[Cubiculum] Flaccus & Saccus

  • Die Oppas.
    Vic hatte Amatia gebeten ein bisschen auf die alten Herren zu schaun. Sie tat es mehr als ungern, aber zumindest ab und zu bekamen sie was zu essen von ihr. Fleisch war ihr zu schade für die beiden, entweder sie konntens nicht beissen oder die Hälfte blieb ihnen zwischen Zähnen stecken und sie lutschten dann ein paar Tage davon.
    Also gabs eine pikante Patina, schön lang im Ofen und damit hoffentlich Oppa-tauglich.
    Sie klopfte kurz, trat gleich ein und blieb dann mal für einen Augenblick stehen, um das Bild, das diese zwei Herren abgaben, richtig zu genießen.


    Flaccus, ihr Oppa, hängte auf seinem Stuhl wie ein nasser Sack. Eine Hand lag noch auf dem Tisch, darin ein Astragal, der andere Arm baumelte neben ihm Richtung Boden. Der Kopf hängte schief nach hinten, der Mund weit offen. An einem Mundwinkel waren noch Spuren von Speichel zu sehn, der ihm vorher ausgeflossen sein muss. Und bei jedem dritten Atemzug war ein Schnarchen zu hören, wobei seine faltigen Wangen lustig dazu flatterten.


    Ihm gegenüber saß Saccus, Oppa von Victor, der sich schon längst hier eingelebt hatte und den man wahrscheinlich auch nicht mehr lebend aus dem Haus bekommen wird.
    Man wusste nicht, ob Saccus überhaupt schon bemerkt hatte, dass Flaccus schlafenderweise aus dem Spiel ausgestiegen war. Saccus war zu beschäftigt damit, seinen rechten Fuß umständlich auf das linke Knie zu leben, um sich dann unter einem leisen Knochenknacken hinunterzubeugen und irgendetwas Klebriges von der Fußsohle zu kratzen.


    Amatia musste bei dem Anblick schmunzeln. Irgendwie waren alte Leute doch ganz süß. So wunderlich und hilflos.
    Sie wollte die beiden nicht weiter stören, stellte das Essen ab und ging wieder.

  • Gut gelaunt kommt Vic endlich wieder nach Hause. Mit einem kleinen Paket lukanischer Würste in der Hand öffnet er die Tür und betritt die Casa. Je weiter er ins Innere vordringt, desto mehr glaubt er, dass irgendetwas passiert ist. Es ist vollkommen still und die Kliene, auf welcher er vor seinem Aufbruch immer im Atrium lag, steht noch ganz ganu dort, wo er sie hinterlassen hatte. Nur, dass sich ein wenig Staub und Dreck darauf angesammelt hat. Nichteinmal die Hunde kommen zu seiner Begrüßung.


    "Salve! Ich bin wieder da!" ruft er auf gut Glück einmal durch die Casa, doch nichts rührt sich. "Razor? Blade? Amatia? Lati? Irgendjemand da?"


    Victor stellt das Paket auf der Kliene ab und macht sich auf der Suche nach irgendeinem Bewohner dieses Hauses. Im Zimmer von den Oppas wird er endlich fündig.

