[Inficet Mantua in morbum incidet] Die Thermen / das Kollektivlazarett

  • Quintus Mucius Septitianus
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    "Iiiiiiiiiiiiiiiiiim Naaaaaaamen der ersten Legioooon...", rief Septitianus über die menschenleere Straße vor den großen Thermen, "...erklääääääääre ich dieses Gebäude für beSCHLAGnahmt!!"
    Keine Resonanz. War ja irgendwie auch klar, hatten die Leute doch genug zu tun, vor allem: Angst zu haben. Es war schon fast unheimlich, mit dem Nebel in den Straßen, in dem man nur ab und an ein Wimmern oder Gejammer hörte. Zumindest nicht das, was man von den Straßen einer Stadt wie Mantua erwarten könnte.
    "RUHE!!!!", brüllte er nach hinten, als er aus den Reihen der ihm folgenden Soldaten Gekicher hörte. Es war kein losgelöstes Kichern, denn so etwas bekam er nicht mit. Dies war das Kichern von Soldaten die versuchten ihre eigene Nervosität mit schlechten Witzen zu überdecken.
    Einer seiner persönlichen Adjudanten schob den fetten Schlüssel in die Tür, den sie sich aus der Curia von einem sichtlich eingeschüchterten Scriba requiriert hatten, und die Tür schwang mit einem Ächzen auf. Als er mit festem Schritt in die Vorhalle der Thermen trat, empfing ihn gespenstische Stille. Es war kalt. Arschkalt. Vor allem: vollkommen untypisch kalt für die Thermen, die eigentlich durchgehend beheizt wurden, weil es teurer wäre die Thermen einmal komplett neu durchzuheizen anstelle sie auf einem gewissen Pegel zu halten. Wahrscheinlich waren die Sklaven, die für diese Arbeit eingeteilt waren mittlerweile selbst krank. Oder geflohen. Irgendwie hoffte er für die armen Bastarde auf zweiteres.


    "CENTURIO ALBUCIUS!!", brüllte er in die Halle, nur um wenig später hinter sich die eilenden Schritte des herbefohlenen Offiziers der dritten Centurie der vierten Cohorte hinter sich zu hören. Mit grimmigem Blick nickte er dem Mann zu, und gab ihm die Order sich mit ein paar Männern um die Beheizung des Komplexes zu kümmern. Eine weitere Gruppe ließ er die Wasserversorgung sicherstellen, gefolgt von einer kompletten Centurie, die die Räumlichkeiten der Therme in ein Lazarett mit genau ver- und aufgeteilten Betten und Liegen zu verwandeln. Wobei noch ein ganzer Haufen fehlte, der aber sicherlich bald folgen würde, sobald die zweite Centurie mit ihrer Schreinerarbeit im Castellum fertig war.


    Es dauerte einen halben Tag bis man die ersten Patienten, unter spärlichem Protest der sie behandelnden Medici, in die Thermen verlegt hatte, und bald war die gespenstische Stille einem noch viel gespenstischeren Röcheln, Stöhnen, Husten, Jammern, Wehklagen und noch viel schlimmeren Geräuschen gewichen. Und dies waren nur die Ärmsten der Armen, die sich keine Behandlung im Hause leisten konnten. Oder jene, deren Familien geflüchtet waren und ihre Kranken einfach zurückgelassen hatten.Am Abend des Tages sah Septitianus sich in einem einigermaßen funktionsfähigen Lazarett, in dem sich zu seinem Bedauern auch immer mehr Soldaten behandeln lassen mussten.
    Aber erst als zwei Soldaten eine in Tuch geschlagene Figur aus einem der Räume trugen, schwante ihm, dass sie noch viel mehr würden leisten müssen, um dem hier einigermaßen Herr zu werden.


    "STULTUS!!! EH... STULUS!!", rief er einen Optio herbei, "Finde den Tribunus Laticlavius Duccius, und berichte ihm, dass sein Befehl ausgeführt wurde. Die Thermen sind nun Herberge für die Kranken und die Medici..."


  • Auch Sextius Taurea fand sich ziemlich bald im Kollektivlazarett wieder. Zum Glück nicht als Patient. Zu seinem eigenen Glück nicht einmal als leitender Arzt. Man hatte ihn eher also so eine Art Koordinator hergeschickt, der den Kontakt zu den Ärzten der Stadt hielt, die hier behandelten. Der ihnen helfen sollte, wo dies möglich war, wobei die Diagnose ja ohnehin immer gleich ausfiel. Und der dafür da war, damit die Soldaten, die hierher als Sanitäter abkommandiert waren, einen gewohnten Vorgesetzten hatten.


    "23 Zugänge, 2 Tote seit gestern Abend", trug ihm eine dieser Sanitäter am Morgen zu Dienstbeginn die aktuelle Statistik vor. "Irgendwelche Besonderheiten?" "Keine. Überall dieselben Symptome." "Gut. Irgendwelche Leute, die ich mir anschauen soll, bevor wir sie in den Raum für die hoffnungslosen Fälle verlegen?" "Bisher keine. Aber ich habe noch keine komplette Runde gemacht." "In Ordnung. Ich spreche selbst mal mit den Kollegen." Damit verließ Sextius Taurea das kleine provisorische Besprechungszimmer und schaute, ob er den einen oder andere Arzt aus der Stadt zum Gespräch erwischen konnte.

  • ...fand nun schon seit einigen Tagen statt. Und es wurde immer schlimmer. Je mehr Leute die Helfer der Stadt, die mit viel Geld dazu überredet wurden die Kranken und Toten zu transportieren, in die Thermen schafften, umso hoffnungsloser wurde die Lage in denselben. Die Thermen waren geräumig, aber nicht so geräumig um all die Kranken einer Stadt aufzunehmen, die im Sommer einige zigtausend Menschen beherbergte. Nun war es Winter, aber das verbesserte ihre Lage kein Stück.
    Für jeden Toten den sie rausschafften kamen zwei neue Kranke, und für jeden 'Gesunden' (ein Begriff, der einen Menschen beschrieb der nicht mehr mit Pluto tanzte aber noch meilenweit fern der Heilung) kamen gleich zehn. Im Moment machten die Medici und vielen Helfer nicht viel mehr als die Kranken zu verwalten, gegen den Gestank anzuputzen und festzuhalten wer kam, wer starb und wer wieder 'entlassen' wurde. Letzteres hielt sich im Überschaubaren Rahmen, aber man bildete sich ein, dass die Lage besser würde. Langsam, aber sie würde besser. Sie MUSSTE besser werden. Nicht jeder Helfer kam am nächsten Tag wieder, und die Zahl der Freiwilligen war ebenso überschaubar wie die Zahl der Entlassungen.
    Was blieb bei einer solchen Überforderung übrig? Man kochte Wasser im Akkord, streute ein paar Kräuter rein und hoffte, dass die lächerlich geringen Dosen überhaupt noch was ausrichteten. Wenigstens hielten sie die Kranken warm und sorgten dafür, dass die Menschen nicht austrockneten.. denn die Winde, das stand fest, trieben das Wasser aus den Körpern der Menschen. Egal aus welcher Öffnung... sie schwitzten, sie erbrachen sich, sie litten Fluss, sie bluteten... aber das Wasser verließ in Strömen ihren Körpern. Und am Ende verdursteten sie. Zumindest war das die Theorie der Medici, die ihren Dienst hier versahen.


