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  • << Taberna Apicia.


    Eine Taverne wollten sein Herr und sein Kamerad also eröffnen, so so. Na dann.


    Ein motiviertes Vorhaben, besonders, wenn man nebenbei seinen Militärdienst absolvierte und noch ein Backfisch von zwanzig Jahren war. Terpander hatte die Nachricht mit mildem Amusement zur Kenntnis genommen. Seine Belustigung galt weniger den beiden engagierten Milites, als vielmehr der römischen Gesellschaft, die das ermöglichte. Zu seiner Zeit wäre es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, sich neben dem Militärdienst noch einer anderen Passion zu widmen. Generell wäre es ein Unding. Der Soldat lebte in seiner Vorstellung ganz und gar für den Dienst an der Waffe und starb für seine Götter und seinen Stamm. Oder er fand Mittel und Wege, sich vor dem Militärdienst zu drücken, aber nur halbherzig bei der Sache zu sein, war für ihn unverständlich. Ganz oder gar nicht. Alles andere erschien Terpander höchst befremdlich. Aber die Römer handhabten eben alles ein wenig anders, was für Terpander in dem Fall nur gut war. So hatte er auch nach seiner Zeit als Lehrer noch eine Daseinsberechtigung für seinen Herrn.


    Terpander durchwanderte die Viertel in der Nähe zur Castra Praetoria. In der Subura gab es bereits genügend Tabernae, er suchte ein freies Haus außerhalb der Stadtmauer, so nah wie möglich an der Castra. Ein wenig Egoismus musste auch einem Sklaven gestattet sein, besonders wenn man Terpander hieß. Er fand ein Haus mit einer Ladenzeile im Untergeschoss, das heruntergekommen aussah und leerstand. Eine Rückfrage bei einem Nachbarn ergab, dass es tatsächlich zum Verkauf stand. Der führte ihn zum Besitzer, der gar nicht weit davon entfernt in einer besseren Ecke wohnte und aus Altersgründen das Geschäft aufgegeben hatte. Aufgrund des großen Renovierungsbedarfs war das Haus gar nicht mal so teuer. Terpander notierte sich die Adresse, den Preis und den Namen des Besitzers.


    Dann war ihm wieder langweilig. Momentan lebte er in regelrechtem Luxus. Seine Jugend hatte er in wortwörtlich spartanischen Verhältnis gelebt, was keine Kunst war, wenn man genau dort aufwuchs, aber der Überfluss, in dem er gerade schwelgte, machte ihn eher träge, als dass er ihm auf Dauer genügen würde, um sich wirklich wohl zu fühlen. Terpander wollte einen Sinn in seinem Dasein spüren, eine Wirkung seiner Taten. Sich den ganzen Tag dem Müßiggang hinzugeben, war nicht sein Ding.


    Er kratzte seine Brust über der neuen Tunika und blickte in die Richtung, in der die Castra lag. Wie er seinen Herrn, dessen Freund und ihre Kameraden beneidete. Aber Jammern war ebenso nicht sein Ding. So kaufte er sich noch etwas zu Essen - Scato hatte ihm genügend Geld dagelassen, als dass er mit seinen geringen Bedürfnissen etliche Wochen davon hätte überleben können - unternahm noch einen Spaziergang, um die Gegend kennenzulernen und kehrte dann zurück in die Taberna. Morgen würde er seinen Herrn über das preiswerte Haus in Kenntnis setzen.

  • Erneut war Terpander im Sinne der geplanten Taberna unterwegs. Leider hatte er keine Möglichkeit, seinen Herrn über die Neuigkeit zu informieren. Er musste entweder an der Porta Praetoria Auskunft einholen, wann Scato zu sprechen war - was auf Dauer die diensthabenden Soldaten stören würde, wenn er das zu oft tat - oder zu den Zeiten des Dienstwechsels vor dem Haupttor herumlungern und hoffen, dass Scato einen Ausgang unternahm. Das war ihm immer noch lieber, als tatenlos in der Taberna Apicia darauf zu warten, dass man ihn hoffentlich bald besuchte. Passivität war trotz Terpanders stoischem Gemüt nicht seine Art, die Dinge zu regeln. Hinter seinem ruhigen Auftreten steckte ein wacher Geist und viel Tatkraft.


    Er traf anstelle von Scato vor der Porta wieder denselben Kameraden, der ihn auch bei seiner Ankunft schon begrüßt hatte und ein Freund seines Herrn war. Den Namen hatte Terpander allerdings noch nicht herausgefunden.


    "Dominus", grüßte Terpander mit knappem Nicken. Er hoffte, der Mann würde kurz mit ihm sprechen.

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    SKLAVE - SISENNA IUNIUS SCATO

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  • Lurco wollte sich gerade auf den Weg machen um einige Vorräte für ihre Baracke einzukaufen, als er Scatos Sklaven Terpander über den Weg lief. Scheinbar wusste dieser nicht, was er mit sich anfangen sollte, sobald sein Herr nicht anwesend war. Nun das war nicht verwerflich, denn viel zu tun gab es für den Mann nicht. Außer abwarten und das konnte mehr als ermüdend sein.


    "Salve Terpander, was verschlägt Dich zu uns? Irgendwelche Neuigkeiten? Wir treffen uns scheinbar ständig vor der Castra. Nun gut, wo sollte ich auch sonst herkommen, wenn ich in die Stadt möchte. Möchtest Du zu Scato oder begleitest Du mich auf meine Einkaufsrunde?", fragte Lurco.

  • "Zu meiner Schande muss ich einräumen, dass ich meinem Herrn und dir hier aufgelauert habe", gab Terpander in freundlichem Ton zu. "Wenn es stören sollte, werde ich auf Briefe ausweichen, die ich an der Porta abgeben werde und bei Bedarf kann er mir zurückschreiben."


    Allerdings müsste Terpander sich dann eine andere Freizeitbeschäftigung suchen, als hier herumzuspazieren, denn in der Nähe der Castra auf seinen Herrn zu warten und die Soldaten zu beobachten, hatte für ihn etwas Schönes wenn auch Wehmütiges inne, da es ihn an seine eigene Vergangenheit erinnerte. Gerade einmal sieben Jahre war das her, unglaublich. Die Zeit verging so viel langsamer als Zivilist.


    "Es geht um ein Haus für die geplante Taberna. In dem Falle hielt ich es für ratsam, euch persönlich aufzusuchen, da das Angebot, welches ich bei meiner Suche gefunden habe, zeitlich begrenzt sein wird. Ich habe eines ausfindig gemacht, das zum Verkauf steht und für einen guten Preis zu haben wäre. Darf ich es euch beiden bei Gelegenheit zeigen?"

