• Eine Sänfte bahnte sich den Weg zum Stammsitz der Gens Didia, geladen hatte sie eine junge Frau, die die letzten Jahre in Griechenland zugebracht hatte. Ihre himmelblauen Augen sogen alles in sich auf, was sich langsam an ihr vorbeischob und die Eindrücke ihrer Sinne gaben ihr dieses unverkennbare Gefühl der Heimkehr.


    Das Gefährt senkte sich und Caesonia, in ein schlichtes Gewand gehüllt, das von einem dünnen, farbigen Tuch überhangen war, ging auf den Eingang des Gebäudes zu, um mit klopfendem Herzen anzuklopfen.

  • Der Ianitor hatte es sich gerade schön auf seinem Stuhl gleich hinter der Haustür bequem gemacht, als ihn ein Klopfen aus seinem Schlummer riß. Nach einem kurzen Moment des Zu-Sich-Kommens öffnete er die Tür.


    Seine Augen wurden von der Sonne und von der Schönheit geblendet, welche er jetzt erblickte.


    "Salve." begrüßte der Sklave die Unbekannte und schaute sie interessiert an. Nicht zu aufdringlich natürlich. ;)


    "Womit kann ich euch dienen?"

  • Mit ineinandergelegten Händen grüßte auch Caesonia ihr Gegenüber und genoss offensichtlich auch die Neugier, die ihr wie so häufig zuteil wurde. Sie lächelte, verschwendete aber nicht zu viel ihrer Fröhlichkeit.


    "Indem du dem Hausherren davon Kenntnis setzt, dass seine Tochter aus Griechenland heimgelehrt ist."

  • Ihr Lächeln ließ auch den Ianitor lächeln. Wirklich ein leckerer Anblick, dachte er. Leider nichts für einen Sklaven, wenn sie es sich leisten konnte mit einer Sänfte anzureisen. Obwohl, es gab genug reiche Damen, welche den Kick mit gutgebauten Sklaven, wie er selbst einer war, suchten.


    Als der Ianitor aber hörte, dass die Tochter des Hausherren vor ihm stand, verschwand diese vage Hoffung. Das wäre denn doch zu heiß und er hatte keine Lust am Kreuz zu enden.


    "Sehr wohl, Domina." sagte er und verbeugte sich leicht.


    "Folgt mir bitte ins Atrium. Ich werde dann den Hausherren von eurer Ankunft informieren."


    Der Ianitor schritt voran, während er grübelte, woher denn plötzlich eine Tochter des Hausherren herkäme. Davon hatte er noch gar nichts gehört und bisher immer geglaubt, dass der kürzlich geborene Sohn Carus das erste Kind des Pater Familias darstellte. Der meist äußerst ansehnlichen weiblichen Familienangehörigen hatte er zwar schon viele gesehen, aber dabei hatte es sich bisher um Schwestern, Cousinen und Nichten des Didius Falco gehandelt.


  • Caesonia folgte dem Sklaven ins Atrium und besah sich alles genau. Sie freute sich schon auf ihren Vater. Viele Jahre waren vergangen und ihnen war nur der Schriftverkehr geblieben, doch nun sollte sie ihn wiedersehen.

  • ´Meine Tochter aus Griechenland ist heimgekehrt.´, hatte mir der Ianitor gerade gesagt.


    Vor lauter Überraschung ließ ich mich erstmal auf meinen Stuhl plumpsen.


    Meine liebe kleine Caesonia, dachte ich. Die Frucht meiner ersten großen Liebe. Ihre Mutter, viel zu früh verstorben.


    Dann sprang ich auf.


    "Wo ist sie? Im Atrium?" fragte ich meinen Sklaven. Als dieser nickte, eilte ich los. Betrat das Atrium, erblickte sie....


