Sozialstruktur des römischen Militärs
Die Struktur der römischen Sozialgemeinschaft blieb natürlich nicht ohne Auswirkungen auf das Heerwesen, vor allem da man im frühen Rom bis zur späten Republik nicht zwischen ziviler Gesellschaft und Angehörigen des Militärs unterschied. Allerdings bildeten sich mit der Zeit Eigenheiten heraus, die es sinnvoll machen sich genauer mit der Sozialstruktur des römischen Militärs zu beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
Königszeit
Die Informationen über das römische Heer zur Königszeit, also von 753 v. Chr. bis 510 v. Chr., sind äußerst spärlich. Man weiß, dass die Unterschiede der Stände der plebei und der patricii sich auch im Heer niederschlugen. Da jeder Erwachsene im Alter von 18 - 46 zum Dienst im Heer (damals noch kollektiv legio genannt) verpflichtet war, und er seine Kampfausrüstung selber stellen musste, zeigten sich soziale Unterschiede eben auch im Heer. Vom König (der durch seinen Reichtum den Kriegszug finanzierte und ihn auch selber anführte) abgesehen, waren es vor allem die vermögenden patricii die sich hervortaten. Sie dienten meist in der Reiterei, weil der Unterhalt von Pferden sehr teuer war und die entsprechende Rüstung ebenfalls für weniger Vermögende kaum zu bezahlen. Die Offiziere des Heeres, die tribuni wurden ebenfalls ausschließlich von den patricii gestellt. Die Infanterie, zu der Zeit noch in der griechisch geprägten Phalanx, wurde von Angehörigen des Standes der plebei gestellt, allerdings gab es auch hier große Unterschiede zwischen den schwer gepanzerten Phalangiten in den vorderen Reihen und den leicht bis gar nicht gepanzerten Kämpfern der leichten (Plänkler-)Infanterie. Wer sich schwere Rüstung und Bewaffnung leisten konnte hatte nachher bei der Verteilung der Beute bessere Chancen sich zu bereichern und zudem war mit dem Dienst in den vorderen Reihen auch die Erlangung von sozialem Prestige durch den Dienst an der Gemeinheit verbunden. Zwar bestand durchaus die Möglichkeit durch die Anschaffung von besserer Ausrüstung in der Rangfolge des Heeres aufzusteigen, und damit auch seine Stellung in der römischen Gesellschaft zu verbessern, aber ebenso war es möglich, dass eine familia nach einer militärischen Niederlage durch den Verlust von Angehörigen und kostbarer Ausrüstung vor dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ruin stand.
Republik
Besetzung der Offiziersposten
Die signifikanteste Änderung nach der Abschaffung des römischen Königtums ist die Übernahme der Heeresführung durch sogenannte legati die durch den Senat, neuerdings höchste politische Instanz Roms, mit der Heeresführung in Form eines imperium militiae ausgestattet wurden. Sind die Zugänge zu diesem imperium wie die politische Verfassung Roms der frühen Republik nicht genau überliefert, geht man davon aus, dass bis zum Ende der Ständekämpfe zwischen patricii und plebei nur erstere den Oberbefehl über römische Heere erlangen konnten, ebenso wie das oberste Amt der Republik. Mit den leges Liciniae Sextiae und den dadurch in Kraft tretenden Reformen, u.a. der Einführung des Doppel-Konsulats (welches damit auch Plebejern zugänglich wurde) und der Prätur, wurde das imperium militiae erstmals auch für Plebejer zugänglich. Die Plebejer, die mit dem imperium militiae ausgestattet wurden entstammten immer den angeseheneren und älteren Familien dieses Stands, was mitunter zur Bildung der nobilitas führte, einer Art Misch-Stand aus alten Patrizier- und hoch angesehenen und sehr vermögenden Plebejer-Familien.
Die im Heer dienenden Bürger wurden durch Censoren ihrem Vermögen entsprechend eingeteilt und im Heer eingesetzt. Die Einteilung entsprach ungefähr der schon zu Königszeit üblichen, die sich nach der Ausrüstung eines Kämpfers richtete. Das römische Heer war so immer ein Heer der Besitzenden, die durch Beute ihren Besitz und durch die Teilnahme an Feldzügen ihr soziales Prestige mehren konnten. Besitzlose, also die untersten Schichten der römischen Gesellschaft, wurden vorerst nur in absoluten Ausnahmefällen zum Kriegsdienst herangezogen und durch das Gemeinwesen ausgerüstet, so z.B. nach großen Niederlagen in Zeiten größter Not.