    "Ja hoi, is ja doch jemand da. Warum sachtn ihr nix, sacht ma. Ich brüll mir hier die Seele ausm Leib."
    "Salve, Junger Mann. Wo kommst du denn her?"
    "Mann, Flaccus, dat is doch der Vic!"
    "Vic? Ah, du meinst Victor, du meine Güte, ist der aber gewachsen."
    "Wat? Was isn hier los, sachtma?"
    "Ach, der Flaccus is manchma n bisschen durchn Wind. Vor allem, seit Amatia nich mehr kommt."
    "Wat? Wieso kommt die Amatia nich mehr? Is wat passiert?"
    "Aber nein, sie darf nur nicht aus dem Palast heraus. Es gibt eine Ausgangssperre für Palastangestellte. O Tempora, O Mores, nichteinmal um ihre lieben alten Herren darf sie sich kümmern."
    "Ah so. Und wo sind die Tölen?"
    "Die Tölen?"
    "Die Hunde, Mann. Die liegen die ganze Zeit hinten im Zimmer vom Sev und pennen. Wir ham sie wohln bisschen überfüttert."
    "Wat? Wieso? Dat sollt doch der Lati machen. Wo is der überhaupt?"
    "Och, der Lati... jo, dat wissen wa auch nich so genau."
    "Wie, dat wisst ihr nich so genau? Ihr müsst doch wissen, wo er steckt?"
    "Wer ist denn Lati?"
    "Na der Latinus, dein Urenkel, Mann. Der kleine Kerl, der immer so harmlos guckt und n bisschen neben der Spur läuft."
    "Natürlich, der Latinus. Sagt das doch gleich. Ein ganz Braver. Er ist ein richtiger Schatz. Einmal hat er mir neue Würfel mitgebracht weil er der Meinung war, dass die, welche ich von dir bekommen habe, gar nicht gut sind. Leider habe ich sie schon wieder verloren, jetzt muss ich doch wieder deine nehmen, Saccus."
    "Hrhr. So ein Pech aber auch."
    "Also jetzt ma Klartext. Wo isser denn nu?"
    "Der Lati? Den ham wir eigentlich schon nich mehr gesehen, seit die Amatia auch nich mehr kommt."
    "Und von wat habt ihr euch ernährt?"
    "Wein, Weiber, ..."
    "Wir haben uns in der Stadt ein wenig umgesehen. Du glaubst gar nicht, was es auf dem Markt feines zu Essen gibt."
    "Ja doch, dat kann ich mir vorstellen. Und von welchem Geld habt ihr da euch durchgefuttert?"
    "Och, wir ham nen bisschen gewettet im Circus Maximus. Der Flaccus hier, der hat nen Gespür für dat richtige Pferd, sach ich dir. Die erste Woche isses zwar nich so gut gelaufen, da ham wa nen bisschen Verluste gemacht, aber hinterher gings nur aufwärts."
    "Ah. Na gut. Ich hab lukanische Würste mitgebracht. Ich bin heut befördert worden und nun Sacerdos Martialis."
    "Sacerdos? Mann, Mann, Mann, womit hab ich nur so nen Enkel verdient! Warum konnste nich Decurio werden, wie der Sev, Junge. Dat is wat gescheites."
    "Aber Saccus, Sacerdos ist doch ein ehrenwertes Amt."
    "Pah! Decurio, dat is ehrenwert! Decurio! Bei da Ala. Dat waren noch Zeiten, als ich noch bei der Ala war. Ich habs ja nie bis über den Eques rausgebracht, aber damals hab ich..."
    :rolleyes: "Ich bin im Atrium, falls mich einer sucht."

  • Amatia war verzweifelt. Die Prätorianer hinter ihr her und Vic nicht da.
    Sollten die Oppas wirklich ihre letzte Hoffnung sein? Sie sah keine andere.


    Ohne Klopfen machte sie die Tür zu deren Zimmer auf und schaute hinein. Beide waren da. Und ihnen gings gut. Und Amatia für einen Moment erleichtert. Sie hatte schon Horrorszenarien mit viel Blut erwartet.


    Sie machte die Tür hinter sich leise zu und sprach die beiden an.
    "Habt ihr..." Weiter kam sie nicht, da fiel ihr Saccus ins Wort.


    "Saccus, schau wer nach langem wieder mal vorbeischaut.
    Er drehte sich zu Amatia um.
    "Schwester, ich hab da am Fuß sowas Grünes was nicht dorthin gehört. Und gestern wars noch blau. " und versuchte ihr den Fuß entgegenzustrecken.


    Amatia schlug verzweifelt ihre Hände vors Gesicht und schlich sich wieder leise ins Atrium. Mit Hilfe war hier nicht zu rechnen.