  • "Solange es die Kollegen nicht stört, stört es uns auch nicht. Sprich solange es für uns keinen Ärger gibt, kannst Du uns hier gerne abpassen. Zumal Du ja auch extern von Deinem Herrn untergebracht bist. Und ein Brief ist immer noch etwas anderes als eine Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht.


    Zudem hat Dich Scato vermisst und sehr oft von Dir gesprochen, ich glaube kaum das er auf Briefwechsel ausweichen möchte. Falls doch, soll er Dir das selbst ins Gesicht sagen. Ich wüsste aber nicht, was seine Einstellung Dir gegenüber geändert haben sollte. Und Du hast den weiten Weg nicht umsonst zurückgelegt.


    Und ganz selbstlos bin ich da auch nicht, ich rede ebenfalls sehr gerne mit Dir. Der Vorschlag mit dem Zebra war gut. Zwar könnte es nicht in der Taberna stehen, aber davor oder daneben. Wobei das muss ich mir nochmal genau überlegen. Woher man so ein Zebra bekommt, wüsste ich oder von wem. Das Problem ist nur, dass ich mit der Person sagen wir mal auf Kriegsfuss stehe. Aber wenn es um Geld geht tut der Kerl alles.


    Du hast ein Haus für unsere Taberna gefunden? Das klingt erstklassig, lass uns direkt hingehen Terpander. Auf dem Rückweg kann ich immer noch einkaufen. Erzähl mir unterwegs von dem Haus und was Du so in Erfahrung bringen konntest.


    Ach und wenn Du schon erzählst, berichte mir von Deiner und Scatos Zeit, sei ein bisschen indiskret", grinste Lurco.

  • "Das Haus ist ganz in der Nähe, ich führe dich hin." Lurco hörte sich an, als würde er mit ihm unter vier Augen sprechen wollen. Er schien ein ernstes Interesse an der Person von Scato zu haben, was gut oder weniger gut sein konnte. Terpander würde das herausfinden. So ging er in Richtung Süden und nebenbei sprach er mit Lurco. Er erzählte nur die Dinge, von denen er wusste, dass Scato sie auch freimütig seinen Bekannten mitteilen würde. Was das war, wusste er, denn Scato war eine Plaudertasche. Vieles davon kannte Lurco daher sicher bereits.


    "Dass mein Herr mich vermisste, freut mich natürlich. Es beruht auf Gegenseitigkeit, im Hause war es sehr still seit er ging. Irgendwie gewöhnt man sich doch aneinander, wenn man viel Zeit gemeinsam verbringt. Wir lebten im Familienanwesen von Scatos Mutter Seia Sanga in Mantua. Das Dreikindrecht ist eine Belohnung des Kaisers für tüchtige Mütter, die sie von der Vormundschaft befreit, so dass sie Besitz selber verwalten und weitere Geschäfte erledigen dürfen. Nach dem Tod ihres Mannes und ihres Vaters konnte meine Domina aufgrund dieses Gesetzes und des testamentarischen Willens in diesem Anwesen allein mit ihren Kindern und dem Hausstand wohnen bleiben. Scato war viel in Gedanken und in der Schule bereitete ihm dies Schwierigkeiten. Als er dreizehn war, kaufte meine Herrin mich, damit ich ihrem Sohn helfen konnte. Zunächst sollte ich Scato nur zur Schule am Forum begleiten, damit er dort ankommt."


    Dass Scato sie sonst regelmäßig schwänzte, ließ er unausgesprochen.


    "Doch da wir uns gut verstanden und ich wohl geeignet erschien, durfte ich ihn bald darüber hinaus zu Hause unterrichten. Wie man sicher hört, ist Griechisch meine Muttersprache, auch wenn man in meiner Heimat auch Latein spricht, so dass ich zweisprachig aufwuchs. Was Anfangs nur als Nachhilfeunterricht in Griechisch gedacht war, tat dem Knaben so gut, dass ich gemeinsam mit anderen Lehrern, die allerdings nicht im Hausstand wohnten, Scato nach einiger Zeit ausschließlich zu Hause unterrichtete. Das war teuer, aber ich möchte behaupten, es hat sich gelohnt."


    Terpander sagte das mit Stolz in der Stimme.


    "So kam ich zu der Freude, Scato in Griechisch unterrichten zu dürfen, auch über die reguläre Schulzeit bis zum 16. Lebensjahr hinaus, um die Lücken aus seinen ersten Schuljahren aufzuholen. Aber indiskrete Informationen? Was genau möchtest du denn erfahren, Dominus?"


    Das konnte alles Mögliche bedeuten. Und Terpander wollte dem Römer keine Worte in den Mund legen, die dieser nicht gesagt hatte, so fragte er lieber noch einmal nach.

  • "Perfekt, ich hoffe wir können uns das Haus leisten. Falls nicht müssen wir zu einem Geldleiher gehen oder abwarten, bis sich was neues ergibt. Aber ich hoffe das es passt", freute sich Lurco. Er hoffte, dass das Haus günstig war und nicht zu schäbig. Falls doch, konnte man mit Zeit eigentlich alles wieder hinbekommen. Jeden Tag nach Feierabend konnte er etwas renovieren.


    Lurco hörte sich an, was Terpander über Scato zu erzählen hatte. Das was er von sich gab, war interessant. Das es ohne Scato leise war, ja das war eine Tatsache die niemand leugnen konnte. Nach der Erzählung von Terp hatte Scato also mindestens zwei Geschwister und eine Mutter, die allein ein Anwesen führte. Ob es gut oder schlecht war, in einem Haus aufzuwachsen, in dem eine Frau das Sagen hatte, konnte Lurco nicht sagen. Aber grundlos war Scato nicht zu den Cohortes geflüchtet.


    Terpander hatte Scato privat unterrichtet, dass was er preisgab, deckte sich fast mit dem was Scato erzählt hatte. Bis auf den Umstand des Gottes. Alles andere konnte er kaum offen fragen. Aber über diesen Umweg ging es möglicherweise.


    "Scato sagte mir, dass Du ihm den Glauben den Faunus näher gebracht hast. Erzähl mir davon", bat Lurco mit nicht zu deutender Miene.

  • Terpander zeigte Lurco das Haus. Dabei handelte es sich um ein Atriumhaus mit einem lichtdurchfluteten Innenhof, der von außen nicht zugänglich oder einsehbar war. Das Gebäude war sehr heruntergekommen, aber hatte einen schönen Grundriss mit zwei abgetrennten Gebäudeteilen zur Straße hin, die sich als Laden oder Taberna eigneten und früher auch so genutzt worden waren. Dahinter befand sich genug Platz für einen ganzen Hausstand samt Kindern und Sklaven. Terpander hatte in optimistischen Maßstäben gedacht und nahm an, dass Lurco und Scato irgendwann Familien gründen wollten. Aufgrund der Geräumigkeit passte mindestens eine, vielleicht aber auch zwei hinein, wenn man es mit dem Personal nicht übertrieb. Allerdings stand das Atriumhaus schon sehr lange leer und das sah man ihm auch an.