Die höheren Offiziere der republikanischen Legion, die tribuni militum, wurden zwar von Konsuln aus den wehrtüchtigen Bürgern gewählt, mussten jedoch mindestens den Zensus eines eques erbringen. Auch zur Zeit der Republik war dies vor allem Patriziern oder sehr vermögenden plebeischen Angehörigen der neuen Nobilitas möglich, was sich entsprechend in der Besetzung dieser Offiziersposten niederschlug.
Der einzige Offiziersrang, der den weniger vermögenden Schichten zugänglich war, war der des centurio, welcher ursprünglich von aus dem manipel, der Untereinheit einer frührepublikanischen Legion, von den Soldaten gewählt wurde. Man geht heute davon aus, dass obwohl diese Position theoretisch allen Soldaten offen stand, vornehmlich Angehörige alter, vornehmerer Familien mit entsprechendem sozialen Prestige zu Centurionen gewählt wurden. Später wurden die Centurionen direkt von den legati ernannt, was eine andere, ebenso römische Form der sozialen Repräsentation und Bindung im Heer stärkte: das Patronat.
Patronat und Klientel in den Legionen
Natürlich blieb das Patronat als eines der wichtigsten Charakteristika der römischen Gesellschaft im Militärwesen nicht einfach außen vor, sondern fand auch abseits der politischen Instanzen Roms seine Repräsentation.
Wenn man bedenkt, dass sich die Patronage durch sämtliche Gesellschaftsschichten Roms zog, wird es kaum verwundern wenn es das auch durch alle Ränge des republikanischen Heeres tat. Gerade zu einer Zeit in die römische Bevölkerung noch recht überschaubar im Vergleich zu späteren Zeiten war, reichten die durch Patronage traditionalisierten Beziehungen von der Spitze bis hin zu den untersten Rängen. Effektiv greifbar wurde die Patronage zum Beispiel bei der Wahl der tribuni und der centuriones, ähnlich den Wahlvorgängen in den Volksversammlungen im politischen Rom. Besaß ein Soldat den entsprechenden Einfluss durch die nötige Anzahl von Klienten und durch Unterstützung des eigenen Patrons, möglicherweise selber Offizier im Heer, konnte ein Mann in den Wahlvorgängen genügend Stimmen auf sich vereinen und so zu solchen Posten gelangen... und eigene Klientes durch Aktivierung der vielfältigen Beziehungen als Patron auf ebensolche Posten verhelfen.
Die Folge waren oftmals selbst für Römer unüberschaubare Verstrickungen im römischen Heer, die auch auf das zivile Leben rückwirkten. Wurde ein Heer geschlagen, oder versagte ein Offizier in seinem Aufgabenbereich hatte dies unmittelbare Auswirkungen nicht nur auf das eigene soziale Prestige, sondern auch auf jenes derer, die durch Patronat und Klientel an ihn gebunden waren.
Später änderte sich die Praxis bei den centuriones, welche fortan vom legatus persönlich ernannt wurden. Dadurch intensivierte sich der direkte Einfluss des Feldherrn auch in die unteren Ränge. Konnte er zuvor nur indirekt durch Klientelbeziehungen Einfluss bei der Ernennung der Offiziere nehmen, konnte er nun die unteren Ebenen des Heeres direkt eng an sich binden. Die tribuni blieben davon allerdings ausgenommen.
Veränderungen der späten Republik
Mit der steten Vergrößerung des römischen Machtbereichs trat eine Entwicklung zutage, die die Republik wie kaum eine andere nachhaltig verändern und auch gefährden würde. Mit dem größeren Machtbereich traten auch immer mehr Feldzüge auf, die nicht mehr binnen weniger Wochen oder binnen eines Sommers abzuschließen waren, was wiederrum zu einer Abwesenheit der Soldaten zur Zeit der Ernte und Feldpflege führte. Da immernoch ein Großteil der einfacheren Bevölkerung Roms stark bäuerlich geprägt war, war die Abwesenheit der erwachsenen Männer von der Feldarbeit für mehr als nur einen Sommer ein echtes Problem für die Kleinbauern. Patrizier und plebejische Angehörige der Nobilitas hatten da geringere Probleme, hielten sie sich (durch den stetig wachsenden Reichtum der Oberschicht in der Folge des wachsenden Machtbereichs) genug Sklaven die in ihrer Abwesenheit die Felder bestellten.
Waren die Männer über Jahre hinweg abwesend, konnten ihre Familien oft genug das Land nicht mehr alleine bestellen und standen so vor dem wirtschaftlichen Aus, weshalb immer mehr Kleinbauern Land verkaufen mussten um ihre Familien vor Hunger und Not zu bewahren. Viele Bauern verloren gleich ihren ganzen Besitz (auch Repressionen der reichen Nachbarn waren keine Ausnahme) und zogen in die Stadt. Man bedenke: in diesselbe Zeit fielen auch die sozialen Unruhen und die Reformversuche der gracchischen Brüder Gaius und Tiberius.
