• Livianus nickte verständlsvoll und akzeptierte die Entscheidung Avarus. Als dieser jedoch die weiteren Pläne sprach wirkte der Decimer mit einem Mal sehr nachdenklich.


    "Um ehrlich zu sein habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Die erste hat mit ziemlicher Sicherheit bereits einen neuen Kommandanten und auch den neuen Kaiser kenne ich nicht wirklich gut. Es wird sich also erst in den nächsten Tagen und Wochen zeigen was die Zukunft bringen wird.


    Zuerst möchte ich jedoch den Senat und den Kaiser über mein eintreffen informieren. Vielleicht gibt es ja die möglichkeit beim Kaiser eine Audienz zu erhalten. Danach könnte bestimmt vieles geklärt werden."

  • Es blieb also alles offen. Avarus nickte verständnisvoll. Gerade wieder in Rom sollte auch nichts überstürzt werden.


    "Der Senat wird mit jedem Jahr raubeiniger. Es hat sich zudem ein leichtes Überverhältnis derer gebildet, die den alten Gentes angehören. Es ist auf jeden Fall gut, das die plebeiischen Stände wieder gestärkt werden. Zuviele gute Stimmen haben sich in den letzten Monaten auf ihre Landgüter zurückgezogen. Die Melancholie nimmt ständig zu."

  • Diese Worte stimmten LIvianus doch etwas nachdenklich.


    "Hmmm…. Ich verstehe. Das sind alles andere als gute Tatsachen, von denen du mir hier berichtest und bestärken mir noch mehr bei meinem Entschluss, wieder meinen Platz in den Reihen des Senats einzunehmen. Hast du etwas von Meridius gehört? Er soll sich ebenfalls auf sein Landgut in Hispania zurückgezogen haben. Und wie geht es deiner Gemahlin?"

  • Es war wirklich gut, das der Senat sich wieder füllte. Auch wenn es Sommer war und die nächsten Sitzungen noch weit waren, so konnte sich schon jetzt eine bessere Stimmung verbreiten.
    Auf Meridus angesprochen, verzog Avarus leicht säuerlich das Gesicht. Sie waren nie Freunde gewesen und auch durch die Heirat mit dessen Schwester hatte sich daran nichts geändert. Vielmehr ließen sie voneinander ab, gingen sich aus dem Weg und versuchten auch im Senat einander zu ignorieren. Manchmal fiel das schwer, denn der Decimer hatte so ein Gemüt, was ihm schnell die Rage des Germanicus einbrachte. Das es umgekehrt genauso war, wollte Avarus natürlich nicht wahrhaben. So ignorierte er die Frage nach Meridus beflissentlich und hob nur sacht die Schultern. Was soviel aussagen konnte: Mir doch egal hinter welchen sieben Bergen der sich rumtreibt, solange er Rom den Rücken kehrt, ist doch alles in Butter.
    Auf Lucilla hin erschien ein Lächeln in seinem Gesicht. Ihr Kontakt war rege und auf die alltäglichen Dinge begrenzt. Es ließ Germanicus Avarus von seinem Sohn träumen und seiner Frau in den nächsten Briefen sein wolliges Herz öffnen. Trotzdem vermisste er sie schrecklich und beweinte die Tatsache seinen Sproß nicht aufwachsen sehen zu können. Oder aber ihm weitere Geschwister zu schenken. 8)


    "In Hispanien weilt Lucilla, sie hatte so etwas rastloses an sich und fühlte sich unwohl in Rom. Für meinen Sohn wird es aber auch das Beste sein auf dem Land aufzuwachsen. Wir schreiben uns häufig, aber es ist eben nicht so, wie wenn man die Buben aufwachsen sieht."


    Und Avarus wußte das nur zu gut. Seine erste Ehe hatte ihn einige Kobolde beschert, die so manches Mal ihm jeden Nerv gekostet hatten. Wehmütig dachte er kurz an Germanien zurück, doch das war sehr, sehr lange her. Stattdessen sagte er nun doch noch etwas zu Meridus, denn irgendwie hatte Livianus keine Ahnung wie nah der Rückzugsort lag.