    Memmius Calavianus Eutychides
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    "..keine Verwandten? Dann legt ihn zu den anderen in der Seitenstraße, und hofft, dass sie bald abgeholt werden.", murmelte der alte Grieche Eutychides vollkommen erschöpft, als ihm die Nachricht vom Tod eines junge Mannes zugetragen wurde. Und er hoffte wirklich, dass man die Toten in der Seitenstraße bald abholte, denn sonst würden sie ein Problem bekommen. Vor allem da er kaum die Möglichkeit hatte eigene Leute dazu abzustellen sich mehr um die Toten zu kümmern als sie einfach vor die Thermen zu legen und auf die Helfer zu hoffen, die sie aus der Stadt schafften. Wenigstens die toten Legionäre konnten sie wieder der Legion übergeben. Allerdings waren die im Vergleich zu den toten Zivilisten ein Tropfen aus den glühend heißen Stein.
    Umso mehr freute man sich über jeden, der Besserung zeigte. Es waren wenige, aber man hatte das Gefühl, dass es mehr wurden.


    "Was ist mit dem hier?", fragte er mehr der Gewohnheit als dem eigenen Willen folgend mit Blick auf einen ziemlich großen Kerl im Soldatenkittel. Man erzählte ihm von der blutenden Nase, vom Sturz von einem Pferd und vor allem von dem Fieber, dass den irgendwo fremdländisch aussehenden Mann seit einigen Stunden schüttelte. Die Nachfrage, ob sich der Mann bereits erbrochen hatte wurde verneint. Zumindest hatte das niemand mitbekommen. Die Tunika aus grober Wolle sah sauber aus, aber der Kerl war kreidebleich.
    "Das übliche... wenn er wach wird, flößt ihm warmes Wasser ein und drückt ihm zwei Salbeiblätter unter die Zunge. Wenn er die Nacht überlebt, werden schauen wir morgen früh weiter was wir für ihn tun können..."
    Und jetzt brauchte er dringend einige Minuten Ruhe... vielleicht eine Stunde Schlaf, wenn er sich irgendwo verstecken konnte wo man ihn nicht allzu schnell fand. Sonst würde er sich bald dazulegen müssen, weil er vor Erschöpfung zusammenbrach.

  • Wenn man sagte, dass es einem dreckig ging, so hatte transportierte dies immer das Bild einer leichten Patina die darunter liegenden Glanz verdeckte. Und mit wenig Arbeit wieder abgerieben werden konnte, wenn man nur die Geduld aufbrachte etwas daran zu ändern. Oder die enorme Geduld einfach darauf zu warten.
    Als Vala am Morgen nach seinem Kollaps erwachte lag der Glanz gefühlte drei Stadien unter einer sehr soliden Masse aus konzentriertem Schmutz. Seine Muskeln verkrampftem sich im durchgängigen Zittern zu einer schmerzhaften Masse, und seine Zähne klapperten am Stück wie das Stellwerk einer defekten Molina. Und sowieso: er wünschte sich, er wäre nicht erwacht. Die Schwärze, die ihn den Rest des Abends und die ganze Nacht gefangen gehalten hatte, besaß schon etwas erholsames nach den eifrigen Tagen. Was war das hier? Ein Hilferuf seines Körpers? Nein... davon war er schon meilenweit entfernt. Die Erkenntnis, dass es ihn erwischt hatte entlud sich wenige Momente nachdem er die Augen öffnete mit einem erstickten Stöhnen, das von einem gequälten Würgen abgelöst wurde als sich sein Mageninhalt geräuschvoll den Weg nach oben bahnte. Niemand war da um ihm zu helfen, und Vala kippte hilflos zur Seite um sich nicht selbst zu bespucken. Es war nicht das erste Mal, dass Vala krank war, aber er konnte sich nicht daran erinnern sich so elend gefühlt zu haben. Sowieso war Denken im Moment eine Tätigkeit mit der er sich lieber nicht beschäftigte, denn das breiige Zeug in seinem Schädel hatte im Moment viel mehr damit zu tun ihm die Hölle auf Erden zu bereiten.
    Er fror erbärmlich, und keine Decke hielt das jämmerliche Bisschen an Wärme in seinem Körper. Egal wie er sich wendete, egal wie oft er die schmerzenden Glieder übereinander rieb, es fühlte sich an als würde die Wärme seines Körpers ihn verlassen wie die Ratten das sinkende Schiff. Seine einfache Soldatentunika war nass vor kaltem Schweiss, und selbst das spärliche Licht der Fackeln brannte in seinem blutunterlaufenen Augen wie beim nackten Blick in die Sonne.
    Das Blut in seiner Nase war geronnen, und machte ihm zusätzlich zu dem penetranten Schleim, der sein ganzes Inneres zu erfüllen schien das Atmen schwer. Eine Kraftlosigkeit die ihn normalerweise mit Scham erfüllte hatte sorgte dafür, dass er nicht einmal verhindern konnte, dass er sich selbst besabberte weil er den Mund hilflos offen hielt um einigermaßen Luft zu bekommen. Und immer wieder die schrecklichen Würgekrämpfe.. er bekam kaum mit, wie jemand seinen Unrat beseitigte, und irgendwann wurde ihm irgendetwas lauwarmes eingeflößt, das ihn mit wohligen Schauern erfüllte.
    Wärme. Nichts brauchte er jetzt dringender.. Wärme. Er hatte das Gefühl zu erfrieren, und sein Innerstes drängte sich mit Macht nach außen.
    War er dazu verdammt hier elendig zu verrecken, wie all die anderen um ihn herum? Solche Gedanken konnte Vala sich nicht selbst stellen, denn sein Dasein bestand an diesem Tag aus nicht viel mehr als Leiden. Wann hörte das auf? Gab der Körper irgendwann einfach auf, weil er zu erschöpft war um sich dagegen zu wehren? Noch zitterte Vala wie Espenlaub. Noch würgte er immer wieder, während er den Status des Auswürgens schon lange hinter sich gelassen hatte.


    Und irgendwann hörte er einfach auf. Zu erschöpft war er, zu lange hatte er sich gegen etwas gewehrt das eine ganze Stadt in die Knie gezwungen hatte. Er lag einfach nurnoch da und dämmerte in die Dunkelheit, von der Kälte davon abgehalten einzuschlafen und von dem letzten verzweifelten bisschen Lebenswillen davon abgehalten einfach den letzten Atem auszuhauchen. Als ihm jemand eine Decke brachte, weil wahrscheinlich irgendein anderer armer Tropf sie nicht mit in die Unterwelt nehmen konnte, ergab sich zumindest die Kälte ein wenig. Und dann schlief er ein... vollkommen erschöpft fiel er von einem Moment auf den anderen in einen unendlich herbeigesehnten tiefen und traumlosen Schlaf.

  • Memmius Calavianus Eutychides
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    Spät am Abend kam ein etwas weniger erschöpfter Eutychides auf einem neuerlichen Kontrollgang durch die vielen Reihen von Kranken geschlendert, warf hier einen Blick drauf, stellte dort einen Tod fest und anderswo wiederrum, dass für eine arme Seele kaum Hoffnung bestand. Es war zum Haare raufen, hätte er in seinem Alter noch so lange Haare gehabt wie in seiner Jugend. Es wurde kaum besser. Aber es wurde besser. Zumindest redete er sich das ein. Wie viele hatten sie heute rausschaffen lassen? Fünfzehn Tote? An einem Tag? War das mehr als Gestern? Oder weniger?
    Er hatte es vergessen, zu sehr hatte der deprimierende Trott ihn gefangen, der ihn all das Elend hier irgendwie überstehen ließ. Und dies waren nur die Menschen, die nicht zuhause gepflegt wurden, oder einfach dahinsiechten.


