Augur

Aus Theoria Romana
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Die Augures Publici Populi Romani Quiritium gehörten zu den höchsten Staatspriestern Roms. Als interpretes Iovis Optimi Maximi (Deuter (des Willens) Iuppiters) besaßen sie großen Einfluss auf das politische Leben in der Stadt. Trotzdem unterschieden sie sich deutlich von den übrigen Priesterkollegien, da sie weder die Zukunft voraussagen konnten, noch Opferaufgaben wahrnahmen.

Das Auguraculum

Das Auguraculum war ein Ort, an dem alle römischen Bürger die Meinung der Götter zu staatlichen oder auch privaten Plänen erfragen konnte. Es bestand aus einer grasgedeckten Hütte inmitten eines freien Platzes auf dem südlichen Capitolshügel. Hier stellten die Auguren mittels genau festgelegter Rituale fest, ob die Götter einen Plan guthießen oder aber ablehnten. Treffen (contiones) des Kollegiums hingegen fanden in ihren Privathäusern statt, da sie keinen eigenen Versammlungsraum besaßen.

Geschichte

Bereits in der Antike stritten die Römer über das Alter des Collegium Augurum: Während die einen der Meinung waren, König Numa Pompilius als Organisator der römischen Staatsreligion hätte dieses Collegium eingesetzt, gingen andere davon aus, dass bereits Romulus Augur gewesen sei – zumal eine Stadtgründung ohne Mitwirken eines Auguren nach römischem Verständnis kaum vorstellbar war.

Vermutlich existierten in der Königszeit nur drei Augurenposten (pro tribus einer), jedoch wuchsen sie mit steigender Nachfrage auf sechs an. Die lex Ogulnia erhöhte 300 v. Chr. die Zahl der Auguren auf 15. Später erweiterte Caesar das Collegium um eine weitere Stelle.

Inauguration

Augur wurde man in der Königszeit durch eine Ernennung des Königs. Mit Einführung der Republik bürgerte sich das Prinzip der Kooptation ein. Hierbei schlugen aktive Auguren einen Nachfolger vor. Hierbei durften jedoch maximal zwei Auguren denselben Kandidaten nominieren. Weiterhin durfte jeweils nur ein Vertreter pro gens im Collegium sitzen. Die Nominierung fand in einer contio des Collegiums statt, wobei sich der Vorschlagende unter Eid für die Würdigkeit des Kandidaten verbürgen musste.

Die Vorschläge wurden anschließend minor pars populi abgestimmt. Dies bedeutet, dass nur 17 Tribus ausgelost wurden und diese anschließend abstimmten. Der neue, auf Lebenszeit gewählte Augur hatte schließlich einen Antrittsschmauß (cena aditialis) bei sich zu Hause zu organisieren, bei dem die Mitglieder des Collegiums nur wegen eidlich bestätigter Krankheit fehlen durften.

In der Kaiserzeit wurde die Abstimmung der Tribus schließlich durch eine Senatsabstimmung ersetzt und von der Möglichkeit des Kaisers, Männer supra numerum (über die 15 Mitglieder hinaus) in das Collegium zu berufen, ergänzt. Diese Ernennung war üblich, sodass das Collegium regelmäßig weit mehr als 16 Mitglieder besaß.

Eine Notwendigkeit zur Aufgabe des Amtes war nicht notwendig, da den Inhabern auch das Beschreiten des Cursus Honorum und die Mitgliedschaft in anderen Priestercollegien möglich waren.

Rahmenbedingungen für das Amt

Die Auguren genossen zahlreiche Vergünstigungen materieller und sozialer Natur. So war ihnen das Tragen der toga praetexta erlaubt, sie waren von Militär- und staatlichem Hilfsdienst befreit, wurden staatlich entlohnt und hatten darüber hinaus ein Stück des Ager Publicus (Staatsland) und Staatssklaven zur Verfügung. Zusätzlich hatten sie eigene viatores und spezielle Diener, die calatores auguri. Ihr Erkennungszeichen war der – häufig auch auf Münzen abgebildete – lituus, ein Krummstab, der für diverse Rituale benötigt wurde, sowie die trabea (altrömisches Kriegsgewand), die zu manchen Anlässen getragen wurde.

Im Gegenzug unterlagen sie gewissen Beschränkungen: So war es ihnen nicht gestattet, Lampen mit Deckeln zu besitzen oder Leichen zu berühren. Außerdem war es ihnen bei Verletzungen verboten, Himmelszeichen zu beobachten.

Aufgaben

Die Auguren spielten bei Städtegründungen und Tempeleinweihungen eine wichtige Rolle. Hierbei hatten sie den Bauplatz rituell eventuelle Besitzansprüche von Geisterwesen im Zuge einer literatio zu entfernen. Weiterhin spielten sie eine wichtige Rolle bei der Einsetzung von Priestern und Magistraten. In diesem Fall hatten sie die Zustimmung der Götter zu derartigen Einsetzungen zu erfragen. In diesem Fall hatten sie ein Gebet an die Götter zu richten, woraufhin ein Zeichen entschied, ob die Götter der Einsetzung zustimmten.