  • Das Geschehen auf der Straße hatte mein Interesse gefesselt, als Schritte sich näherten. Ich wandte mich in freudiger Erwartung herum als mein Vater gerade den Raum betrat. Mit vor dem Schoß gefalteten Händen lächelte ich ihm zu. Er hatte sich kaum verändert, stellte ich fest, obgleich ich glaubte, seit dem Tage, an dem ich vor vielen Jahren nach Griechenland abreiste, sein Gesicht allmählch vergessen zu haben.
    Einen quitschenden Laut der Freude ausstoßend und die Hände lösend, merkte ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen.


    "Vater!"

  • "Caesonia!"


    Feucht schimmerte es in meinen Augen. Wie groß sie geworden war und wie schön. Lange war es her, daß wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Damals war sie noch ein Kind. Ein Kind das inzwischen zur Frau heraungereift war.


    "Meine geliebte Tochter."


    Sekunden später lagen wir uns in den Armen.


  • Tränen rannen mir die Wangen hinab. So häufig hatte ich mir diesen Moment vorgestellt, sogar geträumt hatte ich ihn. Noch zu gut erinnerte ich mich an die ersten Wochen in Griechenland, die mit einem unsagbaren Heimweh einhergingen. Dieses Heimweh hatte sich schließlich beruhigt, doch nach wie vor hatte ich in Gedanken die Heimat besucht und an ihr gehangen.


    Wie gut es tat Tochter genannt zu werden, dachte ich, als ich mich aus dem Armen meines Vaters löste und mit der Hand die Tränen wegwischte, die unentwegt nachströmten. Zu groß war die Wiedersehensfreude. Ich lächelte und sah meinen Vater an, versuchte mich zu beruhigen, konnte aber nicht anders und legte meine Hand auf seinen Unterarm.


    "Endlich. Ich konnte diesen Moment kaum mehr erwarten. Du hast dich kaum verändert", schniefte ich.

  • "Auch ich habe diesen Moment seit langem sehr herbeigesehnt, Caesonia. Ich bin überglücklich, dass du wieder zu Hause bist. "


    Ein Tuch aus den Falten meiner Kleidung entnehmen wischte ich meiner Tochter zärtlich die Tränen aus ihrem Gesicht.


    "Du hast dich schon verändert. Nur zum Besten." sagte ich schmunzelnd. "Bei unserem Abschied warst du noch ein Kind. Jetzt drehen sich ganz sicher die Männer nach dir auf der Straße um."


  • Ich lächelte stolz, schlug aber dennoch die Augen nieder. Jetzt versiegte auch der Tränenstrom, aber die Freude blieb.


    "Nicht alle, aber einige...", schmunzelte ich und musste mich zwingen, mir nicht erneut vor Augen zu halten, dass ich nach mehr Jahren, als ich an einer Hand zählen konnte, das erste mal mit meinem Vater sprach. Ich legte meinen Kopf schräg und musterte ihn.


    "Wie geht es dir? Und wie geht es deiner neuen Frau? Der letzte Brief liegt schon so lange zurück. Ich habe sie alle aufgehoben, vom ersten bis zum letzten."

  • "Mein letzter Brief hat dich wahrscheinlich nicht mehr erreicht, da du schon nach Rom aufgebrochen warst..." mutmaßte ich.


    "Das Leben ist ein auf und ab. Erst schenken die Götter einem großes Glück und dann fügen sie einem schweren Schmerz zu... Kürzlich gebar Liliana unseren ersten Sohn. Marcus Didius Carus. Sie ist von der Schwangerschaft noch etwas geschwächt, aber sonst geht es ihr gut."


    Dann seufzte ich.


    "Kurz darauf fand mein Bruder Festus in Ausübung seines Dienstes bei den Cohortes Vigiles den Tod..."

  • Meinem Vater stand die Freude über die Geburt seines Sohnes ins Gesicht geschrieben und ich freute mich mit ihm. Wussten die Götter - er hatte es gewiss von allen am meisten verdient.
    Dann aber berichtete er von seinem Bruder, meinem Onkel, an den ich mich jedoch nicht erinnern konnte. Voller ehrlichen Mitleids sah ich Falco an.


