Io Saturnalia!
Bona Saturnalia!
Io Saturnalia!
IO SATURNALIA
Ein Hoch auf den Hausherrn!
Io Saturnalia!
Lasst uns feiern!
Bona Saturnalia!
Io Saturnalia!
Und so nahm die Riesenfete ihren Lauf ...
Io Saturnalia!
Bona Saturnalia!
Io Saturnalia!
IO SATURNALIA
Ein Hoch auf den Hausherrn!
Io Saturnalia!
Lasst uns feiern!
Bona Saturnalia!
Io Saturnalia!
Und so nahm die Riesenfete ihren Lauf ...
"So da wären wir." meinte die junge Sklavin, die Aristea ins Servitricium geführt hatte" Und dort drüben kannst du schlafen." Sagte sie und deutete auf eine Schlafmatte in einer der Ecken. Währenddessen sah Aristea ein wenig in dem Raum um, dass war also ihr neues Zuhause und die Sklaven die sich mit ihr diesen Raum teilten, waren ein ihrer neuen familia. Sie wusste gar nicht was sie zu erst tun sollte die anderen kennen lernen, Fragen zu ihren neuen Herren und dem Haus stellen, wie sie waren, wie sie die Sklaven behandelten. So stand sie eine Weile etwas unschlüssig herum, eigentlich war sie nur müde und hätte sich am liebsten schlafen gelegt, aber dazu würde es heute Abend sicher nicht so bald kommen.
Gerade wollte Aristea zu ihrem Schlafplatz hinübergehen um sich zumindest ein wenig zu setzen, während sie mit der jungen Sklavin sprach. Als ein anderer Sklave das Servitricium betrat, mit einem schelmischen Grinsen begrüßte er sie gleich mit dem Satz. Na Süße, wenn du willst kannst du gerne auch auf meiner Schlafmatte schlafen."
Das ging ja schon gut los, eigentlich war Aristea solche Sprüche gewohnt, aber gerade jetzt war sie nicht dazu aufgelegt und erwiderte darum sichtlich genervt. "So breit wie du bist, hast du dort doch selbst kaum Platz."
"Mach dir nichts drauß." Meinte die junge Sklavin."Das macht er mit jeder Neuen hier. Wenn du willst zeig ich dir erstmal den restlichen Teil des Hauses."
Große Lust weiter durch die Gegend zu laufen hatte Aristea zwar nicht und das Haus konnte sie auch morgen noch kennenlernen, trotzdem folgte sie der Sklavin dankbar nickend.
Xanthias betrat die Sklavenunterkunft und wollte eigentlich nur mehr eines: endlich wieder einmal in einem Bett schlafen - oder zumindest auf einer halbwegs anständigen Liege, mehr würde den Sklaven hier wohl nicht zur Verfügung stehen. Er konnte sich kaum erinnern, wann er das letzte Mal eine Nacht halbwegs bequem zugebracht hatte. Es musste etliche Wochen her sein. Die Nächte auf Karpatos unter freiem Himmel, im engen und muffigen Deck des Piratenschiffs und schließlich im Verschlag des Sklavenhändlers hatten den verwöhnten griechischen Adeligen ganz schön mitgenommen - war er es doch bis jetzt gewohnt gewesen seine Nächte unter einem Dach, in einem eigenen Zimmer und vor allem bequem zu verbringen. Nach der abgeschlossenen Versteigerung war die Gruppe mit Decima Seiana, Aristea, Demetrios und Xanthias schnurstracks zur Casa Decima marschiert, vorbei an allen Ständen des Mercatus, die Xanthias' Herrin nicht einmal zu notieren schien, vorbei an den gewiefte Händlern, die lautstark ihre Waren anpriesen von Decima Seiana jedoch keines Blickes gewürdigt wurden. Eigentlich war das dem Griechen nur recht, fühlte er sich doch in seinem momentanen Zustand alles andere als wohl. Trotzdem hatte er versucht, so gut wie möglich den Mund zu halten und seine missliche Lage nicht laut kundzutun vor allem, um es sich mit seiner neue Besitzerin nicht schon am ersten Tag zu verscherzen - er konnte sich zwar nicht vorstellen, wie sie ihn für seine vorlaute Zunge bestrafen würde, wollte es aber auch gar nicht aufs Spiel setzen, das allzu bald am eigenen Leib zu erfahren. Also hatte er sich auf dem Weg zur Casa in Schweigen gehüllt, und in Gedanken die letzten Wochen seit dem schrecklichen Unwetter auf hoher See Revue passieren lassen. Außerdem versuchte er sich seine Zukunft auszumalen, was würden wohl nun seine Aufgaben werden, wie würde sein Alltag aussehen? Viele Fragen schossen ihm durch den Kopf, deren Verbalisierung er allerdings auf einen günstigeren Moment verschob. Immer wieder hatte er auf dem Weg zur Casa auch seine beiden Mitsklaven, das Mädchen und den Mann beobachtet, schließlich würde er sich wohl früher oder später mit ihnen unterhalten müssen, wenn er sein restliches Leben nicht in Einsamkeit verbringen wollte. Als sie die Casa schließlich erreichten, konnte der Grieche endlich das von ihm schon so lange ersehnte Bad nehmen, nach dem er sich erfrischt und äußerst gut gelaunt zu einem Gespräch mit seiner neuen Herrin begab. Als auch dieses vorüber und die Sonne bereits längst untergegangen war, fand Xanthias schließlich seinen Weg in die Sklavenunterkunft, und wollte eigentlich einfach nurmehr eine freie Liege finden, um in Ruhe zu schlafen. Zu seiner Verwunderung konnte er im Halbdunkel eigentlich niemanden