Gnadenlos zieht Aemilia Livianus quer durch die ewige Stadt in Richtung Aventin. Sie lässt ihm kaum eine Pause um kurz Luft zu holen. Schließlich, nach einem schweißtreibenden Gang den Aventin hinauf, bleibt sie abrupt vor dem Tempel der Diana stehen. Stolz zeigt sie hinauf.
"Da! Das ist er... Der Diana-Tempel. Schön, nicht?"
Sie lächelt Livianus nach Zustimmung heischend an.
Tempel-Tour
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Livianus schaute beeindruckt an den Mauern des Tempels hoch.
„Er sieht wirklich beeindruckend aus!“
Livianus schmunzelte.
„Ein etwas anderer Arbeitsplatz als mein Castellum. Du dienst also der Göttin Diana? Sie ist Göttin der Fruchtbarkeit und Beschützerin der Frauen und Mädchen - oder?“
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Aemilia nickt.
"Ja, genau! Du solltest auch Priester werden, wenn du dich so gut auskennst..." versucht sie ihn zu necken.
"Ich könnte dich später einmal als Discipulus aufnehmen und dir lauter Sinn und Unsinn beibringen. Manchmal helfe ich auch den Hebammen..."
Sie grinst breit.
"...wäre das etwas für dich?" -
Livianus lachte.
„Ich als Hebamme? Ich weiß nicht….. ob das der richtige Job für mich wäre? Ich bleibe wohl lieber Soldat. Ein wenig Ahnung habe ich von der Religion. Mein Onkel Proximus ist Sacerdos in Hispania. Da bekommt man einiges mit! Aber dennoch konnte er keinen überreden Priester zu werden. Irgendwie schon witzig, wenn ich so darüber nachdenke. In meiner Familie gibt es entweder Soldaten oder Bürokraten…..“
Livianus musste schmunzeln als er an seine Familie dachte.
„Und bei dir? Was treiben deine Verwandten so?“
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"Keine Hebamme? Schade..."
Aemilia macht eine traurige Miene und tut so, als wäre sie maßlos enttäuscht. Doch lange behält sie diese Maskerade nicht bei und beginnt ihn wieder zu necken.
"Magst du denn keine Kinder?
Meine Verwandten dienen alle den Göttern oder meinem Bruder..."
Sie zwinkert ihm verschmitzt zu.
"...also den Vigiles. Zumindest scheinen mir die meisten Männer irgendwie unter Falco zu dienen. Die Frauen zieht es eher in den Cultus Deorum. So ist meine Schwägerin Didia Liliana eine Sacerdos der Ceres, meine Adoptiv-Schwester Didia Sinona dient der Venus, ich selbst der Diana... Und so weiter und so fort... Hmm... Und meine Zwillingsschwester Didia Aelia hat einmal der Minerva gedient. Irgendwann zog es sie jedoch wohl hinter die Sicherheit eines Schreibtisches und sie wurde Magister Scriniorum von Italia. Ich denke, dass sie auch genau das nach der Wahl wieder sein wird... Also lauter Gesetzeshüter und Priesterinnen, bis auf Aelia."
Aemilia grübelt und schaut Livianus dann entschuldigend an.
"Interessiert dich das alles überhaupt?" -
„Natürlich interessiert es mich…. sonst hätte ich ja nicht danach gefragt.“
Er lies sich auf den Tempelstufen nieder und deutete Aemilia, sich neben ihn zu setzen. Dann dachte er über die Frage mit den Kindern nach.
„Hmm… Ich denke schon, dass ich Kinder mag. In meiner Familie hat niemand Kinder, außer Meridius – aber sein Sohn Maximian ist mittlerweile auch ein junger Mann und kein Kind mehr. Aber ich hätte schon gerne einmal welche.“
Livianus schmunzelte.
„Wünscht du dir einmal Kinder?“
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"Natürlich!" lacht Aemilia ihn an und setzt sich direkt neben Livianus auf die Stufen.
"Auf jeden Fall! Möchte nicht jede Frau eines Tages Kinder haben?"
Lächelnd schaut sie ihn von der Seite an.
"Doch dazu sollte man wohl erst einmal geheiratet haben... den Richtigen..."
Ihr Blick verdunkelt sich.
"...ich war schon einmal verheiratet."
Aemilia ist über sich selbst überrascht, dass sie das nun ausgesprochen hat. Kaum einer kennt diese, ihre Vergangenheit. Es überrascht sie noch viel mehr, dass sie sogar noch weiterspricht. Doch ihre Stimme ist bei den nächsten Worten tonlos und kalt.
"Er war es nicht. Er war nicht der Richtige... Er war grausam..."
Sie schluckt und reißt sich zusammen.
"Nein, ich sollte dir das lieber nicht erzählen."
Gekonnt verdrängt sie diese alte Erinnerung wieder und lächelt verhalten.
"Ja, trotz allem möchte ich eines Tages Kinder haben. Es ist so schön, wenn ich gemeinsam mit den Hebammen dabei sein darf, wie neues Leben entsteht. Die Götter müssen uns sehr lieben, dass sie uns solch große Geschenke machen..."