    "Ach...", schreckte er schon fast hoch, als er in ein halbwegs bekanntes Gesicht blickte. Der Fall von gestern Abend, den er innerlich schon fast sofort wieder vergessen hatte. "Der ist ja immernoch hier. Lebt der noch?", fragte er seinen ahnungslosen Assistenten, der genauso müde und frustriert dreinschaute wie er selbst. Ein Schulterzucken war die Antwort, und so legte der alte Grieche eine Hand an den Hals des elenden Soldaten.
    "Schau an, da tut sich noch was.", murmelte er mehr zu sich selbst als zu seinem Gehilfen, "Wenn der den Tag überstanden hat, bring ihn zu den anderen Soldaten in das dritte Tepidarium. Und lass einen der Medici dort feststellen, wer das überhaupt ist. Die sollten am ehesten Bescheid wissen. Achja... und wenn du gleich dort bist, sag den Soldaten, dass sie uns ihre Kranken nicht einfach ranschaffen sollen ohne ihnen etwas mitzugeben woran man sie erkennen kann. Wenn die armen Hunde verrecken wollen die Familien sicherlich wissen wen es erwischt hat. Und ich werde die Toten hier sicher nicht lange genug liegen lassen bis sich einer von denen mal zur Identifikation bemüßigt."


    Mit diesen Worten wandte er sich ab, um sich gleich um den nächsten Fall zu kümmern. Der tatsächlich tot war. Wenigstens eine schnelle Diagnose. Während er sich weiter durch die endlosen Räume mit den noch endloseren Reihen von Kranken arbeitete, schafften drei Helfer die Bahre mit dem Soldaten in einen der Räume die für die Kranken der Legion vorbehalten waren.


    "Wir haben keine Ahnung wer das hier ist. Aber Eutychides denkt, er könnte vielleicht durchkommen..", wandte sich einer der Helfer an den nächststehenden Medicus, "Vielleicht habt ihr eine Ahnung? Achja... ich soll euch sagen, wenn ihr eure Kranken herbringt, soll ihnen etwas beiliegen mit dem man sie im Fall der Fälle erkennen kann. Wir haben da keinen Überblick. Haben wir so schon nicht. Aber es würde unsere Arbeit einfacher machen, wenn du verstehst was ich meine."

  • Hätte Eutychides sich an Sextius Taurea gewandt, dann hätte er gewusst, dass 15 Tote an einem Tag zwei weniger waren als gestern, drei weniger als vorgestern, aber einer mehr als vorvorgestern. Ja, selbst wenn eine Legion dem Untergang geweiht sein sollte, irgendwer würde trotzdem noch eine Wachstafel oder Tonscherbe voller Zahlen zur Hand haben. Zumindest, wenn es eine Legion war, die seit ewigen Zeiten in Norditalien herum stand und sich in ihrer Bürokratie gemütlich einrichten konnte. Und die bei allem Ernst der Lage nicht einmal wirklich dem Tot geweiht war. Sie hatten Parthia überlebt! Da würde Pluto verdammt nochmal schon mehr leisten müssen, um sie in die Knie zwingen zu können!


    Also 15 Tote heute, 17 gestern, 18 vorgestern und 14 vorvorgestern. Sauber notiert und für ewige Zeiten festgehalten. Sextius Taurea legte diese Notiz zur Seite und machte mal wieder einen Rundgang. "Ihr braucht ja auch nicht zu wissen, wer das ist. Es reicht, wenn wir das wissen", belehrte er den zivilen Helfer leicht gereizt. Die latente Hoffnungslosigkeit im Kollektivlazarett trug nicht gerade zu einer entspannten Atmoshpähre bei. "Ab sofort ist er der Patient in Reihe 3 auf Liege 5. Dort hin mit ihm." Dann trottete er weiter. Er hatte ein paar Spezialfälle, um die er sich persönlich kümmern musste. Überhaupt hatte er mehr Arbeit als erhofft hier, seit es diese Räume für die Soldaten gab. Aber die meisten waren eben einfache Soldaten, das erledigten die Capsarii. Die Diagnose war eh immer gleich. Nur die Offiziere wollte das eben von ihm persönlich hören. "Der Tribun schläft", informierte ihn ein Capsarius. "Seit wann?" "Zwei Stunden? Drei Stunden? Keine Ahnung." Taurea schob den ratlosen Capsarius zur Seite und trat näher an den Tribun heran. Er schlief mit offenem Mund. Die Atmung war halbwegs gleichmäßig. Und er war nicht der lauteste Schnarcher im Saal. "Holt mich, wenn er wieder wach ist. Und wischt den Boden hier mal wieder auf."

  • Vala hatte nicht die geringste Ahnung wann er wieder erwachte. Aber aus der Dämmerung seiner Erinnerung konnte er noch festmachen, dass seine Zimmergenossen in seinem letzten wachen Moment keine Soldatenkittel getragen hatten. Entweder war er verlegt worden, oder seine Mitleidenden hatten das Handtuch geworfen und waren durch Kranke aus der Legion ausgetauscht worden.
    Als ihm wieder einfiel, weshalb er überhaupt hier war schien auch sein Körper erst wirklich hochzufahren. Oder er selbst zu begreifen, wie es ihm eigentlich ging. Zuerst kamen die Kopfschmerzen, die Valas anfänglich klare Gedanken sofort in eine grelle Wolke aus Schmerz packten und sie so recht effektiv bei der Arbeit behinderten. Dann füllten sich seine Glieder mit einer Wärme die nur einen Augenblick lang wohltuend war, bis er sich daran erinnerte, dass diese Wärme vor allem durch den Krämpfen folgte, die ihn eine gefühlte Ewigkeit lang geschüttelt hatten. Und dann die Übelkeit. Die stete Übelkeit, die ihn selbst dann zu erfüllen schien, wenn er fern jedes Gedanken an Essen war.
    Er blieb eine Weile lang liegen, die schmerzenden Augen auf die Decke gerichtet, und versuchte sich daran zu gewöhnen, dass jede Bewegung im Moment einfach nur vielfachen Schmerz bedeutete. Er biss die Zähne zusammen, spürte den ebenso schmerzhaft gesplitterten Eckzahn mit der Zunge nach. In was für einem jämmerlichen Zustand er sich befand! Aber: er lebte. Das war mehr, als viele andere von sich behaupten konnten. Und es ging ihm besser als noch vor... vor... vor wie lange eigentlich?


    "Eh... du da...", ächzte Vala zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als er die Beine von der Liege schob, und sich langsam aufsetzte, "..wie ist dein Name, Soldat?"


    "..Paullus ... Plinius Sabinus, Legio....narius der dritten ..... Centurie der zweiten ...... Cohorte, Tr...ibun Duccius.", antwortete der darniederliegende Soldat mit deutlichem Rasseln in der Lunge, was Vala irgendwie die Laune vergehen ließ, sich weiter mit ihm zu unterhalten. Er hatte keine Lust den Mann umzubringen, nur weil er ein paar Informationen brauchte. Andererseits... wenn er sowieso sterben würde, könnte er seinem Tribunen gleich noch von Nutzen sein. Genauso wie Vala, wenn er das hier nicht überlebte, was seinem Ermessen nach immernoch im Bereich des Möglichen lag. Er fragte den Mann also aus, erfuhr, dass drei Tage vergangen waren seitdem er vom Pferd gekippt war, und dass er quasi die ganze Zeit geschlafen hatte. Der Centurio des Kerls war tot, genauso wie viele andere. WIEVIELE andere allerdings seit Valas Erkrankung gestorben waren konnte ihm niemand sagen. Vala brauchte Informationen... und musste hier schleunigst raus. Er konnte kaum seinen eigenen kleinen Kommandostab hier im Lazarett arbeiten lassen. Und er sah es auch nicht ein, hier mehr Zeit als nötig zu verschwenden, immerhin hatte er Verantwortung zu übernehmen.