erkennen, er schien sich allein in dem Raum zu befinden. Möglicherweise schliefen die restlichen Sklaven in anderen Räumen oder waren zurzeit nicht im Haus. Allein in einer Ecke konnte er schemenhaft ein gekrümmtes Etwas auf einer Liege entdecken, womöglich war es einer seiner Mitsklaven, womöglich auch nur ein Berg schmutziger Kleidung. Eigentlich war ihm das im Moment auch egal, Xanthias war so müde, dass er einfach nur mehr schlafen wollte, er steuerte also eine Liege ungefähr in der Mitte des Raumes an, als er plötzlich an einen harten Gegenstand anstieß. Er musste tief durchatmen, um vor Schmerz nicht laut aufzuschreien und verspürte ein starkes Pochen verbunden mit einem stechenden Schmerz an seinem linken Schienbein. Irgendwie schaffte er es dann doch zu der ersehnten Liege zu humpeln, wo er sich erschöpft niederließ. Er wartete noch einige Augenblicke, bis das Pochen einigermaßen nachgelassen hatte und zog sich schließlich die frische Tunika, die man ihm gegeben hatte langsam über die Schultern. Dann legte er sie sorgsam neben der Liege ab, die er sich als Schlafplatz erkoren hatte. Er musterte seinen entbößten Körper. Eigentlich war er ganz zufrieden mit seinem Aussehen, bis auf eine Narbe an seiner linken Brust, die sich von der Schulter bis etwas über seine Brustwarze zog. Diese Narbe war die Folge einer der Wunden, die er sich bei dem schrecklichen Unwetter, das dem Rest seiner Familie das Leben gekostet hatte, zugezogen hatte. Langsam ließ er sich am Bett nieder und sinnierte über sein Leben, als sich plötzlich das Knäuel in der dunklen Ecke des Raumes zu bewegen schien.
Da Seiana mit dem neuen Sklaven sprach und angedeutet hatte, dass sie Aristea heute Abend nicht mehr brauchen würde und es ausnahmsweise auch sonst keine Aufgaben im Haus für Aristea gab, war sie früher in die Sklavenunterkunft gegangen um mal etwas mehr Schlaf zu bekommen. Leider ließ sich ihr Vorhaben nur nicht so leicht in die Tat umsetzen und Aristea lag noch eine ganze Weile wach, entweder lag es daran, dass sie es nicht gewöhnt war so früh schlafen zu gehen oder ihr fehlte die sonst übliche, durch die anderen Sklaven verursachte Geräuschkulisse. Gerade war sie dabei langsam einzudösen, als sie ein dumpfes Geräusch wieder vollends weckte. Einen Moment brauchte sie um sich zu orientieren, dann konnte sie eine Silhouette im Raum ausmachen. Ja das musste der Verursacher des Geräuschs sein. Sie schaute eine ganze Weile zu ihm herüber und hatte deswegen ein leicht schlechtes Gewissen, da sie sich wie ein Spanner fühlte, denn ihr Gegenüber wähnte sich allein, allein mit seinen Gedanken, allein in der Dunkelheit und sie hatte nun das Gefühl durch ihre Anwesenheit, in dieses bisschen Privatsphäre einzudringen, an einem Ort an dem es sowieso kaum so etwas wie Privatsphäre gab. Schließlich entschloß sie sich doch dazu, auf sich aufmerksam zumachen, indem sie sich aufsetzte, wobei sie ihre Bettdecke allerdings mit nach oben zog.
Im Halbdunkeln war der andere nicht sicher zu erkennen, den Umrissen nach konnte es Xanthias sein, aber sicher war sie sich nicht, sie war sich nur sicher, dass es ein Mann sein musste. Trotzdem entschloss sie sich ihn auf griechisch anzusprechen, falls sie mit ihrer Vermutung recht hatte, würde es ihn sicher freuen in seiner Muttersprache reden zu können, falls er es nicht war würde sie sich damit herausreden können, dass sie sich eben geirrt hatte.
"Kannst du oder willst du nicht schlafen?"
Die Frage war auch für den Fall, dass sie sich irrte allgemein genug gewählt.
Erschrocken über die plötzliche Bewegung und die griechische Anrede schreckte Xanthias aus seinen Gedanken auf, dachte im ersten Moment allerdings gar nicht daran, schnell wieder in seine Tunika zu schlüpfen oder zumindest die Decke hochzuziehen, so erstaunt war er über die griechischen Worte. Andererseits war im Dunkel ohnehin nichts zu erkennen, hatte er selbst doch bis jetzt nicht bemerkt, dass er nicht allein im Raum war. Die Stimme musste seiner jungen Mitsklavin gehören, wie war ihr Name nochmal … Aristea oder so? Anscheinend trug sie nicht nur einen griechischen Namen, sondern war auch seiner Muttersprache mächtig. Die griechischen Worte, so belanglos sie auch waren ließen in ihm warme Gefühle an seine Heimat, seine Familie aufsteigen. Die Bilder von seinen Eltern und Geschwistern, vor allem seiner süßen kleinen Schwester schienen ihn zu überwältigen, die schönen Sommertage auf ihrem Gut in Phokis, die Nächte in denen sie gemeinsam musiziert, gesungen auch philosophiert hatten, dann die Seefahrt, das schreckliche Unwetter. Nun waren alle tot. Nur mit Mühe konnte er Tränen unterdrücken, musste tief schlucken.
„Aristea … bist du das?“ fragte er mit belegter Stimme auf Griechisch in die Dunkelheit.
