Slawen

Aus Theoria Romana
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Slawen sind neben den Germanen und Romanen eine der Hauptgruppen der indoeuropäischen Sprachfamilie, vor allem in Ostmittel- und Osteuropa.

Staaten mit mehrheitlich slawischer Bevölkerung sind Russland, die Ukraine, Weißrussland, Polen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien und Montenegro, Bosnien, Mazedonien und Bulgarien. Sehr bedeutende slawische Minderheiten leben in Kasachstan, Moldawien, Estland und Lettland.

In Deutschland gibt es die slawische Minderheit der Sorben mit gewissen Sonderrechten (wie zweisprachige Ortsschilder) in der Lausitz. In Österreich gibt es eine kroatische Minderheit im Burgenland und eine slowenische in Kärnten, welche durch den Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrags geschützt sind.

Sprache

Bei Betrachtung der indoeuropäischen Sprachen ergibt es sich, dass die nordeuropäische (slawogermanische) Gruppe sich sehr früh von der indoeuropäischen Sprachfamilie abgetrennt hat. Diese Abteilung spaltete sich dann später weiter auf.

Neben der germanischen Sprachgruppe entstand nach einer nicht unumstrittenen Meinung einiger Sprachwissenschaftler eine baltoslawische Gruppe, aus der durch weitere Trennung das Baltische und das Slawische entstanden.

Andere Theorien nehmen an, dass die zweifellos beobachtbaren baltoslawischen Entwicklungen durch die geographische Nähe zweier ursprünglich unterschiedlicher Sprachgruppen bedingt waren.

Ursprünge und Ausbreitung

Historisch und archäologisch lassen sich die Slawen erst in der Zeit um 500 fassen. Unter Kaiser Justinian I. (527-565) gerieten Slawen erstmal in das Blickfeld byzantinischer Chronisten wie Prokopios von Caesarea, Jordanes und Theophylaktos Simokates. Sie berichten von Venetern, Sklavinen und Anten (die man zusammen auch Sporen nennt) die aus den Gebieten zwischen Karpaten, unterer Donau und Schwarzem Meer kommend plündernd in das Byzantinische Reich und seine Randgebiete einfielen.

Zwar erwähnen bereits Plinius der Ältere, Tacitus und Ptolemäus von Alexandria ab dem 1. Jahrhundert in unterschiedlicher Schreibweise ein Volk der Venedi, Venethi, Venadi oder Ouenedai, das östlich der Weichsel beziehungsweise an der Danziger Bucht siedelte, doch beziehen sich diese Angaben zweifellos auf die den Germanen zuzurechnenden Vandalen. Der Sammelbegriff Veneter wurde im 6. Jahrhundert offenbar auf das bis dahin unbekannte "Volk" der Slawen übertragen, obwohl keine direkten Beziehungen zwischen beiden bestanden.

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde in oft erbitterten und zumeist nationalistisch gefärbten Debatten eine "Urheimat" der Slawen gesucht, da man sich "Völker" nur als homogene Einheiten vorstellen konnte. Inzwischen wurde jedoch erkannt, dass die verschiedenen historischen Disziplinen wie Archäologie, Historiographie und Sprachwissenschaft eigene, spezifische Quellen und Aussagemöglichkeiten besitzen, die sich nicht ohne weiteres zu einem Gesamtbild zusammenfügen lassen. Sie alle haben jedoch große methodische Schwierigkeiten, mit Hilfe ihrer Quellen der Ethnogenese näherzukommen. Offensichtlich folgt die Suche nach der slawischen "Urheimat" einer falsch gestellten Frage.

Erst mit ihrer Erwähnung in den byzantinischen Quellen werden die Slawen als historische Größe greifbar, wobei diese Großgruppe nicht unbedingt auch als ethnisch homogene Gruppierung aufgetreten sein muss. Neu entstandene Großverbände waren wahrscheinlich fragil und "polyethnisch", das heißt sie setzten sich aus Personen und Gruppen unterschiedlicher Herkunft zusammen, die allein durch den Glauben an eine gemeinsame Kultur und eine gemeinsame Abstammung zusammengehalten wurden, sich aber nicht zwangsläufig tatsächlich auch auf eine gemeinsame Kultur und gemeinsame Sprache begründen mussten. Ethnogenese ist ein historischer Prozeß, an dessem Ende das historisch bekannte Volk der Slawen stand. Für die Bildung der slawischen Sprache (Topogenese) konnte ein Gebiet zwischen mittlerer Weichsel beziehungsweise Bug und mittlerem Dnepr herausgearbeitet werden. Doch nicht allein Wanderungen der Träger dieser Sprache, sondern auch die Assimilation von Menschen verschiedener Herkunft führte zu der "Slawisierung" Ostmittel- und Osteuropas. Ein einheitliches ("proto")-slawisches "Urvolk" hat es, wie bei allen Völkern, sicherlich nicht gegeben.

In den folgenden Jahrhunderten besiedelten die Slawen auf diese Weise allmählich weite Gebiete Ostmittel- und Osteuropas, die vom Schwarzen und Ägäischen Meer bis zur Ostsee und dem Ilmensee sowie von der Elbe, Saale, dem Böhmerwald, dem Inn, den Alpen und der Adria bis zum oberen Don und unteren Dnepr erstreckten.


Quelle: Lexikon