[Officium] Aedilis Curulis

  • Durus betrat zum letzten Male sein Officium in der Basilica Iulia. Es wuselten bereits einige Scribae des neuen Aedilis Curulis herum und sahen Durus erwartungsvoll an, da seine Sachen noch über den Tisch verteilt waren.


    Schnell wies der scheidende Aedil einige Helfer an, seine Sachen zu packen. Er selbst ging zu Vindex, den leitenden Scriba des Aedilis Curulis. Nach einem ausgedehnten Seufzer begann er


    "So, das war dann also meine Amtszeit."


    "Jaja, Aedile kommen, Aedile gehen..."


    erwiderte Vindex und betrachtete weiter die arbeitenden Sklaven.


    "Ich möchte Dir für unsere Zusammenarbeit danken und mich auch schon verabschieden. Mein Nachfolger wird sicher noch ein paar Worte mit Dir wechseln müssen."


    entgegnete Durus und reichte ihm die Hand zum Gruße.


    "Vale bene und achte darauf, dass der Markt sauber bleibt!"


    Vindex lächelte, Durus erwiderte das Lächeln und löste seine Hand schließlich, um sich umzuwenden und das Officium und die Basilica zu verlassen...

  • Ein wohl geordneter Stapel von Schriftrollen rechts und links davon einige Wachstafeln aufgetürmt schritt eine junge Frau durch die Basilica. Sie hatte sich bereits am Eingang darüber informiert wo das Officium ihres Auftrages lag. Celeste schlängelte sich zwischen den anderen Menschen hier hindurch und versuchte nicht all zu zielstrebig aber auch nicht all zu hilflos zu wirken und eventuell noch Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bald war sie an der entsprechenden Tür angekommen und klopfte höflich an. Nach einer Weile tat sie dies wieder und es kam wiederum keine Antwort. Also trat sie ein und sah sich um. Es war niemand hier. Auch nicht unbedingt schlecht. Umständlich schloß sie die Tür hinter sich. Es war nicht wirklich leicht das alles auszubalancieren. Nachdem sie nun nicht mehr beobachtet werden konnte, legte sie das alles ab und begab sich zum Tisch. Es war hier nicht viel zu finden. Das verwunderte sie doch ein wenig. Sie nahm eine Schriftrolle zu Hand und fand darauf einen anderen Namen als ihr eigentlich genannt wurde. Schnell nahm sie noch eine weitere zur Hand und besah sich diese. Auch hier. Eine Dritte trug die gleich andere Unterschrift. Es musste wohl doch schon zu spät gewesen sein und der Wechsel schon stattgefunden haben. Um Eile bemüht nahm sie schnell den Stapel vom Stuhl auf und verließ das Officium und machte sich eilig auf den Weg zum Ausgang der Basilica...

  • Es war ein äußerst prächtiges Officium, jenes des Aedilis Curulis, immerhin auch ein bedeutsames Amt und jener Mann, welches es inne hatte, ein bedeutsamer Amtsträger. Im Angesicht der aufgetürmten Tabulae und Schriftrollen jedoch kam sich Gracchus nicht im Geringsten bedeutsam vor, sondern ganz wie in jedem anderen Amte, in welchem Schriftstücke eine besonders große Rolle spielen.
    "Und der vorherige Aedilis Curulis hat bereits die Stadt verlassen?"
    fragte er ein wenig derangiert.
    "Ja, kaum dass er seine Amtszeit hinter sich gelassen und die Res gestae gehalten hat, in den Süden soweit ich weiß."
    "Äußerst suspekt."
    "Jaja, Aedile kommen, Aedile gehen ..."
    Der propere Scriba Marcus Vindex nahm ein paar der Tabulae vom Tisch.
    "Diese Angelegenheiten sind sowieso überholt, darum kümmere ich mich. Diese hier dagegen sind dringend, da müsstest du vielleicht direkt rein sehen, immerhin liegen sie schon seit zwei Wochen hier. Das hier kann noch eine Weile liegen bleiben, das ist aus den Provinzen und erst letzte Woche angekommen, wegen des Cursus Publicus kann uns hier keiner nachweisen, wie lange es tatsächlich schon bei uns liegt. Den Rest kann ich leider auch nicht übernehmen, das sind alles hochwichtige Schriftstücke, die du zumindest oberflächlich prüfen musst."
    Vindex deutete von Stapel zu Stapel, Gracchus dagegen schüttelte unverständig den Kopf.
    "Zustände sind das, schlimmer als im alten Rom."
    Damit war es eben an dem Scriba, unverständig drein zu sehen, nicht lange jedoch, dann löste er sich bereits wieder aus seiner Starre.
    "Ja, ich muss dann mal meine Arbeit machen. Wenn du etwas brauchst, dann rufe einfach, ich bin nicht weit."
    Mit einem Seufzen ließ Gracchus sich hinter den prächtigen, ein wenig zu wuchtigen Schreibtisch sinken, während sein Sklave Sciurus die Türe schloss, und kam sich hinter dem Möbelstück recht klein vor.
    "Ich hatte gehofft, wir könnten uns direkt den Kontrollen widmen und endlich dem staubigen Äther der Officien entfliehen, doch augenscheinlich werden wir uns erst einmal durch diese Hinterlassenschaften quälen müssen."
    Er zog den Stapel mit hochwichtigen Schriftstücken zu sich, während Sciurus den übrigen sich widmete, um zu entscheiden, ob Gracchus einen Blick würde hinein werfen oder nicht.

