Die Suche nach der Ähre

  • Mit dem kleinen Trupp unter Centurio Licinus im Schlepptau ritt Reatinus voran, während er von Sorgen und Übervorsicht geplagt wurde. Hinter ihm das gleichmäßige, monotone Stampfen einer Soldatentruppe, marschierten sie zuerst durch die wenig dicht bevölkerten Straßen der Stadt Mantua, um durch einen Waldweg zu schreiten, auf der Suche nach Bauernhöfen. Im Wald zwitscherten schon die ersten Vögel und der Frühlingsduft wurde nur durch die Tatsache gestört, dass sie sich der befreienden Brise nicht hingeben konnten. Denn die Freiheit des Frühlings setzte aus, wurde gefangen in den eisernen Klauen des Todes, welche von der grassierenden Pest ausgestrahlt wurde.


    Im Wald sah Reatinus kurz auf seinem Pferd nach hinten und winkte den Centurio zu einer Besprechung herbei. Als dieser kam, schilderte er das Vorgehen.
    "Die Leute werden zu diesen düsteren Zeiten sehr an ihrem Getreide hängen. Du wirst mich bei den Verhandlungen unterstützen, doch bedenke: Nur Argumente. Gewalt nur als Antwort auf Gewalt."

  • Licinus hatte keinen Blick für die Schönheitend er Natur, das hieß, er hatte noch weniger einen Blick dafür als er es aufgrund seiner nüchternen Veranlagungen ohnehin nicht hatte.
    Alles, was er registrierte war, dass der Winter offensichtlich um und er glabute zu sehen, dass weniger Bauern unterwegs waren, als in dieser Jahreszeit übich. Oder spielten seine Pestsorgen ihm einen Streich?
    Auf das Signal des tribunus verdoppelte er die Schrittzahl und schloss auf.
    "Nur Argumente, zu Befehl," antwortete er und war doch etwas verwundert. Sicher, sie wollten die Leute nicht noch zusätzlich gegen sich aufbringen, aber ob sie komplett ohne Requirierungen auskommen würden? Freiwillig würden die Bauern doch bestimmt nicht viel hergeben, wahrscheinlich nicht mal genug.


    "Wieviel sind wir denn bereit zu zahlen, tribunus?"

  • Schon nach wenigen Minuten in der Stadt verstand ich, was diejenigen meinten, die sagten, die Stadt sei wie ausgestorben. Nur hier und da huschten ein paar Leute unruhig umher, ansonsten war es ruhig. Zu ruhig für einen Frühlingstag wie diesen.
    Während des Marsches durch die Stadt schaute ich immer wieder nach links und rechts und versuchte, mir einen Eindruck zu verschaffen, damit ich den Kameraden, die nicht mitgekommen war, am Ende wenigstens etwas zu erzählen hatte. Aber viel zu berichten gab es wohl nicht, außer dass hier kaum jemand war. Nur an einer Ecke stand ein kleiner Junge, der uns interessiert anglotzte, als wir ein Stück entfernt an ihm vorüberzogen. Das war aber auch das Spannendste. Bisher zumindest.

  • Auch ausserhalb der Stadt wusste man bereits, was in eben dieser los war und keiner traute sich mehr so recht in sie. Die Angst war zu groß - selbst der Wochenmarkt wurde nicht mehr besucht. Das Leben hier ging weiter, eingeschränkter, mißtrauischer, vorsichtiger. Egal wo man hin sah, welches Gehöft man besuchte, welchen kleinen Ort im Umkreis. Hörte man jedoch von einem, der aus Mantua sich raus wagte, wurden Frauen und Kinder heim geschickt und man ging dem Fremden, der vielleicht zu anderen Zeiten ein Freund oder gar Verwandter war aus dem Weg. Die Angst beherrschte die Gemüter der Menschen. Die Angst vor der Krankheit, die Angst vor der Seuche, die Angst vor dem Tod, dem Schwarzen, Gnadenlosen, den Feind allem Lebendigem. Pure, nackte Angst und mit ihr verbunden alles Schlechte des Menschen, doch manches Mal auch seine Größe.

  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    Licinus hatte keinen Blick für die Schönheitend er Natur, das hieß, er hatte noch weniger einen Blick dafür als er es aufgrund seiner nüchternen Veranlagungen ohnehin nicht hatte.
    Alles, was er registrierte war, dass der Winter offensichtlich um und er glabute zu sehen, dass weniger Bauern unterwegs waren, als in dieser Jahreszeit übich. Oder spielten seine Pestsorgen ihm einen Streich?
    Auf das Signal des tribunus verdoppelte er die Schrittzahl und schloss auf.
    "Nur Argumente, zu Befehl," antwortete er und war doch etwas verwundert. Sicher, sie wollten die Leute nicht noch zusätzlich gegen sich aufbringen, aber ob sie komplett ohne Requirierungen auskommen würden? Freiwillig würden die Bauern doch bestimmt nicht viel hergeben, wahrscheinlich nicht mal genug.