    "Bei allen Göttern, das tut mir leid. Und ich kannte ihn nicht einmal."


    Ich hielt eine respektvolle Pause ein.


    "Aber um die gut verlaufene Geburt meines Halbbruders Carus freut es mich. Ist hoffe, er ist wohlauf und ich werde ihn und seine Mutter bald kennenlernen dürfen."

  • "Die Götter werden sich etwas dabei gedacht haben, als sie Festus´Leben beendeten. Nur für uns Mensch sind ihre Entschlüsse oft schwer verständlich..." versuchte ich das Thema zu beenden.


    "Carus gedeiht wirklich prächtig."


    Der Stolz und die Freude darüber standen jetzt wieder auf meinem Antlitz geschrieben, verdrängten die Trauer über den verstorbenen Bruder.


    "Ich werde dich nachher gleich mit Liliana und dem Kleinen bekanntmachen. Doch jetzt genug geredet von mir. Wie ist es dir ergangen in Griechenland? Hattest du eine angenehme Reise?"


  • Ich lächelte und schüttelte dabei den Kopf.


    "Nach Jahren kehre ich zu meiner Familia zurück, da muss ich viel aufholen. Aber ich will dir gern berichten, wie es mir in Griechenland erging. Dort ist es so anders..."


    Mich meiner griechischen Freundinnen entsinnend, seufzte ich leise, aber fröhlich, denn ich war sicher, dass ich auch sie - vielleicht nicht alle, aber die ein oder andere bestimmt - wiedersehen würde.


    "Aristophanes war von Beginn an ein bemühter Gastgeber, geduldig und fürsorglich wie ein Vater. In seinem Haus fühlte ich mich beinahe wie in der Heimat. Er versicherte mir, dass ich ihm eine gute Leihtochter gewesen bin und zu seiner Zufriedenheit all das gelernt habe, was er mir vermitteln konnte. Und die Reise war angenehmer als die Reise vor Jahren nach Griechenland, wenn sie mir dieses mal auch länger vorkam."

  • Langsam und mit immer noch wackligen Beinen kam ich ins Zimmer und sah meine Stieftochter das erste Mal. Erkannt habe ich sie allerdings nicht, wie auch, hatte ich doch durch Marcus Erzählungen nur ein sehr blasses Bild der schönen jungen Frau die mir jetzt gegenüber stand.


    Mein Salve! klang ein wenig unsicher


  • Eine junge Frau trat in das Atrium und ich wandte mich ihr zu. Auch lächelte ich und grüßte mit einem freundlichen "Salve!" zurück. Dass diese Frau die meines Vaters war, konnte ich wenn überhaupt nur an ihrem unsicheren Gang erkennen, deshalb fragte ich neugierig:


    "Die Frau meines glücklichen Vaters Liliana?"

  • Kaum hatten wir von Liliana gesprochen stand sie auch schon im Zimmer. ;)


    "Ja, dass ist meine liebe Ehefrau Liliana." beantwortete ich Caesonias Frage und gab meiner Frau einen Kuß.


    "Liebling, meine Tochter Caesonia." sagte ich stolz. "Endlich ist sie aus Griechenland zurückgekehrt."


    Gesehen hatten sich die beiden noch nicht. Ich hoffte, dass sie sich gut verstehen würden.


  • Ich lächelte, geschmeichelt vom Stolz meines Vaters. Er hatte eine wunderschöne Frau, dachte ich, und fragte mich für den Bruchteil einer Sekunde, wie meine Mutter wohl gewesen war.


    "Es ist mir eine große Freude, Liliana. Gratulation zur Geburt eures gesunden Sohnes."

  • Caesonia, Liebste! ich küsste meine Stieftochter auf die Wange und unterdrückte meine Meinung wir gross sie geworden sei


    Seit wann bist Du in Roma? Wie war die Reise?

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