Eine Römerin, ein Grieche und ein Germane

  • Nun waren sie durch das Tor durch. Sobald sie außer Hörweite waren, schnaufte Ragin hörbar gut durch. Die Armee machte ihn immer ein wenig beklommen. Zu viele seiner Verwandten waren im Dienste der Legion gestorben. Aber dann dachte er an Dagmar. Endlich würde er seiner Cousine gegenüber treten. Doch dann blickte er an sich herab.


    "Danke für deine Hilfe." Wandte er sich an Iunia Axilla. Nicht weil er Nikolaos Hilfe nicht geschätzt hätte, aber sie war halt so etwas wie ein Landsfrau für ihn. "Nun habe ich noch eine etwas ungewöhnliche bitte. Leider komme ich erst jetzt darauf. Wie blöd, eigentlich hätte ich mir ja ein Zimmer in einem Gasthaus nehmen können... Ich würde mich gerne ein wenig frisch machen um meiner Verwandten nicht in diesen Lumpen gegenüber treten zu müssen. Außerdem bin ich momentan sicher kein Genuss für anderer Leute Nasen. Gibt es hier zufällig eine öffentliche Thermae, wo ich mich ein wenig waschen oder baden kann?"


    Am Liebsten hätte er auch einen Ort gefunden an dem er Helios und Amala erstmal lassen konnte, um dort nicht gleich mit seinem Privatzoo einzufallen, aber das war jetzt wohl utopisch.

  • Bei Rufus’ Schnaufen drehte sich Axilla zu ihm und sah ihn lächelnd, aber ein wenig verwirrt an. Welchen Grund hatte er, so erleichtert zu sein? Die Soldaten am Tor waren doch sehr nett gewesen? Oder hatte er Angst, dass er wegen dem Hund nicht hätte reinkommen dürfen? Axilla schüttelte nur kurz lächelnd den Kopf und wollte fröhlich losmarschieren. Zwar war Nikolaos immer noch wie ein Schatten neben ihr, aber sie war fast zuhause und das gab ihr Sicherheit. Aber da wandte sich Rufus an sie, so dass sie sich noch mal zu ihm herumdrehte.
    “Hilfe? Achso, das meinst du. Ach, weißt du, normalerweise schicken die Fremden immer ein oder zwei Wachen mit, damit sie keinen Blödsinn hier drinnen anstellen. Aber ich vertrau dir da einfach, dass die unnötig sind.“
    Beinahe wär ihr ein schelmisches „und wenn du doch was anstellst, verhau ich dich“ herausgerutscht, aber das konnte sie grade noch zurückhalten. Vor Nikolaos wäre das vermutlich auch nicht so gut angekommen. Und sie kannte Rufus nicht gut genug, um zu wissen, ob er solche Scherze denn vertrug. Außerdem wollte sie doch endlich zu einer anständigen, römischen Frau werden und weniger Chaos.
    Seine andere Frage aber ließ sie kurz überlegen.
    “Hier in Basileia? Uff, also die Thermen sind eigentlich mehr im Brucheion. Die Leute die hier leben, haben ja alle Bäder in ihren Häusern.“
    Beim letzten Satz blickte sie auf und schaute Rufus sehr eindringlich an. Sie überlegte, das konnte man ihr regelrecht ansehen. Sie kannte ihn ja eigentlich gar nicht, und sie wollte ja auch nicht, dass Nikolaos sie bei Urgulania dann verpetzte. Aber andererseits, was war schon dabei, wenn er sich kurz bei ihr zuhause wusch und umzog? Das dauerte ja vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten, wenn er nicht grade ein Entspannungsbad nehmen wollte. Und sie wollte ja sowieso heim. Jetzt nicht baden, da würde sie ihn dann auch allein lassen, aber wenn sie sowieso heim ging und es ja auch nur kurz war….
    “Hmmm, du brauchst doch nicht lange dafür, oder? Also, nur waschen und umziehen, richtig?“

  • Dass der Junge ihn missachtete, gab Nikolaos einen weiteren Stich. Am liebsten hätte er die beiden nun alleine gelassen. Sein Interesse an diesem barbarisch aussehenden Römer nahm ab. Doch eine böse Ahnung stieg in ihm auf, als das Mädchen die Frage an den Jungen stellte. Er räusperte sich scharf.