    "Wieviel sind wir denn bereit zu zahlen, tribunus?"


    Reatinus überlegte sich kurz eine richtige Antwort auf die Frage des Hauptmannes und sah bei dieser Gelegenheit ausdruckslos nach vorne, wo der Waldweg sich fortsetzte und langsam in einen Feldweg mündete. Dort offenbarten sich einige Gebäude, bebaute Felder in einem großen Latifundium, wo ohne Zweifel noch Bauern hausen mussten. Diese hatten das Glück oder das Pech, von den Soldaten besucht zu werden.
    "Je weniger wir zahlen müssen, desto besser", sagte Reatinus, "Aber auf keinen Fall mehr als drei As pro Einheit"


    Anschließend zeigte Reatinus auf das Latifundium. "Lass uns sehen, wie ergiebig die da sind."

  • Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    ...


    "Nicht mehr als drei Ass. Jawohl." antwortete Licinus und hoffte, dass das reichen würde. Er hatte gelesen, dass in Seuchenzeiten die Preise ins Exorbitante stiegen.


    Als sie sich dem Gehöft näherten übernahm Licinus die Rolle eines Herolds, das heißt er setzte sich nach vorn ab und näherte sich dem Gebäude schnelelr als der Rest. In einiger Entfernung blieb er stehen und brüllte in bester Exerzierplatzmanier:


    "Bürger Roms!", denn der Besitzer war sicherlich ein solcher und mit etwas Glück auch der Verwalter. Falls nicht, so war hier sicher jemand, der sich dessen rechte Hand nennen durfte und somit zumindest ein Teil eines Bürgers war.
    "Wir kommen von der ruhmreichen I. legio traiana pia fidelis." Gut, damit gab er zu, dass sie aus der unmittelbaren Umgebung Mantuas kamen, aber das konnte sich jeder denken, der sie sah.
    "Wir möchten mit euch über geschäftliches Reden." Mindestens ebenso offensichtlich. Warum sollten sie sonst auch hier sein?
    "Ich versichere euch, dass keiner von uns krank ist." Es war die reine Wahrheit, aber würde sie geglaubt werden?
    "Darum lasst uns ein, euch droht keine Gefahr."
    Blieb das warten auf eine Antwort.

  • Rumreich oder nicht, sie kamen aus Mantua und entsprechendes Mißtrauen war zu spüren, trotz ihrer beruhigenden Worte. BEWEIST ES! kreischte die Frau, die an der Ecke stand zurück und wurde sogleich beschwichtigend von einem Mann zur Seite geschoben. Was wollt Ihr? fragte dieser ruhig, ernst und durchaus mit Authorität gesegnet. Zu der Frau sagte er leise. Geh hinein und sorge dafür, das die Kinder bleiben, wo sie sind. Widerstrebend verschwand sie, nicht ohne einen mißtrauischen, fast schon bösen Blick zu den Soldaten zu werfen.

  • Die Bewohner des Gehöfts waren so abweisend, wie zu befürchten gewesen war. Das würde ein schweres Geschäft. Ach was, es würde vermutlich schon schwer werden, sie überhaupt zu Verhandlungen zu bekommen.
    Und überhaupt: Beweisen? Wie sollte er das machen?
    Dankenswerterweise wurde die hysterische Frau auch schon beiseite geschoben. Noch immer auf Abstand rief Licinus dem Mann zu
    "Wir wollen Vorräte kaufen und sind bereit gut dafür zu zahlen."
    Hoffentlich hielten die Soldaten in seinem Rücken jetzt still, sodass nicht der Verdacht aufkam, sie würden sich im Zweifelsfall nehmen, was sie brauchten.
    "Aber nennt mir doch euren Namen, damit wir wissen, mit wem wir reden.
    Ich bin primus pilus Iulius Licinus"

    Er hatte bewusst seinen Rang genannt, denn es gab durchaus nicht wenige Leute denen dieser einen gewissen Respekt abnötige.