    "Du da... Soldat!", rief er einen zu sich, der offensichtlich von einem Capsarius für gesund genug gehalten wurde um ihn des Lazaretts zu verweisen. Auch wenn der Kerl immernoch kreidebleich war und deutlich hörbar viel Zeug in sich hatte, dass da eigentlich nicht hingehörte. Der Mann schleifte sich zu Vala und versuchte nicht einmal Haltung anzunehmen, was ihm im Normalfall eine Strafe eingebracht hätte an die er sich noch Wochen danach erinnern würde. Aber im Moment ließ Vala ihm die Freude überhaupt noch am Leben zu sein, und gab ihm die Order mit seinen persönlichen Optio aufzutreiben, so dieser denn noch am Leben sei. Achja... und einen Schreiber.


    Sich so voller Tatendrang von seinem eigenen Zustand ablenkend raffte Vala sich auf, um nachzusehen was er noch alles tun könnte, wenn er schon dazu verdammt war hier auszuharren. Sein Körper allerdings hatte andere Pläne, und die bestanden vor allem in der Horizontalen. Valas Beine versagtem ihm nach zweieinhalb stabilen Sekunden den Dienst und ließen den energischen Tribunen wie einen nassen Sack Mehl einfach vornüberkippen und hart auf den Boden klatschen. Der Aufschlag drückte ihm die Luft aus den Lungen, und noch viel mehr. Hatte er den Eindruck gehabt, er hätte garnichts mehr in sich, was er erbrechen könnte, so belehrte ihn ein renitenter Magen nun eines besseren. 'Gottverd.... Sche..e...' kam ein kläglicher Fluch über seine Lippen während sein Inneres sich wieder in der Flucht nach vorn versuchte. Vala musste erkennen, dass sein besserer Zustand nur eins zuließ: aktiv mitzubekommen, wie dreckig es ihm noch ging. Vorher hatte er keine Möglichkeit sein eigenes Elend zu begreifen, weil der dafür zuständige Apparat hinter seiner Stirn viel zu sehr damit beschäftigt war sich in kochendheiße Sülze zu verwandeln. Jetzt hatte er wieder einen oder zwei Gedanken frei, und war trotzdem noch genauso hilflos wie vorher. Was dem ganzen eine gehörige Portion Scham und Hilflosigkeit verpasste. Und Vala hasste es nichts tun zu können. Das war, als hätte man ihm die Klöten abgenommen. Er mochte seine Klöten. Genauso wie er es mochte, die Dinge aktiv in seinem Sinne verändern zu können.


    'Scheisse... lass mich hier einfach liegen und HOL MIR DIESEN VERDAMMTEN OPTIO!!!', fuhr er in lächerlich kläglicher Art und Weise den eigentlich-halbtoten-aber-im-Vergleich-zu-allen-anderen-hier-so-gut-wie-gesunden-Soldaten an, der nur mit den Schultern zuckte und sich dann von dannen schleppte. Es dauerte eine Weile, wie Vala sich mit einem rebellierenden Körper wieder auf die Liege ziehen konnte, und bemerkte, dass er sich zu allem Überfluss beim Sturz auch noch die Schläfe blutig geschlagen hatte. Er bekam es nicht einmal mehr richtig mit, nur das Blut am Boden verriet ihm, dass da etwas nicht in Ordnung war. Er drückte sich ein Stück der eigenen Soldatentunika an den Kopf, die in den letzten Tagen anscheinend schlimmeres mitgemacht hatte, und wartete auf den Medicus, dem ihm ein Capsarius angekündigt hatte.

  • Einmal mehr hatte Sextius Taurea keine Eile gehabt, als man im sagte, dass der Tribun nun wach war. Also erledigte er erstmal seine aktuelle Arbeit, wusch sich dann gründlich die Hände und begab sich erst dann zur Liege des Tribunen. Schon unterwegs bekam er mit, dass der Tribun diese Wartezeit nicht untätig verbracht hatte. Mit einem missbilligenden Kopfschütteln trat er daher auf ihn zu. "Tribun, bei allem nötigen Respekt muss ich dich darauf aufmerksam machen, dass du als Patient im Lazarett den Anweisungen des ärztlichen Leiters unterstehst." Dass das in diesem Fall genau er - Optio Sextius Taurea - war, verschwieg er dem Tribunen zuliebe, der sich bestimmt nicht von einem Optio herumkommandieren lassen wollte. "Und die Anweisung an dich lautet: Liegen bleiben und Ruhe halten." Die Anweisung unterschied sich damit nicht im Geringsten von den Anweisungen, die jeder beliebige andere Patient bekommen hatte.


    Ohne weiteren Kommentar trat er näher an den Tribunen heran, schob die Hand mit dem Stück Stoff zur Seite, starrte dem Tribunen eine Weile in die Augen, als wenn er darin den Gesundheitszustand ablesen könnte, legte dann seine eigene Hand eine Weile auf die Brust des Tribunen, übte dabei durchaus kräftig Druck auf den Brustkorb aus und kontrollierte die Atmung. "Leg' dich auf den Bauch", empfahl er dem Tribun, nachdem er fertig war. Dann murmelte er noch irgendetwas zu dem anwesenden Capsarius und verschwand. Der Capsarius entfernte sich ebenso, kam aber etwas später wieder und wickelte mehrere nasse Lappen um Handgelenke und Fussknöchel des Tribunen. Die Farbe der herabtropfenden Flüssigkeit verriet, dass sie nicht nur in Wasser getunkt worden waren.

  • Der Mensch, der quasi die ganze Zeit damit beschäftigt war die Ausscheidungen der Kranken wegzuwischen tat Vala irgendwo leid. Da hatte man schon das Glück zu den Gesunden zu gehören, und was ist? Man darf sich die ganze Zeit mit dem Mist beschäftigen, die die Seuche aus den Körpern ihrer Opfer trieb. Er hätte es dem Kerl nicht mal verdenken können sich bei jedem letzten Atemzug erleichtert den Göttern zuzuwenden, konnte man auf diese Art und Weise wenigstens den Unrat mitsamt Verursacher aus den Thermen schaffen.
    Der ranghöchste Tribun und Stellvertreter des Legaten dämmerte sitzend vor sich hin und vertrieb sich mit derlei Gedanken die Zeit, um nicht wieder in die Schwärze zurück zu sinken, die ihm schon so genug Zeit geraubt hatte. Er wartete... und wartete... aber sein Optio kam nicht. Dafür kam ein anderer..