"Ja, bin ich. Ist bei dir alles in Ordnung?" fragte sie und in ihrer Stimme schwang ein wenig Besorgnis mit. Eigentlich war die Frage überflüssig, sie konnte an seiner Stimme hören, dass bei ihm vermutlich nicht alles in Ordnung war, aber sie erwartete auch keine ehrliche Antwort von ihm. Vielmehr wollte sie, dass er das Gefühl hatte, das sich jemand dafür interessierte wie es ihm ging. Unabhängig davon, was sie heute auf dem Markt über ihn gedacht hatte und wie er sonst vielleicht sein mochte. Er war neu als Sklave und das war keine einfache Situation, unabhängig davon, was er vielleicht vorher schon erlebt bzw. durchgemacht haben mochte. Es war etwas, dass sie vorher schon bei anderen erlebt hatte und in das sie sich einfühlen konnte, auch wenn sie es selbst, dadurch das sie in der Sklaverei geboren worden nie so erlebt hatte.
Ansonsten tat sie nichts und blieb einfach auf ihrem Bett sitzen. Schließlich kannten sie sich nicht und wäre sie aufgestanden und zu ihm hinüber gegangen, hätte sie das als zu aufdringlich empfunden. Sie wollte ihm lieber die Möglichkeit lassen, mit seinen Gefühlen allein zu sein, wenn er es wollte. Von daher war es hilfreich, dass es so dunkel im Zimmer war, die Dunkelheit bot eine Art Schutz und beiden im Notfall die Möglichkeit so zu tun, als ob nichts wäre.
Es tat gut, Griechisch zu hören. Im Moment war das wohl auch das einzige, was Xanthias von seiner Vergangenheit geblieben war, seine Muttersprache. Und Erinnerungen. Ob mit ihm alles in Ordnung wäre, fragte die junge Sklavin. Xanthias wusste nicht was er antworten sollte. Natürlich war überhaupt nichts in Ordnung, er war schließlich von einem Tag auf den anderen Vollwaise geworden und dann, als ob das nicht genug des Übels wäre, hatten ihn auch noch Römer, ausgerechnet Römer, versklavt und in diese abscheuliche Stadt verschleppt – doch das konnte sie alles nicht wissen und Xanthias wusste auch gar nicht, ob sie es überhaupt wissen sollte. Er war nicht der Typ, der vor fremden Menschen sein Herz ausschüttete, sie mit seinem Kummer zumüllte, ganz im Gegenteil, er verlor sonst nie die Fassung, bewahrte immer Haltung, schluckte alles hinunter. Emotionale Gefühlsausbrüche waren nicht sein Ding, er war durch und durch Epikureer, sein Ziel war die hedone, ein Leben im heiteren Genuss, in dem Leidenschaftsausbrüche nichts zu suchen hatten. Doch seine Einstellung war erschüttert worden, zuerst durch die schreckliche Katastrophe auf hoher See und dann durch die darauf folgenden Ereignisse. Epikur lehrte, dass die Götter in den Intermundien sich nicht um die Menschen kümmerten, was aber sollte das, was ihm widerfahren war, anderes sein, als eine Strafe der Götter?
Und nun saß er hier, und der einzige Mensch mit dem er sich unterhalten konnte war eine junge Skavin … Aristea – eigentlich ein wunderschöner Name.
„Stammst du aus Griechenland?“ die nächste Frage in die Dunkelheit.
Wie sehr hoffte er, dass es so wäre … Er war ganz still um zu hören ob sie überhaupt noch wach war, tat es doch so gut, ihre Stimme, griechische Worte zu hören.
Aristea hätte Xanthias Frage zu gerne mit ja beantwortet, nicht weil er sich eine solche Antwort vermutlich wünschte, sondern weil sie jetzt einfach nirgendwo wirklich dazu gehörte, sie war keine Griechin und erst recht keine Römerin, dass einzige was sie war, war eine Sklavin in Rom.
"Nein, meine Mutter war Griechin, sie wurde noch vor meiner Geburt als Sklavin nach Rom gebracht. Ich bin bei ihr hier in der Stadt aufgewachsen."
Aristeas Vater war ein syrischer Sklave gewesen, aber ihre Mutter hatte kaum über ihn gesprochen, dafür hatte sie viele Geschichten über Griechenland erzählt. Sie hatte diese Geschichten immer gerne gehört, aber sie wollte Xanthias nicht darum bitten über Griechenland zu berichten, dass hieße nur in offenen Wunden zu bohren. Sie lehnte sich mit dem Rücken zurück gegen die Wand, um diese Jahreszeit, war es in Rom schon recht heiß, die Wand dafür aber noch angenehm kühl. Während sie eine leichte Gänsehaut bekam, überlegte sie ob sie eine der Fragen stellen sollte, die sie schon den ganzen Nachmittag über beschäftigt hatten. Gut im Zweifel konnte Xanthias sie einfach nicht beantworten wie die Frage zuvor.
"Warum hast du das auf dem Sklavenmarkt heute eigentlich gesagt? Ist es dir wirklich so egal was mit dir passiert?"
Das er die Römer nicht mochte hatte sie verstanden, aber warum lag ihm so wenig an seinem eigenen Schicksal.
Xanthias sackte wieder etwas zusammen, hatte sich wohl zu große Hoffnungen gemacht ... wäre auch zu schön gewesen, hätte er zufällig bereits am ersten Tag seines neuen Lebens als Sklave jemanden kennengelernt, mit dem er gemeinsam von Griechenland schwärmen und in alten Erinnerungen schwelgen könnte. Aber Aristea sprach Griechisch .... und nicht schlecht fand Xanthias, auch wenn ihre Aussprache etwas seltsam, ungewöhnlich, man könnte auch sagen außergewöhnlich klang, nicht schlecht, nur eben ungewohnt, wie das eben ist, wenn man Sprachen nicht tagtäglich benutzt. Nichtsdestotrotz fand Xanthias ihr Griechisch schön, sie schien Gespür für die Melodie der Sprache, die Poesie, die Lyrik, die griechischen Worten unweigerlich innewohnt, zu haben - kein Wunder war es doch im wahrsten Sinne des Wortes ihre Muttersprache.