  • Die Frau war weg und der Mann trat einen Schritt näher, betrachtete die Männer skeptisch und ernst. Auch sein Auftreten, sein Gebaren sprachen davon, dass er es gewohnt war autorität aufzutreten. Seine Haare waren bereits teilweise ergraut, seine Statur und sein wettergegerbtes Gesicht sprachen davon, dass er sein Leben lang draußen war. Iulius Licinus also, meinte er nicht unfreundlich und musterte den Mann. Marcus Iulius Licinus? Ich hörte von Dir. Er ließ im Raum stehen, von wem und in welchem Zusammenhang. Noch immer stand er weit genug entfernt um sicher zu bleiben, falls sie doch ansteckend waren. Garantierst Du mir mit Deinem Wort, dass keiner der Männer, die Du näher an mein Haus zu bringen gedenkst, mit dieser beklagenswerten Seuche in Kontakt ist, die die Bewohner Mantuas wie die Ratten sterben lässt? Auf die Frage nach dem Namen ging er zunächst nicht weiter ein.

  • Reatinus ritt dem Primus Pilus hinterher und ließ diesen Arbeiten, ohne sich groß einzumischen und beachtete das Schauspiel. Er war bewusst auch nach vorne geritten und nicht abgesessen, um hoch zu Ross in seiner Tribunenuniform den Effekt zu vermitteln, dass die Bauern es nicht einfach mit irgendjemandem zu tun hatten. Nein, denn dies hatten sie wahrlich nicht, denn hier stand sowohl ein ritterlicher Tribun als auch ein Primus Pilus - was gab es hier zu beweisen? Ihre Waffen, ihre Rüstungen, ihre Uniformen, sie waren alle echt. Und die Pestbeulen hatten ihre Körper den Göttern sei Dank noch nicht gezeichnet.
    Doch was wollten sie garantieren? Natürlich waren sie nicht krank, denn Reatinus hatte die Umsetzung seines Befehls, die Zivilbevölkerung zu meiden, konsequent kontrolliert. Nur garantieren konnte er, dass seine Geduld nicht unendlich war und ein jähes Ende finden würde... wären sie nur nicht darauf angewiesesen, freundlich zu den abweisenden Bauern zu sein. "Mein Name ist Artorius Reatinus, Tribunus Angusticlavius der Legio I", griff er mit militärischer Schärfe in der Stimme ein, "Wir geben euch unser Wort, wir sind gesund. Reicht das Wort eines Primus Pilus und eines Tribunen nicht?"

  • Nachdem erst centurio Iulius Licinus das Wort ergriffen und dabei so laut geschrien hatte, dass auch wir legionarii, die etwas weiter hinten geblieben waren, verstanden hatten, was er den verängstigten Bauern mitteilte, ritt auch der tribunus nach vorn. Anscheinend war er nicht geneigt, die ängstliche Zurückhaltung der Menschen noch länger zu ertragen.


    Aber was sollte man in so einer Situation auch tun? Während ich dastand und darauf wartete, dass etwas geschah, versuchte ich, mir vorzustellen, was ich tun würde, wenn ich dieser Bauer wäre, Frau und Kinder hätte oder ein Bürger der Stadt wäre, die nun so verlassen dalag. Würde auch ich mich dem Heer entgegenstellen oder zumindest dem kleinen Teil, der dieses große Heer repräsentierte?
    Was mich zusätzlich beunruhigte, war die Tatsache, dass wir auf diese Bauern angewiesen waren. Wir hatten zwar Geld, um etwas zu kaufen, aber hatte Geld allein in Zeiten wie diesen Überzeugungskraft genug?

  • Gerade wollte Licinus die Frage kontern, indem er etwas sagte wie 'sonst wäre ich nicht mit ihnen unterwegs', als der tribunus das Wort übernahm.
    Stattdessen nickte Licinus nur bedächtig zu den Worten des tribunus.
    Da war aber noch die Frage offen, woher hatte der Bauer von ihm gehört? Eigentlich gab es nur zwei Möglichkeiten, erstens von einem (ehemaligen?) Soldaten oder zweitens er war selbst mal Soldat gewesen. Licinus grübelte in das Schweigen hinein, ob er das Gesicht schon mal gesehen hatte, kama ber zu keinem positiven Ergebnis.

  • Fast schien es, als schmunzelte der Mann, aber vielleicht wirklich nur fast. Nun Tribun, das Wort des Centurios hätte mir gereicht, weiß ich doch, dass mir damit das Wort eines Mannes gegeben wird, der den Ruf hat integer zu sein. Doch das Wort eines Tribuns, von dem ich durchaus auch schon vernahm, soll mir ebenso Willkommen sein. Er trat drei Schritt näher, hielt aber weiter genug Abstand. Nun sah man, dass er hinkte und das linke Bein wohl steif war. Was also wollt Ihr genau?

