Africa proconsularis

Aus Theoria Romana
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Lage und Geografie

Africa proconsularis war eine römische Provinz an der Nordküste des afrikanischen Kontinents, die im Wesentlichen den Küstenstreifen vom heutigen nordöstlichen Algerien bis hin zum nördlichen Libyen umfasste. Der direkte Küstenstreifen ist dabei fruchtbar und für ergiebigen Ackerbau geeignet, während das Hinterland nach Südwesten bergiger und karger wird.

Vorrömische Geschichte

Das Gebiet der späteren Provinz Africa proconsularis war vor der römischen Einflussnahme Siedlungsgebiet zahlreicher Stämme und Völker. Eine der wichtigsten Kräfte waren die Karthager mit ihrem relativ kleinen, aber gewichtigen Einflussbereich rund um ihre Hauptstadt Carthago. Im westlichen Hinterland schloss sich das Königreich Numidia an, das ebenso wie der südöstlich von Carthago gelegene Küstenstreifen von Berberstämmen besiedelt wurde.

Nachdem karthagische Truppen im ersten Punischen Krieg Rom unterlegen waren, setzten römische Truppen im zweiten Punischen Krieg 204 oder 203 v. Chr. unter Publius Cornelius Scipio Africanus Maior erstmals nach Africa über. Nachdem Rom sich auf diplomatischem Wege die Unterstützung des numidischen Herrschers Massinissa gesichert hatte, wurde das karthagische Heer unter Hannibal in der Schlacht von Zama 201 v. Chr. vernichtend geschlagen. Rom verzichtete jedoch zunächst auf eine direkte Einflussnahme und behielt die Numbider als Bundesgenossen und Klientelkönigreich, während den Karthagern zwar die Selbständigkeit gelassen wurde, ihnen jegliche eigenständige Außenpolitik jedoch verboten war.

Der numidische König Massinissa nutzte dies in der Folgezeit mehrfach aus, um karfthagisches Land in sein Herrschaftsgebiet einzuverleiben. Als sich das langsam wieder erstarkte Karthago 150 v. Chr. gegen diesen Einfluss wehrte, nutzte Rom dies als erneuten Kriegsgrund und vernichtete im dritten Punischen Krieg Karthago 146 v. Chr. endgültig. Das karthagische Gebiet zwischen den Städten Thabraca (heute Tabarka) und Taparura (heute Sfax) wurde okkupiert und zur römischen Provinz Africa erklärt. Das weitere ehemalige karthagische Land fiel an Micipsa, den Sohn des inzwischen verstorbenen Massinissa.

Römische Geschichte

Hauptstadt der neuen Provinz wurde zunächst Utica (heute Utique-Henchir bou Chatuer), da Karthago vollständig zerstört war. Zwar siedelte Rom schon 122 v. Chr. wieder planmäßig Kolonisten in Karthago an, strebte zunächst aber keine Erweiterung des Provinzgebietes an, bis es zu erneuten Konflikten mit dem numidischen König kam. Micipsa hatte als Erben nicht nur seine Söhne, sondern auch seinen Neffen Jugurtha eingesetzt, der bereits 134/133 v. Chr. bei der Eroberung von Numantia in Hispania Tarraconensis römische Hilfstruppen befehligt hatte. Bis 112 v. Chr. hatte er sich jedoch seiner beiden Miterben gewaltsam entledigt, wobei bei den Auseinandersetzungen in Cirta (heute Constantine) auch Kaufleute aus Italien getötet wurden. Damit hatte Rom einen Kriegsgrund für den Beginn des Jugurthinischen Krieges.

Nachdem Jugurtha nach zähen Kämpfen und mit Unterstützung des verbündeten Königreichs Mauretania 105 v. Chr. besiegt wurde, dehnte Rom seine Provinz Africa weiter nach Westen aus, schlug den westlichen Teil des numidischen Königreichs dem mauretanischen Herrscher zu, ließ das Kernland rund um die Stadt Cirta jedoch unangetastet.

Als sich König Juba I. im römischen Bürgerkrieg auf die Seite des Gnaeus Pompeius Magnus stellte, wurde das Gebiet erneut Kriegsschauplatz, an dem Gaius Iulius Caesar die Schlacht von Thapsus für sich entscheiden konnte. Er annektierte das numidische Gebiet nun vollständig und überführte es in die Provinz Africa nova, in der die Hauptstadt Cirta in eine colonia latinischen Rechts umgewandelt wurde. Die bisherige Provinz Africa wurde zeitgleich in Africa vetus umbenannt und das ehemalige Carthago als colonia Iulia neu gegründet.