Zur selben Zeit kulmulierten Erfahrungen aus den vergangenen Feldzügen in den Reformen, die eigentlich Gaius Marius zugeschrieben werden, sich wohl aber über längere Zeit aus eben diesen Erfahrungen entwickelten: der Census, der vorher vorschrieb, dass ein römischer Bürger sich seine Ausrüstung selbst leisten musste wurde zuerst gesenkt, und später gänzlich abgeschafft. Das führte u.a. zu einer Vereinheitlichung der Ausrüstung der Soldaten, da die Res Publica diese übernehmen musste. Damit wurde auch die Einteilung der Soldaten nach Einkommensklassen, wie sie vorher üblich war, obsolet, und die Rangfolge der Soldaten in der Heeresaufstellung variierte nach der Dienstzeit im Heer. Dies stellte ein neues, vorher unbekanntes Gegengewicht zu den sozialen Unterschieden im Heer dar, die sich vorher in der Ausrüstung der Männer zeigte.
Der wichtigste Punkt der Veränderungen war allerdings der, dass die Dienstzeit in diesen Heeren sich nicht mehr nach abgeschlossenen Feldzügen richtete, sondern nach einem (unterschiedlich) festgelegten Zeitraum, der oft sechzehn Jahre betrug. Nach diesen sechzehn Jahren hatte ein Legionär Anspruch auf eine Art Abfindung durch den Staat, die normalerweise in einem Stück Land bestand. Es oblag zumeist den jeweiligen Feldherrn diesen Anspruch politisch durchzusetzen, was die Loyalität der Soldaten gegenüber ihrem jeweiligen Feldherrn stärkte, und die gegenüber der Res Publica schwächte, wenn sich Soldaten nicht sicher sein konnten, dass diese auch für sie einen Teil des Ager Publicus, des öffentlichen Staatslands zur Verfügung stellte.
Dadurch wurde die Bindung der einfachen Soldaten an ihren Feldherrn sehr gestärkt, was diesen wiederrum große politische Macht verlieh. Wurden die Soldaten aus ihrem Dienst entlassen ohne direkt ein Stück Land zugesprochen zu bekommen, zogen sie zumeist in die Stadt wo sie sich dank der stets üblichen Getreidespenden selbst versorgen konnten. Dort stellten sie ein vorher kaum gekanntes politisches Potential dar, welches Gaius Marius als erfolgreicher Feldherr nach seiner Rückkehr in die Tagespolitik als erster geschickt einsetzte: er konnte sich u.a. dank der Unterstützung seiner Veteranen sieben Mal zum Konsul wählen lassen.
Einerseits sorgten die Veränderungen der späten Republik also in einer geringeren Bedeutung von sozialen Unterschieden im römischen Heer, zudem in einer Öffnung des Heeres auch für Besitzlose (sog. proletarii) und schließlich in einer enormen Stärkung der Position des legatus, solange dieser politisch potent genug war seine Soldaten zu unterhalten und auch mit Land zu versorgen.. oder ihnen lange genug glaubhaft zu machen, er könne genau dies tun.
Die stärkere Bindung an den Feldherrn und die nachlassende an die Res Publica machte es möglich, dass sich quasi komplette Heere in einem Klientelverhältnis zu ihrem Patron, dem Feldherrn, befanden. Dies wird heute Heeresklientel genannt. Abgesehen von dem Einfluss der Veteranen im zivilen Rom wurde es durch die starke Bindung auch möglich, dass sich Heerführer gleich der Schlagkraft und Treue ihrer Truppen bedienten um ihre politischen Motive durchzusetzen. Dies machte das Jahrhundert der Bürgerkriege möglich, welches schließlich im finalen Untergang der Res Publica resultierte.
Gaius Marius, Sulla und Gaius Iulius Caesar waren die Männer, die sich die neuen Möglichkeiten am effektivsten zu Eigen machten und damit zu vorher in der Republik ungekannter Macht kamen.
Kaiserreich
Wie oben nachzulesen, war die Sozialstruktur des römischen Militärs in der Republik ein maßgeblicher Grund für ihr Scheitern. Nach dem dritten Bürgerkrieg, den Augustus für sich entscheiden konnte, stand der Sieger nunmehr unter großem Zugzwang zu verhindern, dass sich ähnliches noch einmal abspielen konnte. Von den umfassenden Baustellen mal abgesehen, die Augustus innenpolitisch zu bewältigen hatte musste er auch die Heere aus ihren alten Verstrickungen lösen und möglichst eng an sich binden.