    "Der Bruder meiner Frau hat sich in die Colli Albani zurückgezogen. Er ist hier, nicht in Hispanien."


    Wie albern das klang: 'zurückgezogen' , lagen die albaner Berge doch nichtmal zwanzig Kilometer südöstlich von Rom und doch beneidete Avarus Meridus um solch ein wunderbares Anwesen in Italien und noch dazu so nah an der Hauptstadt.

  • "Hier in Italia?!"


    Livianus blickte seinen Gesprächspartner sichtlich überrascht an.


    "Hmmm…… Vielleicht habe ich ja demnächst Zeit ihm einen Besuch abzustatten."


    Damit war das Thema Meridius auch schon wieder vom Tisch. Der Decimer merkte, dass Avarus sich nicht sonderlich wohl dabei fühlte und kannte auch einigermaßen die Hintergründe. Die beiden Männer waren noch nie sonderlich gut miteinander ausgekommen. Doch das sollte nicht das Thema des heutigen Aufeinandertreffens sein und die Meinungsverschiedenheiten zwischen seinem Cousin und dessen Schwager sollten nicht zwischen Livianus und Avarus stehen. Dazu hatte er dem Germanicer viel zu viel zu verdanken.


    "Nun, dann werde ich mir wohl auch Zeit nehmen müssen, um Lucilla einige Zeilen zu schreiben. Immerhin habe ich ihr, wie du selbst sagtest, auch einen wesentlichen Anteil meiner Befreiung zuzuschreiben. Bei einer geselligeren Gelegenheit möchte ich ausführlicheres über eure Kinder hören und vielleicht kannst du mir dann auch mehr über die Lage des Senats berichten. Auch das neuste Gerede in Rom interessiert mich nach dieser langen Zeit der Isolation."


    Männer wie Avarus hielten sich zwar meist in Schweigen, doch zählte er unbestritten zu einen der bestinformierten Amtsträger Roms und dies nicht nur, weil er Legat des Cursus Publicus war. Auch privat hatte er sich in all den Jahren bestimmt ein beachtliches Informationsnetzwerk aufgebaut. In wie weit Livianus Quellen wieder reaktiviert werden konnten oder bereits versiegt waren, würden erst die nächsten Wochen zeigen. Im Moment war er noch auf die Informationen seiner Vertrauten angewiesen.

  • Ihm war es recht, das das Thema Meridus so schnell et Acta gelegt war wie es aufkeimte. Er hörte sich die Wünsche und Vornahmen seines Gegenübers an und erhob sich nicht eilig.


    "Es wird sie bestimmt freuen von dir zu lesen und es wird sie umso fröhlicher stimmen, das ihre Gebete erhört wurden und du nach Rom zurückgekehrt bist."


    Eine fast beiläufige Regung strich die Toga zurecht, welche in diesen sommerlichen Temperaturen eher zur Last wurde anstatt zu Kleiden. Die unsägliche Hitze verlangte einfach ein täglich frisches Gewand.


    "Einen Anlass für eine gesellige Gelegenheit gibt es immer. Du bist wieder in Rom und keine andere Stadt ist in dieser Sache umtriebiger."


    Ein verschmitztes Lächeln huschte ihm über das Gesicht, dann sah er die Zeit gekommen seinen abentlichen Besuch zu beenden.


    "Bis es soweit ist, wünsche ich dir eine geruhsame Nacht. Ich will die Straße nehmen, bevor es völlig dunkel ist."


    Nicht das Avarus sich da draußen fürchtete, aber auf dem Weg zwischen diesen beiden Häusern war es ihm schon mehrfach fast passiert von irgendwelchem Unrat erschlagen zu werden, der im Mantel der Dunkelheit einen gar zu leichtsinnigen Weg aus dem Fenster hinunter zur Straße fand.

  • "Natürlich Avarus. Ich danke dir für deinen kurzfristigen Besuch und hoffe wir sehen uns bald wieder. Eine angenehme Nachtruhe."