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  • Ein Gähnen unterdrückend setzte Gracchus einen letzten Namen auf die Liste vor sich und sah auf. Sciurus saß an der Schmalseite des breiten Tisches und verfasste bereits Texte für die Edikte, welche hernach von Scribae würden in dreifacher Kopie abgeschrieben werden.
    "Hier"
    , Gracchus schob die große Tabula zu seinem Sklaven.
    "Überprüfe die Namen, ob sich einer unserer Klienten darunter befindet, oder einer der näheren Verwandtschaft meiner Gemahlin. Ich möchte die genauen Verhältnisse kennen."
    Gefälligkeiten waren nichts, was Gracchus bereitwillig vergab oder einlösen mochte, doch die Dinge waren nicht immer so simpel in Rom wie er sich dies wünschte. Im Grunde glich die Stadt einem Korb voller Langusten, von welcher jede einzelne auf dem Rücken der anderen versuchte empor und aus dem Korb hinaus zu klettern.
    "Gehe jetzt gleich, ich werde die Edikte fertig bearbeiten. Und wenn du wieder kommst, bringe mir irgend etwas zu Essen mit, meinetwegen eine Schüssel Puls."
    Ohnehin wartete nichts in der Villa auf ihn, weshalb es sich würde lohnen, das dortige Abendessen zu forcieren. Er zog sich die Edikte heran, während der Sklave den Raum verließ.

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  • Der Abend schickte bereits sich an der Nacht zu weichen, doch war es der Vorteil der frühlingsbehafteten und sommerlichen Tage, dass die Sonne erst spät vom Himmel wich, und so viel Zeit blieb, in Rom außerhalb des eigenen Heimes zu weilen. Ganz unterschiedlich wurden die länger werdenden Tage genutzt, für Gracchus jedoch war der Sonnenschein kein Grund, sich vermehrt im Freien aufzuhalten, immerhin wartete stets mehr als genügend Arbeit in Form diverser Akten, und wäre er nicht bei Dunkelheit auf Roms Straßen stets von Furcht durchdrungen gewesen, so hätte er vermutlich nicht einmal zur anbrechenden Nacht das Officium verlassen. Er war müde, gleichsam wusste er genau, dass er ohnehin keinen erholsamen Schlaf würde finden, so dass er beständig eine Tabula nach der nächsten bearbeitete, die Welt um sich herum vergaß, gar sich selbst. Stickig schien es ihm in der Basilica, luftleer, und als er sich erhob, einen weiteren Stapel Akten aus einem der Regale zu nehmen, schien die Welt um ihn herum leicht klebrig zu wabern, reagibel auf jede seiner Bewegungen zu antworten. Als er die erste Tabula in seine Hand nahm, zitterte diese marginal, doch Gracchus suchte dies durch einen festeren Griff zu supprimieren. Es war ihm heiß, obgleich der kühle Abend bereits in das Gebäude hatte Einzug gehalten, und er verspürte Trockenheit in seiner Kehle. Langsam zog er die Tabula aus dem Regal, unendlich schwer lag sie in seiner Hand, blinzelte verwirrt, doch die Welt schien mehr und mehr sich zusammen zu ziehen, sich ihm zu entziehen, verschwamm vor seinen Augen. Mit einem scheppernden Laut schlug die Tabula auf den steinernen Grund des Officium, doch Gracchus hörte dies bereits nicht mehr, ihm war als wäre sein Kopf von einer dicken Decke umhüllt, als würde sein Körper von seinem Geiste abfallen, als wäre nichts mehr wichtig, als gäbe es nurmehr tiefe, warme, schwarzfarbene Dunkelheit. Im einen Augenblicke noch wollte er etwas sagen, doch kein Laut konnte mehr seiner Kehle echappieren, da es schien, als wäre sie ohnehin längstens nicht mehr Teil seines selbst, gleichsam hatte er bereits das Wort vergessen. Unkoordiniert strauchelte er ein, zwei Schritte zurück, um dann in sich zusammen zu fallen einer Marionette gleich, deren Fäden gekappt worden waren, hinab vor den großen Schreibtisch, auf welchem so viel an Arbeit noch auf ihn wartete.