Aemilias Lächeln gewinnt wieder an Wärme und sie mustert nachdenklich Livianus Gesichtszüge. -
Livianus wusste nicht so recht wie er reagieren sollte. Er merkte, dass Aemilia etwas auf dem Herzen lag. Sie musste bereits sehr viel erlebt haben für ihr Alter – und so wie es aussah, waren es nicht immer gute Dinge. Er entschloss sich, nicht direkt nachzufragen, aber auch zu zeigen, dass sie ihm vertrauen konnte.
„Ich will mich nicht aufdrängen Aemilia, aber wenn du jemanden zum reden brauchst, dann bin ich jederzeit für dich da.“
Er sah ihr in die Augen.
„Ich wollte nur, dass du das weißt.“
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Aemilia erwidert seinen Blick nachdenklich und schweigt eine Weile.
"Hmm... Ich weiß nicht... Ich möchte dich eigentlich nicht mit meinen albernen Problemen belästigen..."
Sie überlegt. Nun hat sie das Thema angefangen und irgendwie hat sie das Gefühl, dass sie es auch zu Ende bringen sollte.
"Ach... Es ist ja ohnehin längst Vergangenheit... Aus und vorbei... Vielleicht sollte ich es garnicht mehr als so schlimm ansehen... Weißt du..."
Unbewusst lehnt Aemilia den Kopf an Livianus Schulter und beginnt, ruhig vor sich hin zu erzählen.
"...ich war schon einmal verheiratet. Er hieß Anacrites... Damals war nicht Falco unser Pater Familias, sondern mein Onkel Festus... Anacrites war ein Kriegsveteran, der mit Festus zusammen gedient hatte... Auf jeden Fall wollte Festus, dass ich diesen Mann heirate. Hmmm... Er wollte es sehr bestimmt, außerdem war ich ein unerfahrenes, junges, gehorsames Mädchen. Also heirateten wir..."
Sie seufzt leise.
"Tja... Am Anfang war alles noch ganz in Ordnung. Bis auf die Nächte hat er mich eigentlich ziemlich in Ruhe gelassen... Doch dann wollte er plötzlich nach Ägypten ziehen. Ich hatte keine Chance, etwas dagegen zu sagen. Ich wurde überhaupt nicht gefragt. Wenige Tage nachdem Anacrites diesen Entschluss gefasst hatte, waren wir schon auf See. Ägypten... Als wir dort waren durfte ich nicht mehr aus unserer Wohnung hinaus. Immer wenn mein Mann ging, schloss er sämtliche Türen ab..."
Aemilia schweigt einen Moment und erinnert sich an die Zeit.
"...er fand wohl ägyptische Freunde und lernte auch deren Frauen kennen. Und die... schienen ihm zu gefallen. So kam er irgendwann nach Hause mit ägyptischen Kleidern, ägyptischer Schminke, und so weiter... Ich sollte das anziehen, mich so schminken und mich auch so verhalten wie die Ägypterinnen. Doch ich wollte nicht, ich hatte genug von diesem Land, vom Eingesperrtsein, von allem."
Sie seufzt und schluckt schwer.
"Und dann fing erst eigentlich die schlimme Zeit an..." -
Livianus hörte aufmerksam zu. Vorsichtig legte er seine Hand um ihre Schulter, drückte sie ein wenig an sich und hoffte ihr das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben zu können, während sie ihm ihre Geschichte erzählte.
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Aemilia atmet tief durch und erzählt weiter. Es fällt ihr merklich schwerer, weiterzusprechen.
"Dann... Ja... Dann... weigerte ich mich..."
Wieder schluckt sie schwer.
"...und dann... Dann begann er mich zu schlagen. Jeden Abend, jeden Tag, jedes Mal wenn ich ihm nicht gehorchen wollte. Vor allem Nachts... Nachts war es am Schlimmsten... Anacrites kam stockbetrunken nach Hause und verlangte von mir, dass ich... dass ich... dass ich ihm gefügig sei."
Bei dieser Erinnerung spürt sie wieder die kalte Angst im Nacken und hat das Gefühl, als werde ihr die Luft abgeschnürt.
"...wenn ich mich wehrte... wenn ich mich wehrte... zwang er mich dazu..."
Aemilia versteckt ihr Gesicht an seiner Schulter.
"Später... Als ich den Widerstand aufgegeben hatte... Schlug er mich trotzdem weiter... Ich weiß nicht... Vielleicht gefiel es ihm ja... Er blieb auch nachts grausam... beim..."
Sie verstummt und blickt hilfesuchend zu Livianus auf.
"Oh... Es tut mir leid... Ich... Belaste ich dich zu sehr damit?" -
Livianus versuchte sein Entsetzen vor Aemilia zu verbergen. Er selbst hatte noch nie die Hand gegen eine Frau erhoben und hatte auch kein Verständnis dafür. Als er spürte, wie sie sich näher an ihn drückte legte er seine andere Hand auf ihren Kopf und hielt sie fest in seinen Armen.