    Schematische Darstellung
    Leerstehendes Atriumhaus, wie es renoviert aussehen würde


    1 Vorhalle / Eingangsbereich
    2 Sammelbecken für Regenwasser
    3 offenes Oberlicht / Dachöffnung des Atriums
    4 Mit einem Säulengang umgebener offener Raum
    5 Toiletten
    6 Taberna
    7 Schlafgemach
    8 Küche
    9 Ziegeldach
    10 Mosaikzimmer
    11 Esszimmer
    12 Obergeschoss


    "Es ist eine rechte Bruchbude", gab Terpander zu. "Aber ich dachte, dass es auf diese Weise wenigstens erschwinglich ist. Und das Mauerwerk ist noch solide. Das Dach müsste dringend gemacht werden, darum will der Besitzer es auch loswerden. Es regnet hinein. Von Jahr zu Jahr verliert es an Wert und irgendwann hat es keinen mehr."


    Er zückte stolz einen Schlüssel. Den hatte er "vergessen" zurückzugeben. Damit schloss er knarzend und rieselnd die Tür auf. Als er sie öffnete, zogen sich die Spinnweben in die Länge. Hinter ihnen schloss er wieder ab. Der Innenhof war voller Laub von mehreren Jahren, die Gartenpflanzen hatten alles überwuchert und die Vögel bauten ihre Nester überall. Doch hatte der verwilderte Garten seinen eigenen Reiz. Er ließ Lurco Zeit, sich umzuschauen.


    "Nach dem Tod von Iunius Priscus suchte Seia Sanga Trost im Glauben", knüpfte er nun an das Gespräch von zuvor an. "Sie wählte einen Gott, der ihr Trost spendete, aber der für Scato, der bis dahin römisch aufwuchs, nur Angst und Verdruss brachte. Anfangs war der Glaube meiner ehemaligen Herrin noch moderat, aber es spitzte sich immer weiter zu. Nach und nach flohen ihre Kinder, auch Scato. Und darum musste am Ende auch ich gehen. Zum einen war ich ohne Kinder, die es zu unterrichten galt, überflüssig. Zum anderen hätte meine Anwesenheit sie in Verruf bringen können."


    Dass er tatsächlich ihr delicius gewesen war, für den sie sich nun dank ihres Gottes plötzlich schämte, sprach er nicht aus, so gut kannte er Lurco noch nicht und er musste vorsichtig sein mit dem, was er sagte, so lange er nicht wusste, wieviel Scato ihm schon offenbart hatte. So entschied Terpander sich für eine Rückfrage, um Lurcos Wissensstand auszuloten.


    "Durch Faunus fand Scato zu sich selbst zurück. Das ist richtig. Was hat er denn schon erzählt? Ich möchte dich nicht mit Wiederholungen langweilen. Den Anhänger, den er um den Hals trägt, muss er in Roma erworben haben, der ist neu und hängt vermutlich mit seinem Glauben zusammen."

  • Lurco schaute sich das Haus von außen an. Es war größer als er vermutet hatte. Ob sie sich das leisten konnten? Terpander nahm ihm jedoch direkt die Sorgen. Es handelte sich um ein altes, baufälliges Haus. Terp schloss auf, führte ihn hinein und schloss hinter ihnen wieder ab. Lurco warf einen Blick auf Terp, die Tür und zurück auf Terpander. Einen Moment konnte Scatos Sklave den Blick von Lurco nicht deuten, ehe er wieder neutral wurde.


    Lurco lief langsam durch das Haus, um alles auf sich wirken zu lassen. Der Raum für die Taberna war groß genug, der Rest des Hauses musste renoviert ein Traum sein. Vor allem wenn man abends unter freiem Himmel den Tag ausklingen lassen konnte.


    Das Mosaikzimmer konnte man ebenfalls in ein Schlafzimmer umwandeln, so hätte jeder von ihnen seinen eigenen kleinen, privaten Bereich. Die Küche gefiel Lurco sehr, ebenso wie der Essbereich. Das ganz Haus hatte ihn überzeugt, es wirkte gemütlich und heimelig. Dennoch war einiges zu tun. Aber Arbeit scheute er nicht.


    "Das Haus ist umwerfend, ich weiß nicht was ich sagen soll. Und ich bin sonst nicht auf den Mund gefallen. Es gefällt mir, da müssen wir gewaltig was an Arbeit reinstecken, aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut. Kannst Du den Verkauf klar machen?", fragte Lurco.


    Er schaute sich um, das Haus war ein geschlossener Bereich für sich, sogar die Taberna hatte keine Verbindung zum Wohnhaus. Terpander und er waren hier allein für sich, ohne fremde Ohren, ohne störende Blicke.


    Lurco trat zu Terpander und zwar so nah, dass sie sich fast berührten. Er schaute dem Sklaven unverwandt in die Augen.


    "Den Anhänger hat er von mir, zähl eins und eins zusammen. Du bist doch Grieche. Mein Interesse an Scato ist... sehr persönlich", erklärte Lurco.


    "Das hier soll unser Altersruhesitz werden und zeitgleich unser Auskommen. Natürlich kann niemand sagen was morgen ist. Es schadet nicht, ein zweites Standbein zu haben und einen Ort der einem persönlich gehört. So hätten wir ein Zuhause neben der Castra und hoffentlich bisschen Geld in der Sparamphore", sagte Lurco und überlegte ob er weiter erklären sollte.


    Er entschied sich dagegen, Terpander war ein Anhänger Faunus, er war Grieche und wenn er nicht verstand, sollte es so sein.

  • Terpander war zufrieden darüber, dass Lurco das Haus gefiel. Lange genug hatte er eines gesucht, was die baulichen Voraussetzungen erfüllte, für den Geldbeutel zweier Milites geeignet erschien und in der Nähe der Castra Praetoria lag, was ihm selbst wichtig war, aber dem Anliegen der beiden auch entgegenkam. Der Blick von Lurco, als er die Tür verschloss, entging ihm nicht. Ein guter Mann, mit einem Auge für mögliche Schwierigkeiten.


    Terpander zog den Schlüssel aus seiner Gürteltasche und hielt ihn hin. "Bittesehr. Nur tu mir den Gefallen und sei nicht so vergesslich wie ich, was das Zurückgeben anbelangt. Ich muss ihn dem Hausbesitzer noch wiederbringen."