    "Im Gymnasion gibt es öffentliche Thermen. Aber da ich nicht glaube, dass du die Prozedur an der Torwache noch einmal über dich ergehen lassen möchtest, so lade ich dich ein, mein eigenes Bad zu benutzen. Ich wohne nicht weit von hier.", sagte er, überaus höflich, als ginge es ihm wirklich darum, seine heilige Pflicht der Gastfreundschaft zu erfüllen.
    "Es wäre gut, wenn du mitkämst, damit ich dir sogleich jene Briefe geben kann...", wandte er sich an die junge Iunierin.

  • Sie schien etwas zu überlegen, aber ihre Frage erstaunte ihn dann schon ein wenig.
    "Ja, nur kurz. Ich mag mich nur ein wenig frisch machen, und mich nicht lange mit anderen Badenden unterhalten. Wir haben bei uns in der Casa ja auch ein balneum, aber trotzdem gehe ich gerne in die Thermae. Dort Leute zu treffen macht einfach viel mehr Spaß als alleine zu baden. Aber heute will ich nur schnell vorzeigbar werden, damit ich endlich meine Cousine und ihre Kinder sehen kann."


    Dabei musste er gerade an den knurrigen alten Petronius Crispinus denken, mit dem er sich so angeregt in der Thermae unterhalten hatte.


    "Oh das ist sehr großzügig von dir.", erwiederte er a Nokolaos' Angebot. Verdammt, jetzt konnte er das Angebot ganz sicher nicht mehr ablehnen. Sicher hätte ihm Axilla dasselbe Angebot unterbreitet und dort hätte er sicher irgendwo sein Sax verstecken können. Aber bei dem Griechen würde er das ganz sicher nicht lassen. Was sollte er denn jetzt nur machen?


    "Gerne nehme ich dein Angebot an."

  • Beim Thema öffentliche Thermen konnte Axilla nicht so wirklich mitreden. Sie war zwar sicher nicht prüde, aber trotzdem badete sie nie im Gymnasion. Auch wenn sie sich dort sicher gut unterhalten könnte, aber das fiel bestimmt unter die Dinge, die anständige, römische Damen nicht zu tun pflegten.
    Sie wollte grade schon ihr Angebot dann machen, als Nikolaos ihr zuvor kam. Eigentlich konnte sie ihm da gar nicht böse sein, dass er auf denselben gedanken wie sie gekommen war. Eigentlich war das ja sehr liebenswert von ihm. Eigentlich sollte sie ja sogar froh sein, denn so konnte Urgulania dann nichts zu hören bekommen und böse auf sie sein. Eigentlich. Aber un-eigentlich passte es ihr nicht. Jetzt konnte sie wieder Rufus nicht ausfragen und war weiter unter Nikolaos’ Aufsicht. Das war ja fast schlimmer, als vor einigen Wochen, als Silanus noch ihr Vormund war. Nikolaos war eindeutig besitzergreifender, und dabei war sie doch eigentlich nun emanzipiert!
    Naja, wie dem auch sei, es nützte nichts. Ihre Mittagspause war wohl eben für beendet erklärt worden, wenn sie Nikolaos’ freundliche Aufforderung richtig verstand. Aber man konnte sich das ja auch nicht immer so heraussuchen. Schade eigentlich, sie hätte sich wirklich gerne mit Rufus ein wenig unterhalten. Aber mit ihrem Arbeitgeber direkt daneben traute sie sich nicht so recht.
    “Natürlich, Gymnasiarchos“, meinte sie, die Resignation in ihrer Stimme kaum verbergen könnend. Und auch, dass sie ihn mit seinem Amt ansprach und nicht mit Namen sprach wohl Bände.
    Vielleicht konnte sie ja Rufus nach seinem „frisch machen“ dann zur Regia begleiten, ohne Nikolaos. Wobei sie kaum Hoffnung hatte, dass er das zulassen würde. Im Moment hatte sie eher das Gefühl, er würde sie am liebsten bei sich halten. Als ob er eifersüchtig wäre oder sowas, wobei sie nicht wüsste, welchen Grund er dazu hätte. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt.
    Außerdem musste sie Rufus begleiten, er war ja ihr Gast. Den konnte sie nicht allein in der Basileia herumspazieren lassen. Egal, ob Nikolaos Gymnasiarchos oder sonst was war.

  • Nikolaos bemerkte den veränderten Tonfall seiner Schreiberin sehr wohl. Dies bestätigte ihn in seiner Annahme. Kaum, dass weder Urgulania noch Silanus auf das Mädchen aufpassten, da wurde es schon übermütig... .


    "Das Haus da vorne ist es auch schon.", sagte er und deutete auf das Haus, das sein eigenes war.







    edit:Link eingefügt.

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