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  • Es war unmöglich für Sciurus, seinen Herrn rechtzeitig zu erreichen, als jener zu Boden fiel, obgleich er nicht lange brauchte, dies zu realisieren. Als er sich niederkniete war Gracchus nicht mehr ansprechbar, er atmete flach, der Puls schlug langsam, doch die Pupillen reagierten nicht auf das einfallende Licht als der Sklave die Lider anhob.


    Eilig holte Sciurus den Scriba Marcus Vindex herbei, beauftragte jenen, die flavischen Sklaven herbei zu schaffen, dass jene seinen Herrn in der Sänfte zur Villa Flavia würden bringen, während Sciurus selbst einen Umweg über die Tiberinsel einschlug, einen fähigen Medicus herbei zu schaffen.

  • In Begleitung meines Neffen und scriba personalis Avianus gelangte ich also an der Basilika an. "Merke dir gut, wohin wir gehen. Es kann sein, dass du in naher Zukunft einen Weg hierher erledigen muss", sagte ich zu Avianus, während wir die Stufen erklommen. Drinnen schlug ich den Weg zum Büro des amtierenden curulischen aedilis ein, Flavius Gracchus. Was ich nicht wusste, war dass der Flavier schon ein Weilchen außer Gefecht gesetzt und daher nicht anwesend war. Bald endeten unsere Schritte vor der Tür zu besagtem officium, und ich klopfte an, die vermeintlich fehlerhafte Schriftrolle in der anderen Hand.



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  • [Blockierte Grafik: http://img225.imageshack.us/img225/5085/accoleianuszn0.jpgAccoleianus Vafer


    Ohne dass der derzeitige Aedilis curulis davon wusste - es war nicht einmal sicher, dass er zu dieser Zeit überhaupt um sein Bewusstsein wusste - hatte es sich Accoleianus Vafer in jenem Officium bequem gemacht, an dessen Türe der Quaestor Urbanus klopfte. Der besserwisserische Scriba Vindex hatte anfangs dagegen protestiert, da Mitarbeiter des Aediles, selbst so sie in dessen Vertretung agierten, sich in eines der kleineren Officien für Scribae und sonstiges Dienstleistungs- und Verwaltungspersonal zurück zu ziehen hatten, doch Sciurus, Leibsklave und Vilicus des Aedilis Curulis Flavius, hatte den Bürokraten in seine Schranken verwiesen. Accoleianus kannte Sciurus bereits seit vielen Jahren, und nur durch ihn war er an jenen Posten im Dienste des flavischen Magistraten gelangt. Vafer war ein äußerst akkurater Arbeiter, unbestechlich - zumindest in jenen Sesterzenbereichen, in welchen sich Bestechungen ihm gegenüber üblicherweise bewegten - und erhoffte sich zudem bei zufriedenstellender Arbeit auch nach der Amtszeit allfällig eine weitere Verwaltungsanstellung bei einem der Flavier zu finden, da einer von diesen derzeit scheinbar immer irgendwo im Cursus Honorum vertreten war. Selbst, wenn die Flavier seinen Dienst nicht würden brauchen, so ein Mann erst einmal seinen Fuß im römischen Staatsdienst hatte, musste er nur noch die sich ihm bietenden Türen auftreten.