Dies konnte er natürlich nicht im Handstreich binnen kurzer Zeit schaffen. Viele Veränderungen wurden gar erst von seinen Nachfolgern angestoßen. So wie die Veränderungen im Militär der Republik mehrere Jahrzehnte benötigten, veränderte sich das Heer der Kaiserzeit ebenso schleichend. Im folgenden werden die Veränderungen der Kaiserzeit grob angerissen um den Rahmen nicht zu sprengen, und der Struktur des Heeres nach gegliedert.
Führungsebene
Die Legati
Im Zuge der sich verlagernden Kompetenzen vom Senat, respektive den Konsuln, hin zum Kaiser wurde auch die Vergabe der Führungsposition in einer römischen Legion neu organisiert. Dies oblag recht bald nach dem Sieg des Augustus ausschließlich ihm selbst und wurde durch die stets weiter ausgebaute kaiserliche Kanzlei lanciert. Dies sollte sicherstellen, dass fortan nur noch dem Kaiser und seiner Familie loyal gegenüberstehende Männer das Kommando über die Legionen bekamen. Die sich in Rom schnell herauskristallisierende Clique um das Herrscherhaus fand seine Repräsentation in den führenden Positionen in den Provinzen. Zu Anfang bis zur Hochzeit der Kaiserzeit gehörten die legati, die vom Kaiser mit der Führung einer Legion beauftragt wurden, normalerweise dem Ordo Senatorius an und hatten zuvor schon den Cursus Honorum beschritten. In besonders wichtigen Regionen, wie der strategisch bedeutenden Provinz Aegyptus, wurden Angehörige des Ordo Equester in Führungspositionen eingesetzt. Diese Praxis sollte sich zur Spätantike hin auch in anderen Teilen des Reichs durchsetzen. Natürliche Folge war, dass viele Legionslegaten in einem engen persönlichen Verhältnis, wenn nicht gar mit familiären Banden, zum Kaiser standen.
Kleine Anmerkung: um dies zu verstehen, ist es von Bedeutung zu wissen wie sehr der Ritterstand durch die Kaiser als ihnen loyales Gegengewicht zur alten Machtelite der oft senatorischen Nobilitas gefördert wurde.
Im Bestreben Macht zu zentralisieren und in der eigenen Hand zu haben, nahmen die Kaiser ihren legati in der frühen Kaiserzeit viele Machtbefugnisse. So wurde das Recht, größere Feldzüge auf eigene Faust zu unternehmen komplett an den Kaiser übertragen und der Handlungsspielraum des Legaten stark eingegrenzt. Über ein kleineres Reaktionspotential hinaus, zum Beispiel Raubzüge auf römischem Territorium oder kleinere Expeditionen, waren die Legati vornehmlich zu Verwaltungschefs ihrer Einheiten degradiert worden. Eine Konsequenz dieser Haltung war, dass nicht nur loyale Parteigänger des Kaiserhauses mit großer Erfahrung im Militär auf solche Posten gesetzt wurden, sondern auch einfache Günstlinge die sich nicht besonders auf das Führen von militärischen Einheiten verstanden, was noch der Tradition der Republik entsprach.
Dies änderte sich im Laufe der Zeit, als Übergriffe von Barbaren jenseits der Grenze zunahmen, aber auch Unruhen auf Gebieten die eigentlich dem Imperium angehörten. Die Folge war, dass Spezialisten auf dem Gebiet des Militärs wichtiger wurden, was wiederrum ihren politischen Einfluss stärkte. Zur Spätantike hin hatte sich dies zu einem Usus entwickelt, der sogar den Lauf des üblichen Cursus Honorum veränderte: er teilte sich in eine zivile Laufbahn und eine militärische. Die Einflusssphäre des Legaten auf seine Soldaten wurde allerdings von Anfang an nachhaltig eingegrenzt: Unteroffiziere konnte er noch ohne weiteres selbst ernennen, musste Ernennungen ab dem Rang eines Centurio jedoch von Rom her absegnen lassen. Besonders fähige (und selbstverständlich dem Kaiser loyale) Militärs konnten gen Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus auch ganze Teile des Exercitus befehligen, in dem man vom Kaiser zum dux ernannt wurde.