    "Na, schau an...", nölte Vala mit elendig schwacher Stimme, "..dich kenn ich. Sextius Taurea, richtig?"
    Die Standpauke nahm Vala gleichmütig leidend hin. Er wusste, dass es sich kaum lohnte mit Heilkundigen zu debattieren, denn da waren die Weiber im Dorf seiner Eltern wohl kaum anders gewesen. War jemand krank, unterwarf er sich damit unwillentlich aber unvermeidlich dem Regiment der Krautmischer. Was nicht bedeutete, dass Vala vollkommen untätig sein musste. So folgte er den Anweisungen des Medicus, brummte dabei nur leicht, weil jede Bewegung seinen an eine Zeit ohne Krämpfe noch nicht wirklich wieder gewöhnten Muskeln schmerzte, und ließ die Prozedur über sich ergehen.
    "Was ist das für Zeug?", fragte er halbwegs interessiert, immerhin konnte er so noch etwas lernen, und seine geschundene Birne zu etwas mehr Aktivität zwingen, "Und sowieso: wie ist die Lage im Lazarett, Soldat? Mir fehlen einige Tage... was ist geschehen? Und vor allem: was könnt ihr hier noch gebrauchen?" Während er so dalag hörte er die klackenden Schritte von Soldatenstiefeln auf dem kostbaren Marmorboden der Therme, und schmunzelte matt bei dem Gedanken, dass das aufwendig gestaltete Interieur, mit dem die Civitas ihren Stand betonen wollte, in letzter Zeit wohl deutlich gelitten haben dürfte. Das Klacken kam näher, und kurz darauf stand ein sichtlich bedrückter Optio vor ihm, mit einer Hand einen Zipfel seines Umhangs vor Mund und Nase haltend, mit der anderen Hand salutierend.


    'Optio Spurius Maevius Scipio wie befohlen zur Stelle, Tribunus.', erklang die stark gedämpfte Stimme des Mannes, und Vala hatte das dumpfe Gefühl, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.


    "Rühren, Soldat. Maevius Scipio. Woher kenne ich deinen Namen, Mann? Und wieso bist du hier, und nicht Optio Neratius?", hakte Vala nach, dessen protestierende Synapsen sich bei der Anstrengung stark in Richtung Arbeitsverweigerung tendierten.


    "Optio Neratius ist tot, Tribunus.", stellte der Soldat mit betont ruhiger Stimme fest, "Ich bin hier, weil ich... weil ich... weil ich schon krank gewesen bin. Man hat mich vor wenigen Tagen entlassen, und man ist der Meinung, dass ich besser dafür in Frage käme, weil die Götter mich bereits verschont haben."


    Vala ließ das Kinn wieder auf das Ende der Liege sinken, während er die Worte des Soldaten hörte, die Arme und Beine immernoch ausgestreckt mit den Umschlägen umwickelt. Sein Optio war tot? Dabei hatte der Mann doch recht frisch gewirkt, als er ihn zuletzt gesehen hatte. Wann war das gewesen? Und vor allem: wer hatte jetzt wen mit der Seuche angesteckt? Er den Optio, oder der Optio ihn? Naja... es war sowieso hinfällig. Er war, hoffentlich, wieder auf dem steigenden Ast, während der Optio krepiert war.


    "Armer Hund... aber nun gut, wie ist die Lage, Optio? Ich hoffe, du hast mir einiges zu erzählen.", fragte Vala, der eigentlich garnicht fragen wollte. Oder eine Antwort. Aber er musste... er hatte den ganzen Laden geschmissen, dann hatte es ihn erwischt. Er MUSSTE wissen was während seiner... Absenz... geschehen war. Und er erfuhr davon. Davon, dass der Legat relativ zügig eingesprungen war, und sein Kommando nun aus der Curia führte. Davon, dass dem Legaten anscheinend niemand bescheid gesagt hatte, dass es Vala erwischt hatte, weil es zur gleichen Zeit Valas Adjudanten erwischt hatte. Und davon, dass die Soldaten, die Vala vom Pferd haben kippen sehen, und ihn darauf ins Lazarett geschafft haben die Gelegenheit ergriffen haben um danach zu desertieren. Und wie viele andere schon desertiert waren. Oder krank. Oder gestorben. Und wie die Legion es trotzdem schaffte, zu funktionieren. Und dass man das ungefähre Gefühl hatte, dass es besser wurde. Oder zumindest nicht schlimmer. Die Nahrungsmittel in der Stadt wurden knapp, weil sich kaum mehr Händler in die Stadt wagten. Und viele Villae Rusticae im Umland verwaist waren, von den Vici ganz zu schweigen, die es mittlerweile auch erwischt hatte. Von den vielen Flüchtlingen. Und dann von den Plünderern, die durch Mantua zogen, und auf die der Legat den Primus Pilus angesetzt hatte. Vala lag eine Zeit lang still, nachdem der Bericht geendet hatte, und als der Optio befürchten musste, dass Vala einschlief, holte er ihn mit einem Räuspern zurück ins Hier und Jetzt.


    "Gnnnh...", ächzte Vala, dessen Zentralmembram vom vielen Nachdenken mehr schmerzte als durch den Schlag eines Pferds, "..das.. nun. Geh erst einmal zum Legaten. Sag ihm was Sache ist... oder besser: Sag NICHT wie du mich hier vorgefunden hast. Sag ihm, mir geht es besser, und ich werde bald... SEHR bald in den Dienst zurückkehren. Bis dahin mach ich meine Arbeit von hier... weggetreten, Optio."


    Während der eine Optio sich entfernte, und aus seiner Erleichterung das Lazarett verlassen zu können keinen Hehl machte, sank Valas Kopf zurück auf das nicht vorhandene Kissen. Dann fiel ihm wieder der Medicus ein, der ihn die ganze Zeit bearbeitete, und bevor dieser protestieren konnte, hob Vala nur einen Finger, weil die Hand gerade vom Umschlag gehalten wurde.


    "Ich will nichts hören. Schau zu, dass du mich wieder irgendwie zusammenflickst.. du hast noch mehr Angelegenheiten zu klären, und ich genauso.", murrte Vala den Optio an ohne ihn ansehen zu können. Dann fiel ihm auf, dass es vielleicht nicht die beste Art und Weise war, einem Mann Befehle zu geben, dem man gerade auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war, und so schob Vala noch ein "Es wird dein Nachteil nicht sein, Taurea." hinterher, um deutlich zu machen, dass er kein undankbarer Mensch war, der auch gewisse Gefälligkeiten auch auf eine gewisse Art und Weise entlohnte.

  • Den Arbeitseifer des Tribunen fand Sextius Taurea mehr als nur suspekt. Nicht nur, dass senatorische Tribunen meistens faule Säcke waren und dieser Tribun damit schonmal gänzlich der Norm widersprach. Nein, er schien seine Krankheit auch einfach verleugnen zu wollen. Sorgenvoll fühlte der Optio ihm daher noch einmal die Stirn. Das Fieber war's, eindeutig. Das Fieber betäubte seine Schmerzen und führte zu einem Wahn, in dem der Tribun sich zu Dingen fähig sah, die er nicht bewerkstelligen konnte. Mitleidig schüttelte Taurea den Kopf. "Du hast gut Reden in deinem Fieberwahn. Wenn ein Parther dir den halben Arm abhackt, das können wir wieder zusammenflicken. Das tut weh, aber es steigt dir nicht in den Kopf. Aber das hier, das ist anders. Das kommt von den Göttern. Es sitzt in dir und es muss heraus. Könnte man dich öffnen und es heraus holen, dann würden wir es tun. Dann könnten wir dich danach auch wieder zusammenflicken. Aber das geht nicht. Du musst es heraus bringen. Und wenn es den falschen Weg nimmt, steigt es dir dabei in den Kopf und verwirrt dich." So hatte er es selber als junger Medicus gelernt und es klang furchtbar logisch. Auf einer Liege etwas weiter nebenan hatte wohl auch gerade jemand einen Weg gefunden und dünner brauner Brei ergoss sich aus seinem Hinterteil. Leidlich schnell waren zwei Capsarii zur Stelle, um sich der Sache anzunehmen. Die Intensität des Geruches würde sich aber ohnehin nur kurz von der allgemein schlechten Luft abheben.

