[Thema] Aushang

  • Am nächsten Tag stand ich während der Sitzung auf, ging zur Mitte der Halle und zeigte folgenden Aushang den Anwesenden.


    MENSCHEN TARRACOS



    WER BEHERRSCHT EUCH WIRKLICH? EUER BRUDER AGRIPPA?



    WEHRT EUCH GEGEN DEN BASTARD AUS ROM! ORGANISIERT EUCH SELBST!



    DEM SENAT IST DAS SCHICKSAL DER STADT EGAL! BOYKOTTIERT SENATSBESCHLÜSSE! LASST AN EUREN VERSTAND APPELLIEREN!



    FÜR EINE SELBSTBESTIMMTE VOLKSHERRSCHAFT UND EINEN NEUEN SENAT!



    Braucht ihr wirklich einen Kaiser?



    Mit gespielt nachdenklicher Miene äußerte ich mich dazu. Ich setzte darauf, dass nur die wenigsten unter ihnen überhaupt diesen Aushang mit mir in Verbindung setzen würden.


    Dieser Aushang wurde gestern abend angeschlagen. Er zeigt, wie es in dieser Stadt scheinbar bestellt ist. Besonders die letzte Zeile lässt mich stutzen.


    BRAUCHT IHR WIRKLICH EINEN KAISER?, schrie ich ins Plenum, woraufhin einige der Sodales unangenehm berührt zusammenzuckten und mich aufgeregt ansahen.


    Dem Punkt, der den Senat betrifft, kann ich nur zustimmen. Haben wir jemals Konstruktives aus dem Senat erhalten? Nein!


    Im Gegenteil. Wie ich in der Acta, diesem kaiserlichen Schundblatt, lesen durfte, wird Agrippa kritisiert, wo es nur geht. Ja, es laufen sogar Gerüchte um, man wolle über seine Absetzung debattieren.


    Was hat sich dieser Mann zuschulden kommen lassen, dass er im Kreuzfeuer der Eitelkeiten steht? Ich sage euch, da läuft etwas gehörig schief. Jemand, der sich zu senatorischen Traditionen bekennt, wird von seinen eigenen Brüdern niedergemacht. Dieser Senat in Rom ist schon lange nicht mehr das Instrument des Volkswillens.


    Leider hat dieser Aushang in diesem Thema recht.


    Was den Kaiser betrifft... nun ja, da stelle ich die Frage an euch, die ihr hier sitzt und anhört, was ich zu sagen habe.

  • Der Augur war schon einige Zeit nicht mehr in der Curia gewesen, doch hatte er vom Proconsul persönlich das Recht zugesprochen bekommen, sich an den Debatten zu beteiligen - wenn auch nicht mit direktem Stimmrecht. Als ein Scriba ihm von diesem Vorfall berichtet hatte, hatte Sophus sich sofort auf den Weg gemacht. Diese Diskussion war gefährlich, sie drohte, den Zusammenhalt des Imperiums zu schwächen. Und so sehr Sophus am Kaiser zweifeln mochte - autarke Porvinzpolitik konnte er nicht gutheißen. Allzu zerbrechlich war das Imperium und der Wille der Götter mochte hier schrecklich walten, wenn sich die Provinz von Rom entfernte.
    Er räusperte sich lautstark, ehe er seine Stimme erhob.


    "Ich kann nicht nachvollziehen", sagte er, "wie einem derartigen Pamphlet aus dem einfachen Volke ohne weiteres Glauben geschenkt wird. Wie es unmittelbar zum Gegenstand einer direkten politischen Debatte wird. Und dass diese Debatte vor allem im Rahmen dieses Plenums, dieser Instanz, geführt wird. Diese Instanz, die direkten Einfluss auf die Geschehnisse hat. Dadurch, dass dieses Pamphlet also überhaupt besprochen wird, haben wir hier bereits eine grundlegende Gefahr geschaffen: Die Gefahr, dass diese Art von Volkeswille, wie er sich selbst bezeichnet, tatsächlichen Einfluss ausübt. Wie kann so etwas geschehen?"


    Er stockte kurz, ehe er weitersprach.


    "Ich sage euch, wenn ihr dem Senat widersprecht, wenn ihr Rom widersprecht und wenn ihr dem Kaiser widersprecht, gefährdet ihr den Zusammenhalt des gesamten Imperiums. Euer Proconsul selbst hat selbstverständlich schon Kritik geäußert, Einwände in einer Senatsdebatte. Doch wenn Entscheidungen gefällt sind, so ist ihnen Folge zu leisten. Das ist euer, unser aller Auftrag. Sowohl bei euch, Magistraten, Beamte, wie bei mir, einem Augur, einem Vertreter der Pontifex. Wie kommt ihr zu dem Gedanken, derartig gegen eure Herrscher zu wettern? Wollt ihr etwa das Imperium spalten?!"


    Er war lauter geworden und holte tief Luft, ehe er fohrtfuhr.


