war das Rennen der Viergespanne, wobei nicht die Wagenlenker, sondern die Pferdebesitzer die Sieger waren (wodurch bei diesem Wettbewerb auch eine Frau Olympiasieger werden konnte). Geritten wurde ohne Sattel und Steigbügel.
Auch der Fünfkampf (pentathlon, eingeführt 708 v. Chr.) wurde am zweiten Tag ausgetragen. Er bestand aus den Disziplinen Diskuswurf (diskos), Weitsprung (halma), Speerwurf (akontion), dem Stadionlauf (stadion) über 600 olympische Fuß (≅ 192 Meter) und dem Ringkampf (pale). Es ist nicht eindeutig geklärt, wie der Sieger im pentathlon ermittelt wurde. Es wird angenommen, dass ein Athlet ausscheiden musste, wenn ein Konkurrent in drei Disziplinen jeweils besser platziert war als er. So konnte der Fünfkampf bereits beendet sein, wenn ein Teilnehmer die ersten drei Disziplinen gewonnen hatte. Fiel die Entscheidung erst im Ringkampf, waren trotzdem einige Teilnehmer bereits ausgeschieden.
Den Abschluss des Wettkampftages bildete ein Totenopfer für Pelops, an dessen Grabhügel nach Sonnenuntergang ein schwarzer Widder verbrannt wurde.
Dritter Tag
Der dritte Tag erlebte den kultischen Höhepunkt der Spiele. Am Vormittag wurde das Hauptopfer für Zeus durchgeführt. Bis zu 100 mit Blumen geschmückte Stiere wurden ihm geopfert. Dazu kamen Festgesandtschaften aus ganz Griechenland, die ihre Opfergaben dar brachten. Dazu standen im olympischen Hain etwa 70 Altäre zur Verfügung.
Am Nachmittag folgten die Laufwettbewerbe. Es begann mit dem Langstreckenlauf (dolichos, eingeführt 720 v. Chr.), der über 20 oder 24 Stadien führte (≅ 3845 oder 4614 Meter). Es folgte der Stadionlauf (stadion, eingeführt bereits 776 v. Chr.) und am Schluss der Doppellauf (diaulos, eingeführt 724 v. Chr.) über eine doppelte Stadionlänge (≅ 385 Meter).
Laufen war die älteste Disziplin. Bei den ersten 13 Olympischen Spiele war der Stadionlauf sogar noch der einzige Wettbewerb. Gelaufen wurde barfuß und gestartet wurde in aufrechter Position. Fehlstarts wurden vermutlich mit Stockschlägen bestraft. Der Lauf führte über die gesamte Länge des Stadions geradeaus. Rundbahnen um ein zentrales Feld gab es in der Antike noch nicht. Bei den Wettkämpfen wurde in Richtung des Zeusaltars gestartet. Beim Doppellauf musste jeder Läufer nach der halben Distanz um eine Stange wenden. Beim Langstreckenlauf gab es wahrscheinlich zwei Wendemarken (Pendellauf).
Vierter Tag
Am vierten Tag fanden die Wettkämpfe im Ringkampf (pale, eingeführt 708 v. Chr.), Faustkampf (pygme, eingeführt 688 v. Chr.) und Allkampf (pankration, eingeführt 648 v. Chr.) statt. Letzterer war dabei eine Kombination aus Ring- und Faustkampf, bei dem nur zwei Dinge verboten waren, nämlich dem Gegner in die Augen zu stechen und ihn zu beißen. Es gab weder Runden, noch Pausen oder Zeitlimits. Beim Ringen siegte, wer seinen Gegner dreimal zu Boden warf, wobei auch zählte, wenn der Gegner mit dem Knie den Boden berührte. Faust- und Allkämpfe wurden durch KO entschieden, oder wenn einer der Kontrahenten aufgab, was durch das Heben eines Fingers angezeigt wurde.
Die letzte Disziplin des Tages und der gesamten Spiele war der Waffen- oder Hoplitenlauf (hoplitodromos, eingeführt 520 v. Chr.). Er ging über zwei Stadien (≅ 385 Meter) und wurde ursprünglich in der kompletten Ausrüstung eines griechischen Fußsoldaten (hoplit) ausgetragen. Später verzichtete man jedoch auf Speer und Beinschienen und es waren nur noch Helm und Schild vorgeschrieben.
Der vierte Tag war der einzige ohne zentrale Kulthandlung.
Fünfter Tag
Am fünften Tag endeten die Spiele mit einer Prozession der Sieger zum Zeus-Tempel und den anschließenden Siegesfeiern.