Die Erfahrungen der Bürgerkriege hatten Augustus und seine Nachfolger vorsichtig gemacht und das Vertrauen zu Männern in großer Machtposition, wie die Legionslegaten, nachhaltig gestört. Die Kaiserzeit war durchweg geprägt vom Bestreben des Kaiserhauses, den Legaten so wenig innenpolitische Macht wie möglich zu geben ohne dabei die außenpolitischen Möglichkeite und an den ursprünglichen Zweck der Legionen gebundene militärische Spielraum so stark zu beschneiden, dass eine adequate Reaktion auf Bedrohungen nicht mehr möglich war. Dass dies nicht immer gelang zeigte sich vor allem in erneuten Bürgerkrieg und im sogenannten Zeitalter der Soldatenkaiser.
Die Tribuni Laticlavii
Der Posten des tribunus laticlavium wurde schon in der späten Republik im Zuge der später sogenannten marianischen Reformen geschaffen, und die Zugangsvoraussetzungen dazu, also die Zugehörigkeit zum ordo senatorius und die Beschreitung des cursus honorum, sind bis in die Kaiserzeit diesselben geblieben. Theoretisch waren diese Tribuni, von denen es jeweils nur einen in jeder Legion gab, nach dem legatus die ranghöchsten Offiziere im Heer, wurden jedoch ihrer Jugend und Unerfahrenheit wegen bei leichteren administrativen Aufgaben eingesetzt. In der späten Republik, in der diese Tribuni noch zusammen mit den anderen von den Konsuln ernannt wurden, war die Zugehörigkeit zur Nobilitas, also der unmittelbaren Oberschicht die sich aus alten und immernoch einflussreichen patrizischen Familien und ebenso einflussreichen wie vermögenden plebeischen Familien bildete. In der Kaiserzeit war die Zugehörigkeit zur Nobilitas zwar immern noch hilfreich, allerdings kein Garant. So schafften es immer mehr weniger einflussreiche Familien ihre Sprösslinge auf diese Art und Weise einzubinden, die sich vor allem durch ihre Bindung an das Kaiserhaus hervorgetan haben. Der Senat und die in ihm sitzenden Personen als Bezugsinstitution verloren stark an Gewicht, da sie kaum Einfluss auf die Besetzung dieser Posten hatten.
Die Tribuni Angusticlavii
Ähnlich verhielt es sich bei den Tribuni, die nicht nur für einen theoretisch wichtigen Posten im Heer innehatten, sondern maßgeblich an der Organisation und Führung des Heeres beteiligt waren. Hier vollzog sich allerdings in der Kaiserzeit im Vergleich zur Republik eine komplette Wende, die vor allem mit der Förderung des Ritterstandes durch die Kaiser zu tun hatte: stellten früher vor allem patricii diese einflussreichen Offiziere im Heer, waren es nun mehr beinahe ausschließlich equites, also Angehörige des Ritterstandes. Der Ritterstand bestand vornehmlich aus plebeischen Gentes, auch wenn es sehr seltsame Ausnahmen gab bedeutete dies, dass die Posten für patricii in den Heeren, vom legatus und dem immer nur kurzzeitig eingesetzten tribunus laticlavius mal abgesehen, nahezu komplett wegfielen. Dies steuerte auch zum krassen Bedeutungsverlust bei, den die alten patrizischen Familien in Rom in der Kaiserzeit erlitten. Da Angehörige des ordo equester ohnehin eng an den Kaiser gebunden waren (da dieser der einzige war, der Ritter ernennen und fördern konnte), war der Einfluss des Kaisers auf diesen Teil des Stabs größtenteils sicher gestellt.
Diese Tribuni gehörten vor allem noch in der frühen Kaiserzeit noch nominell zur Nobilitas Roms (in der sich vermehrt ritterliche Familien breitmachten), jedoch wurden im Laufe der Kaiserzeit auch immer mehr Angehörige der Eliten der Provinzen zu Rittern und Offizieren der Legionen. Eine römische Familientradition war nach wie vor hilfreich, allerdings beileibe kein Ausschlusskriterium. Militärische Erfahrung und Nähe zum Kaiserhaus waren vorrangige Förderungsgründe. Ein weiterer Förderungsgrund war freilich die Förderung der equites als gesellschaftliches und machtpolitisches Gegengewicht zur traditionellen Nobilitas.
In speziellen Fällen gelang es solchen Tribuni bereits, dass Kommando über eine Abordnung oder eigene Einheit zu erlangen, was oftmals den Höhepunkt einer ritterlichen Karriere darstellte, da es für die vielen Ritter nur eine handvoll solcher Posten gab.