  • "Fieberwahn?", staunte Vala den Mann aus rot unterlaufenen Augen an, "Du bist gut... Fieberwahn! Ich habe kein Fieber. Mir ist arschkalt, Mann! Das ist mir!"
    Ziemlich blöd, sicherlich. Aber daran konnte man auch sehr genau festmachen, dass es eine halbe Ewigkeit her war, als der junge Duccius das letzte Mal an einem Fieber gelitten hatte. Oder sich mit jemandem beschäftigt hatte, der an Fieber litt. Oder, oder oder. Die Erläuterungen des Medicus nahm Vala daher mit vollkommener Arglosigkeit auf, wollte aber nicht so recht begreifen, was da vor sich ging. Er hatte kein Fieber! Er war quickfidel! Wirklich!
    Freilich hatte Valas Körper eine von dieser Auffassung dezent abweichende Meinung, die er dadurch artikulierte, dass Valas Nase wieder zu bluten begann.
    "Was ist das doch für eine verdammte Scheisse!", fluchte Vala kläglich, mehr ein Wimmern als ein ernstzunehmender Ausbruch von wütender Männlichkeit. Sein Kopf fühlte sich auf einmal an, als wäre er gleich drei Nummern zu klein und die Welt fünf zu groß. Das war nicht gut. Auch nicht, als das Blut, dass er sich mit den Fingern vor die schmerzenden Augen hielt plötzlich meilenweit weg war. Deswegen war die verdammte Halle so groß! Und er hatte sich schon gefragt, ob die Römer es mittlerweile verstanden die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen um solche Bauwerke zu errichten. Ein unendlich langer Arm reichte ihm ein riesiges Tuch für die eigene Nase, und von weit oben musterte ihn mit einem undeutbaren Blick der Medicus. Er fühlte sich auf einmal sehr, sehr klein.
    "Also...", nölte Vala, der sich verzweifelt an den letzten kleinen Rest Verstand klammerte, den das Fieber überließ, "...ich bin mir sicher, es hat den falschen Weg genommen. Glaube ich. Ist dieser Mann da vorne größer als das die Principia? Ist er nicht? Ganz sicher? Schau nochmal hin, Mann. Vielleicht irrst du dich... achso... gut... ist er nicht. Also... wenn er das nicht ist, kann ich mir sicher sein, dass dieses komische Zeug, von dem du da sprichst, den falschen Weg genommen hat. Dann ist es in meinem Kopf. Also dem hier...", dozierte Vala, und griff mit der Hand die er noch frei hatte nach seinem Kopf, wobei er ganze vier Mal daneben griff, "...moment... vorhin war er noch da...", als er ihn schließlich gefunden hatte, hatte Vala auch vergessen, was er eigentlich sagen wollte, da der Weg von seinem Sprachzentrum zu seinem Sprachapparat derweil von einer Wolke aus Schmerz gekreuzt wurde. Stöhnen folgte, wimmern, und ein kleiner Krampf, den sein Körper wohl nur aus reiner Boswilligkeit zwischen die anderen Plagen schob, mit denen Vala sich gerade rumschlagen musste.
    "Also... wenn es da oben ist... dann holt es da raus. Ist mir egal wie... aber macht, dass das aufhört....", jammerte er nun hingebungsvoll, wobei die Erschöpfung ihn zusammen mit der Wirkung der wärmenden Bandagen langsam wieder in das Reich des Schlafs zog, "...ich bin... Tribun... der ersten.... Legion. Man... braucht.... mich. .... darf... nicht... versagen....."

  • Dem Tribun schien es wirklich schlecht zu gehen und er war sehr gesprächig dabei. Ganz langsam bekam Sextius Taurea Spaß an diesem Fall. Nur wenn ein Patient offen und ehrlich sprach, konnte man etwas über Krankheiten lernen, die man selber nicht hatte. Und nicht haben wollte. Also hörte Sextius Taurea ihm zu, auch wenn es keinen Sinn machte. Aber seine Augen begannen zu leuchten. Ja, vielleicht hatte der Tribun sigar Recht und man sollte es tatsächlich aus seinem Kopf heraus holen. Eine Schädeltrepanation! Ein Eingriff, von dem jeder ambitionierte Mediziner träumte. Damals, in seiner eigenen Ausbildung zum Legionsarzt hatte Taurea immer wieder ehrfürchtig auf den kleinen, handlichen Trepanbohrer geschaut, den sein Lehrmeister in seinem Operationsbesteck mit sich führte. Und der immer blank geputzt war. Aber sein Lehrmeister hatte ihm versichert, dass er damit schon erfolgreiche Operationen durchgeführt hatte. Später hatte sich Taurea selber einen solchen Bohrer anfertigen lassen und seitdem nie benutzt. Schädeltrepanationen waren selten. Sehr selten. Zu selten. Das hier war seine großen Chance. Das Leuchten in seinen Augen wurde stärker. Ja, er würde Mantua von dieser Plage befreien, indem er den Kranken die Köpfe öffnen würde, auf dass die Plage entweichen könne. "Tribun, du wirst nicht versagen! Die Legion wird nicht versagen!", antwortete er mit fester Stimme und überließ den Tribunen dann seinem Schlaf, während er selber sich auf den Weg machte, einen geeigneten Platz für die Operationen herzurichten. Schädeltrepanationen! Natürlich! Wieso war er darauf nicht viel früher gekommen?

  • Hatte Vala gehofft, dass die halbwegs klaren Momente von Dauer wären, die ihm die Unterhaltung mit und Behandlung durch den Capsarius ermöglicht hatten, so hatte er sich gründlich getäuscht. Wie ein hilflos in den Wildwassern eines jungen Flusses Mitgerissener schien er nur wieder aufgetaucht zu sein, um für die folgende Tortur Luft schnappen zu können, als würde ihn der Fluss willendlich foltern, um ihn möglichst lange quälen zu können. Nur, dass der Fluss in diesem Fall durch seine Adern floss und ihn innerlich erfrieren ließ, obwohl sein Körper äußerlich glühte. Dann kamen die Krämpfe wieder, ein erbärmlicher Schüttelfrost, der Vala auf seiner kleinen Pritsche hin und her schüttelte und ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Die kurzen Phasen in denen er wach war nutzte er um kleine Gespräche mit den ihn umgebenden Mitleidenden, den behandelnden Medici und ihren Helfern führen zu können, um bloß nicht an sich und seinen Zustand denken zu müssen. Und er nutzte die Zeit, um sich irgendwie produktiv einzubringen. Er war krank, lag zerschmettert vom Fluch der Götter darnieder, aber er hatte immernoch seine Befehlsgewalt. Und die nutzte er, um zumindest die Versorgungsengpässe in und um den Thermen einigermaßen wegorganisieren zu können. Der Befehl des Legaten, überbracht von einem ziemlich zerknirschten Optio, waren recht eindeutig gewesen, und so suchte Vala jede Möglichkeit sich während seiner 'Kur' noch irgendwie einzubringen. Man hatte nicht einmal an das Ende seines Tribunats gedacht, es wurde einfach inoffiziell wie offiziell unbürokratisch verlängert. Was Vala das Gefühl gab, gebraucht zu werden, und diesen Anspruch wollte er auf keinen Fall enttäuschen. Sowieso: er musste hier erfolgreich sein, wollte er seinen weiteren Weg ebenso erfolgreich fortsetzen. Ein Scheitern kam nicht in Frage. Dabei stand ihm nichts geringeres im Wege als ein formloser Fluch der Götter. Vala redete sich ein, dass dies nichts anderes war als eine Prüfung, aber wenn er wenig später wieder vollkommen geschwächt darnieder lag, sich sein Bauch verkrampfte und versuchte mit Gewalt etwas seit langem nichtexistentes aus seinem Inneren zu würgen, dann schwand mit seinen Kräften auch seine Überzeugung, das hier überstehen zu können.