  • Der Landwirt wusste viel und kannte Viele. Viel mehr, als Reatinus in diesem Moment lieb war, denn sein "Bekanntheitsgrad" konnte viele Gründe haben, und davon mussten die meisten nicht unbedingt angenehmer Natur sein. Doch dass die Bauern mittlerweile ein offenes Ohr für Verhandlungen hatten, gereichte dem Artorier zur Zufriedenheit.
    "Die Legion benötigt zur eigenen Versorgung Getreide und wir suchen Bauern, die bereit sind, uns ihre Überschüsse zur Verfügung zu stellen", erklärte Reatinus neutral. Hatte er etwas vergessen? Ach ja, natürlich...
    "Wir sind natürlich bereit, das finanziell abzugelten."

  • Damit war das Kernanliegen heraus und es bleib zu hoffen, dass der Landwirt nicht allzu schroff ablehnen würde. Am besten natürlich gar nicht ablehnen würde.
    Während sich das Gespräch und hoffentlich Verhandlungen ambahnen würden grübelte Licinus weiterhin über die Identität des Mannes. Mittlerweile war er sich relativ sicher, dass er es mit einem ehemaligen Militär zu tun hatte. Die Haltung ihnen gegenüber, wie auch das steife Bein sprachen dafür.
    Gleichzeitig war er sich jedoch immer sicherer, dass er ihn nicht kannte.

  • Er nickte nachdenklich und rieb sich das leicht stoppelige Kinn. Ich verstehe, brummte er. Aber ich hoffe, Ihr seid Euch darüber bewusst, dass es gar nicht sooo viele Überschüsse gibt. Der Winter war lang und seit die Seuche bekannt wurde, haben sich hier schon einige umgetan und Hamsterkäufe getätigt. Oft welche, die schnellstens weiter zogen. Dennoch will ich sehen, was ich Euch werde abgeben können. Viel wird es nicht sein, weil es bis zur nächsten Ernte reichen muss, die noch einige Zeit auf sich warten lässt, aber ich denke, das ein oder andere werdet Ihr finden.
    Folgt mir!


    Mit diesen Worten drehte er sich um und ging hinkend und dennoch stramm in Richtung einer der Scheunen, die in der Nähe des Hauses standen. An welche Preise dachtet Ihr? meinte er dann geschäftstüchtig aber nicht gierig.

  • Der Weg zum Bauernhof verlief ereignislos. Keinerlei Zwischenfälle störte den Marsch der I.Legio. Kein Baumstamm lag quer über den Weg, ja nicht mal ein Vogelschiß störte das gleichmässige Marschieren.


    Endlich am Ziel angelangt machte sich der Centurio gleich daran die Bewohner der Gebäude darauf aufmerksam zu machen wer wir waren und was wir wollten.
    Verhandlungen begannen und bis zum Abschluss stand ich nun da und starrte gelangweilt in der Gegend rum.

  • "Wir nehmen, was wir kriegen können", kommentierte Reatinus ernst, um die Bedeutung ihres Anliegens zu verdeutlichen und schwang sich mit einem Satz vom Pferd. Kurz darauf forderte der Bauer sie auf, ihm zu folgen.
    Reatinus winkte einen der vorhandenen Soldaten zu sich her. Es war Matinius Avianus, dem Reatinus wahllos die Zügel seines Pferdes übergab, um aufzupassen, dass es nicht ausriss.


    Anschließend folgte der Artorier dem Bauern zu den Scheunen. Dem Gang und der dennoch strammen Haltung nach war es für Reatinus sicher, dass der Bauer ein Veteran im Ruhestand war, der sich eine Latifundie geleistet hatte. Es lag klar auf der Hand.
    "Ein halber Sesterz pro Libra", schlug Reatinus vor und war sich fast sicher, dass es in Feilscherei ausarten würde.

  • Dumm blickte der junge Matinier aus der Wäsche als sich einer der Herrschaften vom Pferd schwang und dieses dem Soldaten in die Hand drückte, also nicht das Pferd sondern die Zügel an dessen Ende das Pferd zu finden war. Langsam bekam die Sache einen gewissen Touch...man fühlte sich als ob man am Marktplatz wäre. Das Gefeilsche begann nun.

  • Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    "Ein halber Sesterz pro Libra", schlug Reatinus vor und war sich fast sicher, dass es in Feilscherei ausarten würde.


    Er nickte nur leicht und ging weiter voran. Auf das Angebot hin allerdings schnaubte er nur leicht abfällig. Beleidigt wen Anderes, Tribun! Das war alles, was er zu diesem Angebot zu sagen hatte und öffnete wenig später den Speicher. Schaut rein und dann macht Euer Angebot. Mit diesen Worten machte er deutlich, dass das Erste als nicht gestellt galt.

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