    Das Klopfen an der Türe unterbrach Accoleianus bei der Bearbeitung einiger Tabulae. Es waren leichte Verstöße der Marktordnung, welche er zu dieser Zeit nur allzu gerne bei Seite legte, da ihm allmählich der Magen brummte.
    "Nur immer herein!"
    rief er der Türe entgegen und erwartete einen der Scribae, welche sich um die endlosen Abschriften und Kopien der Akten kümmerten.



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  • Ein scriba indes betrat wahrhaftig das Zimmer, an dem ich gekopft hatte, jedoch würde er kaum jene Informationen bereithalten, die der Mann vermutete, welcher dort hinter dem Schreibtisch saß und der - wie ich irritiert feststellte - nicht Flavius Gracchus war. Dementsprechend musste mein Gesichtsausdruck auch ausgefallen, als ich hineintrat in Begleitung besagten Schreibers, nämlich meines Neffen Avianus. Ich wartete, bis dieser die Tür hinter uns geschlossen haben würde und wandte mich sodann an den beleibten Herrn, der anstelle des amtierenden aedilis curulis dort saß und uns ansah. "Sei mir gegrüßt. Ich bin Aurelius Corvinus, quaestor urbanus. Eigentlich kam ich, um mit Flavius Gracchus zu sprechen. Ist er verhindert?" fragte ich, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Vielleicht war dieser Mann sein Schreiber, und Gracchus befand sich auf einem Dienstweg, was gut möglich sein konnte. Immerhin war es an den Ädilen, die Märkte und Geschäfte zu kontrollieren und dabei auch einmal Überraschungsbesuche zu tätigen.



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  • [Blockierte Grafik: http://img225.imageshack.us/img225/5085/accoleianuszn0.jpgAccoleianus Vafer


    Nicht nur ein Mann betrat den Raum, sondern gleich zwei auf einmal, und Accoleianus sah natürlich auf den ersten Blick, dass dies nicht einfache Stadtschreiber, sondern wohlhabende Herren waren. Die Vorstellung des Quaestor urbanus ließ ihn seine füllige Erscheinung noch etwas aufblähen, denn trotz allem hatte er mit wirklich wichtigen Männern sonstig nicht viel zu tun. Er erhob sich erstaunlich flink aus dem - glücklicherweise ohnehin - wuchtigen Stuhl und deutete auf die Stühle, welche ihm gegenüber auf der anderen Seite des Tisches standen.
    "Salve, Quaestor Aurelius, bitte nehmt doch Platz. Mein Name ist Accoleianus Vafer, ich vertrete den Aedilius curulis, der ... uhm ... in der Tat leider verhindert ist."
    Er zögerte kurz, fügte jedoch kurz darauf an.
    "Er ist zuhause, soweit ich weiß noch nicht wieder bei Bewusstsein. Ist vor ein paar Tagen einfach umgekippt, genau hier. Zack"
    , er schnippte mit den Fingern,
    "und das Licht war aus."
    Vafer wusste, dass es durchaus eine ernste Angelegenheit war, denn Sciurus wich seitdem nicht mehr von der Seite seines Herrn und wenn sich Sciurus nicht mehr blicken ließ und alles kontrollierte, dann war meist etwas im Argen. Accoleianus störte dies weniger, er konnte ohne das Oachkatzl im Nacken viel ruhiger arbeiten und hoffte nur, dass man seine Mühe auch im schlimmsten Fall nicht vergessen würde.