    Und just genau in dem Moment, in dem Vala glaubte keinen weiteren Krampf überstehen zu können, beim nächsten Würgereiz sein Inneres nach außen zu stülpen, in dem Moment klangen die Schmerzen ab. Nicht von jetzt auf gleich, aber doch spürbar. Die Capsarii redeten ihm mit verbissenem Ernst ein, dieses Zeichen nicht über zu strapazieren, liegen zu bleiben bis man wirklich von einer Besserung sprechen konnte, doch Vala wusste, dass er jedes Zeichen nutzen musste, um Eindruck zu machen. Und seine Pflicht zu erfüllen. Ein doch recht unvalaischer Anflug von Heldentum im Lazarett, quasi.
    Kaum konnte er wieder einigermaßen aufrecht stehen, ging er am Stock durch die Gänge und redete den Kranken Mut zu, den Kranken der Stadt sowie den kranken Soldaten. Er erzählte die Geschichte von Abaris, dem sagenhaften Priester des Apolls, der weite Teile Griechenlands von Krankheit und Leid befreit hatte und die Welt umwandelte um dabei seinem Herrn Werk zu verrichten. Und natürlich opferte er. Es hatte ein hölzernes Lararium gegeben, das unter den kleinen Opfergaben der Dahinsiechenden schon fast verschwunden war. Vala hatte mit eigenem Geld ein großes aus Edelholz requirieren lassen und es an prominenterer Stelle aufgestellt. Auch dieser Altar war bald vollkommen unter den Opfergaben der Kranken verschwunden, und so hatte Vala nach und nach ganze vier Hausaltäre organisiert (teilweise mit enorm freundlicher Überredung durch von ihm abkommandierte Soldaten) und in verschiedenen Teilen des großen Lazaretts aufstellen lassen. Und dann noch zwei in dem Haus, das der Legat als Erweiterung des Lazaretts besetzen hatte lassen. Er hatte Baldr/Apoll unter den Namen geopfert, die er kannte, sowie natürlich Wodan/Iuppiter... selbst Hel/Pluto hatte er mit einem kleinen Opfer gebeten, die Stadt zu verschonen.
    Aber Tage nach seiner 'Einlieferung' schien noch niemand zu wagen, eine Besserung zu sehen, wobei die Zahl der am Tag sterbenden sichtbar geringer wurde. Aber das war sie vor wenigen Wochen schon einmal geworden, nur um dann noch einmal so heftig anzusteigen. Aber es kamen auch weniger neue Kranke, was wirklich gutes verhieß.


    "Nun sag schon, Sextius. Du hast die Zahlen im Blick... wird es besser? Und vor allem: wann lässt du mich hier raus?", ging Vala den ihm mittlerweile doch recht gut bekannten Medicus an, der ihm wieder einmal Kräuterumschlage machte und andere Doktoreien versah, die Vala murrend über sich ergehen ließ, "Achja... und warum erzählt man sich, du würdest den Kranken in den Kopf gucken? Wünscht du, dort etwas zu finden, was weiterhelfen kann?"

  • Sextius Taurea hatte es nicht leicht gehabt, einen passenden Raum zu finden für seine Operationen. Hell musste er sein, denn bei schlechtem Licht konnte man keine guten Taten vollbringen. Es durften noch keine Kranken drin liegen und erst recht keine Toten. Und groß genug musste er auch noch sein. Keine leichte Aufgabe, aber er hatte schließlich einen gefunden. Nebenan, in dem Haus, das dem Lazarett als Erweiterung diente. Er hatte ihn einrichten lassen mit allem, was er für seine Operation brauchte. Und er hatte höchstpersönlich den ersten Soldaten ausgesucht, bei dem er die Operation durchführen wollte und der sich dieser Operation auch unterziehen wollte. Wobei der Medicus nicht verstehen konnte, wie man sich einer so genialen Idee verweigern konnte. Aber sein Vorgesetzter hatte ihm gesagt, er solle mit einem Freiwilligen anfangen, da hatte er keine Wahl gehabt.


    Als er schließlich einen gefunden hatte, begann er die Operation gleich am nächsten Morgen, als das Tageslicht ausreichte. Sorgfältig desinfizierte er seinen Trepanbohrer über der Flamme einer Öllampe, während ein Capsarius dem Patienten die Haare abrasierte, damit sie nicht im Weg waren. Dann setzte er den Bohrer an. Am Anfang ging es nicht allzu gut, weil er noch nicht den richtigen Schwung raus hatte, um den Bohrer in eine angeheme Drehung zu versetzen und weil der Patient noch bei Bewusstsein war. Beides gab sich mit der Zeit. Der Patient fiel planmäßig ihn Ohnmacht und Sextius Taurea kam mit dem Bohrer besser zurecht. Trotzdem dauerte es doch erheblich länger als er gedacht hatte, bis er den Schädelknochen durchtrennt hatte. Trimphierend fingerte er die blutverschmierte Knochenplatte heraus. Dann wartete er eine Weile, damit die Krankheit entweichen konnte und überlegte, ob er den Patienten vielleicht schütteln solle, damit es schneller ging. Er entschied sich dagegen, weil das Blut doch schon ziemlich tropfte und das sicher nicht gut war. Schließlich beschloss er, dass die Krankheit nun genug Zeit hatte um zu entweichen, verschloss das Loch wieder und legte einen Verband um den Kopf des Soldaten. Dann ließ er ihn wieder wegbringen und wusch sich erstmal gründlich. Ein Capsarius wurde zur Überwachung des Patienten abgestellt und sollte sich melden, wenn dieser wieder aufwachte oder verstarb.


    So ging das mehrere Tage weiter, mit mäßigem Erfolg. Manche starben trotz der Operation, andere nicht. Und natürlich starben welche von denen, die nicht operiert wurden. Und es wurden manche auch einfach so gesund. Unzweifelhaft, es wurde besser. Und dieser übermütige Tribun lief sehr zum Verdruss von Sextius Taurea schon wieder durch die Gegend. Da würde es womöglich gar nicht mehr nötig sein, auch bei diesem eine Schädeltrepanation durchzuführen. "Ja, es wird besser", bestätigte er ihm dennoch gerne und freudig. "Gestern nur noch vier Tote, vorgestern sogar noch einer weniger, die Tage davor waren es noch immer mindestens ein halbes Dutzend." Es wurde tatsächlich besser. "Dich lassen wir raus, wenn du gesund bist. Wir haben keinen Platzmangel mehr. Jetzt können wir euch länger hierbehalten, bis wir sicher sind." Die Halbkranken waren vorher ja nur aus pragmatischen Gründen rausgeworfen worden. "Und ja, ich schaue den Kranken in den Kopf. Man nennt es eine Schädeltrepanation. Das Gespräch mit dir neulich hat mich drauf gebracht. Eine sehr alte Methode, mit der man allerelei Krankheiten heilen kann. Und wenn man jetzt eine Krankheit hat, die in den Kopf steigt, zumindest bei einigen, dann gibt es doch nichts naheliegenderes, als den Kopf zu öffnen, damit sie raus kann. Und es funktioniert. Siehst du die beiden da hinten? Die habe ich vor drei Tagen operiert. Und was ist? Sie leben noch! Siehst du die beiden Betten da vorne? Die beiden Soldaten, die dort lagen, habe ich nicht operiert. Und jetzt sind sie tot." Sextius Taurea war mächtig stolz auf diese Erfolge.