  • Saccus schlurft langsam, ganz langsam zu einem Stuhl und setzt sich. "Mann, Mann, Mann, Flaccus. Haste schon bemerkt, wer da in der Casa del Saccus residiert?"
    "Bitte? Wo?"
    "Na hier im Haus."
    "Heißt es nicht Casa del Severus et Victor?"
    "Jo, is doch piepegal. Sind dir noch nich die zwei Typen aufgefallen, die hier rumlungern?"
    "Severus und Victor?"
    "Penner! Die lungern hier doch schon immer rum! Ne, die anderen zwei Typen."
    "Andere Typen?"
    "Jo, Mann, dat sind die Söhne vom Severus."
    "Söhne? Ach du Schreck! Hat Severus etwa noch einen Sohn adoptiert? Oder gar endlich eine Frau gefunden? Es wird Latinus gut tun, einen Bruder zu haben."
    "Wat? Lati? Wat faselst du da? Doch nich die Söhne vom Sev! Die Söhne vom Severus, Mann! Von deim Sohn!"
    "Aber Severus ist mein Enkel, Saccus."
    "Oh, Junge, dein Sohn! Severus! Vom dem die Casa hier is!"
    "Ah, du meinst Severus, meinen Jungen? Sag das doch gleich."
    "Hrhr, dat is ja schlimmer als bei Victor und Vic."
    "Wie meinen?"
    "Na mein Sohn Victor und..."
    "Aber Victor ist dein Enkel, Saccus."
    "Oh, Junge! Mein Sohn! Der Victor, der Vater vom Vic."
    "Victors Vater heißt Victor?"
    "Mann, wie oft hab ich dir dat schon erzählt?"
    "Hmm. Das ist aber verwirrend. Schlimmer, als bei Severus und Severus, meinem Sohn und seinem Neffen, meinem Enkel, musst du wissen."
    "Boah, du machst mich fertig, Alter. Aber auf jeden Fall sind die Söhne von deinem Sohn Severus eingezogen, Octavianus und Decius."
    "Oh, tatsächlich? Wie wundervoll. Die beiden kommen mehr nach ihrer Mutter und beide... hatten kein sonderlich gutes Verhältnis zu ihrem Vater, wenn ich mich recht erinnere. Nun, wie dem auch sei, sie sind sicher mittlerweile große Schriftsteller und Redner. Rhetorisch konnten sie schon als angehende Männer den Mund nicht halten und eiferten mir nach. Ich könnte dir Geschichten erzählen, aus Zeiten, da waren..."
    "Wat? Ououou, na dat können wir hier ja noch brauchen. Hauptsache, sie können ordentlich wat weghauen, sonst seh ich schwarz für sie, hrhr."

  • Hulc führt Antipater in einen Raum, in welchem zwei alte Männer an einem kleinen Tisch sitzen, über den gerade zwei Würfel rollen.


    [Blockierte Grafik: http://img73.imageshack.us/img73/527/flaccus0ws.jpgFlaccus und Saccus [Blockierte Grafik: http://img99.imageshack.us/img99/8468/saccus3ng.jpg].


    "Bingoooo!"
    "Wie meinen?"
    "Na Bingo, dat is griechisch und heißt zwei Sechser!"
    "Saccus, im Gegensatz zu dir bin ich des Griechischen halbwegs mächtig und dieses Wort ist ganz sicher nicht griechisch!"


    Der Sklave räuspert sich laut und zieht damit die Aufmerksamkeit der beiden Herren auf sich. "Dies ist Sextus Pompeius Antipater, er möchte gerne den Dichter Valerius Flaccus sprechen."
    "Wat? Dichter? Hrhr, ich bin dicht und er is dichter?"
    Der alte Mann mit der spitzen Nase und den buschigen Augenbrauen lacht laut auf. Der andere dagegen strafft die Schultern, schiebt energisch den Tisch vor, so dass dieser den Lachenden zwischen sich und dem Stuhl einklemmt und ihm vorerst die Luft zum Lachen nimmt. Dann steht er so formvollendet auf, wie es einem alten Mann möglich ist, der als feingeistiger Poet in einer Umgebung wie der Casa Valeria und mit solchen Bewohnern wie seinen Verwandten und deren Verwandten leben muss, und der noch dazu in so einem Augenblick wie diesem, wo seine Küsten verlangt werden nichteinmal eine Toga trägt, sondern nur eine ausgebleichte Tunika. Doch der Mensch ist nicht, wie er aussieht, sondern nur, was er aus sich macht.


    Flaccus schlurft zu Antipater und lächelt erfreut. "Pompeius Antipater, es ist mir ein außerordentliche Freude, dich in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Ich bin Gaius Valerius Flaccus. Sicherlich kennst du mein berühmtestes Wert, die Argonautica. Dieses wundervolle Gecicht habe ich zu Ehren meiner geliebten Frau, Valeria Argonautica, verfasst. Nun, womit kann ich dir dienlich sein?"

  • Zitat

    Original von Vibius Valerius Victor
    Flaccus schlurft zu Antipater und lächelt erfreut. "Pompeius Antipater, es ist mir ein außerordentliche Freude, dich in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Ich bin Gaius Valerius Flaccus. Sicherlich kennst du mein berühmtestes Wert, die Argonautica. Dieses wundervolle Gecicht habe ich zu Ehren meiner geliebten Frau, Valeria Argonautica, verfasst. Nun, womit kann ich dir dienlich sein?"