    Sie gingen durch die staubigen Räume. Die Fenster würden auch gemacht werden müssen, aber Priorität hatte das Dach. Ein paar Möbel standen noch herum, die nicht mehr schön aussahen, aber noch gut verwendet werden konnten, so lange sie keine repräsentative Funktion ausüben sollten. Im Triclinium befand sich das dreiteilige steinerne Speisesofa. In diesem Raum trat Lurco sehr nahe. Terpander blieb ganz ruhig stehen. Er war sicher, dass von dem Mann keine Bedrohung für ihn ausging, auch wenn er ihm eindringlich in die Augen blickte. So wartete er einfach. Die Worte von Lurco bestätigten seine Einschätzung, Lurco versuchte, in Terpanders Gesicht zu lesen, während er eine recht interessante Andeutung machte, die nun wirklich nicht misszuverstehen war. In Terpanders Gesicht würde Lurco jedoch nur in sich ruhende Gelassenheit finden. Das konnte entweder bedeuten, dass Terpander tatsächlich ein tiefenentspannter Mensch war, oder dass er sich von ihm nicht in die Karten schauen ließ. Als Lurco davon sprach, dass sie hier zusammenleben wollten, lächelte er.


    "Darf ich vorschlagen, dass wir es uns für dieses Gespräch etwas gemütlicher machen?"


    Er nahm sich heraus, die Nähe aufzulösen, indem er eine Liegefläche des Tricliniums für den Römer mit den Händen sauberputzte und dann seine eigene, ehe er es sich auf den Arm gestütz liegend gemütlich machte. Das war ein wenig ungehörig, denn so speisten und lagen nur die Herren, aber darüber würde Lurco hinwegsehen, wenn er wollte, dass Terpander aus dem Nähkästchen plauderte.


    "Ihr beide möchtet also nach Ende der Dienstzeit nicht nur die Taberna betreiben, sondern auch zusammen hier wohnen. Dann habe ich die Dimensionen ja passend gewählt. Was meine Abstammung betrifft, so ist das richtig, meine Sicht auf die Dinge ist davon geprägt, wie man in Hellás lebt, auch wenn ich mich hier natürlich stadtrömischen Gepflogenheiten anpasse. Das impliziert auch, dass ich als Sklave vorsichtig damit sein muss, was ich über meinen Herrn preisgebe. Was ich anbieten kann, ist ein Gespräch über meine eigene Sicht auf die Welt. Die griechische Sicht." Über diesen kleinen Umweg konnte er auf Lurcos Worte eingehen. "Diskussionsrunden sind ein wesentlicher Bestandteil in gehobenen Kreisen. Gib das Thema vor, über das du meine bescheidene Meinung zu hören wünschst. Und wenn du wünschst, diskutieren wir."


    Dabei klang Terpander keineswegs bescheiden, sondern eher wie ein lauernder Lehrer, der auf eine gute Gelegenheit wartete, einen arglos den Finger hebenden Schüler mit einem Vortrag zu erschlagen oder ihn in Grund und Boden zu diskutieren.

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  • Lurco nahm den Schlüssel dankbar entgegen.


    "Ich werde dran denken und Dir den Schlüssel nachher wiedergeben. Danke. Das Haus ist ideal für unsere Bedürfnisse. Taberna und Wohnhaus direkt beieinander. Was will man mehr? Man kann sogar den spätesten Gast noch vor die Tür kehren, ohne einen langen Heimweg antreten zu müssen", sagte Lurco und folgte Terpander, als dieser vorschlug es sich für das Gespräch gemütlich zu machen.


    Lurco nahm auf der saubergeputzten Liegefläche Platz und wartete einen Moment, bis Terp soweit war. Scheinbar war das der Mann sofort, was ihn erstaunte und freute.


    "Ja wir möchten eine Taberna eröffnen, wie gesagt sie soll als Atersruhesitz dienen. Man dient nicht ewig bei den Cohortes. Wenn es gut geht, hast Du 20 Jahre Dienst den Du ableisten darfst. Geht es sehr gut, dann hast Du die Möglichkeit den Dienst zu verlängern. Ob ich die 20 Jahre voll bekomme, kann ich nicht abschätzen. Und ob ich verlängern darf, kann und dann auch möchte, dass weiß ich ebensowenig. Das ist eine verdammt lange Zeit und wer weiß schon, was dort alles auf uns zukommt?


    Trotzdem ein bisschen Vorplanung muss sein und wenn man erst damit anfängt, wenn man bei den Cohortes vor die Tür gekehrt wird, dann ist es zu spät. Unsere Taberna hat sich bis dato sicher eingelaufen. Sie muss kein Vermögen abwerfen, aber es wäre schön mit dem Verdienst über die Runden zu kommen.


    Das Haus hast Du sehr passend gewählt, wie gesagt im Alter also nach dem Dienst bei den Cohortes wollten Scato und ich zusammenziehen. In diesem Haus hier hätte jeder sein eigenes kleines Zimmer, der Rest wird gemeinschaftlich genutzt. Um das Dach müssten wir uns als erstes kümmern, dann folgt der Rest. Du wirst in der Taberna hinter dem Tresen stehen und die Gäste bewirten. Dafür hast Du ebenso ein Dach über dem Kopf und was für eines. Solange wir nicht da sind, bist Du hier allein im Haus.


    Du hast den selben Blick wie wir Terpander, dass ist mir aufgefallen. Oder sollte ich korrigieren, wir haben den gleichen Blick wie Du? So lange bin ich noch nicht Miles, was warst Du in Deinem vorherigen Leben, als Du noch keine Ketten getragen hast? Wer warst Du in Deiner Heimat?


    Wie lebt man denn in Hellas? Bei uns in Rom ist die Welt klar eingeteilt in Starke und Schwache. Dieser Grundgedanke durchzieht alles, auch das alltägliche Leben und sogar die Liebe. So ist es nicht verboten sich mit einem Knaben einzulassen, mit einem freien Mann hingegen schon. Allen voran dann, falls Du freiwillig der Schwächere wärst.


    Mit tatsächlicher Schwäche hat das nichts zu tun, Du könntest Nerven aus Granit haben und derart in Form sein, dass Mars selbst Dich beneidet. Die Schwäche wird jedem unterstellt, der nicht aktiv ist. Selbst wenn er für ein Beisammensein sagen wir mal die sanfte Seite wählt.
    Das klingt, als hätte ich etwas gegen Rom oder seine Einstellung, ich versichere Dir dass es nicht so ist. Ich liebe meine Heimat über alles, nur manchmal verstehe ich sie nicht. Wie eine Mutter die einem etwas erklärt und man fragt sich, wofür diese Vorgabe gut sein soll und was sie bezweckt.