Aristea war also in Rom aufgewachsen - schade, denn so hatte sie nie das Paradies auf Erden, wie Xanthias seine Heimat gerne nannte, kennengelernt, die im Sonnenschein strahlenden Kykladen, die sanften Weinhänge, die Berge in Phokis. Und wieder glitt der Grieche ab ins Reich seiner Erinnerungen, in das Meer von Bildern seiner Heimat, seiner Familie. Erst eine weitere Frage von der anderen Seite des Raumes holte Xanthias wieder auf den harten Boden der römischen Realität zurück.
Am Sklavenmarkt ... es schien für ihn bereits eine Ewigkeit her zu sein. Was hatte er gesagt? Ah, sie meinte wohl die Beleidigung, die er dem römischen Senator an den Kopf geworfen und die Ode die er zitiert hatte. Kurz besann er sich ob er die Frage wirklich beantworten sollte, doch eigentlich war ihm bereits alles relativ egal und womöglich war Aristea ohnehin die einzige Person, der er sich anvertrauen konnte, also begann er langsam: "Ja, ... heute am Markt war mir womöglich wirklich alles egal, ich war einfach unglaublich zornig. .... Aber lass mich von vorne beginnen, vielleicht kannst du mich dann verstehen." Wahrscheinlich hatte sie weder Interesse an seiner Geschichte noch an all den anderen Sachen, die jetzt kommen würden, doch Xanthias hatte beschlossen sich zu öffnen also gab es jetzt kein zurück mehr.
"Ich stamme aus Phokis, meine Eltern besaßen dort ein großes Landgut waren hoch geehrt in der Region und auch weit über Delphi hinaus. Mein Leben war wunderbar, ich konnte mich zur Gänze auf meine Studien konzentrieren, die ich auch intensiv betrieb. Religion, Geschichte, Philosophie, Poesie, Musik - meine Interessen waren vielfältig und umfassten wohl alle Bereiche griechischer Kultur. Je weiter ich eindrang in die Geschichte und Philosophie Griechenlands, umso bewusster wurde mir, dass eigentlich nicht Rom es verdient hatte, als "urbs aeterna" und Nabel der Welt bezeichnet zu werden, sondern Athen. Hier wurden bereits unglaubliche geistige Leistungen vollbracht, als die Römer nichts weiter taten als ihre Felder zu bestellen. Dennoch hatte sich das römische Reich zu einem ungeheuren Monster entwickelt, das andere Länder und Kulturen verschlang und sich in rasantem Tempo rings um das ganze Mittelmeer ausbreitete. Nicht genug, dass sie den Griechen ihre Freiheit nahmen, nein auch unsere Kultur, unsere Philosophie, ja selbst unsere Götter haben sie gestohlen und als ihre eigenen ausgegeben."
Hier musste Xanthias eine kurze Pause einlegen und sich auf sein eigentliches Vorhaben besinnen, zu leicht geriet er in hitzige Gemütsausbrüche, wenn es um Rom ging. "Aber genug davon. Vor einigen Wochen also, unternahm meine Familie eine Reise nach Paphos, vor der Küste Karpathos' allerdings geriet unser Schiff in ein Unwetter, bei dem meine gesamte Familie ums Leben kam, nur durch ein Wunder - nein - eher einen Fluch der Götter überlebte ich, strandete auf Karpathos und schlug mich einige Tage in freier Wildnis durch, ohne einer Menschenseele zu begegnen, bis ich eines morgens aufwachte und mich umringt von einer Gruppe übel aussehender, brutaler Männer wiederfand, die mich schließlich auf ein Schiff zerrten und nach Rom - ausgerechnet nach Rom brachten, wo ich dann durch dreckige Gassen auf den Markt geführt und wie eine Ware auf einem Podest feilgeboten wurde. Ich, der ich mein ganzes Leben selbst bedient wurde, der man mir den größten Respekt, wegen meiner Abstammung aber auch wegen meiner eigenen Leistungen, entgegenbrachte. Als dann dieser Senator eine Darbietung meines Könnens forderte, wie wenn man von einem dressierten Tier Kunststücke sehen will, explodierte ich. Ein Römer, so wichtig und mächtig er auch sein mochte, wagte es doch tatsächlich einen Griechen, einen Abkömmling jenes Volkes, dem sie nahezu alle Bereiche ihrer Existenz verdanken, wie ein dressiertes Tier zu behandeln. - Nun, ich machte meinem Ärger Luft. Wie, hast du ja selbst bemerkt."
Xanthias hielt inne. Jetzt war es geschehen und konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden, er hatte seine Lebensgeschichte einer nahezu wildfremden römischen Sklavin anvertraut, allein aufgrund der Tatsache, dass sie schönes Griechisch sprach und Anteil an seiner misslichen Lage zu nehmen schien.
Noch bevor Aristea antworten konnte hatte Xanthias sich allerdings schon wieder gefasst und besann sich seiner epikureischen Einstellung. "Aber genug von mir." begann er aufmunternd "Erzähl mir doch bitte ein wenig von dir, aber nicht von deiner Vergangenheit." - Die sicherlich schrecklich gewesen war, und schreckliche Dinge konnten seine Stimmung jetzt sicherlich nicht bessern. "Erzähl mir lieber von Dingen, die du gerne tust, von Menschen die du liebst, von schönen Momenten."
