Creta et Cyrene

Aus Theoria Romana
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Lage und Geografie

Die römische Provinz Creta et Cyrene umfasste die Insel Kreta im Mittelmeer und einen breiten Küstenstreifen an der nordafrikanischen Küste auf dem Gebiet des heutigen Libyen. Der Streifen besteht im Norden aus einer schmalen Küstenebene, hinter der sich der Dschabal Akhdar erhebt. Im Süden dehnt sich die Libysche Wüste aus, deren bedeutendste Oasen Jaghub und die Kufra-Oasen sind.

Die Distanz zwischen Kreta und dem nordafrikanischen Festland beträgt etwa 200 Seemeilen.

Vorrömische Geschichte

Kreta war bereits seit dem 11. Jh. v. Chr. von dorischen Griechen besiedelt worden und hatte zuvor zur minoischen Kultur gehört. Das nordafrikanische Festland wurde dagegen von Berber-Stämmen bewohnt, bevor es von griechischen Kolonisten aus Threa (heute Santorin) mit Gründung der Stadt Kyrene 631 v. Chr. in Besitz genommen und durch diese den Namen Kyrenaika erhielt. Die 20 km landeinwärts gelegene Stadt wurde durch eine Hafenstadt ergänzt und weitere Stadtgründungen folgten bald: Ptolemais (heute Tolmeta), Taucheira (heute Tokra) sowie Hesperides (später Berenike und heute Benghasi), was dem Gebiet den Namen Pentapolis (= fünf Städte) einbrachte.

Die Städte der Kyrenaika blieben lange unabhängig, bevor sie 331 v. Chr. Alxeander dem Großen ihre Unterwerfung anboten und in der Folge bis 96 v. Chr. unter wechselnden Zuständigkeiten zum Ptolemaiischen Königreich gehörten. Ptolemais Apion, der letzte König der Kyrenaika, vermachte sein Land testamentarisch den Römern. Der römische Senat zog jedoch zunächst nur das königliche Vermögen ein und überließ die Städte der Selbstverwaltung. Nachdem dies zu anhaltenden Streitigkeiten zwischen den Städten führte, machte der Senat das Gebiet 74 v. Chr. jedoch zur Provinz und unterstellte es zunächst einem quaestor.

Die Insel Kreta hatte in der ganzen Zeit ein weitgehend selbstverwaltetes Eigenleben geführt, in dem sich die zahlreichen kretischen Städte immer wieder gegenseitig Kleinkriege lieferten. Auch der eim 3. Jh. v. Chr. gegründete Städtebund des koinon tou Kretaieon konnte dies nicht verhindern. Immer wieder wurden einzelne Städte zerstört, so dass sich die vertriebenen Bewohner entweder als Söldner oder Piraten verdingten. Als dies in den sechziger Jahren des 1. Jh. v. Chr. zunehmend auch den Seeweg zur provincia Cyrenensis gefährdete, landete 67 v. Chr. der consul Quintus Caecilius Metellus mit drei Legionen auf Kreta und zerstörte unter anderem die Städte Kydonia (heute Chania), Knossos, Lyktos, Lappa und Eleutherna. Ähnliche Maßnahmen ergriffen zur selben Zeit Gnaeus Pompeius Magnus an der Küste Kilikiens und Gnaeus Cornelius Lentulus Marcellinus an der Küste der provincia Cyrenensis.

Römische Geschichte

Mit der Beseitigung der Priaterie hatte Rom die uneingeschränkte Kontrolle über das Mittelmeer gewonnen und vereinigte Kreta mit der provincia Cyrenensis zur neuen Provinz Creta et Cyrene, die einem proconsul von prätorischem Rang unterstellt wurde. Dieser bekam seinen Sitz in Gortyna (heute Gortys) auf Kreta, das sich bei den Kämpfen gegen die Piraten frühzeitig ergeben hatte und daher verschont wurde.

Im römischen Bürgerkrieg gelangte Cyrene zunächst unter Kontrolle der Truppen des Pompeius, die von hier in das benachbarte Africa proconsularis vorrücken wollten. Später erhob Marcus Antonius Anspruch auf die Provinz und verschenkte sie an seine Tochter Kleopatra Selene.