    In Griechenland soll es anders sein. Wie anders? Wie leben sie dort? Und wie stehen sie zu dem Thema? Was ist verpönt, was erlaubt? Welcher Grundgedanke leitet die Griechen? Ebenso die Stärke? Was macht Euch aus? Das wüsste ich gerne", erklärte Lurco und warf Terpander den Schlüssel rüber.

  • Terpander fing den Schlüssel mit einer Hand, nickte zum Zeichen, dass er die Geste des Vertrauens verstanden hatte, und verwahrte ihn wieder sicher in der Gürteltasche, die er über seiner schlichten, langärmligen Tunika trug. Er hörte die Sorge aus den Worten von Lurco heraus, wenngleich dieser ruhig sprach. Ebenso ruhig erfolgte die Antwort.


    "Du sprichst von Virtus und Honos, Tugendhaftigkeit und Ehre. Sich als freier Mann einem anderen zu unterwerfen, schließt beide Werte aus. Wer das tut, verliert beides. Es ist der Unterschied zwischen Aktivität und Passivität, Macht und Ohnmacht und nicht zuletzt zwischen Freiheit und Unfreiheit, denn nur Sklaven und Prostituierte lassen dergleichen über sich ergehen. Für einen freien Mann ist das undenkbar. Was zudem generell, egal auf welche Weise, nicht in Ordnung ist, sind Geschlechtskontakte zwischen freien, unverheirateten Bürgern."


    Er sah ihn an und neigte ein wenig das Haupt, denn Lurco und Scato waren genau das. Hernach hob Terpander den Finger, zum Zeichen, dass er nun weise Worte zitieren würde.


    "Niemand wird dir´s wehren noch verbieten, wenn, was zu Kauf geboten wird, du für dein Geld dir kaufst. Niemand verwehrt zu gehen auf öffentlicher Straße dir. Wenn nur durch ein umzäuntes Grundstück du den Weg nicht suchst, von Ehefrauen, Witwen, unbescholtenen Jungfrauen und freigeborenen Knaben fern dich hältst, so magst du lieben, was du willst." Von wem diese Worte stammten, hatte er vergessen. "Wer außerhalb der Ehe Verkehr wünscht, hält sich also Sklaven oder geht ins Lupanar. Etwas anderes ist gesellschaftlich nicht akzeptabel, sondern ein Eindringen in den Herrschaftsbereich eines pater familias."


    Terpander hatte damit ausgesprochen, dass es strafbar war, wenn Lurco und Scato zu sehr Gefallen aneinander fanden, sofern dies ans Licht der Öffentlichkeit kam. Beide unterstanden der väterlichen Herrschaft ihres pater familias. Das Problem ging über das Unterstellen von Schwäche hinaus. Denn wären sie Mann und Frau, stünden sie unverheiratet vor genau demselben Problem.


    "In Hellás hingegen ist die Liebe zu einem Jüngling Zeichen von Kultiviertheit und für einen Jüngling ist es umgekehrt eine Schande, wenn er keinen Erastes findet, der ihn umwirbt. Hier sprechen wir von freien Bürgern der Oberschicht. Der Ältere ist dabei aber nicht nur Geliebter, sondern vor allem Lehrer. Wenn die Eltern des Jünglings sein Werben erhörten, er sie von seinem sozialen Rang, seiner Tugendhaftigkeit und Bildung überzeugt hat, zieht der Jüngling bei ihm ein, damit er fortan von seinem Lehrer unterrichtet und zu einem guten Mann herangezogen wird. Der Eromenos hat davon die Vorteile der Bildung, von Kontakten und späteren Ämtern. Vom zwölften bis zum achzehnten Lebensjahr dauert dieses kurze Fenster, ehe daraus oft eine lebenslange Freundschaft wird."


    In Sparta war das Ganze noch ein wenig inniger und auch unter erwachsenen Männern waren Liebschaften nicht nur an der Tagesordnung, sondern erwünscht, doch er würde sich hüten, seine genaue Herkunft zu erwähnen. Und auch die Frage nach seiner offenbar trotz aller Bemühungen noch militärischen Mimik überging er geflissentlich.


    "Auch ich hatte einen Erastes und später einen Eromenos", sagte er freimütig, "bevor ich in Sklaverei geriet. Ich wurde vor sieben Jahren überfallen und hatte keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen, dass man mich fern der Heimat als Sklave verkaufte. So ist das Leben. Man gewöhnt sich daran und inzwischen bin ich ein glücklicher Sklave."


    Er ließ hier eine Pause, denn wenngleich er nicht alle Fragen beantwortet hatte, so fand er doch, dass sein Gegenüber nun Gelegenheit erhalten sollte, Rückfragen zu stellen.

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  • Lurco hörte Terpander aufmerksam zu.


    "Eine seltsame Form so zusammenzuleben, wobei ich nachvollziehen kann, was Jüngling und Erastes aneinander bindet. Wir reden vertraut und solltest Du quatschten streite ich alles ab. Ich hatte selbst so einen Erastes, vor vier Jahren. Weltgewandt, charmant, liebevoll, er war ein dufter Typ, wie er immer sagte. Ein Händler seine Waren Parfüm und Sklaven, frag mich nicht wie das zusammengepasst hat. Ich habe von geschäftlichen Dingen keine Ahnung und damals noch weniger als heute.


    Wenn Du ihn gesehen hättest, hättest Du nicht vermutet was für ein Schlitzohr er sein kann. Auf der anderen Seite konnte er einem das Leben versüßen und zwar in einer Form wie Du es Dir nicht vorstellen kannst. Er möchte alles Schöngeistige und hatte ein großes Allgemeinwissen, zudem einen extremen Hang zum Luxus. Ob das nun Speisen, Getränke, Kleidung oder seine Sklaven waren. rgendwann beschloss er zu heiraten und ich passte nicht mehr in seine Welt. Oder er hatte Angst, dass es seiner Ehe schadet.


    Er war war ungefähr so groß wie ich und rund wie eine Weinamphore, er hatte lockige Haare und trug stets ein Lächeln und seine Bart. Ich habe ihn lange sehr vermisst, aber das hatte er gar nicht verdient. Seit der Zeit kann man sagen, lebe ich das Dogma von Macht und Stärke, dass was ich benötige kaufe ich in allen Bereichen.


    Nur Scato und ich haben da wohl so ein winziges Problem miteinander, welches wir besser niemals unseren Vätern erzählen sollten", stöhnte Lurco.


    "Wer und was warst Du bevor Du Sklave wurdest? Wenn man ehrlich ist, ist jeder abhängig und irgendwie Sklave. Und was die wenigsten sich vor Augen führen ist, dass man sehr leicht Sklave werden kann. Deshalb sollte man für seinen Stand dankbar sein.