Die Inauguratio von Priestern (besonders den Pontifices Rex Sacrorum und der Flamines) wurde auch häufig von den Pontifices wahrgenommen. Dieses sogenannte augurium sacerdotii lief dabei nach einem festen Ritus ab: Der Kandidat erschien im Auguraculum, wo der Augur sich mit bedecktem Haupt und lituus in der Hand links neben ihm postierte. Mit der rechten Hand auf dem Haupt des Kandidaten bat dieser dann Iuppiter Optimus Maximus darum, ein deutliches Zeichen innerhalb bestimmter Grenzen zu geben, wenn ihm die Person des Vorgeführten gefalle (Wortlaut: "Iuppiter pater, si est fas hunc <Name des Sacerdos im Akkusativ>, cuius ego caput teneo, <Amt im Akkusativ> esse, uti tu signa nobis certa ad clarissis inter eos fines, quos feci."). Dabei mussten stets himmlische Vorzeichen (also Blitze oder sonstige Himmelserscheinungen) auftauchen, wobei besonders die Zeichen auf der linken Seite als positiv erachtet wurden.

Die Magistrate mit Imperium hingegen wurden am dritten Tag nach ihrer Wahl ins Auguraculum geladen, wo ihnen durch die Erfragung der Zustimmung der Götter zu ihrer Wahl das Recht auf Auspizien übertragen wurde.

Die wichtigste Aufgabe der Auguren bildete endlich die Durchführung von auspicia. Durch diese standardisierten Rituale konnten sie die Zustimmung (oder Ablehnung) Iuppiters auf Anfrage der Magistrate erfragen.

Weitere Augurenkollegien

Neben dem Collegium Augurum in Rom existierten derartige Kollegien in jeder römischen Stadt. Dort war ihre Zahl jedoch zumeist auf drei beschränkt. Trotzdem genossen sie ähnliche Privilegien wie in Rom und berieten die Decurionen bei ihrer städtischen Regierungsarbeit.

In Appius Claudius’ Pulchers Werk „de disciplina augurali“ wurde die Wissenschaft der Auguren genauer betrachtet und diskutiert.

Neben öffentlichen existierten auch private Auguren, von denen theoretisch jeder Pater Familias die Zustimmung der Götter erfragen konnte. Allerdings genossen sie ein geringes Ansehen.

Formalismus des Auguralwesens

Wie es in der römischen Religion üblich war, herrschte auch bei den Gutachten der Auguren ein strenger Formalismus vor, nach dem alle Handlungen zu vollziehen waren. So mussten etwa bei der Einholung himmlischer Zeichen stets regiones (nämlich der pars antica, postica, dextra und sinistra) im Bittgebet um die Zeichen angegeben werden, deren Zuordnung zur Himmelsrichtung stets von der Blickrichtung des Auguren abhing (beispielsweise lag der pars sinistra bei Blick in Richtung Osten im Süden).

Auch die Zeichen selbst wurden genau klassifiziert. So gab es etwa Listen der aves augurales (Vögel, die Zeichen geben konnten), die wiederum in alites und oscines (also danach, ob sie mit ihrem Flug oder ihren Lauten das Zeichen gaben), praepetes und inferae (ob sie positive oder negative Zeichen brachten) eingeteilt. Natürlich war auch eine Rangordnung innerhalb der Vogelzeichen festgelegt (sodass bei zwei gleichzeitigen Zeichen dennoch das Ergebnis festgestellt werden konnte).

Eine restriktive Handhabung erfolgte auch bei der Regel, dass während der Einholung von Zeichen absolute Ruhe zu herrschen hatte: Selbst das Knarzen eines Stuhles oder das Geräusch, das beim Heruterfallen von Gegenständen entstand, führte bereits zum Abbruch des auguriums und erforderte eine Wiederholung des Rituals.

Berühmte Amtsinhaber

  • Appius Claudius Pulcher (Consul 143 v. Chr.)
  • Marcus Tullius Cicero (Staatsmann)
  • Publius Petronius: ab 7 n. Chr. (Staatsmann)
  • Gaius Plinius Caecilius Secundus (d. Jüngere, Staatsmann, Schriftsteller)
  • Sextus Iulius Frontinus (Schriftsteller, Curator aquarum)


Literatur:
Georg Wissowa (Hrsg.): Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, 1890
Schmitz: Art. Inauguratio, in: Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, London, 1875
Hubert Cancik, Helmuth Schneider, Manfred Landfester (Hrsg.): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike; 1996

Quellen:
Wikipedia (nur für Amtsinhaber)
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