Die Ränge
Wir haben vorher schon festgestellt, dass es zu großen Problemen geführt hat als die unmittelbare Trennung der Verbindung eines Legaten zu den einfachen Soldaten aufgehoben wurde. Die Verstrickung des Legaten als Patron, der sich verpflichtete seinen Soldaten nach dem Ende ihrer Dienstzeit Land zu verschaffen, und diese ihm dadurch politische wie militärische Unterstützung schuldeten wurde noch von Augustus als ein Hauptproblem der Zeit der Bürgerkriege festgestellt und entsprechend angegangen.
Um diese Verstrickung zu lösen nahmen die Kaiser die Auslösung und Verteilung von Land an die Veteranen am Ende ihrer (nunmehr 25jährigen) Dienstzeit selbst in die Hand, was den Legaten ihr wichtigstes politisches Potential zur Bindung ihrer Soldaten raubte. Zudem wurden die Soldaten auf den Kaiser vereidigt und nicht mehr auf den jeweiligen Feldherrn. Dies stellte sich jedoch als Makulatur heraus: sollte die Thronfolge nach dem Tod eines Kaisers einmal in Frage gestellt, fielen Heere und ihre Anführer zurück in alte traditionelle Bindungsmuster.
Ein für die römische Gesellschaft unerhörtes Novum war die über die Überwindung des Heeresklientels zwischen Legat und Soldaten weit hinausgehende Abschaffung von Patronage für Soldaten als solche: trat ein Mann in die Legion ein und stand er vorher im Klientel eines anderen Mannes, so wechselte er in das Klientel des Kaisers. Das machte den Kaiser, der ohnehin seine Position durch manigfalte Verbindungen sicherte, zum Mann mit den meisten Klienten des Reichs.
Was einerseits ungeheuerlich klingt, mag bei genauerer Betrachtung recht lapidar erscheinen: Patronage war vor allem in den alten Gebieten, vor allem aber Italia, noch von Bedeutung. In neueren Provinzen, in denen die Romanisierung erst seit einigen Jahrzehnten und nicht seit Jahrhunderten vorging, waren noch soziale Bindungskonstrukte der von den Römern in ihr Reich eingegliederten Urbevölkerung von Bedeutung. Wenn Männer, die sich zum Dienst in den Legionen meldeten, überhaupt schon über Patronatsverbindungen verfügten, so wurden diese nur allzu leicht von der neuen abgelöst. Man darf nicht vergessen, dass sich die Soldaten der Berufsarmeen, welche Legionen seit den marianischen Reformen immerhin waren, vornehmlich aus der einfacheren wie unteren Bevölkerung rekrutierten, die ohnehin (in Italia erst seit dem krassen Bedeutungsverlust der Volksversammlungen, in den Provinzen generell) kaum über nennenswerte Beziehungen verfügte, und entsprechend auch kaum Komplikationen zu erwarten waren. Zudem waren die Vorteile, die sich jemand aus diesen Bevölkerungsteilen von einem Patronat erhoffen konnte recht schnell zusammengefasst: regelmäßiges Einkommen, sichere Unterbringung und Verpflegung sowie eine für die einfache Bevölkerung mehr als üppige Entlohnung am Ende der Dienstzeit, die nicht unbedingt in Landgaben zu bestehen hatten. Für die einfachen Soldaten gab es
Dies verhinderte maßgeblich und auf Dauer recht effektiv größere Einflussnahmen von außen auf die Legionen und eine zu enge Bindung der Soldaten an den Legaten. Freilich nur im Zeitraum, so es in Rom gesicherte Machtverhältnisse gab.
Die Centuriones
Die Centuriones wurden der Tradition der Republik folgend aus den einfachen Rängen der Legionen rekrutiert, wobei sich allerdings die Ernennungspraxis verschob: Patronagebeziehungen im Heer selbst waren hinfällig, der Legat konnte sie nicht mehr selbst ernennen und der Kaiser dürfte kaum die tausenden an Centurionen in seinem Reich im Blick gehabt haben. Das führte dazu, dass es für Männer der einfachen Ränge immer öfter möglich war sich durch Leistungs- und Kompetenzbeweise nach oben zu arbeiten.
Dies bedeutet noch lange nicht, dass die römischen Heere zu Einheiten wurde, in denen man sich von ganz unten nach ganz oben arbeiten konnte, solche Lebensgeschichten blieben über Jahrtausende hinweg absolute Ausnahmen. Die historisch belegte erste Armee, in der man sich ohne bedeutenden familiären Hintergrund und umfassende Beziehungen nach oben hocharbeiten konnte waren die Revolutionsgarden zur Zeit der Französischen Revolution, also mehr als 1000 Jahre nach dem Untergang des Römischen Reichs.