    Antipater sah den "Dichter" einen Moment verwirrt an, hatte er doch gedacht von dessen Tod schon gehört zu haben als er selbst Rom noch längst nicht verlassen hatte. Das musste über 10 Jahre her sein und Antipater quitierte es mit einem Kopfkratzen.


    "Euren Werken, Vergil und Ovid mehr als ebenbürtig, in den Bildern stark und markant wie Homer, fehlte es nie an Originalität im Detail und wirklich schönen, glänzenden Passagen. Seit meiner Jugend ward ihr mir stets Quell mancher Labung, natürlich kenne ich euer Werk!" bauchpinselte er los

  • Mindestens ebenso verwirrt wie Antipater schaut Flaccus einen Moment zurück. Dass sein Werk so überschwänglich gerühmt wird passiert selten. Natürlich wurde er auch schon früher öfter mit seinem berühmten Namensvetter verwechselt, aber di9esen hat er mittlerweile erfolgreich verdrängt. Oder vergessen, wie so vieles andere auch in seinem Leben. Selbst Saccus mehr oder weniger schlecht verborgenes Gekicher stört Flaccus nicht im Geringsten. Stolz streckt er seine Brust heraus und wächst beinah ein kleines Stück. Allerdings nur beinahe, denn vorher spürt er einen Stich im Rücken und kehrt zu seiner etwas gebeugten Haltung zurück. Seine besten Jahre sind einfach schon vorbei, nicht nur als Dichter. "Es ist mir immer wieder eine Freude, wenn ich die Jugend inspirieren konnte. Die heutige Jugend ist der Dichtung leider nur all zu entrückt und selten verirrt sich jemand hierher, der sich noch an mich erinnert. Möchtest du dich nicht setzen?" Er deutet auf den Tisch mit den zwei Stühlen und winkt Saccus zu, dass er sich verziehen soll und zwar möglichst schnell.

  • Erfreut und verwirrt nahm Antipater Platz und wollte gerade sprechen als er durch ein weiteres Gekicher des Saccus unterbrochen wurde. Der zweite Anlauf glückte. "Ich würde gerne einen Gedichtwettbewerb zu Ehren der Göttin Ishtar veranstalten und hoffte euch als Mitglied des Schiedgerichtes gewinnen zu können."

  • Das ist dann doch zu viel für Flaccus. Saccus kann sich kaum noch vor Lachen halten als Antipater Flaccus als Mitglied des Schiedgerichtes gewinnen will. Sein Gelache erinnert Flaccus an das Gemecker einer Ziege, doch egal wieviel er mit seiner Hand winkt, der alte Knabe will einfach nicht das Zimmer verlassen. Das würde er auf jeden Fall seinem Enkel mitteilen.
    "Die Göttin wer?" Flaccus glaubt die Götternamen zu kennen, doch eine Göttin mit diesem Namen ist ihm nicht geläufig. Aber es gibt so viele lokale Ausprägungen, vielleicht stammt Antipater von irgendwo außerhalb Roms.

  • "Die Göttin Ishtar..." Antipater unterstrich dies mit einem eindeutigen Lächeln, zwei zweideutigen und einer sehr eindeutigen Geste, seuftze allerdings als sein Gegenüber keinerlei Reaktion zeigte.


    "Vielleicht ist es bei euch ja schon länger her, aber Ishtar ist die Göttin der Liebe, des Krieges und der Mutterschaft."

  • Eindeutig, zweideutig, da klinkt sich Flaccus schon aus. In seinem Alter ist man nicht so schnell bei der Sache wie die Jugend. "Schon länger her? Ich war noch nie Mutter! Ist das ein Test? Die Göttin der Liebe ist die holde Venus, die des Krieges die stürmische Bellona, in mancher Hinsicht auch Minerva, und Iuno ist die, die Mütter schafft. Du musst wissen, wir sind eine sehr religiöse Familie, mein Enkel ist Septemvir." Die Ernsthaftigkeit seiner Worte wird bei der Erwähnung des Enkels durch das Gekicher von Saccus unterstrichen. Dieser hat sich auf einen kleinen Schemel an der Wand geflüchtet und denkt gar nicht daran, das Zimmer zu verlassen.

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