"Natürlich nur, wenn du willst." fügte er hinzu, denn das letzte was er wollte war sich anderen Menschen aufzudringen. Insgeheim jedoch wünschte er im Moment nichts mehr, als dass Aristea wenigstens ein bisschen erzählen würde, egal wovon, doch es war schön, ihrer Stimme zu lauschen und sich in der Dunkelheit eigene Bilder zu formen.
Trotz der Dunkelheit im Raum, gab es noch genug Licht, so dass Aristea zumindest Xanthias Umrisse erkennen konnte und so entging ihr auch nicht, wie er bei ihrer Antwort, dass sie nicht aus Griechenland stammte leicht in sich zusammensackte. Sicher konnte sie seinen Wunsch nach einem Landsmann mit dem er sprechen konnte verstehen, dennoch versetzte es ihr einen leichten Stich.
Vermutlich hätte sie Seiana von seiner Einstellung zu Rom erzählen müssen. Aber waren das wirklich so große Neuigkeiten für ihre Domina? Sie musste sich zumindest nach seinen Äußerungen auf dem Sklavenmarkt denken können, dass er den Römern gegenüber nicht so positiv eingestellt war und das traf wohl für einen Teil römischer Sklaven zu. Hmm vielleicht wären die Gründe für seine Wut auf Rom interessant gewesen, aber irgendwie widerstrebte es ihr, dass was er ihr scheinbar gerade im Vertrauen erzählt hatte an ihre Herrin weiterzuleiten.
Wobei sie sich nicht sicher war, ob Xanthias so etwas wert schätzen würde, nachdem was er erzählt hatte schien er sich für etwas Besseres zu halten. Dabei saßen sie beide eigentlich im selben Boot. Ganz unabhängig davon, was er früher gewesen war, waren sie beide Sklaven in Rom. Allerdings hielt sie es nicht für klug, ihm das jetzt zu sagen, genauso wie ihn darauf hinzu weisen, dass ein Römer noch ganz andere Wünsche an ihn richten konnte, als nur den Vortrag eines Gedichts. Es wäre nur schmerzvoll für ihn und schmerzvolle Momente hatte es in seinem Leben in letzter Zeit mehr als genug gegeben. Es musste schwer für ihn sein, schließlich hatte er sein altes Leben und seine ganze Familie verloren, nur sein nacktes Leben war ihm geblieben. Wahrscheinlich war das auch ein Grund dafür, dass sie den Gedanken Seiana von diesem Gespräch zu erzählen ablehnte. Ja sie nahm in gewisser Weise an seinem Schicksal anteil, auch wenn sie sicher nicht nach empfinden konnte wie er sich fühlen musste.
"Du wirst sicher noch andere Griechen in Rom treffen" versuchte sie ihn ein wenig aufzumuntern, denn ihr war klar, dass er nicht wollte, dass sie sich zu seiner Lebensgeschichte äußerte, sonst hätte er gewartet bis sie etwas dazu gesagt hätte und nicht gleich die Bitte angeschlossen, sie solle von etwas Schönem erzählen. Vielleicht bereute er auch schon ihr das Alles erzählt zu haben."Demetrios, der heute auf dem Sklavenmarkt dabei war ist zum Beispiel Grieche." Auch wenn Aristea nicht wusste ob und wie lange er in Griechenland gelebt hatte."Und Demokedes, der für mich immer so eine Art Ziehvater war stammt auch aus Griechenland. Leider lebt er nicht in dieser Casa, genauso wie meine Freundin Tomyris, aber sie sind beide hier in Rom. Ich wünschte nur ich könnte sie öfter sehen..." Es war schön mit Demokedes über ihre Mutter zu sprechen und er gab ihr auch oft gute Ratschläge, aber Xanthias möglichst etwas positives hören, darum erzählte sie lieber weiter von ihrer Freundin."Vorallem da man mit Tomyris viel Spaß haben kann, sogar bei der Arbeit. Sie ist unheimlich aufgeschlossen und kommt schnell mit anderen Leuten in Kontakt. Es gibt Leute die sie als etwas zu Vorlaut bezeichnen würden, aber sie würde mir immer helfen wenn ich ein Problem hätte oder wenn sie das nicht kann mir zumindest zuhören. Ich hätte sie auch mitten in der Nacht wecken können und es wäre ihr egal gewesen glaube ich...Hier in der Casa sind meine Lieblingsorte der Garten und die Bibliothek, Seiana hat mir erlaubt sie in meiner Freizeit zu benutzen, ich hatte noch nicht viel Gelegenheit dazu, aber ich würde gerne mehr lesen. Der Garten hat meiner Meinung nach eine besondere Atmosphäre, die Pflanzen und man kann den Himmel sehen, gerade abends kann man dort ein paar schöne Farbspiele beobachten. Es gibt in Rom zwar einige größere Gärten, aber trotzdem gibt es hier sicher nicht so viel grün, wie in deiner Heimat. Gerade wenn vorher in den Straßen Roms unterwegs war, ist es schön in den Garten zu kommen."
Sie machte eine kurze Pause für den Fall das Xanthias etwas sagen wollte, ansonsten würde sie weitererzählen.