„Das macht nichts Aemilia. Du kannst immer offen und ehrlich sein zu mir. Egal um was es geht. Ich werde immer für dich da sein. Du brauchst vor niemanden mehr Angst zu haben.“
Er versuchte ihr aufmunternd zu zulächeln.
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Noch ein wenig kläglich versucht Aemilia, das Lächeln zu erwidern.
"Danke... Ich danke dir. Aber vor Anacrites muss mich inzwischen zum Glück niemand mehr beschützen. Als es zu schlimm wurde, da bin ich aus der Wohnung geflohen und habe bei entfernt bekannten Römern, die in Ägypten leben, Unterschlupf gesucht und gefunden. Mit viel Mühe ist es mir gelungen, bei den Behörden eine Scheidung zu erwirken. Ich bin ihn los... Ich habe keine Ahnung, wo dieser Widerling sich inzwischen aufhält und ich will es vermutlich auch garnicht wissen..."
Sie schmunzelt ein wenig als sie daran denkt, wie sie Aelia die Geschichte erzählt hat.
"Er sollte sich auf jeden Fall wohl hüten, in die Nähe meiner menschenfressenden Zwillingsschwester Aelia zu kommen. Sie ist nicht gerade gut auf ihn zu sprechen..." -
Livianus schmunzelte nun auch wieder etwas mehr.
„So? Du hast eine Menschenfressende Zwillingsschwester? Dann sollte ich mich wohlmöglich auch hüten?“
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Aemilia kichert leise. Wenn Aelia das gehört hätte, wäre sie um einen empörten Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen wohl nicht herumgekommen. Sie hört das 'Pah!' ihrer Schwester schon förmlich in den Ohren. Verschmitzt zwinkert sie Livianus zu.
"Ja, ich denke, dass du das vermutlich besser tun solltest. Sie kann sehr garstig sein. Aber das weiß eigentlich niemand. Sie wirkt so hübsch, lieb und nett, dass niemand etwas Böses in ihr vermutet... Aber im Inneren..."
Aemilia freut sich diebisch, dass Aelia das nicht hören kann und sie überhaupt nicht dafür bestrafen wird.
"...im Inneren ist sie ein wahres Monster."
Ihr freches Grinsen soll Livianus darüber informieren, dass er ihr das natürlich nicht wirklich glauben soll.
"Ihr Ruf ist jedoch ein ganz anderer. Die Männer Roms liegen ihr förmlich zu Füßen. Sie hat zahlreiche Verehrer und sowas alles..." -
Livianus schmunzelte. Er wusste, dass Aemilia scherzte – er konnte sich ohnehin nicht vorstellen, dass so ein netter und lieber Mensch wie Aemilia eine solche Schwester hatte. Langsam nahm er wieder seine Hand von ihrem Kopf. Den anderen Arm allerdings lies er weiterhin um ihre Hüfte gelegt. Ob es ihr überhaupt aufgefallen war? Er war jedenfalls froh, dass sie wieder fröhlicher wurde. Schelmisch grinste er sie an.
„Tja! Und du? Wenn du ihre Zwillingsschwester bist, dann wirst du bestimmt ebenfalls so viele Verehrer haben wie sie?“
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Irgendwie gefällt Aemilia es, von Livianus im Arm gehalten werden. Es fühlt sich nicht falsch an und sie genießt die Geborgenheit. Auf seine Frage hin schmunzelt sie.
"Ich? Nein, bestimmt nicht..."
Aemilia schüttelt grinsend den Kopf.
"Meine Schwester ist viel ruhiger und... naja, damenhafter oder so. Ich bin den Männern wohl zu lebhaft."
Sie lächelt schief und lehnt sich leicht an seine Schulter. -
Livianus drückte sie wieder ein wenig an sich.
„Mir bist du nicht zu lebhaft! Ganz im Gegenteil - das mag ich an dir besonders. Ich habe das Gefühl, dass es meine zurückhaltende Art ausgleicht. Und das mit dem „damenhaft“, kann man ja noch üben und lernen.“
Er grinste sie schelmisch an.
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"Hmmm... Ich weiß garnicht, ob ich das lernen will."
Aemilia grinst schelmisch zurück.
"Mir macht es eigentlich wohl Spaß, wenn ich nicht ständig aufpassen muss, was ich tu oder sag..."
Nachdenklich mustert sie sein Gesicht.
"Hmmm... Oder meinst du, ich sollte es lernen mich besser zu beherrschen?"
Sie seufzt und blickt ein wenig traurig zur Seite.
"Ich weiß ja, dass ich es manchmal übertreibe..." -
„Du brauchst bestimmt nicht lernen dich zu beherrschen. Das kannst du bestimmt. Du solltest nur abwiegen lernen, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Wenn z.B. der Kaiser einige Meter neben dir sitzt – das ist ein falscher Zeitpunkt.“
Livianus zwinkerte ihr zu.
„Verstehst du was ich meine?“
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