    Er schüttelte dem Senator noch einmal freundschaftlich die Hand und ließ ihm dann durch einen Sklaven zur Türe begleiten. Sollte es Avarus wünschen, so würde ihm der Sklave auch bis nach Hause begleiten. Doch so wie Livianus den Germanicer kannte, hatte er entweder selbst für eine Begleitung gesorgt. Er sah seinem Gast nach wie dieser das Atrium verließ und wandte sich dann selbst wieder der Türe zu, aus der er zuvor gekommen war.

  • Überrascht von der Meldung, dass Senator Flavius Furianus gekommen war und im Atrium wartete, hatte sich Livianus schnellen Schrittes von seinem Officium auf den Weg gemacht und betrat wenige Augenblicke später den Empfangsbereich der Casa Decima Mercator. Furianus wartete dort wie angekündigt bereits in Begleitung eines Sklaven. Der Decimer versuchte sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen und trat auf seinen Besucher zu.


    "Senator Furianus. Was führt dich zu mir?"

  • Der Senator war, so schien es, mehr verwundert als Livianus selbst. Freilich hatte Furianus nicht mit solch einem, zugegebenermaßen neutralen, doch nicht feindseligem Begrüßungswort gerechnet.
    Ein wenig verblüfft brauchte er einige Herzschläge, um leicht lächelnd zu antworten.


    "Salve, Senator Decimus.", begann er und trat einen Schritt mit offenen Handflächen vor, um die Bereitschaft zu zeigen, dass er keinerlei Waffen bei sich trug, was ja auch lächerlich ware, aber dennoch suggerierte in Frieden gekommen zu sein.
    "Ich möchte mit dir reden. Um Politik, Livianus. Ich hoffe du hast die Zeit und die Bereitschaft dafür."


    Eine nichtssagende Frage, doch er musste sondieren.

  • Livianus nahm die Geste mit einem neutralen Kopfnicken zur Kenntnis, zog es jedoch vor, die ausgestreckten Hände des Senators nicht in Freundschaft zu ergreifen, sondern deutete stattdessen einladend auf eine Sitzgruppe, die in einer Ecke des geräumigen Atriums stand. Derzeit waren kaum Familienmitglieder in der Casa und somit war ein ungestörtes Gespräch auch hier im Atrium möglich.


    "Natürlich. Bitte nimm Platz und sprich weiter."


    Während der Decimer wartete, dass der Gast seiner Einladung folgte und sich setzte, deutete er einem Sklaven, dass dieser Wein bringen sollte.

  • Wie angeboten setzte sich der Flavier und blickte sich kurz um.


    "Ein schönes Domizil habt ihr Decimer hier.", merkte er kurz an, bevor er auf seinen eigentlichen Besuch zu sprechen kam.


    "Ich bin hier, weil du wissen sollst, warum ich im Senat eher oppositionell deiner Befreiung gegenüber stand.
    Es sind keine persönlichen Gründe, denn ich trenne Politik von meinem Privatleben strikt."
    , außer bei einigen Germanicii, die konnte er auch privat nicht leiden.


    "Der Grund für meine Haltung ist der, dass allgemeinhin der Eindruck entsteht du könntest eine Marionete des Frevlers sein. Du selbst weißt darum, dass er es war, der deine offizielle Begrüßung vorgeschlagen hatte, obwohl es hierfür weitaus ehrenvollere Männer im Senate gibt. Einer deiner Befreier ist sein Klient und es weiß auch jeder, dass er einer der Geldgeber für diese Mission war.", dann hustete der Flavier leicht und fuhr fort.
    "Ich weiß nicht wie tief du glaubst in seiner Schuld zu sein oder wie gut ihr beide befreundet seid, aber ich möchte dir raten dich von ihm zu distanzieren. Er ist ein Gotteslästerer, ein Barbar und wir alle wissen, dass sein Gemüt nicht scwärzer sein kann als der Erebus selbst. Ein Parasit ist er, der zwei schmutzige Eigenschaften hat - sein Hang zu Geld und Reichtum und die Zerstörung unserer Werte. Jeder stolze und ehrbare Römer sollte sich von solch einem Abschaum abwenden.
    Und dazu rate ich dir. Du bist ein ehrbarer Mann, ein honorierter Legatus und ein aufrechter Römer. Lasse dich nicht von solch einem gescheiterten Wesen wie dem Germanicus manipulieren und missbrauchen.
    Ich tat dir sicherlich Unrecht, als ich im Senat sprach, doch ich sprach nicht für mich, ich sprach gegen das Parasitäre, gegen deine Bindung zu eben jenem mit der Nota Censoria belegten - sein Eigennutz an dir ist das, was mir missfällt und nicht du."