Tatsächlich begann die junge Sklavin zu erzählen und wusste wahrscheinlich nicht im Geringsten wie gut sie Xanthias damit tat. Und sie malte bunte Bilder in die tiefschwarze Nacht. Tomyris, Demokedes ... Xanthias freute sich, griechische Namen zu hören. Er konnte es kaum erwarten diese Menschen auch kennen zu lernen, vor allem Tomyris schien eine wunderbare junge Frau zu sein. Dann begann Aristea von ihren Lieblingsplätzen in der Casa zu erzählen ... vom Garten und der Bibliothek. Xanthias würde morgen wohl versuchen, diese Orte aufsuchen, wenn es ihm gestattet sein würde. Heute musste er sich damit begnügen, in seiner Phantasie Bilder des Garten mit all den exotischen Pflanzen und der Bibliothek mit den alten Schriften zu entwerfen und die tatsächliche Bekanntschaft mit den Orten auf den nächsten Tag zu verschieben. Tief versank er in Gedanken in Griechenlands grüne Haine, in römische Gärten, gleich Oasen in einer Wüste aus Staub und Dreck - Rom.
Plötzlich hielt Aristea inne.
Xanthias hielt die Augen geschlossen. Hoffte inständig, dass sie nicht aufhören würde. Nur noch ein bisschen, ein paar Minuten wollte er ihrer Stimme, den griechischen Worten lauschen.
Xanthias sagte nichts.Aristea wartete noch einen kurzen Augenblick und lauschte in die Dunkelheit, seine Atmung war genauso wie vorher, sie war nicht ruhiger oder gleichmäßiger geworden, somit war er sicher nicht eingeschlafen, außerdem saß er dort noch immer genauso wie vorher. Also machte sie sich daran weiterzuerzählen.
"Jemand hat mir einmal von einem Garten erzählt, indem es so viele Pflanzen und Brunnen geben soll, dass es dort selbst im Sommer angenehm kühl ist. Wenn man den Garten betritt soll es so sein, als würde man eine andere Welt betreten, außerhalb ist es heiß und die wenigen Pflanzen wurden von der Sonne versengt, aber innen ist alles grün und die Luft angenehm und erfrischend. Mit meinen eigenen Augen, habe ich es allerdings noch nicht gesehen."
Sie überlegte mit welchen Schilderungen sie ihn als nächstes ein wenig ablenken könnte. Der Tag an dem sie das erste Mal das Meer gesehen hatte erschien ihr ausgesprochen ungeeignet, schließlich hatte er Schiffbruch erlitten. Welche schönen Momente hatte sie noch erlebt? Die meisten kamen ihr im Nachhinein betrachtet so banal und so wenig berichtenswert vor. Schön war ihr erster Kuss gewesen, aber davon wollte sie nicht erzählen, denn mit der Erinnerung daran kamen auch spätere weniger schöne Momente in ihr Bewusstsein zurück. Sie entschloss sich schließlich von den Saturnalien zu berichten.
"Du hast schon von den Saturnalien gehört? Ich glaube in Griechenland feiert man sie nicht. Für Sklaven sind sie etwas ganz besonderes und ich freue mich ehrlich gesagt schon das ganze Jahr auf sie. Wir können dann feiern, uns ausruhen und sind mit unseren Herren gleichgestellt. Überall in der Stadt wird gefeiert und es gibt Gladiatorenspiele. Bei meiner früheren familia gab es immer ein großes Festmahl, mit Speisen die wir als Sklaven sonst eher nicht bekamen. Wir haben uns untereinander manchmal auch kleine Geschenke gemacht. Ich glaube meine schönsten Saturnalien waren als ich 13 Jahre alt war. Meine Mutter schenkte mir damals, einen verzierten Kamm für meine Haare und meinte ich könnte ihn sicher gut gebrauchen, da ich nun langsam eine Frau werden würde. Ich habe den Kamm heute noch. Wie alt bist du eigentlich?"
Richtete sie nun eine Frage an Xanthias.
Xanthias' stilles Flehen wurde erhört. Aristea begann weiterzuerzählen, von einem wunderbaren Garten in dem in paradiesischer Fülle Planzen wuchsen und eine angenehme Kühle herrschte. Wie sehr wünschte sich Xanthias in diesem Moment aus der drückenden Enge der Sklavenunterkunft an diesen wunderbaren Ort den er in seinen Gedanken mit den prächtigsten Farben ausmalte. Er spazierte durch den Garten vorbei an allerlei duftenden Blüten, an Brunnen, die kunstvoll angeordnet Wasser sprudeln ließen und den Vorbeistreifenden zum Verweilen einluden. In Gedanken ließ er sich am Rande solch eines Brunnens nieder und tauchte mit der Hand ein in das kühle Naß. Langsam zog er die Finger wieder aus dem Wasser und beobachtete wie sich die Sonnenstrahlen in den Wassertropfen an seinen Fingerspitzen brachen und diese in tausend Farben glitzern ließen.
Aristea hatte schon längst aufgehört von dem Garten zu erzählen, als Xanthias erst aus seinem Traum zurückkehrte. Sie schien zu überlegen, wovon sie noch berichten könnte. Nach einer Weile begann sie von den Saturnalien zu erzählen.
"23" beantwortete Xanthias die Frage nach seinem Alter auf Griechisch.
"Von den Saturnalien habe ich gehört. Bei uns in Griechenland feiern wir ein ähnliches Fest, die Kronien. Allerdings unterschieden sich die Kronien in unserem Haushalt nicht besonders von anderen Tagen, da die Sklaven ohnehin das ganze Jahr hindurch an den Symposien teilnehmen und auch sonst viel Zeit mit uns verbringen.""...verbrachten." korrigierte er sich und wieder drang ein nicht enden wollender Strom von Bildern auf ihn ein von all den wunderbaren Dingen, die er nie wieder erleben würde.