    Wie stehen die Griechen dazu eine eigene Familie zu gründen? Ich meine dass Ihr es tut ist klar, sonst gäbe es keine Griechen mehr. Aber wie trennt Ihr das? Srikt nach Alter, jetzt ist die Zeit des Jünglings vorbei suche Dir eine Ehefrau?", hakte Lurco nach.


    "Über solche Probleme muss ich mir zum Glück keine Gedanken machen, denn in der Cohortes darf man nicht heiraten, zwanzig Jahre Schonfrist", grinste er über Ohren, "Das Leben kann schön sein."

  • "Ich werde nichts von dem weitertragen, was du mir anvertraust", versicherte Terpander. "Das würde auf meinen Herrn zurückfallen. Man würde ihm vorwerfen, mir kein Benimm vermitteln zu können oder vielleicht würden manche sogar annehmen, er hätte mich entsandt, um Leute auszuhorchen. Zudem gehört es sich auch einfach nicht."


    Interessiert lauschte er den Worten von Lurco, der scheinbar froh war, vergleichsweise offen sprechen zu können. Doch als dieser seinen ehemaligen Gespielen beschrieb, wurde Terpander bleich, wenngleich sein Gesicht ansonsten keine Regung zeigte. Es war unwahrscheinlich, dass es zwei Händler gab, die sich auf Parfum und Sklaven spezialisiert hatten und genau so aussahen. Der Kerl, den Lurco geliebt hatte, hatte Terpander gefangen genommen und als Sklaven verkauft. Das Schlimmste daran jedoch war, dass er von Terpanders dunkler Vergangenheit wusste!


    "Ist das der Mann, von dem du das Zebra kaufen möchtest?", fragte Terpander vorsichtig. "Ist er noch hier in Rom?"


    Er war froh, dass Lurco noch weitere Rückfragen hatte, auch wenn diese ihn in die Enge trieben. Von der Sache her war es erfreulich, dass Lurco sich für die Person interessierte, die Terpander hinter seiner Rolle als Sklave war. Jedoch brachte ihn das auch in Bedrängnis. Die Kultur Spartas unterschied sich deutlich von der anderer griechischer Poleis und er wollte nicht, dass ihn jemand mit Sparta in Verbindung brachte. Dies würde automatisch bedeuten, dass er beim Militär gewesen war und anzunehmen, er wäre desertiert, um einem Kriegsgericht zu entgehen, war dann nur noch ein kleiner Schritt. Er musste dringend mit einem anderen Griechen sprechen, um glaubwürdig jemand anderes als sich selbst mimen zu können, wenn ihm einer auf den Zahn fühlte.


    "Ich war Lehrer", sagte er und zum Teil stimmte das auch. "Ich habe Griechisch unterrichtet, wie ich es später auch bei Scato tat. Die meisten Herren sind anständig und wünschen, dass es ihrem Sklaven gut geht, besonders in der Stadt. Ein gut ausgebildeter Sklave ist zu teuer und zu wertvoll, um unnötig zu riskieren, dass er krank wird. Nur die reinen Arbeitersklaven, die in den Minen oder auf Plantagen eingesetzt werden, haben es schwer. Haussklaven geht es in der Regel gut. Ich bin gern Sklave, ich habe viel weniger Sorgen als früher." Und das stimmte nun wirklich.


    Er dachte scharf nach und entschloss sich, zu riskieren, dass er etwas Falsches erzählte. Woher sollte Lurco die Details wissen? So vermittelte er die eigenen Erfahrungen in Sparta als die eines jeden Griechen.


    "Es ist korrekt, dass die Heirat zwischen Frau und Mann an ein bestimmtes Alter gekoppelt ist. Bei uns war das ein Mindestalter von dreißig Jahren für den Mann, vorher dient er ausschließlich dem Militär und hat dort auch seine Liebschaften und seinen Eromenos. Erst danach darf er eine Familie gründen. In der Regel bestehen die Liebschaften zwischen den Männern auch nach der Ehe weiter."


    Dass der Mann ebenfalls beim Militär wohnen blieb und nur nachts seine Frau treffen durfte, aber nie bei Tageslicht, um die Bindung zu seinen Kameraden aufrecht zu erhalten, verschwieg er. Das war vermutlich etwas typisch Spartanisches.


    "Du sorgst dich, dass Scato nach Ablauf der Dienstzeit eine Frau heiraten könnte", schlussfolgerte er, denn Lurcos Grinsen wirkte auf ihn nicht glücklich, sondern traurig. Auch Scato grinste und blödelte, um Trauer und Angst zu überspielen. Mit solch einer Taktik war Terpander vertraut. "Und dass dir das Gleiche ein zweites Mal widerfahren könnte, was du schon einmal erleben musstest."

  • "Danke", sagte Lurco schlicht auf das Versprechen hin, nichts von dem was er Terpander anvertraute weiterzutragen.


    Einen Augenblick später grinste er wie ein Spitzbub.


    "Du gibst nicht auf oder? Ich wollte einen Löwen kaufen und kein Zebra. Das Zebra war Dein Vorschlag. Spaß beiseit. Falls ich mir jemals ein exotisches Tier leisten kann für unsere Taberna dann würde ich Venox nur dann fragen, wenn ich keine andere Möglichkeit habe. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich dem Mann begegnen soll. Ihn wie einen alten Freund begrüßen und so tun, als wäre nie etwas gewesen? Das wäre richtig. Ihn ignorieren? Das zieht möglicherweise Ärger nach sich, den ich gebrauchen kann. Am besten wäre also, ich laufe ihm nicht über den Weg. Er ist größtenteils in Rom, hier hat er sein Geschäft. Nur wenn er Ware besorgt, dann ist er unterwegs. Das lässt er sich nicht nehmen. Frag nicht weshalb, vielleicht fühlt er sich dann wie ein verwegener Abenteurer", erklärte Lurco.


    "Lehrer? Ein ehrbarer Beruf Terpander. Was Du über den Sklavenstand sagst, stimmt. Ein Sklave wird vollversorgt und muss sich selten um die Belange des Herrn Gedanken machen. Es sei denn, genau das ist seine Aufgabe. Er hat ein gesichertes Auskommen und die Sorgen trägt ein anderer. Im Grunde kann man einen Sklaven mit einem Kind vergleichen. Beide bekommen gesagt was sie zu tun haben, haben keinen Ärger und werden für nichts zur Verantwortung gezogen.


    Die Liebschaften bestehen sogar nach der Ehe weiter? Nun wieso nicht? Andere halten sich für ihren Spaß Sklaven und ein Lupanarbesuch ist nichts Verwerfliches, es sei denn Du fragst einen Christen.