    Der Scriba ließ sich auf den Stuhl zurück sinken.
    "Was kann ich also für dich tun, Quaestor? Ich bin mit beinahe allen notwendigen Vollmachten ausgestattet, um im Auftrag des Aedils zu handeln."
    Obwohl Vafer auch vorher bereits für Flavius Gracchus gearbeitet hatte, hatte er die Vollmachten erst von Sciurus erhalten, nachdem dessen Herr bereits nicht mehr dazu in der Lage gewesen war, sie auszustellen, doch das Datum war vordatiert und davon musste niemand wissen, gleichsam wie Vafer auch nicht wollte darüber nachdenken. Der Aedilis curulis musste im Zweifelsfall ohnehin die Verantwortung für alles übernehmen, was seine Mitarbeiter taten, dies war nun einmal Teil seines Amtes, da würde er sich auch mit seiner Absenz nicht herausreden können, gleichsam wie einem Senator solcherlei ohnehin nie ernsthafte Schwierigkeiten einbrachte.




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  • Wir kamen der Aufforderung gern nach und setzten uns auf die dargebotenen Stühle. Ich selbst tat dies mit wachsamem Blick auf den Mann, den ich nicht kannte, der wohl aber Gracchus zu vertreten schien. Kurz darauf erfuhr ich auch, warum dem so war, und eine meiner Brauen rutschte überrascht nach oben. "Er ist zusammengebrochen?" fragte ich unsinnigerweise. Gracchus war doch in der Blüte seiner Jahre; wie es mir schien, musste da schon etwas Schwerliches geschehen sein, dass er zusammengebrochen war. Ob vielleicht etwas mit Antonia nicht stimmte? Gracchus war doch jemand, dem die Familie über alles ging. Was sonst hätte ihm dieses Schicksal beschert, wenn nicht etwas, das damit im Zusamenhang stand? Darauf, dass er schlichtweg einer Krankheit anheim gefallen war, kam ich gegenwärtig nicht.


    Als ich Accoleianus wieder meine Aufmerksamkeit zuteil werden ließ, saß er bereits wieder. Nachdenklich fuhr ich mir mit der Hand übers Kinn. In jedem Falle klang es ernst, wenn er noch nicht aus der Schwere der Umnachtung zurückgekehrt war. "Nun ja", entgegnete ich ein wenig zerstreut, lenkte aber den Blick auf die Schriftrolle in meiner Hand und legte selbige auf den Tisch. Es machte keinen Sinn, jetzt weiter über Gracchus nachzugrübeln. Viel eher sollten wir der Unstimmigkeit auf den grund gehen. "Ich wünsche, die Kontobewegungen des cultus deorum sowie jene des rex sacrorum Fabius Antistes einzusehen. Ursache dieser Anfrage ist eine fragwürdige Eintragung in den Finanznachweisen des aerarium Saturni. Es besteht Grund zur Annahme, dass ein unsachgemäßer Gebrauch von Geldern der Staatskasse vorliegt. Das Ganze kann natürlich ebenso gut ein Missverständnis sein. ich würde das gern nachprüfen. Konkret geht es dabei um den Zeitraum zwischen den Kalenden des december und jenen des ianuarius."



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  • [Blockierte Grafik: http://img225.imageshack.us/img225/5085/accoleianuszn0.jpgAccoleianus Vafer


    Auf die Nachfrage des Quaestors hin nickte Accoleianus nur ebenso unsinnigerweise, ohnehin konnte er nicht mehr über die Gründe sagen. Er war schließlich nur ein Angestellter und obgleich er zu jener neugierigen Sorte Römer gehörte, welche auf den Gängen der Amtsgebäude nur allzu gerne Tratsch austauschten, so hatte er seine Arbeitgeber stets aus jener Gerüchteküche heraus gehalten, da anderes nicht gut für den Geldbeutel war. Als der Aurelier seinen Wunsch äußerte, bewegten sich die Lippen des Scriba lautlos, so als würde er mit der eigenen, stummen Wiederholung das Gesagte in seinem Gedächtnis abspeichern.
    "Ein ganzer Monat, das sind einige Akten. Es wird ein wenig dauern, bis wir die alle durchgesehen haben."
    Tatkräftig erhob sich Vafer. Fragwürdige Kontobewegungen waren weitaus aufregender als die Lappalien, welche er derzeit bearbeitete, vor allem dann, wenn der Cultus Deorum und gar der Rex Sacrorum in die Sache verwickelt waren. Er nahm zwei frische Becher von einem Beistelltischchen und die Kanne mit verdünntem Wein dazu, stellte die Gefäße vor die Besucher und schenkte ihnen ein.
    "Ich bin gleich wieder da, mitsamt der Akten, bitte einen Augenblick Geduld."
    Schon schob er seinen massigen, doch nicht unbedingt schwerfälligen, Körper durch die Türe und ließ die Besucher allein zurück.