Man kann durchaus von zwei Arten von Centurionen sprechen: die einen ohne, und die anderen mit hilfreichem sozialen Hintergrund.
Jene ohne fördernde soziale Bindungen konnten es durchaus durch entsprechende Leistung bis zum (einfachen) Centurio schaffen, in absoluten und sehr seltenen Ausnahmefällen sogar zum Primus Pilus oder gar Praefectus Castrorum. Darüber hinaus gab es jedoch die auch heute noch gerne zitierte gläserne Decke, durch die Soldaten einfacherer sozialer Herkunft es nicht schafften aufzusteigen. Solche Soldaten versahen ihren Dienst und schieden nach fünfundzwanzig Jahren aus dem Dienst aus und ließen sich mit ihrem Donativum nieder... oder führten ihren Dienst in den Legionen weiter, was nicht unüblich war.
Centuriones der zweiten Klasse entstammten oft Familien mit gewissem sozialen Prestige und rudimentären Verbindungen nach oben, die es jedoch aus dem einen, oft dem anderen (finanziellen) Grund nicht zu leisten vermochten ihren Nachwuchs bei der Beschreitung eines ritterlichen cursus honorum zu fördern. Besonders für provinzielle Familien ohne stadtrömische Vergangenheit war dies oft eine Möglichkeit zum partiellen Aufstieg im Reichsgefüge.
Solchen Centurionen, die im Vergleich zu ersteren relativ selten vorkamen, stand nicht nur der Aufstieg zum primus pilus oder praefectus castrorum offen, sondern auch die Beschreitung einer verkürzten da vornehmlich militärischen Laufbahn als eques offen. Um nicht falsch verstanden zu werden: militärische Kompetenz war hier grundlegend notwendig um überhaupt von den höheren Offizieren für eine solche Laufbahn vorgeschlagen zu werden. Der Aufstieg ging normalerweise mit dem erneuten Wechsels des Patronats einher, da man aus den Rängen der einfachen Soldaten und somit dem Klientel des Kaisers ausschied. Ob man über gute Verbindungen verfügte die ein direktes und nicht mehr nur nominelles Patronat des Kaisers ermöglichten, oder man sich seinem jeweiligen Förderer (oft Legati oder Tribuni) als Klient anschloss war relativ ohne Bedeutung: man befand sich bei der einen wie bei der anderen Wahl im direkten Umfeld des Kaisers.
Die einfachen Legionäre
Über die sozialen Verflechtungen der normalen Soldaten wurde bereits im Vorfeld genug gesagt: sie besaßen meist keine. Aufstiegschancen waren trotz der theoretischen Möglichkeit durch Leistung aufzusteigen für die meisten nicht gegeben. Man bedenke hierbei: in einer Legion gab es wenige Dutzend Unteroffiziere, aber mehrere tausend einfache Soldaten, es dürfte nicht schwer sein sich auszurechnen wie es hier um die Aufstiegschancen für den einfachen Soldaten ohne notwendigen sozialen Hintergrund bestellt war.
Das dürfte den meisten Soldaten, eben wegen ihres einfachen Hintergrunds, auch relativ egal gewesen sein. Sie lebten in einer unsicheren Zeit in der das Tagewerk vor allem ein Kampf ums Überleben war. Wiederholt: die Aussicht auf regelmäßigen Sold, eine sichere Unterkunft und Verpflegung sowie die Möglichkeit von Beteiligungen an der Beute nach einem Einsatz dürfte für den Großteil der Soldaten absolut ausreichend gewesen sein. Das zu Anfang der Kaiserzeit vorherrschende und später hinfällige Heiratsverbot für Soldaten tat das übrige: ein einfacher Mann hatte hier alles was er brauchte und wollte. In besonders schwierigen Zeiten wurden sie oftmals von oben mit donativa bei der Stange gehalten.
Selbstverständlich konnte ein einfacher Legionär aufsteigen, was sich vor allem mit zunehmender Dienstzeit und entsprechend gezeigter Leistung erreichen ließ. Für den absoluten Großteil der Unteroffiziere dürfte dies der Höhepunkt ihrer Laufbahn in der Legion gewesen sein, einige wenige schafften noch den Aufstieg zum Centurio, und noch weniger schafften es, wie zuvor bereits erwähnt, darüber hinaus.
In Krisenzeiten zerfiel die Bindung zwischen den einfachen Legionären und ihrem großen Gönner in Rom: war der Thron erst einmal vakant, stand es für sie so ziemlich alles auf dem Spiel. Da wundert es nicht, wenn es meist wie in spätrepublikanischer Zeit die legati waren, die ihren Soldaten wirtschaftliche Sicherheit versprachen und sich dadurch ihrer militärischen Stärke bedienten. Das dies nicht jedes Mal funktionierte zeigte sich in Fällen, in denen Ursupatoren (z.B. Macrianus Minor und Macrianus Maior) von ihren eigenen Soldaten umgebracht wurden.