Überrascht stellte Aristea fest, dass Xanthias und sie genau gleich alt waren, sie hatte sich zwar gedacht das sie ungefähr gleich alt sein mussten, aber so genau konnte man das natürlich nie sagen. Leider hatte sie bei dem zweiten Teil ihrer Erzählungen wohl doch ein unglückliches Thema gewählt und ihn so wieder an seine Familie erinnert. Allein die Tatsache, dass er sich am Ende des Satzes korrigieren musste, führte ihm sicher wieder vor Augen, dass das von dem er sprach vorbei war. Darum entschloss sie sich das Thema besser ruhen zu lassen, auch wenn sie gern noch etwas über das Leben in seiner Familie erfahren hätte.
"Es tut mir leid, ich wollte dich nicht an deine Heimat erinnern." dabei lag ehrliches Bedauern in ihrer Stimme"Ich weiß, dass auch schöne Erinnerungen sowohl Segen als auch Fluch sein können. Man hat das Gefühl, sie wären, das Einzige was einen von dunklen Orten wegbringen könnte und auch das Einzige was einem geblieben ist, aber wenn man sich ihnen zu lange hingibt, geht es einem meist nur noch schlechter."
Aristea schob die Bettdecke beiseite und setzte sich auf den Rand der Liege. Das Erzählen hatte sie durstig gemacht und sie wollte aufstehen um sich etwas Wasser zu holen.
"Ich hol mir etwas Wasser, soll ich dir irgendetwas mitbringen?"
Schöne Erinnerungen. Tatsächlich schienen sie das Einzige zu sein, das Xanthias von seinem früheren Leben geblieben war. Vielleicht würde er sich eines Tages soweit unter Kontrolle haben, sich ihnen nicht mehr ganz hingeben zu müssen, im Moment jedoch drangen sie mit solch unbändiger Gewalt auf ihn ein, dass er seinen Geist nicht vor ihnen verschließen konnte, selbst wenn er gewollt hätte.
Mit einem Arm wischte er die Tränen aus seinem Gesicht und war wieder einmal froh, dass es in der Unterkunft so dunkel war, wollte er sich doch nicht bereits beim ersten Gespräch mit seiner Mitsklavin als Weichling präsentieren. Stattdessen erhob er sich von der Liege, besann sich wieder auf seine hervorragende Erziehung und seinen Charakter und entgegnete der Sklavin: "Nein Aristea, bleib hier, ich will uns etwas zu Trinken holen." Doch schon als die Worte so voreilig seinen Mund verlassen hatten wurde ihm bewusst, dass er nichteinmal wusste, wo er um diese Zeit etwas Wasser bekommen könnte.
"Das heißt, wenn ich wüsste, wo es etwas zu bekommen gibt ..." Und mit fragenden Augen blickte er in ihre Richtung, in der Hoffnung, dass sie anbieten würde, ihn zu begleiten.
Die Tatsache, dass er offensichtlich galant sein wollte und beabsichtigte für sie beide das Wasser holen, brachte Aristea zum Lächeln. Sie musste an seine Vorstellung auf dem Markt denken, er hatte zu Hause wohl wirklich gute Umgangsformen gelernt und legte nun ein Benehmen an den Tag, dass sie von Männern ihr gegenüber nicht immer gewohnt war. Trotzdem stand sie entschieden auf und zog sich ihre Tunika über.
"Ich schlage vor, ich sehe dein Angebot nicht nur als guten Willen sondern als quasi in die Tat umgesetzt an und gehe trotzdem. Ich meine es wird so bald nicht wieder passieren, dass sich jemand anbieten wird etwas für dich zu holen. Da solltest du die Gelegenheit jetzt nutzen." Außerdem hatte sie im Laufe des Gesprächs gemerkt das es ihm wirklich nicht gut ging, da wollte sie einfach etwas Nettes für ihn tun. "Morgen zeige ich dir dann, wo alles in der Casa ist und beim nächsten Mal gehst du." fügte sie diplomatisch hinzu und hoffte das er ihren Vorschlag so eher akzeptieren würde.
Überwältigt von ihrer Entschiedenheit ließ sich Xanthias wieder auf seiner Liege nieder. Ihr Vorschlag, sein Angebot als "quasi in die Tat umgesetzt" zu betrachten ließ in lächeln.
"Also in Ordnung. Ich warte hier. Allerdings nur unter der Bedingung, dass du mir morgen wirklich die Casa zeigst!" ließ er sich überreden, was jedoch weniger daran lag, dass er keine Lust hatte, Wasser zu holen sondern vielmehr daran, dass er tatsächlich nicht die geringste Ahung hatte, wo er es jetzt her bekommen könnte.
Also hatte sie ihn doch überzeugen können, sie gehen zu lassen. Sie war auch ganz froh, dass er nicht zäher verhandelt hatte, mit seiner Bedingung konnte sie gut leben.
"Versprochen ich werde dir morgen die Casa zeigen, zumindest wenn man mir keine andere Aufgabe gibt und Demetrios mich lässt und sich nicht zu sehr aufdrängt die Aufgabe selbst zu übernehmen."
Also machte sie sich langsam auf den Weg zur Tür des Servitriciuums, sie war zwar selbst noch nicht solange in der Casa, aber den Weg dorthin kannte sie inzwischen gut genug um ihn auch im Dunkeln zu finden, auch wenn sie sich lieber noch etwas vorsichtig vortastete. Schließlich hatte sie die Tür ohne blaue Flecke davon zutragen erreicht und machte sich auf den Weg Richtung Küche, dort konnte man auch um diese Zeit noch Wasser bekommen, da die Tür nie abgeschlossen wurde. Nach einiger Zeit kehrte sie mit zwei Bechern aus Ton, die mit Wasser gefüllt waren wieder zurück, ließ aber diesmal die Tür des Servitriciuums einen Spalt breit auf, so dass Licht vom Flur in den Raum fallen konnte. Ihre Augen hatten sich nach dem Ausflug in die Küche noch nicht wieder an die Dunkelheit gewöhnt und so konnte sie den Weg leichter finden und auch Xanthias in dem Zimmer leichte ausmachen. Schließlich hatte sie sein Lager erreicht und blieb vor ihm stehen.
