Veiovis

Aus Theoria Romana
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Veiovis (auch: Vediovis, Vedius, Vedovus, Vendius) galt als Nicht- oder Anti-Iuppiter, Gott der Toten, der Sümpfe und vulkanischen Bewegungen, aber auch als Gott der Heilung. Er trägt einen eher ungewöhnlichen Namen in der römischen Religion, da die Vorsilbe ve- eine starke Gegenwirkung zum Grundwort verlangt. So spalteten sich Grammatiker und Lyriker in ihren Gedanken: Sie wollten den altrömischen Gott als einen "kleinen Iuppiter" sehen, verloren dabei aber den Blick darauf, dass die römisch-griechische Religion weder Göttergeburten, noch kindliche Götter kannte. Dichter wie Ovid und Livius benutzten seines Namens statt die Bezeichnung Iuppiter, auch wenn sie eigentlich in ihren Erzählungen über Veiovis philosophieren wollten.

Indem Ovid schrieb:

"Neben ihm steht eine Ziege, das Weidetier kretischer Nymphen,
Denn sie gab ihre Milch Jupiter einstens, dem Kind."

Will er den Kindstatus betonen, verfasst eine schöne Sage und weist nebenbei auf sein Opfertier, die Ziege, hin. Obwohl mehrfach geglaubt, hat jenes Tier sonst nichts mit dem Kultgott zu tun; ähnlich anderen Gottheiten wie Mercurius oder Genius, die häufig mit Opfertieren dargestellt werden. Ferner gibt es Quellen, die von Pfeilen (lat. sagittae) in Veiovis rechter Hand sprechen; dazu ein Abbild eines jungen, gelockten Mannes; nackt bis auf einen über die linke Schulter getragenen Mantel, der über den selbseitigen Arm fällt.

Ein Tempel des Veiovis, von dem drei Bauphasen festgestellt wurden, ist am 7. März 192 v. Chr. mit einem Stiftungsfest eingeweiht worden. Er befand sich auf einer Lichtung zwischen den beiden ursprünglich bewaldeten Hängen des Kapitols. Da das Fest des Veiovis zum ältesten Kalender gehört, ist anzunehmen, dass an jener Stelle schon im archaischen Rom eine Opferstelle des Veiovis gelegen hat.

Auf der Tiberinsel befindet sich ein zweites Heiligtum; ein Tempel in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem des Aesculapius. Ihm kam im besonderen Maße die Heilkunst zu. Beide Tempel bildeten eine Einheit und beider Weihetag war der 1. Januar. Mit dem Grundwissen, dass der Tempel des Aesculapius zirka ein Jahrhundert früher erbaut wurde, geht man davon aus, dass der Erbauer des Veiovisheiligtums, Furius Purpureo, den Standort sehr bewusst gewählt hat. Wie es scheint, sah jener den jungen Gott mit einer besonderen Begabung der Heilkunst: einer Art Sterbehilfe.

Jene Pfeile, die man ihm nachsagt getragen zu haben, scheinen den Sinn zu erfüllen mit einfacher Hand geworfen den Menschen vom Leid des Lebens zu erlösen. Dabei kommt es mehr auf die "gekommene" Zeit an. Veiovis tötet nicht, wenn Schmerz und Krankheit die Leiber quälen; ähnlich den griechischen Göttern Apollon und Artemis, die in Mittelitalien anderen Funktionen zugeteilt waren, und dem Asklepios. So stand Veiovis an ihrer Stelle in Rom und galt als der Gott "mit sanften Pfeilen", heilend und tötend zugleich.

Das dritte römische Fest für ihn wurde am 21. Mai gefeiert und Agonalia genannt. Das Opfertier (altlat. agonia) war dabei zweifelsohne eine weibliche Ziege.


Literatur:

Erika Simon, Die Götter der Römer, 1990
Preller, Ludwig: Römische Mythologie, Berlin 1858.