Gallia Lugdunensis
Inhaltsverzeichnis
Lage und Geografie
Gallia Lugdunensis war eine römische Provinz, die die Mitte des heutigen Frankreich von der Bretagne und der Normandie im Nordwesten, fast den gesamten Einzugsbereich von Liger (heute Loire) und Sequana (heute Seine) bis ins Tal des Rhodanus (heute Rhône) umfasste. Östlich grenzten Gallia Belgica und später Germania superior an, westlich Gallia Aquitania. Südlich des Rhodanus folgte Gallia Narbonensis.
Das Land ist weitgehend flach und wird zum Süden hin hügeliger.
Vorrömische Geschichte
Das Gebiet bildete ursprünglich das Zentrum des keltischen Siedlungsraum, dessen Spuren sich bis in die jüngere Bronzezeit zurückverfolgen lassen und sich von dort aus bis nach Britannia und Hispania ausbereiteten. Durch die Eroberung des südlichen Gallien und Einrichtung der Provinz Gallia Narbonensis kam auch die Römer in Kontakt mit dem Gebiet. Erste nennenswerte Begegnungen gab es aber erst unter Gaius Iulius Caesar, der 58 v. Chr. die Statthalterschaft in der Provinz Gallia Narbonensis übernommen hatte und das römische Herrschaftsgebiet bis 51 v. Chr. von dort aus systematisch und zielstrebig bis an die Atlantikküste, den Ärmelkanal und den Rhein ausdehnte. Auf ihn geht auch die klassische Dreiteilung der Gallier zurück, die auf kulturellen Gegebenheiten basierte und in der er den Celtae den mittleren Teil Gallien zu schlug, nach denen das Gebiet zunächst auch Gallia Celtica genannt wurde, bevor es nach der 43 v. Chr. gegründeten Veteranenkolonie Lugdunum (heute Lyon) in Gallia Lugdunensis umbenannt wurde.
Zunächst übte Rom seine Kontrolle nur in Form eines schwach organisierten Militärbezirks aus, in dem mehrere Legionen stationiert waren, um Aufstände zu unterdrücken. Die Einrichtung regulärer Provinzen erfolgte erst 27. v. Chr. unter Kaiser Augustus.
Römische Geschichte
Dieser machte Lugdunum nicht nur zur Provinzhauptstadt mit Sitz eines kaiserlichen Statthalters, sondern errichtete 12 v. Chr. dort auch die ara Romae et Augusti, die die Stadt zum caput trium Galliarum, dem Zentrum des Kaiserkultes in den drei gallischen Provinzen machte.
Die Provinz war zu diesem Zeitpunkt praktisch schon völlig befriedet, so dass es zu nennenswerten militärischen Ereignissen erst 68 n. Chr. kam, als der Statthalter Gaius Iulius Vindex in Lugdunum das consilium Galliorum zusammenrief und gemeinsam mit mehreren gallischen Stämmen den hispanischen Statthalter Servius Sulpicius Galba zum Gegenkaiser gegen Nero ausrief. Mit dessen Misserfolg und dem Ende des Vierkaiserjahres setzte für Gallia Lugdunensis dann eine lange friedliche und wirtschaftlich erfolgreiche Zeit ein.
Erst gegen Ende des zweiten Jahrhunderts kam es zu zunehmenden Einfällen von Germanen in Gallia und wenig später wird Lugdunensis durch den Thronstreit zwischen Lucius Septimius Severus und Decius Clodius Albinus schwer in Mitleidenschaft gezogen. Danach schließt sich die Provinz dem 256 n. Chr. in der colonia Claudia Ara Agrippinensium in Germania inferior ausgerufene imperium Galliarum an, das durch erfolgreiche militärische Maßnahmen gegen die Franken tatsächlich einige Ruhe bringt, bevor es 273 n. Chr. wieder kampflos an den römischen Kaiser zurückfällt.
Durch die Provinzreform des Diokletian wurde Gallia Lugdunensis in Lugdunensis I und Lugdunensis II in der dioecesis Galliarum geteilt, wovon letzteres als nördlicher der beiden Teile als neue Hauptstadt Rotomagus (heute Rouen) bekam. Der weiteren Einfälle aus dem Osten ließen sich damit aber nicht stoppen und spätestens mit dem Beginn des 5. Jh. n. Chr. wurde den zahlreichen Einfällen der Franken, Alanen, Sueben und Vandalen kaum mehr Widerstand entgegen gesetzt. Bis 486 n. Chr. wird schließlich ganz Gallien fränkisch.
Wirtschaftliche und strategische Bedeutung
Sowohl das Militär als auch der Handel und die Landwirtschaft profitierte davon, dass das Land weitgehend flach und damit einfach zu bereisen war, wobei entweder Flüsse oder Straßen als schnelle Transportwege genutzt wurden.
Die Besiedlung der Provinz blieb weitgehend ländlich und von Gutshöfen geprägt, während die alte keltische Siedlungsstruktur mit ihren oppida nahezu nahtlos in eine römische Siedlungsstruktur mit ihren civitates überging. Zu den wichtigsten Handelswaren gehörten Wolle und Textilien, regional auch Käse und Bier. Von Lugudunum aus bereite sich auch die Produktion von terra sigillata in ganz Gallien aus.
Literatur:
Lexikon
Tilmann Bechert, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz, 1999