    Ich frage mal umgekehrt, was spricht dagegen, dass Scato irgendwann eine Familie gründen wird? Nichts. Natürlich sorge ich mich, auf der anderen Seite versuche ich das zu schätzen was ich habe und das ist nicht wenig Terp.


    Scato hat genauso 20 Jahre Dienstzeit vor der Brust und somit die gleiche Schonfrist wie ich. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit Terpander. Es ist eine kleine Ewigkeit und wenn wir die glücklich sein können, dann sage ich nicht nein. Was danach kommt wissen die Götter. Mein Traum ist die gemeinsame Taberna und wir hocken gerade drin. Damit ist der Traum zum greifen nahe", antwortete Lurco und schaute sich in dem Haus.

  • "Sechzehn Jahre Dienstzeit bei den Cohortes Urbanae, zwanzig bei der Legio, zwölf bei den Cohortes Praetoriae", korrigierte Terpander in einem zustimmenden Tonfall, als hätte Lurco es genau so gesagt und er würde dessen Worte nur bestätigen. Der Lehrer in ihm konnte einen inhaltlichen Fehler nicht einfach übergehen. Lurco wirkte aufgrund seines Auftretens schon reif, doch vom Gesicht her würde Terpander ihn erst auf Anfang zwanzig schätzen. In dem Alter brauchte jeder noch einen Lehrer, wenn man Terpander fragte, und zwar bis man dreißig war. Erst dann war ein Mann erwachsen. Er hoffte, dass die Ausbilder in der Castra diese Rolle nach bestem Gewissen übernahmen, auch wenn nicht die gleiche Fürsorge und Liebe wie beim spartanischen Heer zu erwarten war.


    "Ich war gerne Lehrer", sagte Terpander. "Und ich wäre es noch heute für Scato, wenn man mich ließe. Doch mit sechzehn muss es für einen Römer vorbei sein. In meiner Heimat hatten die meisten meines damaligen Standes einen Lehrer für sich allein, den benannten Erastes. Hier hat ein Lehrer etliche Schüler. Statt Geschenken, lieber Worte und streichelnder Hände gibt es den Rohrstock. Sind die Offiziere denn gut zu euch?", erkundigte Terpander sich. Gut musste in dem Fall heißen, verantwortungsbewusst und fähig.


    Spartaner waren die besten Krieger Griechenlands und ihre Ausbildung galt als die Härteste. Doch an Geborgenheit und Zuneigung mangelnde es im Heer für keinen. Gewalt war nicht der Schlüssel, um einen tüchtigen und effektiven Soldaten zu erzeugen. Der lag in Terpanders Augen im inneren Antrieb, für seine Kameraden zu kämpfen und für ihr gemeinsames Land. Und den erschaffte man durch Nähe und Verbundenheit. Er konnte sich nicht vorstellen, in einer Atmosphäre menschlicher Kälte und körperlicher Gewalt aufzuwachsen, wie die Römer es taten. Er durfte nicht zu sehr an die verlorene Zeit zurückdenken, denn die Wunde war tief.


    So strich Terpander über die verblassten Wandgemälde hinter seiner Kline. "Dein Traum ist aus Stein erbaut. Es ist kein Luftschloss. Es spricht nichts dagegen, dass einer von euch oder ihr beide später eine Familie gründet. Das Haus ist groß genug für zwei Familien, so habe ich es mir gedacht. Was die Zukunft bringt, weiß niemand. Aber um zu wissen, wohin man will, braucht man ein Ziel vor Augen. Und du hast deines nicht nur vor dir, sondern zu allen Seiten um dich." Terpander versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. Ein wenig verloren wirkte Lurco auf ihn, wie selbstsicher er sich auch präsentieren mochte. Ein junger Mann, der aufrecht seinen Pfad der Einsamkeit ging. Aber vielleicht war Terpanders Blick da auch zu griechisch.

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  • Lurco hörte Terpander aufmerksam zu.


    "Das was Du beschreibst, klingt eher nach einr glücklichen Partnerschaft, anstatt nach einer Ausbildung. Ob Geschenke, liebe Worte und Zuneigung einen abhärten können? Ich wag es zu bezweifeln Terpander, aber vielleicht ist das auch gar nicht Ziel Eurer Ausbildung. Letztendlich hängt alles vom Zusammenhalt ab, für wen und was man kämpft. Ist da nichts, hat man nichts zu verlieren aber auch nichts zu geben.


    Ob unsere Offiziere gut zu uns sind? In dem Zusammenhang muss ich ehrlich fragen, gemessen an was Terp?


    Sie bilden uns mit Herzblut aus. Sie lehren uns dass, was wir wissen müssen mit Präzision, denn eines Tages wird unser Leben und dass der Kameraden davon abhängen. Dabei geht es rau zu, die Sprache ist rau, die Befehle sind knapp und kurz. Rau ist das Leben und Zeit ist auf dem Schlachtfeld Mangelware, also haben wir zu funktionieren. Wir haben dort unserer Aufgabe nachzukommen, dafür wurden wir ausgebildet, dafür haben wir uns selbst eingeschrieben.


    Wem es dort zu hart vorkommt, der kann wieder gehen Terp. Niemand ist gezwungen dort zu bleiben. Natürlich wird man dann in Unehren entlassen, wenn man den Schwanz einkneift. Lehrjahre sind keine Herrenjahre.


    Das Motto das Du bei Deinem Optio oder Centurio im Kopf haben musst ist Zuhören und Gehorchen. Das ist Deine Aufgabe. Du schuldest den Männern Respekt, sie drillen Dich nicht um Dich zu schickanieren oder Dir zu schaden. Sie treiben Dich über den Platz, damit Dir später nichts geschieht. Klar ist das nicht immer angenehm, aber wer es bequem haben möchte, muss einen anderen Beruf wählen. Meine Berufung ist die Cohortes.


    Durch Maros gute und konsequente Lehre habe ich die Ausbildung geschafft, er hat wirklich alles gegeben. Sein Ton oder die Worte sind dabei unerheblich Tarp, es ist wichtig was er damit sagen wollte. Und unser neuer Optio gibt auch alles. Es sind gute Männer.


    Auch wenn ich es mit dem Zuhören und Gehorchen nicht immer so hinbekomme. Oder sagen wir mal mit dem Lesen und Gehorchen. Manchmal habe ich die Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege, frag nicht warum.


    Mein gemauerter Traum, das hast Du schön beschrieben. Ja wer weiß was die Zukunft bringt außer die Götter? Niemand, hoffen wir, dass sie uns gewogen sind. Vielleicht gründen Scato und ich eines Tages eine Familie und leben hier gemeinsam.