    Das konnte man durchaus als Entschuldigung auffassen und doch lag es dem Senator primär daran den Decimus vor dem Einfluss des Geldgierigen zu warnen.

  • Livianus war überrascht, man könnte sogar sagen ein wenig überrumpelt, durch die Offenheit, mit der sein Gast aufwartete. Er kam ohne langes Herumgerede zum Grund seines Kommens und sprach auch ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen seine Gedanken aus. Eigentlich eine lobenswerte Eigenschaft, würde sie Livianus nicht auf gewisse Art und Weise in die Enge treiben. Er überlegte kurz nach passenden Worten, ehe er seinem Gast antwortete.


    "Zum Glück bin ich der Politik lang genug fern geblieben, um mich über gegensätzliche Meinungen oder den Widerstand einiger Senatskollegen übermäßig zu ärgern. Vor allem, wenn sie politisch oder gar persönlich Motiviert sind. Ich bin auch niemand, der lange nachtragend ist. Eine Eigenschaft, die auch dem einen oder anderen Senator nicht schaden würde."


    Damit sprach Livianus die fast schon zur Tradition gewordene Eigenheit an, dass Senatoren immer und immer wieder die alten Verfehlungen anderer hervorkehrten, wenn ihnen Argumente ausgingen oder überhaupt zur Gänze fehlten. Dem Prätor war nicht entgangen, dass der Flavier es gekonnt vermied den Namen des Betroffenen anzusprechen, was Livianus noch mehr dazu veranlasste, diesen endlich auszusprechen.


    "Was Germanicus Avarus betrifft, so stellt sich für mich nicht die Frage wie tief ich in seiner Schuld stehe. Für mich zählt einzig und alleine die Tatsache, dass ich in seiner Schuld stehe, selbst wenn er diese nie einfordern würde.


    Wovon ich im Übrigen auch fest überzeugt bin.


    Und ich meine, dass ihm durchaus ein gewisses Maß an Ehre und Aufmerksamkeit zusteht, wenn er auch nur das Geringste dazu beigetragen hat, mich aus den Händen der Parther zu befreien. Ihm ebenso, wie seinem Klienten und meinem Bruder. Ich werde daher auch bestimmt nicht zulassen, dass politische Interessen oder Intrigen diese Taten schmälern."


    Livianus nickte, fast als wolle er seine Aussage noch einmal bestätigend festhalten.


    "Und ich kann dir versichern, dass mich Senator Avarus keineswegs für sich eingenommen hat und ich dadurch zu einer manipulierbaren Marionette verkommen bin. Ich würde nicht einmal so weit gehen zu behaupten, dass wir vor meiner Gefangenname befreundet waren und ich kann dir auch nicht bestätigen, dass wir es jetzt sind. Sagen wir einfach, dass uns schon immer Familienbanden in gewisser Art und Weise einander verpflichtet haben. Du weißt, dass er mit der Schwester des Decimus Meridius verheiratet ist.


    Dennoch. Ehre wem Ehre gebührt. Würde ich das anders sehen, würde ich mich selbst entehren."