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  • So grün wie er hinter den Ohren war, hatte Avianus jedoch auch einen großen Durst nach Taten, den er zumindest unterdrücken wollte, da es ihm kaum möglich war, diesen zu löschen. Der kurze Fußmarsch zur Basilica machte den Kopf von Corvinus´ Neffen glücklicherweise wieder frei, weshalb er später voll bei der Sache sein konnte. Schweigend nickte er Corvinus zu, als er meinte, dass sich Avianus den Weg hier her merken solle. Das Gebäude war nicht unbedingt das Kleinste in der ewigen Stadt, sollte also nicht allzu schwer zu finden sein.


    Schon bald fanden sich die beiden Aurelier im Officium des Cracchus wieder, welches jedoch ganz und gar nicht von jener Person besetzt war. Doch da Avianus nicht ganz genau wusste, was hier los war, bemühte er sich lediglich, das Grinsen über den erstaunten Gesichtsausdruck seines Onkels zu verkneifen. Avianus beobachtete den Mann, der an Gracchus Stelle hier saß. Ein wenig füllig war der Kerl schon, aber er würde hier nicht sitzen, würde er nicht gut und vertraulich arbeiten. Doch war der junge Aurelier stumm und nahm auf das Angebot des nicht gerade mageren Stellvertreters neben Corvinus Platz. Bald wussten endlich auch die beiden Aurelier, weshalb der Eigner dieses Officiums nicht selbst anwesend war. Der erstaunte Gesichtsausdruck von Avianus ließ nur unschwer verlauten, wie erstaunt auch er über die Geschichte war. Der Mann war also zusammengebrochen... hatte er zu viel gearbeitet? Oder hatte gar jemand ein wenig bei diesem Zusammenbruch "nachgeholfen"? Ein kalter Schauer lief dem jungen Aurelier den Rücken runter.


    Er verdrängte den Gedanken schnell, als es endlich zum Geschäftlichen kam. Für Avianus war die Schilderung seines Onkels ohnehin nichts Neues mehr, war er es doch, der diese Entdeckung zu verzeichnen hatte. Aber er hoffte immer noch, dass er recht behielt und Corvinus in keine peinliche Situation brachte, obwohl Selbiger ja auch mit ihm überein stimmte. Die Ankündigung von Vafer, dass es aufgrund einiger Akten länger dauern würde, verhieß nichts Gutes. Hier hinter den Schreibtischen sah man mehr Akten, als man vertragen konnte. Oder man musste sich noch daran gewöhnen... Avianus müsste es tun, schließlich wollte er es weiter bringen als ein Scriba Personalis.
    Bald schon schob sich Vafer aus der Türe. Zu Avianus Verwunderung war er schneller, als man zunächst zu denken vermochte. Während die beiden Aurelier allein im Raum saßen, wandte sich Avianus scherzhaft grinsend an seinen Onkel: "Der ist schneller, als man zunächst annehmen würde. Da steht uns jetzt wohl noch ein wenig Arbeit ins Haus...".

  • "Da hast du recht, aber nötig ist es dennoch", erwiderte ich auf Accoleianus' Worte hin. Bevor er den Raum verließ, nickte ich ihm zustimmend zu. Kaum war der Mann hinaus, ließ sich mein Neffe zu einer frechen Bemerkung hinreißen. Tadelnd sah ich ihn an. "Er wird andere Qualitäten haben, Tiberius. Vermutlich fragt er sich gerade, warum du ihn nicht einmal begrüßt hast", gab ich zu bedenken und hob die Mundwinkel zu einem belustigten Schmunzeln an. Vielleicht verstand er ja den Wink, nicht abfällig über andere zu reden, während man darauf wartete, dass sie zurückkehrten. Später, zu Hause, war noch genug Zeit hierfür.