    Oder nur er, aber dann würde ich ihm das Haus überlassen. Irgendwann käme die Kinderfrage auf, was macht "Onkel Lurco" eigentlich ständig hier? Und wann geht er wieder? Vielleicht denke ich manchmal auf einfach zuviel nach, wie ab und an auch zu wenig. All die Probleme lösen sich in Luft auf, wenn ich verlängern kann.


    Ach keine Zeit für trübe Gedanken, wer weiß was in 16 Jahren ist, bis dato haben wir einen guten Beruf, ein schönes Haus, eine Taberna und Dich Terpander", schmunzelte Lurco.

  • "Es ist auch eine Art von Partnerschaft", erklärte Terpander. "Sie geht mit Werben, Geschenken und Zärtlichkeit einher, jedoch nicht mit Beischlaf im engsten Sinne, denn dadurch würde man den Jüngling entweihen. Dafür muss er wenigstens zwanzig Jahre alt sein und Teil der Gesellschaft der Erwachsenen, wo er sich einen gleichrangigen Geliebten suchen mag. Natürlich gibt es auch in Griechenland Lupanare und Sklaven, aber es ist nicht das, was ich bevorzugt habe, als ich noch dort lebte.


    Die militärische Ausbildung in meiner Heimat ist sehr hart. Die Offiziere schenken einem nichts. Als Kind wurde ich in der Wildnis ausgesetzt, nur mit einem Umhang und einem Schwert ausgerüstet und musste allein Nahrung organisieren durch Raub und Diebstahl und den Weg zurückfinden. Aber der Zusammenhalt zwischen Mentor und Schüler unter den Kameraden ist dafür sehr eng. Effektiver ist scheinbar trotz allem das System der Römer aus eiserner Disziplin und menschlicher Distanz, andernfalls wären wir nicht erobert worden. Das muss man anerkennen."


    Lurco sprach sehr viel. Unweigerlich fragte Terpander sich, ob er von Natur aus so gesprächig war, oder ob er einfach froh war, ungezwungen mit jemandem über diese Dinge reden zu können. Da er davon ausging, offen sprechen zu dürfen, auch wenn Lurco das nicht explizit gestattet hatte, tat er es. Wäre es anders, würde der Mann nicht sein Herz geöffnet haben.


    "Ob jemand sich an der Gegenwart eines Onkel Lurco stören würde, wenn dieser selbstverständlich Teil der Familie ist, ist eine Frage der Harmonie und Gewohnheit, denke ich. Warum sollte ein Mann, der dem pater familias Freude bringt, als störend wahrgenommen werden? Besonders, wenn es offiziell zwei Haushalte wären, die nur räumlich miteinander in Beziehung stehen und du ein eigener pater familias wärst? Eine Alternative wäre, nach Griechenland zu ziehen, um das Gerede los zu sein. Vieleicht sogar auf eine der zahllosen Inseln."

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  • "Eine Partnerschaft die auf anderen Grundlagen basiert, aber eine Partnerschaft. Da stimme ich Dir zu. Also bleibt der Jüngling unangetastet, bis er 20 Jahre alt ist? Was ist, falls der Jüngling sich selbst mehr erhofft? Oder ist dies verpönt? Ihr lebt nach ganz anderen Maßstäben Terpander.


    Deine Ausbildung klingt hart und nicht nach Honigschlecken. Manchmal nützt die beste Effektivität nichts, wenn der Gegner einen durch schiere Masse in die Knie zwingt. Das kann jedem passieren, deshalb muss jeder Krieger und jedes Land vorsichtig sein, gleich wie mächtig und gleich welche Befähigungen beide vorzuweisen haben.


    Es gibt kein Gerede, solange Scato und Du schweigen. Was bitte soll ich in Griechenland Terpander? Ich würde ein Problem gegen ein anderes austauschen. Dort kenne ich nichts, nicht einmal die Gepflogenheiten. Zudem wäre ich dort ein Fremder, auch wenn Ihr zum römischen Reich gehört. Sprich ich wäre einige Probleme los und hätte schlagartig neue und müsste mich an ein völlig neues Leben anpassen. Das kann ich nicht Terpander, Rom ist alles was ich kenne und liebe. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und meines ist gar nicht so schwer.


    So wie Du das Zusammenleben von Scato und mir hier beschreibst, hört sich das anders an, als das was ich mir so dabei gedacht habe. Warum ich meiner Meinung nach stören könnte? Letztendlich bin ich für Scatos Familie trotzdem nur ein Fremder Terpander", antwortete Lurco und streckte sich auf der Steinbank lang aus.

  • "Ich denke, dass es auch einige gibt, die schwach werden, wenn der Jüngling um die höchsten Freuden bittet", sprach Terpander und versuchte dabei neutral zu klingen, während er versuchte, die Gedanken an jene beiseite zu schieben, die er in Lakonien zurückgelassen hatte. "Angedacht ist es anders, aber wenn beide schweigen, so sollte es nicht zu Verwirrungen kommen. Wichtig ist, dass der Mentor erkennt, in welcher Machtposition er sich gegenüber seinem Schüler befindet und diese nicht zum einseitigen Vorteil missbraucht. Im Fokus steht die Ausbildung des ihm Anvertrauten und nicht sein eigenes körperliches Wohl."


    Er musterte Lurco, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen. wobei er sich bemühte, nicht zu aufdringlich zu wirken. Irgendetwas schien der Mann zu verschweigen. Er deutete an, dass ihn etwas bedrückte, doch worin dies gründete, behielt er für sich.


    "Dein Herz ist voller Zweifel, Dominus. Warum nimmst du an, ein Fremder in einer Familie zu sein, mit der du unter demselben Dach wohnst? Meine Neugier entspringt der Sorge um das Wohl meines Herrn und um das deine, denn du scheinst maßgeblich dazu beizutragen. Es scheint ein unausgesprochenes Problem vorzuliegen. Kann ich helfen, es zu lösen?"


    In der Tat erschien das dem Griechen merkwürdig, denn unverkennbar waren die beiden einander sehr zugetan. Er fragte sich, ob Scato irgendetwas getan hatte, um diese Zweifel in Lurco zu säen. Es war inzwischen einige Zeit vergangen, seit Terpander seinen jungen Herrn das letzte Mal unter vier Augen gesprochen hatte und die Ausbildung bei den Cohortes Urbanae würden nicht ohne charakterliche Folgen geblieben sein. Doch inwieweit erstreckten sie sich auf die private Seite? War Scato zu einem Mann geworden, der es genoss, mit den Gefühlen anderer zu spielen? Manche wurden herzlos durch den Dienst an der Waffe. Wo lag die Ursache von Lurcos Unbehagen - oder lag sie doch nur in ihm selbst?

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