Unter Augustus wurden beide Provinzen zur Provinz Africa proconsularis zusammengefasst, zu der auch der als Tripolitania bezeichnete Küstenstreifen östlich der Africa vetus mit den Städten Sabratha, Oea (heute Tripolis) und Leptis Magna gehörte. Carthago wurde wieder Sitz des vom Senat entsandten proconsul. Obwohl die Provinz weiterhin unter senatorischer Kontrolle blieb, war in Ammaedara (heute Haidra) die legio III Augusta stationiert.

Im Jahr 17 n. Chr. kam es unter dem Anführer Tacfarinas zu einem Aufstand, dem sich insbesondere der große Berberstamm der Musulamii anschloss und mit dessen Niederschlagung mehrere Legionen acht Jahre beschäftigt waren. Erst 24 n. Chr. konnte Tacfarinas getötet und der Aufstand niedergeschlagen werden. Die Musulamii wurden nach Theveste (heute Tebessa) zwangsumgesiedelte, wo sich nun auch das neue Standlager der legio III Augusta befand.

In den folgenden Jahrhunderten blieb es ruhig, wobei sich der Einfluss des Legionskommandanten in Theveste immer weiter ausdehnte und das Provinzgebiet nach Südwesten erweitert werden konnte. Konsequenterweise trennte Septimius Severus 198/199 die Provinzen auf und machte Numidia zu einer eigenständigen Provinz unter einem legatus augusti pro praetore mit Sitz in Lambaesis (heute Lambese).

Unter Diocletian wurde die dioecesis Africa eingerichtet und Africa proconsularis in drei sowie Numidia zeitweise in zwei Provinzen unterteilt. Während letztere nur kurz Bestand hatten und danach wieder zu einer Provinz mit Hauptstadt Cirta zusammengefasst wurden, blieb die teilung von Africa proconsularis in Zeugitana, Byzacena und Tripolitania bestehen.

Im Jahr 429 n. Chr. übernahmen die Vandalen die Herrschaft im Westen, während die östlichen Provinzen ab 533 n. Chr. Teil des Oströmischen Reiches waren. Schon 642 n. Chr. wurde jedoch Tripolitania arabisch und bis zum Ende des 7. Jh. n. Chr. folgten auch die übrigen Teile des ehemaligen Africa proconsularis.

Strategische, kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung

Als Kriegsschauplatz war die gesamte Region Nordafrikas rund um Carthago in den punischen Kriegen von erheblicher Bedeutung. Unabhängig von der reinen militärischen Macht waren auch die wechselnden politischen Bündnisse wichtig und übten ihren Einfluss bis in den Bürgerkrieg zum Ende der Republik aus. Hilfstruppen aus Africa spielten auch an anderen Orten des Reiches eine wichtige Rolle und die ausnahmsweise Stationierung einer Legion in einer senatorischen Provinz verdeutlicht die besondere strategische Rolle. In der Kaiserzeit verlagerte sich dennoch der militärische Schwerpunkt des Reiches und abgesehen von den Truppen zur Grenzsicherung verlor Africa proconsularis seine strategische Bedeutung.

Weiterhin erheblich blieb jedoch der kulturelle und wirtschaftliche Einfluss. Africa proconsularis galt als äußerst reiche Provinz und wurde durch planmäßige Kolonisierung seit dem Ende der Republik dicht besiedelt. Dabei erhielt sich die einheimische Kultur bei gleichzeitiger Ausbreitung der römischen Lebensweise. Mit mehr als 200 Mittel- und Kleinstädten gehörte die Provinz zu den am dichtesten besiedelten Gebieten des Reiches. Es kann davon ausgegangen werden, dass in der Kaiserzeit 40% der lateinisch sprechenden Bevölkerung des Reiches in Africa proconsularis lebte.

Wichtigstes Exporterzeugnis war Getreide, das in der Küstenregion in erheblichen Mengen angebaut wurde. Vom Ende der Republik an wurde der Ertrag innerhalb von etwa 100 Jahre von ursprünglich 42.000 Tonnen jährlich mehr als verzehnfacht, so dass damit zwei Drittel des Bedarfs von Rom gedeckt werden konnten. Gegenüber Aegyptus hatte Africa proconsularis dabei den Vorteil des erheblich kürzeren Seeweges nach Rom. Spätestens seit dem 2. Jh. n. Chr. trat als weiteres Exportgut Olivenöl in erheblichen Mengen hinzu, indem inbesondere in Numidia alle Flächen, die nicht für den Getreideanbau geeignet waren, für Olivenpflanzungen genutzt wurden. Als weitere Exportgüter aus Numidia kamen Marmor und wilde Tiere hinzu.

Literatur: Tilmann Bechert, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz, 199