    "Es wird zwar unschön sein, sämtliche Einträge zu prüfen, aber wenn sich hinterher herausstellt, dass der Verdacht begründet ist, dürfte das weitreichendere Folgen nach sich ziehen als nur das Gefühl, recht gehabt zu haben. Andererseits, wenn wir nichts finden und alles in Ordnung scheint, haben wir gleichsam etwas bewirkt, nämlich einen Fehler in den Büchern entdeckt. - Genaugenommen hast du diesen entdeckt." Ich lächelte ihm zu und blickte dann wartend aus dem Fenster, bis ich meinte, Schritte näher kommen zu hören. Da wandte ich mich um und sah zur Tür.



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  • [Blockierte Grafik: http://img225.imageshack.us/img225/5085/accoleianuszn0.jpgAccoleianus Vafer


    Die Türe öffnete sich und Accoleianus Vafer trat schnaufend ein, den Kopf hinter einem Stapel tabulae verborgen, welchen er geschickt auf seinen Händen balancierte. Er machte sich nicht die Mühe, die Türe zu schließen, und platzierte den Turm Wachstafeln akkurat auf dem Tisch.
    "Das sind die ersten, Cultus Deorum ab den Kalenden des december. Ich habe mich auf den stadtrömischen Kult beschränkt, war das recht? Ansonsten werden wir dem nächsten Scriba gleich noch Bescheid geben."
    Kaum hatte Vafer geendet, trat auch schon ein Scriba in den Raum hinein, welcher ebenfalls einen Stapel tabulae vor sich her trug. Accoleianus winkte ihm, wo er den Stapel neben dem Schreibtisch abstellen sollte - das erste, was ein strebsamer Schreibtischarbeiter lernen musste war, wo und wie man Akten stapelte, so dass man gleichsam die Tischfläche zum Arbeiten frei hatte, doch dabei dennoch nicht den Überblick verlor.
    "Es werden noch ein paar kommen, aber wir können mit diesen schon einmal anfangen."
    Er klappte die erste Wachstafel auf.
    "Nach was genau suchen wir überhaupt?"



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  • Avianus konnte sich zumindest nicht vorwerfen lassen, ein uneinsichtiger Mensch zu sein. Und so einsichtig wie er war erkannte er wohl auch, dass die Bemerkung unangebracht zu sein schien. "Du hast recht, Onkel. Ich mach´s nie wieder.", versprach Avianus leise. Tatsächlich hatte Avianus vergessen zu grüßen, stelle jener peinlich berührt fest. Aber er war ohnehin der stille Beobachter, der einfach da war und den Experten bei der Arbeit zusah. Es erklärte sich von selbst, dass er somit nicht viel zu sagen hatte. Aber verabschiedeten konnte er sich später wenigstens noch. Das Lächeln von Corvinus erwiderte Avianus mit einem ebenso freundlichen Lächeln und vertrieb sich die Zeit bis zur Wiederkehr Vafers, indem er ein wenig mit den Fingern auf den wohl aussehenden Tisch klopfte.


    Momente später vernahm man ein Schnaufen und Schritte. Avianus wandte sich zu Vafer um und erhob sich zunächst in dem Denken, ihm vielleicht unter die Arme zu greifen... bis er merkte, dass es wohl nicht mehr nötig war und sich wieder hinsetzte. Das war ein stattlicher Berg aus Wachstafeln. Viel höher, als Avianus zunächst angenommen hätte. Und der zweite Stapel ließ auch nicht lange auf sich warten und wurde vom Scriba hergeschleppt. Die Frage, nach was sie überhaupt suchten, überließ Avianus lieber Corvinus. Er war sich nicht so sicher, was Vafer damit meinte. Nach seinem Verständnis doch wohl nach dem Grund für die falsche Entnehmung der Gelder aus der Staatskasse im aerarium saturni... aber bevor Avianus sich blamierte, schwieg er lieber.