  • "Durch den Senat geht ein tiefer Graben und ich hoffe nicht, dass du dich auf der anderen Seite wirst auffinden können.
    Es gibt nämlich Parasiten wie den Germanicus, die nichts Konstruktives beitragen, außer sich daran zu echauffieren, dass meine Wenigkeit oder andere Senatoren dem Stand der Patrizier angehören."
    , antwortete er kühl und nickte anschließend.
    "Ja, es ist so, sie messen einen Mann nicht nach dessen Handeln, sondern nach seiner Herkunft. Kommt dir das bekannt vor? Ja, genau das werfen sie doch uns Patriziern selbst vor, sind jedoch die Einzigen, die so handeln.
    Ich habe nichts gegen Plebejer im Senat, mitnichten, ich beurteile Männer nach ihren Handlungen und nicht nach ihrer Abstammung. Und Avarus verabscheue ich nicht, weil er Avarus ist, sondern, weil dieser Mann mir mit seinen Handlungen schon mehr als genug Gründe gegeben hat ihn zu verabscheuen, als es seine Abstammung jemals vollbringen hätte können.


    Daher bin ich hier, um dich nicht von einer oder der anderen Sache zu übereugen, sonden, um dich aufzuklären, was für ein Mann dich öffentlich als seinen Schützling ansieht.", denn nichts anderes Tat dieser Avarus.

  • "Ich danke dir für deine Offenheit und ich kann dir versichern, dass ich über deine Worte nachdenken werde Senator. Du wirst jedoch auch verstehen, dass ich niemand bin, der voreilig Schlüsse zieht oder gar zu schnelle Entscheidungen trifft. Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, dass es in allen Lebenslagen von Vorteil ist, taktisch vorzugehen."


    Das es tatsächlich so war, dass es um Avarus Männer gab, deren einzige Sorge Patrizier im Senatorenstand war, konnte Livianus jedoch nicht ganz glauben. Natürlich gab es immer wieder Reibereien zwischen einzelnen Gruppen, doch eine generelle Verpönung ganzer Standesgruppen war in der heutigen Zeit unvorstellbar. In der Blütezeit der Republik freilich, hätte auch Livianus zu den Homo Novus gezählt und wohl mit der Ablehnung einiger Senatoren rechnen müssen. Doch heute war dies nicht mehr von Bedeutung, kamen schließlich viele der Senatoren aus den Provinzen und waren klassische Aufsteiger wie die Decimer.


    "Von dem angesprochenen Graben habe ich bisher jedoch nur wenig gemerkt. Ich habe deine Meinungsverschiedenheit mit Senator Germanicus eher als gegenseitige Abneigung gesehen und nicht als Ergebnis der allgemeinen Stimmung im Senat."


    Er sah seinen Gast fragend an. Vielleicht wollte er diese kryptischen Andeutungen von vorhin noch deutlicher ausführen.

  • "Natürlich, ich würde es selbst nicht anders machen, Senator Decimus.", antwortete er mit einem bejahenden Kopfnicken. Schließlich braucht jede Entscheidung ihre Zeit.


    "Die Gräben weiten sich stetig aus und es ist nicht die Gefahr, die ich in ihnen sehe, welche mich beunruhigt, sondern das Taktieren einiger Kollegen.
    Ich will ehrlich zu dir sein und dir mitteilen, dass ich in Germanicus Avarus eine Bedrohung für den Kaiser sehe.
    Dessen Vater belegte ihn mit einer Nota Censoria, zu dem jetzigen Kaiser hat er kein gutes Verhältnis, jedoch zu dessen Stellvertreter, dem Praefectus Urbi. Beide sind mächtig genug, um Männer an ihre Seite zu ziehen und besonders der Praefectus Urbi ist ein Mann, dem ich niemals mein Leben, geschweige denn meine Stadt anvertrauen würde, wie es der Kaiser tat."
    , sagte der Flavier etwas leiser und bäugte sich ein wenig in Richtung des Decimers.
    "Und mir ist, trotz der Fehde mit den Aeliern, welche ich nicht zu verantworten habe, sondern im Gegenteil aus der Welt schaffen will, trotz dieser Fehde ist es mir ein Anliegen den Kaiser zu beschützen.
    Ich will keinen Bürgerkrieg um die Nachfolge, ich will keinen Römer jemals das Schwert gegen seinen Landsbruder erheben sehen! Ich würde lieber sterben, als so etwas erleben zu wollen - und ich fürchte, es stünde uns bevor, wenn Salinator und Avarus ihre Intrige zu ende spinnen und der Kaiser durch ihre Hand fallen sollte."