  • "Na, wenn das mal nichts ist...", murrte Vala, dessen Augen hinter aus dem Kopf herausgucken würden, lägen sie noch tiefer in ihren Höhlen, "Nach all der Zeit weiß ich gar nicht mehr, wie das alles angefangen hat. Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen sollte, wäre ich gesund?"


    Die Antwort über seinen weiteren Verbleib frustrierte ihn. Sehr. Und irgendwo hatte er das Gefühl, dass der Medicus sich darüber freute, und er hatte nicht die geringste Ahnung warum. Er selbst wollte nicht weniger als endlich hier raus, um seine Aufgaben als Tribun weiter wahrzunehmen. Auch wenn er sich mittlerweile manigfalte Möglichkeiten geschaffen hatte, zumindest im direkten Umkreis der Thermen noch wirksamen Einfluss zu nehmen. Die Castra, die Stadtränder sowie das administrative Zentrum waren hingegen vollkommen aus seinem Wirkungsbereich verschwunden, und wurden wahrscheinlich vom Legaten selbst geleitet.


    "Je schneller du mich hier rauslässt, desto eher wird sich das günstig für eure Lage hier auswirken. Und auch auf deine eigene.", startete Vala einen letzten verzweifelten Versuch sich mit verbaler Einflussnahme aus dieser Situation zu befreien. Sonst würde er türmen müssen. Als Offizier natürlich sehr viel statthafter, und mit großem Tamtam damit es bloß nicht nach Desertion aussah. Sowieso: wer türmte schon zurück an die Front? Er musste das nur plausibel genug verkaufen... und dann war da noch die Sache mit den.. den.. den.. "Trepenationes, sagst du? Interessant... wenn du das nächste Mal eine durchführst, wirst du mich vorher davon unterrichten, damit ich mir das einmal genau anschauen kann. Alles klar? Bist du fertig hier? Dann weggetreten..."


    Zumindest das Befehleerteilen ging ihm wieder leicht von der Hand..


  • Den Tribunen bei den Trepanationen zugucken zu lassen, kam für Sextius Taurea nicht infrage. Nicht, solange der Tribun noch krank war. Bei jeder Operation gab es nur einen Kranken und das war der, der operiert wurde. Und der Tribun war leider schon wieder zu gesund, als dass er ihm jetzt auch noch den Kopf aufbohren musste. Wahrscheinlich hatte er in den letzten Tagen oft genug das Maul aufgerissen, dass die Krankheit dort hinaus gehen konnte. Aber diese Mutmaßung gab Sextius Taurea nicht laut preis. Er traute dem Tribunen zu, dass er sie falsch verstand. "Die nächsten Trepanationen sind noch nicht geplant", sagte er daher stattdessen und verabschiedete sich mit einem eher schlampigen Gruß.


    Am Abend des nächsten Tages tauchte er dann wieder bei Duccius Vala am Lager auf. "Gute Nachrichten, Tribun. Keine Toten heute! Wir beginnen morgen, die teilweise Auflösung des Lazaretts hier in den Thermen vorzubereiten." Es gab zwar noch keine entsprechenden Befehle, aber es war immer gut, vorbereitet zu sein. "Und das bedeutet, dass du hiermit entlassen bist und dich morgen früh wieder beim Legaten zum Dienst melden kannst."

  • "Den Göttern sei dank..", war Valas unwillkürlich ehrliche wie sichtbar erleichterte Antwort auf die Bekundung des Medicus. Ein heller Strahl Sonnenlicht im Vergleich zu den winzigen Lichtblicken der letzten Tage. Nach all dem Leid, dass sich hier in den Thermen und in einer ungleich größeren Vielzahl von kleinen Tragödien in den Häusern der Stadt abgespielt hat. Jetzt sah es tatsächlich so aus, als hätten die Götter genug vom Siechtum der Civitas Mantua.. eine Tatsache, die sicherlich nicht unbeachtet bleiben würde.


    Für Vala bedeutete dies vor allem, dass er nach den Tagen des quasi-nutzlosen Herumgammelns im Lazarett mit stark begrenztem Wirkungskreis endlich wieder nach draußen konnte, um dort seine Aufgaben wahrzunehmen. Wenn das Abflauen der Seuche auch in der Stadt geschah, würde es sicherlich einiges an Wiederaufbauarbeit geben.


    "Danke, Sextius. Ich werde deine Leistungen hier bei meinem Bericht dem Legaten gegenüber nicht unerwähnt lassen...", waren dann auch die letzten Worte, die Vala mit dem Medicus wechselte, bevor er sich daran machte seine... eigentlich hatte er nichts mehr hier. So machte er sich mit dem auf was er am Leibe trug und verschwand in Richtung Castellum um sich dort in seinem Domizil wieder herzurichten. Und vor allem: zu waschen.


  • Der Bericht, den der Tribun erwähnte, war ein gutes Stichwort. Auch Sextius Taurea würde um das Schreiben zahlreicher Berichte nicht herum kommen. Und der entlassene Tribun war ein Strich auf einer der Listen, die später Grundlage für einen der Berichte werden würden. Zuvor ging Sextius Taurea jedoch noch zu einigen anderen Soldaten und teilte ihnen ebenfalls ihre Entlassung mit. Erst dann machte er sich auf den Weg in sein provisorisches Büro, um die Daten des Tages zu erfassen.

  • Ein paar Tage später war es dann wirklich so weit und es wurde mit der Auflösung des Lazaretts begonnen. Zumindest, was den militärischen Teil betraf. Ob die Ärzte der Stadt die Thermen weiter für ihre Zwecke nutzen wollten oder nicht, ging die Legion erstmal nichts an. Entscheidend war, dass es in den letzten Tagen keine Todesfälle mehr gegeben hatte, dass man viele erkrankte Soldaten guten Gewissens wieder entlassen konnte und dass man die verbliebenen risikolos ins Valetudinarium des Legionslagers verlegen konnte.


    Das ärztliche Instrumentarium im provisorischen Operationssaal war schon verpackt, Tücher und Decken wurden erst gewaschen und dann gestapelt. Töpfe, Becher, Schalen und Näpfe wurden ebenfalls in größeren Mengen zusammengetragen, gespült und für den Transport verpackt. Einige würden wohl wieder zu ihrem Besitzer zurückfinden, andere landeten im Fundus des Valetudinariums. Für sowas hatte man schließlich immer Verwendung. Alles, was die Soldaten zum Beginn der Besetzung der Thermen aufgebaut hatten, bauten andere Soldaten nun wieder ab, zerlegten es wo nötig in Einzelteile und schafften es nach draußen. Einiges kam mit ins Lager, anderes wurde an einer möglichst wenig störenden Stelle in der Stadt liegen gelassen. Und schließlich wurden in den verlassenen Räumen große Becken aufgestellt, in denen eine ordentliche Menge Weihrauch verheizt wurde, um alle schlechten Lüfte von diesem Ort zu vertreiben und auch, um den Göttern für das Ende zu danken. Es würde sicher nicht der letzte Dank sein, weder in Mantua, noch von der Legion im Allgemeinen, noch von den Ärzten im Speziellen.

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