  • Amüsiert über die Reaktion meines nur wenige Jahre jüngeren Neffen, schmunzelte ich vor mich hin, bis schließlich das Geräusch schwerer Schritte die Rückkehr des Accoleianus ankündigte. Während er die tabulae auf seinem Schreibtisch platzierte, beobachtete ich Avianus, der wohl nicht mit dieser Fülle an Arbeit gerechnet hatte.


    Ich nickte ob der Information, dass der zweite Teil der Tafeln sich bereits im Anmarsch befand, und griff mir eine Hand voll Wachstafeln des ersten Stapels. Der scriba, der nun herein kam, platzierte die restlichen Akten und stand daraufhin unschlüssig herum. Wohl fragte er sich, ob er bleiben und helfen oder ins Archiv zurückkehren sollte. "Wir suchen nach Überweisungen, die im Zusammenhang mit dem Namen des Fabius Antistes stehen. Jegliche Eintragungen, die einen Geldtransfer in oder von seiner Kasse belegen, können wichtig sein. Wichtigster Anhaltspunkt für uns ist eine an den Iden des Dezember DCCCLVIII A.U.C. durchgeführte Überschreibung von Geldern der Staatskasse auf seinen Namen. Diese Summe sollte sich vollumfänglich in den Belegen des cultus deorum wiederfinden. Ich gehe davon aus, dass dieser Betrag in den Akten des stadtrömischen Kults verzeichnet ist." Wenn er überhaupt zu finden war, hieß das. Ich klappte ebenfalls eine Tafel auf und begann damit, die Eintragungen auf Hinweise zum rex sacrorum hin zu prüfen.



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  • [Blockierte Grafik: http://img225.imageshack.us/img225/5085/accoleianuszn0.jpgAccoleianus Vafer


    Accoleianus winkte dem Scriba, dass er gehen und die Tür hinter sich zuziehen sollte. Amtsangelegenheiten - vor allem solcher Natur - waren immer kritisch sobald Namen fielen, und je weniger Personen davon wusste, desto besser war es, zumindest solange, bis irgend etwas bewiesen war.
    "Zuerst also die Akten des Cultus Deorum."
    Vafer schob dem Magistratus Aurelius eine Tafel hin und platzierte selbst eine vor sich. Den anderen jungen Mann beachtete er nicht weiter, denn da Corvinus ihn nicht hatte vorgestellt, ging er davon aus, dass er ohnehin nichts zu sagen hatte und den Quaestor nur begleitete, um irgendwelche Notizen aufzunehmen.



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  • Das Schweigen wurde nur durchbrochen vom gelegentlichen Klappern einer Tafel, von unterdrückten Seufzern und langgezogenem Atmen. Ab und zu sah ich verstohlen zu Avianus, der mir abwesend erschien (:D) Ich wusste nicht, wie lange wir die Akten des cultus wälzten, doch als der Turm allmählich abnahm und sich schließlich zur Gänze umgeschichtet hatte, war ich nur noch verwirrt. Bis auf zwei Eintragungen, die darauf verwiesen, dass man dem rex sacrorum zusätzliche Gelder geschickt hatte für Irgendetwas, waren keine Transaktionen zwischen Fabius Antistes und dem stadtrömischen Kult verzeichnet.


    Langsam klappte ich die letzte Tafel zu und legte sie auf den Stapel. Ich blinzelte, schüttelte den Kopf und sah dann zu Accoleianus hinüber. "Und du bist dir sicher, dass dies alle Akten waren?" fragte ich nach, obwohl ich die Antwort bereits kannte. Schließlich war die Buchführung datumsrelevant lückenlos gewesen. Nachdenklich legte ich Daumen und Zeigefinger der Rechten um mein Kinn. "Irgendetwas stimmt da nicht. Es müsste mindestens eine einzelne Eintragung von Fabius Antistes' Kasse verzeichnet sein." Oder war gar dem scriba ein Fehler unterlaufen, als er die Eintragungen in die Akten gemacht hatte? Mit tief gefurchter Stirn deutete ich auf den Stapel der persönlichen Finanztransfers des Fabiers. "Machen wir erst einmal damit weiter", schlug ich vor und schob auch Avianus eine Wachstafel hin, damit er nicht tatsächlich einschlief...




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