  • Zuerst wollte Livianus das erneute Geschwätz um die Nota Censoria abtun und überlegte kurz ob es angebracht war, den Patrizier zu zügeln. Doch als Furianus plötzlich davon berichtete, dass Avarus möglicherweise mit Salinator paktierte, wurde der Decimer hellhörig.


    Das konnte doch nicht sein? Avarus und der Praefectus Urbi als Gefahr für den Kaiser? Furianus schlug damit wohl eher unwissentlich genau in eine Kerbe, die ihm die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Hausherren zuteil werden ließ, der bemüht war, seine Überraschung hinter einer stoischen Maske zu verbergen. Etwas zögernd fragte er schließlich nach und gab sich unwissend.


    "Wie wirkt sich dieses Verhältnis zwischen Avarus uns Salinator aus? Und warum denkst du, dass Salinator dem Kaiser gefährlich werden könnte? Er ist doch ein enger Vertrauter und Berater Valerians, den er sogar selbst mit nach Rom gebracht und auf diesen Posten gesetzt hat."

  • Furianus verschränkte die Arme vor der Brust und neigte den Kopf leicht nach unten. Eine besondere Pose, die eines nachdenkenden Stoikers, oder auch die eines Mannes, welcher zutiefst verzweifelt sein mochte und den Mut verlor.
    Beim Flavier war es jedoch mehr taktischer Natur.


    "Du bist wohl nicht lange genug in Rom, um dies zu sehen, Decimus.", begann er schließlich und blickte auf.
    "Es ist offensichtlich wie Salinator und der Geldgierige paktieren. Siehe dir doch die jüngste Vergangenheit mal an. Vinicius wurde als Praefectus Urbi einfach so, von einer hora zur nächsten, abgesetzt. Salinator, jemand ohne Namen, ohne bedeutende Verdienste, ohne Ämter in Rom, war plötzlich der zweite Mann im Staate.
    Dann gibt er diesem Germanicus Sedulus, dem Zögling des Barbaren, einen hoch dotierten Posten. Dieser Mann wurde ohne besondere Befähigung und Verdienst dahin gehievt. Kommt dir das nicht merkwürdig vor?"
    , eigentlich war dies auch nichts Besonderes, diente aber gut der Einleitung.
    "Und dann das Auftreten im Senat. Wohlwollend nickt Salinatur das germanische Geschwätz ab, verhält sich wie der Kaiser höchstselbst und Avarus verkehrt öfter bei Salinator als der Pöbel im Lupanar!"


    Zumindest hatte er seine Quellen, die dies fortwährend bestätigten. Ab und an konnte man ja wichtige Informationen potenziellen Partnern offen legen - ein Verbrechen war es nie.


    "Du kennst die Geld- und Machtgier des Germanicus, du weißt, dass er all sein Geld, gar seine Seele, dafür verkaufen würde, um Consul zu werden. Ich werde das verhindern, sowie ich auch nicht zulassen werde, dass ein Salinator einen Bürgerkrieg anzettelt."


    Anschließend ein gekonnter Schlag auf die Kline, auf der er saß und ein eindringlicher Blick in des Senators Augen.


    "Und was meinst du, Decimus?"

  • Livianus dachte nicht im Traum daran dem Flavier seine Meinung offen zu legen, geschweige denn, ihm Informationen zukommen zu lassen. Er gab sich daher äußerst wortkarg und nachdenklich.


    "Nun. Wie du bereits sagtest bin ich noch nicht lange genug in Rom, um mir hier wirklich eine Meinung bilden zu können. Natürlich hört man das eine oder das andere und der merkwürdige Karriereaufstieg des Vasculaius Salinator ist wahrlich bemerkenswert."


    Das Avarus derart mit Salinator konspirierte Enttäuschte Livianus, auch wenn er natürlich erst davon überzeugt war, wenn er selbst Informationen eingeholt hatte. Und das würde er bei nächster Gelegenheit veranlassen.