Die Auxiliares
Die Auxiliares spielten im römischen Reich nicht nur auf militärischer Ebene eine Sonderrolle. Anstelle die für römische Legionen ungewohnten Kriegstaktiken fremder Völker zu adaptieren, spannten die Römer diese einfach komplett für sich selbst ein. Dies erhielt den römischen Legionen über Jahrhunderte hinweg eine gewisse Kontinuität in Ausrüstung und Kriegsführung, und der römischen Führung sowie natürlich den nicht-römischen Bevölkerungen außerhalb und innerhalb des römischen Reichs ein ungemein wichtiges Werkzeug zur Integration.
Nicht nur die Integration, sondern auch die soziale Förderung war ein wichtiger Bestandteil der Auxiliares. Fängt man an die soziale Struktur von Auxiliareinheiten von der Spitze her zu betrachten, wird man feststellen, dass sämtliche Führungsposten in Auxiliareinheiten von equites besetzt wurden. Dies geschah bis zur hohen Kaiserzeit vornehmlich im Laufe von herkömmlichen Laufbahnen im Zuge des ritterlichen cursus honorum. Im Laufe der Zeit wurden aber auch die zuvor erwähnten Ritter, die vom centurio einer regulären Legion her aufgestiegen waren, in solchen Positionen eingesetzt, was (im Gegensatz zu den herkömmlichen Ritterlaufbahnen) so gut wie immer den Höhepunkt und auch Abschluss ihrer Laufbahn bedeutet hatte. Das war vor allem für Angehörige von Familien ohne stadtrömischen oder italischen Hintergrund attraktiv.
Grundlegendes Charakteristikum der einfachen Soldaten einer Auxiliareinheit war, dass sie aus Familien ohne Bürgerrecht stammten. Hier muss man allerdings klar unterscheiden: in solchen Auxiliareinheiten fand sich normalerweise weniger einflussreiche und oft genug gesellschaftlich absolut unbedeutende Männer. Schon in der späten Republik verstanden es Familien peregriner, oftmals nicht einmal italischer Herkunft sich das Bürgerrecht zu organisieren. Das verlief auch in der Kaiserzeit so, in der es diese Familien in ihrer Heimat unter römischer Adminstration zu großem Einfluss und politischer Macht gebracht haben. Für sie war es weithin kein Problem sozial an sie gebundene Menschen mit dem Bürgerrecht zu versorgen.
Für peregrine Bevölkerungsteile ohne entsprechendem soziales Prestige und ohne die notwendigen Verbindungen nach oben gab es eben die Möglichkeit sich zum Dienst in den Auxiliareinheiten zu melden. Es kam nicht selten vor, da wurden komplette Stammesteilen von der römischen Administration in eine Auxiliareinheit umgewandelt, was sich dann in ihrem Namen niederschlug.
Die Aufstiegschancen eines Soldaten in einer Auxiliareinheit waren quasi noch rudimentärer als die eines normalen Legionärs: regelmäßiger Sold, freie Kost und Logie sowie die Aussicht auf ein Donativum zusammen mit der Verleihung des römischen Bürgerrechts waren für Peregrine Grund genug sich regelmäßig zu Tausenden sich zum Dienst in den Auxiliares zu melden. Zwar gab es einige wenige Unteroffiziersposten in solchen Einheiten, aber ebenso wie bei den Legiones waren es die weniger einflusslosen, die sich mit der Zeit auf solche Posten arbeiten konnten.
Generell war der Dienst in den Auxiliareinheiten eher ein Mittel der kommenden Generation zum gesellschaftlichen Aufstieg zu verhelfen als selbst aufzusteigen. Die steigende Anzahl an equites und sogar senatores mit peregriner Familiengeschichte in der hohen Kaiserzeit zeugt vom Erfolg dieses Integrationsmodells.
Literatur
- Schmitthenner, Walter: Politik und Armee in der späten Römischen Republik, in: Historische Zeitschrift, Bd. 190, H. 1, Feb. 1960, S. 1-17.
- Schneider, Helmut: Die Entstehung der römischen Militärdiktatur - Krise und Niedergang einer antiken Republik, Köln 1977.
- Schneider, Hans-Christian: Das Problem der Veteranenversorgung in der späten Römischen Republik, Bonn 1977.
- Wesch-Klein, Gabriele: Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit, Stuttgart 1998.