"Hier für dich."
Sagte sie mit einem Lächeln und hielt ihm einen der beiden Becher entgegen.
"Es ist leider wirklich nur Wasser, auch wenn für dich der Saft von Schlafmohn vermutlich besser gewesen wäre."
Zumindest war Aristea überzeugt davon, dass Xanthias heute Nacht nur dann einschlafen würde, wenn die Erschöpfung ihn völlig übermannte und das konnte eine ganze Weile dauern, wenn überhaupt.
Aristea schien froh zu sein, dass er nicht darauf bestanden hatte, das Wasser selbst zu holen, vielleicht brauchte sie auch einfach etwas frische Luft. Oder Abstand, Distanz. Sie stimmte seiner Bedingung zu, ihm morgen die Casa zu zeigen, allerdings nur, wenn sie etwas Freizeit haben und Demetrios sie lassen würde. Dieser Demetrios, obwohl ein Grieche wie Xanthias, hatte bei ihm keinen guten Eindruck hinterlassen. Schon am Markt hatte er ihn etwas misstrauisch angeblickt und auch den restlichen Tag war er sehr wortkarg gewesen. Ganz anders als Aristea, die sich inzwischen ihren Weg durchs Servitriciuum gebahnt und die Tür beim Hinausgehen einen Spalt weit offen stehen gelassen hatte.
Es würde wohl ein bisschen dauern, bis sie wiederkam, also begann Xanthias sich Gedanken zu machen. Er hatte Aristea schon viel über sich erzählt. Vielleicht zu viel für die kurze Zeit, die sie sich erst kannten. Allerdings hatte auch sie von persönlichen Dingen gesprochen. Sie schien ein freundliches Wesen zu sein, wohl auch ungefähr so alt wie Xanthias, er hatte sie allerdings noch nicht nach ihrem genauen Alter gefragt. Und es war wunderbar mit ihr zu sprechen, ihre Stimme klang noch immer in Xanthias' Kopf, die griechischen Wörter gaben ihm ein heimeliges Gefühl. Eigentlich war er froh, sich der jungen Sklavin so sehr anvertraut zu haben, mit irgendjemandem musste er ja reden und er hätte sich wohl keine angenehmere Gesprächspartnerin wünschen können.
Als Aristea den Raum wieder betrat, schreckte Xanthias aus seinen Betrachtungen hoch. Im Lichtstrahl der durch die Tür fiel konnte er sie genauer betrachten. Sie war schön. Ihre Gestalt, die Bewegungen, die Züge hatten etwas Griechisches wenn auch nicht zur Gänze. Wer war wohl ihr Vater gewesen? Sie näherte sich der Liege mit einer Sicherheit und Eleganz in ihren Bewegungen, die Xanthias ihr ob der späten Stunde und der Tatsache, dass sie einen relativ dunklen Raum - inzwischen etwas erhellt durch das Licht von der Tür - betreten hatte, gar nicht zugetraut hätte.
Mit einem Lächeln auf den Lippen reichte sie dem Griechen den Becher, der ihn gerne annahm. Kurz berührten sich ihre Hände. "Danke" sagte Xanthias auf Griechisch, als Aristea ihre Hand wegzog.
Aristea bemerkte wie ihre Finger einander kurz streiften, als sie Xanthias den Becher reichte und sie fragte sich wie ihr Gespräch wohl weiter verlaufen würde, da sie sich jetzt sehen und berühren konnten. Sie war zumindest davon überzeugt, dass Xanthias ihr einiges nicht erzählt hätte, wenn es vorher schon so gewesen wäre.
Apropro sehen, es war schon das zweite Mal heute, dass sie Xanthias mit entblöstem Oberkörper sah. Da sie es als unpassend für den Moment empfand, wenn sie ihn länger betrachtet hätte, erlaubt sie sich nur einen flüchtigen Blick und konzentrierte sich lieber auf sein Gesicht. Dieser Blick hatte allerdings gereicht um festzustellen, dass er eine noch recht frisch aussehende Narbe hatte, die ihr am Nachmittag gar nicht aufgefallen war obwohl sie sich über seine gesamte linke Brust zog und vermutlich von den Ereignissen der letzten Zeit herrührte. Sein Gesicht war dagegen, von solchen Verletzungen verschont geblieben, er hatte schöne Gesichtszüge, die zu einem intelligenten und gebildeten jungen Mann passten. Obwohl seine braunen Augen im Halbdunkel des Zimmer fast schwarz wirkten, konnte man immer noch den traurigen Ausdruck in ihnen erkennen und der Schmerz der in ihnen lag, würde wohl nicht so schnell verschwinden.
"Was dein Aussehen angeht hast du von heute Nachmittag auf dem Markt bis jetzt eine ziemliche Entwicklung durch gemacht, eindeutig zum Besseren hin und du riechst auch besser..." fügte sie mit einem schelmischen Grinsen hinzu. Vielleicht würde sie ihn mit dieser Bemerkung ein wenig zum Lächeln bringen.
"Nur deine Handgelenke sind noch immer ziemlich in Mitleidenschaft gezogen." stellte sie nach einer kurzen Pause fest.
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