    "Nein. Ich kann dazu wirklich nicht viel sagen. Aber dennoch bin ich dankbar, dass du zu mir gekommen bist. Ich werde diese Sache in jedem Fall weiterverfolgen und im Auge behalten."

  • "Bemerkenswert?", entgegnete der Flavier recht kühl. Es reichte ihm nicht. Solch eine Erwiderung war doch nur pure Neutralität. Der Decimer sollte Partei ergreifen, er musste es, denn sonst wäre der Besuch hier vollkommen irrelevant gewesen - verschwendete Zeit.


    "Nein?", war wieder, doch nun überraschter, vom Flavier zu hören. War dies schon die Parteilichkeit? Doch ein "nein" auf solch eine Frage war nicht nur fehl am Platze, es war einfach lächerlich auf solch eine Frage mit solch einer Antwort zu parieren.
    Er bedeckte sich und Flavius Furianus war kein Mann, der ohne klare Erträge gewisse Arbeiten verrichtete. Ein Bauer bestellte das Feld, um später zu ernten, ein Fischer fuhr ans Meer, um mit Fischen wieder zurück zu kommen - und ein Flavius Furianus war nicht hier, um ohne Antwort zu gehen.


    "Deine Antworten reichen mir nicht, Decimus. Ich will dich zu nichts drängen, doch die Sache an sich drängt. Jeder Tag des Zweifels und des Nichthandelns ist ein verlorener Tag. Ich bin auch nicht hier, um mit dir zu plaudern - ich bin hier, weil ich mich um das Wohl Roms sorge. Nicht nur die Innenpolitik betreffend, sondern durchaus auch unser äußeres Erscheinungsbild mit einbeziehend. Glaubst du ein Perser würde zögern, wenn er davon hörte, dass ein schwächelnder Kaiser in Misenum und ein nicht legitimer Nachfolger seiner statt in Rom das Sagen hat?
    Ich glaube nicht, dass ich vor einem Mann sitze, der die Perser nicht gut kennt. Um deine Leiden, Decimus Livianus, beneidet dich kaum jemand, doch ich beneide dich um der Erfahrung und der Stärke, die du von diesem Kampf, mag er auch einseitig mit der Peitsche und den anderen Folterinstrumenten geführt worden sein, erhalten hast. Du bist stärker geworden, du hast dem Feind Auge in Auge gegenüber gestanden, hast seine Sprache fortwährend in den Ohren gehabt, seine Taktiken, seine Persönlichkeit studieren können. Und daher solltest gerade du am besten wissen, wie ein Perser auf solch eine innerrömische Konstellation hinsichtlich der vakanten Kaisernachfolge reagieren würde.
    Sie würden unsere Legionen an den Grenzen überfallen und bis wir unsere kleinen Geplänkel um die Herrschaft hier geklärt haben, ist es zu spät und der Perser steht vor Rom wie einst dieser Hund Hannibal!
    Das werde ich zu verhindern wissen und ich will dich an meiner Seite."

  • Livianus überlegte kurz, ehe er dem Senator eine Antwort gab. Obwohl ihm die Gedanken an seine Peiniger sehr wütend machten, versuchte er einen ruhigen und erhabenen Eindruck zu erwecken. Dennoch klang seine Stimme einen hauch verbittert, wenn auch selbstbewusst und stark.


    "Ich kann dir versichern Furianus. Sollten es die Perser tatsächlich wagen einen Angriff auf das Römische Reich zu starten, so wäre ich der Erste, der den Kaiser um ein Kommando bittet und gegen sie in die Schlacht ziehen würde.


    Ich frage mich jedoch, was du dazu beitragen möchtest und wo ich dich unterstützen könnte?"


    Diese letzte etwas verzögerte Aussage war keinesfalls als Beleidgung gedacht. Doch wusste Livianus, dass der vor ihm sitzende Senator im Laufe seines Lebens keinerlei taktische oder militärische Erfahrung gesammelt hatte. Worauf wollte dieser also hinaus?

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