    "Ich sage euch, achtet nicht diese Worte des Pöbels. Der Pöbel hat den Frevel am Marstempel begangen, der Pöbel hat bereits Aufstände vollführt! Ich sage euch, achtet nicht die Worte derer, die das Imperium gefährden. Rom bestimmt, was geschieht, Rom hat diese Provinz unterworfen. Und ohne den Glanz Roms wäre dies Gebäude, wäre eure Macht nicht möglich. Also verliert euch nicht in Undank!
    Die Acta ein Schundblatt? Nun, ich schreibe für dies Schundblatt, wenn es dich interessiert. Ich selbst habe dort Artikel verfasst, die die Arbeit des Proconsuln würdigen, glaube mir. Ich sehe kein wahres Wort in diesem Pamphlet, ich sehe nur Lüge und Dummheit."


    Er setzte sich. Er hatte genug gesagt.


    Sim-Off:

    (edit) Man verzeihe mir diesen Einwurf. Ich bin ja eigentlich nicht direkt Mitglied der Curie. Sollte die Berechtigung, mich zu beteiligen, erloschen sein, so kann ich das hier natürlich entfernen.

  • Ich hörte interessiert die Worte des Auguren. Ich lächelte nur gütig. Sicher, er war an seine stupiden Traditionen gebunden und konnte nicht erkennen, dass neue Zeiten angebrochen waren. Jedoch musste ich die Fassung und vor allem die Maskerade behalten. So hob ich beschwichtigend die Arme und nickte dem alten Mann zu.


    Ehrenwerter Augur, ich danke Euch für die weisen Worte. Schon lange hat kein weise Seher mehr in diesem Gremium gesprochen. Und ich respektiere Eurer Wort, denn es hat großes Gewicht.


    Jedoch möchte ich Euch darauf hinweisen, dass sich bereits seit Jahren in Hispania nichts mehr bewegt. Kein wirtschaftlicher Fortschritt. Wir verharren auf einem Stadium der Zivilisation und Dekadenz. Der Senat jedoch kümmert sich nicht darum.


    Oder seht ihr hier das Werk des Senats? Ich sehe hier das Werk der Bürger Tarracos, die allesamt beigetragen haben zu dieser Stadt und dieser Curia.


    Mit salbungsvoller Stimme sprach ich und lächelte weiter gütig. Dahinter überlegte ich jedoch. Wenn der Cultus Deorum nicht hinter den Putschisten stand, konnte das Auswirkungen auf die Moral der Kämpfenden haben.


    Nun sagt mir aber, ehrenwerter Augur, sprecht Ihr für den gesamten Cultus Deorum Tarracos?

  • Sophus erhob sich wieder. Sein Debattengegener war offenbar hartnäckig - und offenbar auch nicht dumm.


    "Kein wirtschaftlicher Fortschritt ist geschehen? So frage ich euch aber: Wie kommt es, dass Bürger Tarracos genügend Geld besitzen, dies Kapitolium hier zu bauen? Woher kommt auch ein weiteres Projekt für einen Tempel, das sicher ebenfalls durch viele private Gelder zustande kommen wird? Wie werden sämtliche Festlichkeiten in dieser Stadt bezahlt? Es entstehen Geldmittel, die ausgegeben werden können und ausgegeben werden. Der private Reichtum dieser Provinz wächst erheblich, die Equites dieses Landes sind mit Sicherheit gute Geschäftsmänner.
    Und ihr sagtet, ihr sähet den Willen des Senates hier nicht, ihr sagtet, ihr sähet nicht, dass der Senat etwas für diese Provinz täte. So frage ich euch jedoch, ohne über die legislativen Einzelheiten informiert zu sein, ist denn nicht der Proconsul Senator? Ist er nicht selbst ein Vertreter des Senats hier in der Stadt und hier in der Provinz? Und tut er nicht etwas? Und wenn er etwas tut, als Repräsentant des Senats, tut dann nicht der Senat etwas für euch, in dem er den Proconsul hierhin entsendet?
    Und zuletzt sei gesagt, dass ich der Vorstand des Cultus Deorum in Tarraco, in der Provinz bin. Selbstverständlich sind autonome Priester durchaus möglich und die hierarchische Struktur des Cultus Deorum ist nicht so streng, wie es in den Legionen der Fall ist, jedoch maße ich mir an, dies zu bejahen: Ich repräsentiere alle Priester dieser Provinz."

  • Ich nickte gelassen.


    Nun, dann sag mir, wo dieser Reichtum hinwandert. Wird damit die Infrastruktur gestärkt?


    Und zu Agrippa. Er selbst ist im Senat nicht sehr geachtet. Dass er den Senat vertritt, muss noch lange nicht heißen, dass er ihre Entscheidungen gut heißt...


    Nun, wir sollten diesen Aushang so stehen lassen und abwarten, ob dem noch etwas folgt. Vielleicht ist es eine Stimme im Wind und bald wieder verschwunden.

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