Unter Augustus bildeten Creta et Cyrene wieder einen zusammenhängende Provinz, die auch weiter unter der Kontrolle des Senates stand. In jedem der beiden Provinzteile gab es einen Provinzlandtag, das koinon tou Kretaieon bzw. das koinon tou Kyrenaieon, von denen letzteres nachweislich regelmäßig in der Stadt Cyrenae tagte. Während Kreta auch weiterhin ein ungestörtes Leben führen konnte, musste sich Cyrene schon früh mit Konflikten zwischen den verschiedenen Volksgruppen (Römer, Griechen, Juden, einheimische Stämme) befassen. In der frühen Kaiserzeit wurde das Problem vor allem durch administrative Maßnahmen angegangen, wie z.B. systematischen Kartierung und Landzuteilung sowie den Ausbau der Straßen.

Im Jahr 115 n. Chr. ging von Cyrene ein Aufstand der jüdischen Bevölkerung Afrikas aus, der bald auch das benachbarte Aegyptus und den Nahen Osten erfasste. Die Stadt Cyrenae wurde dabei in großen Teilen zerstört. Die Niederschlagung des Aufstandes unter Quintus Marcius Turbo dauerte zwei Jahre und kostete zahlreiche Juden das Leben. Zwischen Berenike und Taucheira, wo zuvor besonders viele jüdische Siedlungen gelegen hatten, wurde eine neue Stadt namens Hadrianopolis gegründet und mit römischen Veteranen besiedelt. Der Wiederaufbau der zerstörten Stadt Cyrenae ging dagegen nur sehr langsam voran.

262 n. Chr. erschütterte ein schweres Erdbeben den Mittelmeerraum und zerstörte Cyrenae erneut erheblich. Etwa in dieselbe Zeit fällt auch ein verheerender Überfall der einheimischen Marmariden, nach dem die Stadt nur noch in geringerer Größe als Grenzfestung erneut errichtet wurde. Ihre Rolle als Zentrum des festländischen Teils der Provinz übernahm die Hafenstadt Ptolemais.

Diocletian machte in seiner Provinzreform Creta zu einer eigenen Provinz und teilte den festländsichen Teil in Libya superior und Libya inferior, womit er eine alte griechische Landschaftsbezeichnung wieder aufgriff. Beide Provinzen sahen sich zunehmenden Angriffen libyischer Stämme ausgesetzt, so dass die Bevölkerung immer mehr in die stark befestigten Städte zurück gedrängt wurde. Zwischen 642 und 645 nahmen die Araber schließlich ganz Libya in Besitz. Erst 824 fiel auch Kreta in arabische Hände.

Wirtschaftliche, strategische und kulturelle Rolle

Die wirtschaftliche Bedeutung von Creta et Cyrene ist als eher gering anzusehen, zumal Kreta für intensive landwirtschaftliche Nutzung in Teilen zu felsig und der Ostteil von Cyrene zu trocken ist. Dagegen besitzt Krtea eine äußerst günstige strategische Lage im Mittelmeer, was das Florieren der Piraterie sowie den massiven Einsatz dagegen erklärt. Bei günstigen Winden ist die Strecke zum afrikanischen Festland in nur zwei Tagen zu überwinden. Für das oströmische Reich wurde Kreta zudem zu einem wichtigen Stützpunkt gegen die Araber, der sich vergleichweise lange halten konnte.

Kulturell profitierte Kreta von seiner langen griechischen Geschichte. Nachdem die römische Übernahme der Herrschaft über die Insel die Streitigkeiten der Städte beendet hatte, konnten zahlreiche Städte wieder zu neuem Glanz erstrahlen. Das beim Kampf gegen die Piraten erstörte Knossos wurde als Colonia Iulia Nobilis (oder Nova) Cnossus wieder mit römischen Veteranenn besiedelt und die Provinzhauptstadt Gortyna zu einer Stadt von mindestens 50ha Größe ausgebaut. Auch in Cyrene kann eine rege Bautätigkeit nachgeweisen werden, mit einer Einwohnerzahl von etwa 30.000 Menschen in den Städten und der näheren Umgebung blieb die Provinz jedoch vergleichweise dünn besiedelt.

Literatur: Tilmann Bechert, Die Provinzen des Römischen Reiches, Mainz, 1999