Olympiasieger und Siegesehrungen
Bei den antiken Olympischen Spielen wurden weder Zeiten noch Weiten gemessen. Auch den Zweit- und Drittplatzierten wurde praktisch keine Beachtung geschenkte. Alle Aufmerksamkeit galt dem Sieger und seinem Sieg, denn ihm wurde nach antiker Vorstellung die (ungeteilte) Gunst des Gottes Zeus zuteil. Er wurde mit einem Palmzweig, einem Stirnband und einem Kranz aus Zweigen des heiligen Ölbaums geehrt (der in der Nähe des Zeus-Tempels stand und kotinos kallistephanos genannt wurde). Das Stirnband und den Kopfkranz durften die Olympiasieger anschließend mit nach Hause nehmen. In ihrer Heimat wurden sie dann wie Helden verehrt, wurden gewöhnlich von der Steuer befreit, erhielten Geschenke, Geldprämien, ihnen wurden bürgerliche Ehrenrechte verliehen und nach ihrem Tod richtete man ein großes (Staats-) Begräbnis aus.
Berühmte, überlieferte Olympiasieger waren:
Koroibos von Elis – 776 v. Chr. Sieger im Stadionlauf, der erste namentlich bekannte Olympiasieger
Milon von Kroton – 6facher Sieger im Ringen (540, 532, 528, 524, 520, 516 v. Chr.)
Astylos von Kroton – 8facher Olympiasieger zur Zeit der Perserkriege, erster namentlich bekannter Athlet der Antike, der nicht nur für seine Heimatstadt antrat, sondern sich von einer anderen (in diesem Fall Syracus) abwerben ließ
Theagenes von Thasos – 480 v. Chr. Sieger im Faustkampf und 476 v. Chr. im pankration
Diagoras von Rhodos – 464 v. Chr. Sieger im Faustkampf
Dorieus von Rhodos – 432, 428 und 424 v. Chr. Sieger im pankration, Sohn von Diagoras von Rhodos
Leonidas von Rhodos – zwischen 164 und 152 v. Chr. 12facher Sieger in den Disziplinen Stadionlauf, Doppellauf und Hoplitenlauf
Niedergang
Politische Konflikte innerhalb Griechenlands und der Einfluss des Römischen Reichs auf das antike Griechenland ab dem 2. Jh. v. Chr. gingen auh an den Olympischen Spielen nicht spurlos vorbei. Dazu kamen Tendenzen, die der ursprünglichen Idee der Spiele zuwider liefen. Stadt-Politiker warben „Berufssportler" an und bestachen Kampfrichter. Im Jahre 80 v. Chr. ließ der römische dictator Sulla die Spiele in Rom austragen, nachdem er Olympia und Delphi hatte plündern lassen, um seine Kriege zu finanzieren. Kaiser Caligula hegte 40 n. Chr. Pläne, die berühmte Zeus-Statue nach Rom schaffen zu lassen, scheiterte jedoch, angeblich, weil das eigens dafür gebaute Schiff von einem Blitz getroffen wurde und sank. Kaiser Nero verlegte den Zeitpunkt der Spiele und nahm 65 n. Chr. selbst daran teil. Als „Olympiakämpfer", lenkte einen Wagen mit zehn Pferden in einem Rennen, in dem kein anderer starten durfte, fiel während der Fahrt aus dem Wagen – und ließ sich dennoch als „Olympiasieger" feiern. Auf ähnliche Weise machte er sich im selben Jahr auch zum „Olympiasieger" im Wagenrennen mit jungen Pferden. Spätere römische Kaiser sorgten aber nochmals für einen neuen Aufschwung, indem sie neue Gebäude und ein Bewässerungssystem bauen ließen.
Vor dem anbrechenden christlichen Hintergrund verfielen die alten religiösen Bräuche dann aber endgültig und entzogen den Spielen ihre in der Religion verwurzelte Legitimation. Vermutlich im Jahr 393 n. Ch. wurden die letzten Olympischen Spiele der Antike gefeiert. Kurz darauf verbot der christliche Kaiser Theodosius I. jeglichen heidnischen Kult in seinem Reich, darunter auch die Olympischen Spiele. Es ist jedoch umstritten, wirksam dieses Verbot war. Lange Zeit schien eindeutig festzustehen, dass die Spiele nicht mehr nach 426 n. Chr. ausgetragen werden konnten, da ein Brand den Zeustempel in diesem Jahr vollständig zerstörte (angeblich auf Befehl des Kaisers Theodosius II., der alle griechischen Heiligtümer zerstören ließ). Jüngere archäologische Untersuchungen haben jedoch Hinweise darauf geliefert, dass in Olympia noch im 6. Jh. n. Chr. Wettkämpfe stattfanden, allerdings in bescheidenem Maßstab.
Literatur:
Österreichisches Olympiamuseum/Geschichte
Wikipedia
M. C. Howatson (Hrsg.), Reclams Lexikon der Antike, ergänzte Ausgabe 2006